Die Zeiten ändern sich (original) (raw)
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Hintergrund: Nachhaltigkeit - die neue Messgröße
Hintergrund: Nachhaltigkeit - die neue Messgröße Die Zeiten ändern sich
BMW Concept Neue Klasse 2024
© press-inform - das Pressebuero
Einst setzten sich Automarken in erster Linie durch Design, Fahrleistungen und technische Innovationen in Szene. Doch die Zeiten haben sich geändert, denn ohne Nachhaltigkeit geht mittlerweile im harten Wettbewerb untereinander kaum noch etwas.
Entsprechend verändert präsentieren sich die Außendarstellungen. Mit PS-Bolzerei und scharfen Formen ist es beim Kampf um die potenziellen Kunden längst nicht mehr getan. Besonders die Sportwagenhersteller müssen einen schwierigen Spagat hinlegen, um nicht ins Abseits zu geraten. Bestes Beispiel ist Lamborghini. Es ist noch nicht lange her, da drehte sich beim Sportwagenbauer aus Santa Agata beinahe alles um brüllende Verbrenner mit zehn oder zwölf Zylindern, martialisches Design und Bestwerte bei Tempo oder Beschleunigung. Aktuell entwickelt der Sportwagenbauer aus der Nähe von Bologna sein erstes Elektromodell namens Lanzador. Und dieser Elektro-SUV soll mehr bieten, als cooles Design und 1.000 Kilowatt. In seinem Innern bietet der Elektrocrossover vier Einzelsitze, wegklappende Bildschirme und eine puristische Bedienung, während eine Vielzahl wiederverwendeter Materialien eingesetzt werden, um edelstes Leder oder wiederverwendetes Karbon zu flankieren. Armaturenbrett, Sitze und Türverkleidungen bestehen aus edler Merinowolle, während der farbige Faden aus recyceltem Nylon stammt. Die meisten unsichtbare Kunststoffe, wie der Schaumstoff der Sportsitze, sind aus 3D-gedruckten recycelten Fasern hergestellt. Auch die Karbonfasern, die für die Mittelkonsole und die Türverkleidungen verwendet werden, bestehen aus regeneriertem Karbon: einem neuen, zweischichtigen Verbundwerkstoff. Entwicklungschef Rouven Mohr bestätigt, dass derartige Materialien auch ihren Weg ins spätere Serienmodell finden werden.
Die Zeiten ändern sich
BMW Concept Neue Klasse 2024
BMW Concept Neue Klasse 2024
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Bei aller Nachhaltigkeit setzt Lamborghini ebenso wie die meisten Premiummarken auf Leder. Dieses ist nachhaltig gegerbt, da das Wasser aus der Olivenölproduktion stammt und wegen seines hohen Säuregehalts und seiner antimikrobiellen und phytotoxischen Wirkung in Kläranlagen behandelt werden muss. Dieses Restwasser aus der Olivenölproduktion kann aber auch von Chemikalienherstellern für die Produktion von Gerbstoffen wiederverwendet werden. Weitere Ressourcen werden zudem durch ein neu entwickeltes 3D-Druckverfahren für Kunststoffe geschont, aus dem unter anderem die Sitzschäume gefertigt wurden. Das Material für das Fused Deposition Modelling Druckverfahren stammt aus recycelten Abfällen wie gebrauchten Plastikflaschen und kann nach seiner Nutzungsdauer erneut recycelt werden. Der Anteil an recyceltem Material kann je nach Herkunft der Abfälle zwischen 45 und 100 Prozent betragen.
Auch der direkte Wettbewerber Ferrari muss sich zumindest im Kleinen auf ungewohntem Terrain neu erfinden. Die Innenausstattung des Nobel-SUV Purosangue ist nachhaltiger denn je, denn ab Werk ist der Luxuscrossover mit seinem 725 PS starken V12-Sauger nicht mit Ledersitzen, sondern mit einer speziellen Alcantara-Ausstattung unterwegs, die in Sachen Nachhaltigkeit neue Maßstäbe setzt. Die Innenausstattung besteht aus Kunststoffen, die zu 68 Prozent recycelt wurden. Von einigen Kleinteilen abgesehen ist der gesamte Innenraum des Purosangue mit dem edlen Kunstmaterial ausgeschlagen. Sitze, Verkleidungen, Innendach, Säulen oder Instrumententafel werden nur auf besonderen Wunsch mit Leder bezogen. „Der Bezug mit Alcantara hat Vorteile, die gerade für sportliche Fahrzeuge wichtig sind“, erläutert Marco Scuotto, Vertriebsleiter von Alcantara, „das Material ist nicht nur nachhaltig, sondern spart im Vergleich zu Leder rund die Hälfte des Gewichtes und lässt sich leicht reinigen.“ Das neue Material wurde mit einem Nachhaltigkeitssiegel nach dem Recycled Claim Standard zertifiziert, was die einzelnen Komponenten von der Quelle bis zum Endprodukt verfolgt. Überhaupt ist der Purosangue der nachhaltigste Ferrari, den es je gab. 85 Prozent der Ausstattungselemente wurden nachhaltig produziert. So besteht der Dachhimmel zum Beispiel aus recyceltem Polyester oder die Teppiche aus Polyamid, das aus Fischernetzen recycelt wurde.
