Hans Eichenberger (original) (raw)
Hans Eichenberger
© BAK / Gina Folly
Hans Eichenberger, 1926
Möbeldesigner und Innenarchitekt
Hans Eichenberger ist ein bedeutender Schweizer Möbeldesigner und Innenarchitekt aus Herrenschwanden bei Bern. Nach seiner Ausbildung als Schreiner zog es ihn nach Paris, wo er in den frühen 1950 er-Jahren Teil dieser dynamischen Kultur und Kunstszene wurde, die sein Leben und seine Arbeit massgeblich beeinflussen sollte. Zurück in der Schweiz entwickelte er seine unnachahmlich klare Handschrift konsequent weiter und gilt nunmehr als einer der bedeutendsten Schweizer Designschaffenden des 20. Jahrhunderts. Mit Trix und Robert Haussmann, Kurt Thut, teo jakob und Alfred Hablützel gründete er das Label « Swiss Design », arbeitete später auch mit Atelier 5 zusammen und kreierte beispielsweise Projekte für die Schweizerische Nationalbank, das Kunstmuseum Bern und die SBB — die zahlreichen Werke Eichenbergers sind deshalb untrennbar verbunden mit der Entwicklung der modernen Schweiz. Seine Arbeiten sind unter anderem im Museum of Modern Art in New York, im Vitra Design Museum in Weil am Rhein und im Museum für Gestaltung in Zürich ausgestellt.
Mit dem Schweizer Grand Prix Design 2016 würdigt die Eidgenossenschaft Eichenbergers wegweisende Rolle in der Schweizer Geschichte des Möbeldesigns und der Innenarchitektur des 20. Jahrhunderts sowie seinen grossen Einfluss auf mehrere Generationen nationaler und internationaler Designschaffender. Eichenberger wurde 1954, 1957 und 1958 bereits mit einem Schweizer Designpreis ausgezeichnet. Von 1977 bis 1983 war er als Experte für den Schweizer Designwettbewerb tätig.
Hans Eichenberger
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Hans Eichenberger, SAFFA, Stuhl, 1955
© Hans Eichenberger, Herrenschwanden ( courtesy Design Center Langenthal, Hans Eichenberger )
Hans Eichenberger
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Hans Eichenberger, Anti, Armsessel, 1970
© Hans Eichenberger, Herrenschwanden ( courtesy Design Center Langenthal, Hans Eichenberger )
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Hans Eichenberger für BIGLA AG, Model 70, Gartenstuhl, 1952
© Hans Eichenberger, Herrenschwanden ( courtesy Design Center Langenthal, Hans Eichenberger )
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Hans Eichenberger
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Hans Eichenberger, Bankratsaal der Schweizerischen Nationalbank, 1981
© Hans Eichenberger, Herrenschwanden ( courtesy Design Center Langenthal, Hans Eichenberger )
Hans Eichenberger
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Essay
Als Neunzigjähriger wird Hans Eichenberger mit dem eidgenössischen « Grand Prix Design » ausgezeichnet. Da der Laureat glücklicherweise noch immer gut erhalten ist und viel jünger aussieht als sein Jahrgang, fällt die recht späte Ehrung seines Lebenswerks weniger auf. Eichenberger hat nicht nur über fünfzig Stühle und etliche Möbel entworfen, von denen noch heute zahlreiche Modelle verkauft werden. Der Designer war auch sein Leben lang ein engagierter Innenarchitekt, dem es stets um die Verbesserung von Lebensräumen gegangen ist.
Darum besteht das Lebenswerk von Eichenberger nicht aus einem Inventar von Sitzmöbeln, sondern ist das Ergebnis seines umfassenden Denkens und Schaffens.
Ich kenne Hans Eichenberger seit Jahrzehnten und verdanke ihm viel von meinem Verständnis für Design und für die Anforderungen an dieses Metier. Eichenberger bezeichnet sich hin und wieder gerne als « nicht akademischen Designer ». Damit spielt er auf seine Schreinerlehre und den Besuch der lokalen Gewerbeschule von Langnau an. Das kann man ihm ruhig lassen, zumal seine späteren Designer-Kollegen und treuen Auftraggeber den einstigen Schreiner immer hoch eingeschätzt und mit ihm auch erfolgreich zusammengearbeitet haben. Nach der Schreinerlehre, die nach seinen Worten « das reine Mittelalter » war, und anschliessenden Volontariaten als Zeichner zog es Eichenberger nach Paris. Dort fand er beim damals bekannten Innenarchitekten und Designer Marcel Gascoin Arbeit. Von ihm stammt der berühmt gewordene Leitsatz « Il faut adapter le contenant au contenu ». Im Studio von Gascoin zeichnete Eichenberger vor allem Möbelprogramme für den Wiederaufbau in den ausgebombten Städten von Le Havre und Rouen. Bei ihm habe er sich vielleicht so etwas wie ein Verantwortungsgefühl für längerfristig gültiges Design angeeignet, betont er heute noch.
