Die Kino-Kritiker: «Trigger Warning» � Actionkino der wenig erquicklichen Art (original) (raw)

Nach einem emotional fordernden Einsatz erf�hrt die Elitesoldatin Parker, dass ihr Vater bei einem Ungl�ck ums Leben gekommen ist. Daheim aber hegt sie bald Zweifel daran, dass der Tod ihres Vaters ein Unfall war.

Trigger Warning

Netflix hat einfach kein Gl�ck mit seinen US-Spielfilmproduktionen. Ausgerechnet Hollywood liefert dem Streaming-Giganten meist nur mittelm��ige 08/15-Ware. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Prestigeprojekte wie einen neuen Zack Snyder-Film oder um Standardproduktionen wie �Trigger Warning� handelt. Was l�uft da schief, fragt man sich. Warum gelingt es Hollywood nicht, fesselndes Kino auf den Bildschirm zu bringen? In Sachen Serien l�sst Hollywood doch auch keine W�nsche offen?

�Trigger Warning� ist ein filmischer Verkehrsunfall. Der einzige Grund, den Stream nicht vor Ablauf der rund 106 Minuten Spielzeit abzubrechen, ist die Hoffnung, dass die Geschichte irgendwann so etwas wie einen unerwarteten Twist pr�sentiert. Als geneigter Actionfilmfreund kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen, dass sich eine Handlung wirklich so unfassbar �de und vorhersehbar dahinschleppt. Da muss doch noch etwas kommen. Irgend etwas, das nicht schon f�nf Minuten vor seinem Geschehen auf der To-Do-Liste erscheint und dann tats�chlich so abgehakt wird, wie vorhergesehen.
Doch nichts dergleichen geschieht.

Da ist also die Elitesoldatin Parker, die w�hrend eines Einsatzes in der syrischen W�ste in die Handlung eingef�hrt wird. Dort wird sie gejagt. Am Ende ist ihr Partner tot, w�hrend sie dar�ber hinaus gezwungen wird, seine festgenommenen M�rder vor der Selbstjustiz ihrer Kameraden zu verteidigen. Gegen wen die Soldaten hier zu Felde gezogen sind, ist egal: Der Prolog dient in bester 80er-Jahre-Klopper-Manier eh nur dazu, die taffe Heldin einzuf�hren. Schaut her, die Frau ist eine Kampfmaschine!

Und dann kommt der Anruf. Ihr Vater ist bei einem Ungl�ck in einem alten Stollen ums Leben gekommen. Wieder daheim beschleichen sie bald Zweifel an der Darstellung des Unfallhergangs, denn ihr Vater kannte den Stollen. Das, was die Polizei ermittelt hat, macht einfach keinen Sinn. Und dann taucht auch noch Elvis auf, der Sohn eines Senatskandidaten, der hier daheim ist. Elvis ist ein mieser Wicht, der seine H�nde nicht an sich halten kann, ein gro�es Maul hat und einfach viel zu unsympathisch ist, als dass er nicht auch Dreck an den H�nden kleben h�tte � denn kaum zur�ck daheim f�llt Parker auf, dass verdammt viele, viel zu gro�e Waffen in ihrem Heimatkaff im Umlauf sind. Waffen, die man selbst in den USA nicht mal eben beim Walmart in der Quengelzone kaufen kann. Und da Elvis� Vater der schmierige Senatskandidat ist�

� kann man kaum glauben, wie brav und erwartbar sich die Handlung von Szene A zu Szene B zu Szene C bewegt. �Trigger Warning� wirkt wie ein vergessenes Drehbuch zu einem van Damme-Klopper der fr�hen 2000er Jahre, also aus jener Zeit, als van Damme nicht mehr f�rs Kino taugte und mit kleiner werdenden Budgets im DVD-Sumpf langsam versackte. Der verlorene Sohn kehrt zur�ck in die Stadt, kommt ein paar b�sen Jungs in die Quere und am Ende braucht es keine langwierigen Strafprozesse mehr. Originell ist das nicht, aber es kann funktionieren. Etwa dann, wenn die Inszenierung z�gig voranschreitet, wenn die Action gut aussieht oder die Hauptfigur zu fesseln vermag. Nichts von alledem findet sich jedoch auch nur ansatzweise in �Trigger Warning�. Da hilft es auch nicht, dass der verlorene Sohn zur Abwechslung eine verlorene Tochter ist. Schon der Prolog in der syrischen W�ste hinterl�sst einen faden Beigeschmack: Die Inszenierung wirkt seltsam statisch und entfaltet keine Dynamik, die man von einem Actionfilm erwarten w�rde. Die Montage findet keinen Rhythmus; was der Prolog bietet, ist eine lose Bilder-Abfolge. Dass die Bild-Hintergr�nde deutlich als Greenscreen-Projektionen zu erkennen sind, sei nur am Rande erw�hnt.

