Janos Ader ist Ungarns neuer Präsident | NZZ (original) (raw)

Das ungarische Parlament hat erwartungsgemäss den Politiker Janos Ader, welcher der Regierungspartei Fidesz angehört, zum Staatspräsidenten gewählt. Die Wahl wurde notwendig, nachdem der bisherige Amtsträger Pal Schmitt wegen einer Plagiatsaffäre zurückgetreten war.

Janos Ader leistet als neugewählter Staatspräsident Ungarns den Amtseid vor dem Parlament in Budapest. (Bild: Keystone / AP)

Janos Ader leistet als neugewählter Staatspräsident Ungarns den Amtseid vor dem Parlament in Budapest. (Bild: Keystone / AP)

Ausschliesslich mit den Stimmen der Regierungspartei Fidesz und deren christlichdemokratischem Juniorpartner KDNP hat das ungarische Parlament den EU-Abgeordneten Janos Ader zum neuen Staatsoberhaupt gewählt. Die Bestellung eines neuen Präsidenten wurde nach dem nicht ganz freiwillig erfolgten Rücktritt von Pal Schmitt notwendig. Schmitt war des Plagiats bei seiner Doktorarbeit überführt worden; nachdem sich auch in der Fidesz–Partei die Stimmung gegen ihn gewendet hatte, räumte er widerstrebend den Präsidentensessel.

Wahl eines Parteisoldaten

Sein Nachfolger, Janos Ader, ist seit der demokratischen Wende im Jahr 1989 der erste Berufspolitiker im höchsten Staatsamt Ungarns. Ader wurde mit 262 Stimmen der insgesamt 386 Mandatare in geheimer Wahl gewählt, mit vier Stimmen mehr als erforderlich. Die linken und liberalen Oppositionsparteien nahmen demonstrativ an der Wahl nicht teil; sie protestierten damit gegen die – wegen der Zweidrittelmehrheit des Fidesz fast automatische – Wahl eines Fidesz-«Parteisoldaten» und Gefolgsmannes von Ministerpräsident Viktor Orban, der Ader persönlich nominiert hatte. Die rechtsextreme Jobbik-Partei stimmte aus prinzipiellen Erwägungen gegen die Wahl Aders, sie fordert die Einführung der Direktwahl des Staatsoberhauptes durch die ungarischen Stimmbürger.

An umstrittenen Reformen beteiligt

Ein Gegenkandidat war nicht aufgestellt worden, die Wahl Aders überraschte nicht, doch war sie nicht ganz selbstverständlich: In den vergangenen Jahren soll das Verhältnis Aders zu Orban eher gespannt gewesen sein. Im Gespräch für das Präsidentenamt war denn auch Parlamentspräsident Laszlo Köver, der das höchste Staatsamt nach dem Ausscheiden Schmitts interimistisch bekleidet hatte. Die linksliberale Opposition rief vor der Wahl Aders in Erinnerung, dass dieser die von der EU bemängelten Justiz- und Wahlrechtsreformen in Ungarn entscheidend mitgestaltet hatte.

Ader wurde 1959 in der nordwest-ungarischen Stadt Csoma geboren. Er ist Jurist und hatte im Jahr 1983 die Budapester Eotvös-Lorant-Universität absolviert. Anschliessend war er am Soziologischen Forschungsinstitut der Ungarischen Akademie der Wissenschaften tätig. Ader gehörte 1988 zu den Gründungsmitgliedern des Fidesz. Während der ersten Regierung Orban (1998-2002) war Ader Parlamentspräsident – mit 39 Jahren der jüngste in der ungarischen Geschichte. Von 2002 bis 2006 war Ader Chef der Fidesz-Parlamentsfraktion, in den Jahren 2002 bis 2003 stand er als interimistischer Parteichef an der Spitze des Fidesz. Ader ist mit der Richterin Anita Herczegh verheiratet, sein verstorbener Schwiegervater Geza Herczegh war der erste und bisher einzige ungarische Richter am Internationalen Gerichtshof in Den Haag.

Nationalistische Töne

In der Rede nach seiner Wahl schlug Ader nationalistische Töne an. Das ungarische Volk sei «zum Erfolg geboren». Allerdings müssten die Ungarn noch einige Angelegenheiten «unter uns» geregelt und «Irrtümer» ausgeräumt werden, denn man müsse von den Misserfolgen lernen – was möglicherweise als Anspielung auf die kontroversen gesetzgeberischen Massnahmen Orbans zu verstehen ist. Ader versprach, sein Amt als Fürsprecher der ungarischen Interessen auszuüben.

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