Ein erster wichtiger Kunde war die BIGLA AG, für die er nach 1950 als ein von der Herkunft her « Hölziger » zwei Stühle aus Stahlrohr entwarf. Darunter auch einen Gartenstuhl, auf dem Eichenberger das Brett der hölzernen Rückenlehne in zwei Exemplaren als Sitzfläche montiert hat. Das war keine simple Schreiner-Idee, mit diesem Einfall für den Gartenstuhl beginnt eine lange Reihe konstruktiver Kniffe des findigen Designers. In Fachaufsätzen und Designerlexika wird Eichenberger gerne als Meister im Vereinfachen und Weglassen bezeichnet.
Wer aber glaubt, Eichenberger suche wie ein Purist immer die einfachste Lösung, mag übersehen, dass es oft die listigste ist, die er finden will.
1955 entstand der SAFFA Stuhl — für Eichenberger heute noch sein liebstes Modell. Man hört ihm gerne zu, wenn er die intelligente Verschlaufung der zwei Chromstahlrohre für Beine und Armlehnen erklärt. Und er interpretiert Ihre Umwicklung auf der Rückenlehne mit Jonc als eine augenfällige und natürliche Halterung der Rohre. So verspürt man sein Anliegen, intelligente Technik mit hoher Ästhetik zu verbinden. Bald danach formierte sich in Bern mit teo jakob eine erste Partnerschaft. Dieser hat ab 1950 das väterliche traditionelle Haus für Polstermöbel und Raumgestaltung langsam in ein neuzeitliches Einrichtungsgeschäft verwandelt.
Dort lernte Eichenberger Kurt Thut kennen, der das Haus umgebaut hat. An der Eröffnung war auch Robert Haussmann zugegen, der bald zum Kreis um teo gehörte.
Unter der Ägide von teo jakob setzten die drei die Idee einer gemeinsamen Möbel-Kollektion um – unter dem Namen « Swiss Design ».
Das war Marketing « avant la lettre » und förderte den Verkauf von Modellen der drei Entwerfer. Einmal hat Eichenberger freimütig bekannt, das ihn die Mitarbeit an der Kollektion « Swiss Design » auch darum begeistert habe, weil es mit Stahlrohr viel leichter gegangen sei, modern zu sein, als mit Holz. Und das trotz der wiederholten Ermahnung von teo : « Giele, vergässed mer ds Holz nid. »
In den 1960er-Jahren begann Eichenbergers Karriere als Designer für die führenden Schweizer Möbelhersteller wie Dietiker, Strässle, de Sede, Röthlisberger und WOGG. In diesen Firmen waren damals Eigentümer und Chefs mit hohen Ansprüchen an Qualität und Innovationen für das Sortiment verantwortlich. Für sie konnte Eichenberger als gleich gesinnter Partner laufend Stühle und Möbel entwerfen.
Die korrekte Berufsbezeichnung von Hans Eichenberger lautet « Innenarchitekt und Designer VSI und SWB ». Eichenberger war denn auch seit Anbeginn als Innenarchitekt für eigene Aufträge und in langjähriger Zusammenarbeit mit dem Atelier 5 in vielen Bauten tätig. Er hat 1958 in Bern den pionierhaften Erstling eines Taschenbuchladens ( für Stauffacher ) und in den 1970er und 1980er-Jahren die Generaldirektion der SRG, die Direktions- und Konferenzräume der Schweizerischen Nationalbank sowie die Modehäuser Ciolina in Bern und Gstaad gestaltet.
Eichenbergers kreatives Talent paart sich mit einem ausserordentlichen handwerklichen Können, womit er an die Realisation von Inneneinrichtungen entsprechend hohe Ansprüche gestellt hatte. Mit all seinen Kompetenzen ist er aber nie überheblich geworden und hat nur in Notfällen eigenmächtig gehandelt. Seine Auftraggeber, so auch das Atelier 5, haben immer auf seine Bereitschaft hingewiesen, Probleme in gemeinsamen Gesprächsrunden zu analysieren oder Gegebenes zu hinterfragen. Dann sei er nach Hause gegangen und habe doch noch etwas Unerwartetes herausgefunden. Diese beispielhafte Zusammenarbeit dauerte 35 Jahre und die Einrichtung der Café-Bar im Berner Kunstmuseum befindet sich seit 1983 noch immer im Originalzustand.
Hans Eichenberger ergeht es wie den meisten seiner Werke — man sieht ihnen das Alter nicht an.
Dass er auch im Denken jung geblieben ist, bemerkte ich in einem kürzlichen Gespräch über seine Stehleuchte, die er 1954 zum Geburtstag seiner Frau Maria entworfen und realisiert hatte. Auf die Frage, warum er sich nach seinem frühen Erfolg mit der Stehleuchte später nie mehr richtig mit Lampen beschäftigt habe, dachte er kurz nach und sagte : « Es ist ganz einfach : Was ich nicht sehen kann, macht mir Müh — und Strom ist so etwas. » Und weil Jöggu sich immer genau ausdrückt und keine Sprüche klopft, gab mir seine rätselhafte Begründung zu denken. Aber jetzt weiss ich: Das war der junge Eichenberger, der noch heute etwas Kompliziertes, das ihn beschäftigt, ganz einfach erklären kann. Ich wünsche meinem alten Freund weiterhin ein schönes Altern bei guter Gesundheit und mit vielen freudigen Erlebnissen.
Christian Jaquet