Bei Porsche dreht sich vieles im Innern um Leder – aber nachhaltig. „Leder ist für die Porsche Kunden ein Qualitätsmerkmal. Zusammen mit unseren Lieferanten setzen wir uns für international akzeptierte Standards ein. Wichtig sind dabei auch die Anlagen, in denen unser Leder hergestellt wird. Sie sollen eine Zertifizierung durch die LWG erhalten“, sagt Barbara Frenkel, Vorständin für Beschaffung bei Porsche. Ebenso wie die anderen Autohersteller auch setzen sich die Volkswagen-Marken für Nachhaltigkeit und Transparenz in der Lieferkette ein. Anfang 2022 hat Porsche ein materialspezifisches Lastenheft für Leder erstellt, das alle Zulieferer seither einhalten müssen. Unter anderem muss das Herkunftsland der Rohware offengelegt werden und die Firmen maximales Tierwohl sowie eine verantwortungsvolle Lederproduktion garantieren. „Mit der Rückverfolgbarkeit der Lieferketten können Unternehmen sicherstellen, dass sie Leder auf verantwortungsvolle Weise beschaffen. Das steht im Kern unserer Bemühungen", sagt Christina Trautmann, Leiterin der Leather Working Group.
BMW hat ein großes Ziel und das lautet „neue Klasse“, auf der in den Jahren 2025 bis 2027 insgesamt sechs neue Elektromodelle anrollen. Beim kommenden Dreier als erstem Modell der Familie setzt der Autobauer aus München ein das neue Druckverfahren nicht nur für Komponenten im Innenraum ein, sondern auch für Außenkomponenten ein. Das umfasst unter anderem Leuchtelemente, die trotz des 3D- Druckverfahrens speziell auf einzelnen Ebenen angesteuert werden können. Das Armaturenbrett ist mit einem nachhaltigen Cordstoff bezogen, der es ebenfalls ins Serienmodell schaffen soll. BMW will mit seiner nächsten Fahrzeuggeneration nicht nur effizienter werden, sondern den Anteil von Sekundärrohstoffen deutlich erhöhen und mit einer geringeren Materialvielfalt die Recyclingmöglichkeiten verbessern. Zu mehr Nachhaltigkeit soll auch ein geändertes Demontagekonzept sorgen, das Recycling der Fahrzeuge der neuen Klasse optimiert.
Ein ähnliches Konzept fährt Mercedes mit der seriennahen Studie des CLA Concept. Das Serienfahrzeug kommt Ende des Jahres 2024 zum Kunden und soll im Innenraum und an der Karosserie über die gleichen nachhaltigen Materialien verfügen, die das Konzeptmodell bietet. So werden die Karosserie und große Teile des Fahrwerks aus CO2-freiem Stahl und CO2-reduziertem Aluminium gefertigt. Im Innenraum bietet die neue Einstiegsfamilie von Mercedes auf der MMA-Plattform mit ihren vier Modelle CLA, CLA Shooting Brake, GLA und GLB unter anderem nachhaltige Lederbezüge und Zierelementen aus Papier. Viele der Komponenten wird mit dem Effizienz-Einzelstück des Mercedes EQXX im vergangenen Jahr erstmals getestet. „Ich bin mir sicher, dass wir mit unserer MMA-Plattform unseren Kunden in diesem Marktsegment eine klassendefinierende Kombination aus Leistung, Nachhaltigkeit, Sicherheit und Komfort gepaart mit einem herausragenden digitalen Erlebnis bieten können“ sagt, Mercedes-Entwicklungsvorstand Markus Schäfer.
Dass bekannte Materialien wie Aluminium, Kunststoff oder Karbon von Naturstoffen ersetzt werden, betrifft jedoch nicht allein Sportwagen- und Premiumhersteller – im Gegenteil. Zum ist auch das Design an sich betroffen, denn neue Inhaltsstoffe geben den Kreativköpfen der Autohersteller auch völlig neue Möglichkeiten. Um die Neuinterpretation des Designs auf den Weg zu bringen, gehen Nachhaltigkeit und Kreativität zusammen mit neuesten Digitaltechnologien wie 3D-Druck. „Wir wollten uns von den in der Automobilindustrie typischerweise verwendeten Materialien lösen“, erklärt Francesca Sangalli, bei Seat für Color, Trim und Koncept verantwortlich, „wir experimentieren mit natürlichen Materialien, die in der Automobilindustrie normalerweise nicht verwendet werden. Mit den neuen Techniken sind wir von der 2D- zur 4D-Konstruktion übergegangen und haben Strukturen geschaffen, die zu echten Vorzeigeobjekten geworden sind.“
Neben Leder als dem natürlichsten aller Innenraummaterialien spielen je nach Fahrzeugsegment auch Recyclate eine zunehmend große Rolle. Einige Hersteller setzen auf Kunstleder, andere haben eine 3D- Flachstricktechnologie eingeführt, bei der die Stoffe komplett nach Maß gefertigt werden. Um unnötigen Abfall zu vermeiden, geht man bisweilen noch einen Schritt weiter. „Dank der additiven Fertigung können wir die Architektur des Designs von einer anderen Perspektive betrachten. Es handelt sich nicht nur um ein neues, leichtes Material, sondern es gibt auch keinen Abfall und wir können Grafiken innerhalb des Materials selbst erstellen, was zu einem einzigartigen Ergebnis führt“, erläutert Francesca Sangalli.
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