Womit die Regie von Anfang an �berfordert wirkt. Mouly Surya hei�t die Regisseurin und sie darf von sich behaupten, die erste Indonesierin zu sein, die in den USA einen Film inszeniert hat. Das indonesische Kino hat seit �The Raid� 2011 auch hierzulande durchaus Fans gefunden. Indonesische Actionfilme gelten als hart, gnadenlos und jugendgef�hrdend. Zumindest, wenn man den Freigabebescheiden der FSK folgt. Das hei�t, es gibt in Indonesien Regisseure, die es ordentlich krachen lassen k�nnen. Mouly Surya ist allerdings eine Regisseurin, deren Filme eher auf Filmfestivals wie Sundance zu sehen sind. 2017 zeigte auch das Filmfest Oldenburg einen ihrer Filme: �Marlina the Murderer in Four Acts�. �ber den (von der Kritik sehr freundlich aufgenommenen) Thriller, der inszenatorisch als eine Art Neo-Western beschrieben wird, kann man zumindest nachlesen, dass sein Ende einem Tarantino w�rdig sein soll. Was die Regisseurin hier allerdings in ihrem US-Deb�t abliefert, bewegt sich inszenatorisch auf dem Niveau von billigen Actionrei�ern der 90er. Und zwar von jenen, die sich keinen van Damme leisten konnten. Ja, man haut sich hier und da auf die Nase, es gibt sogar etwas Martial-Arts-Choreografie, doch auch f�r diese Szenen gilt: Einen Rhythmus erzeugt hier gar nichts. Schnitt, Musik, Kamera: Es wackelt nichts, die Bilder sind scharf, die Noten werden getroffen. F�r einen packenden Thriller ist das jedoch viel, viel zu wenig.

Und dann ist da Hauptdarstellerin Jessica Alba. Alba hat durchaus Erfahrungen mit dem Actionfilmgenre. Ihre Karriere begann mit James Camerons Serie �Dark Angel� 2000. Sie war Invisible Woman in den von Bernd Eichinger produzierten �Fantastic Four�-Filmen - und zuletzt spielte sie neben Gabrielle Union die zweite Hauptrolle in der Action-Serie �L.A. Finest�, einem hierzulande ziemlich untergegangenen Serien-Spin-Off von �Bad Boys�. Alles sch�n und gut. Die taffe Einzelk�mpferin aber, die sie hier darstellt, die nimmt man ihr schlicht nicht ab. Alba wirkt zu langsam, zu unbeweglich f�r die Rolle, die sie darstellt. Dessen muss sich die Regie bewusst gewesen sein, denn ihre Figur hat eine Vorliebe f�r Messer, welche wie eine dritte Hand fungieren und die k�rperliche Unterlegenheit, die ihre Figur gegen�ber ihren m�nnlichen Antagonisten nicht verbergen kann, ausgleichen soll. Was nur m��ig gelingt und die Frage in den Raum stellt, ob es nicht geschickter gewesen w�re, mit schlichten Filmtricks wie einer agilen Montage die k�rperlichen Schw�chen der Darstellerin zu �berdenken. Daf�r aber m�sste die Regie agil agieren. Was, und da schlie�t sich der Kreis, bekanntlich nicht der Fall ist.

M�chte man das Wort "dilettantisch" als Kritik vermeiden, so l�sst sich �Trigger Warning� als ein ideenloser, vorhersehbarer und schlecht gespielter Actionfilm beschreiben, der sich wie ein 25 Jahre alter, billiger Videothekentitel aus den staubigen, unteren Regalreihen anf�hlt.

Seit dem 21. Juni 2024 auf Netflix