Remake einer Ikone (original) (raw)
"Tomb Raider Anniversary" Remake einer Ikone
Seit zehn Jahren ist "Tomb Raider"-Heldin Lara Croft präsent wie ein Hollywood-Star - mit allen Höhen und Tiefen des Promi-Daseins. Nach einem längeren Durchhänger kehrt sie nun rundum geliftet auf die Bildschirme zurück.
Anno 1996 tauchte Lara Croft erstmals auf der Bildfläche auf. Von da an sollte alles anders werden: Plötzlich gab es in Spielen dreidimensionale Räume, in deren Struktur selbst die Puzzles lagen. Jeder Mauervorsprung, jede Steinplatte, jede Säule war nicht nur Staffage, sondern konnte für das Gameplay eine Bedeutung haben. Ballern wurde zur Nebensache, stattdessen standen Hirn- und Kletterakrobatik auf dem Programm. Das hatte zwar schon der "Prince of Persia" vorgemacht, doch Lara bewegte sich weitaus geschmeidiger, verfügte über ein größeres Bewegungsrepertoire und betörte den Spieler mit ihrem Sex-Appeal im Doppel-D-Format ...
In den Folgejahren stieg Lara der Erfolg jedoch ein wenig zu sehr in den Kopf. Man sah sie einfach zu oft, und sie avancierte zu einer Art Paris Hilton der Computerspiele. Bereits nach "Tomb Raider 2" wirkten alle weiteren Sequels großteils nur noch wie ein gigantisches Dauer-Recycling derselben Ideen. Die immer wieder bemängelten Macken von Steuerung und Kameraführung blieben dabei ebenso über die Jahre erhalten wie die miserable Künstliche Intelligenz der Gegner - bis mit "Tomb Raider: Angel of Darkness" der Tiefpunkt erreicht war. Eidos zog die Konsequenzen und übertrug die Arbeit an "Tomb Raider: Legends" mit Crystal Dynamics einem neuen Entwicklerstudio. Mit Erfolg: Lara erwachte zu neuem Leben.
Nun gibt's "Anniversary" für PC und PlayStation2 - ein Remake des allerersten Action-Adventures des sexy Springflohs. Den Entwicklern von Crystal Dynamics gelang dabei ein ganz außergewöhnliches Kunststück: Sie griffen Story, Schauplätze und Gameplay des ersten Teils auf, ohne diesen plump zu kopieren. Sie veränderten, optimierten Puzzles, erweiterten und strafften, passten den Look ans 21. Jahrhundert an. Selbst Veteranen, die das Original in- und auswendig kennen, können "Anniversary" spielen und die vertraut geglaubte Welt mit Spannung neu entdecken. Das beginnt damit, dass die einstmalige Introvideosequenz nun spielbar ist, und endet mit jeder Menge freischaltbarer Audiokommentare von Mastermind Toby Gard und Game Director Jason Botta. Die beiden plaudern locker über den Entwicklungsprozess und lüften dabei so manches Geheimnis um Fräulein Croft ...
Wie vor gut zehn Jahren geht es darum, die in alle Welt verstreuten Einzelteile des "Scion von Atlantis" zu finden - ein Wettlauf gegen die Schergen von Laras zwielichtiger Widersacherin Jacqueline Natla. Nachdem sie sich in den luxuriösen Räumen ihres Landhauses warmgesprungen hat, macht sich die resolute Archäologin Croft zunächst nach Peru auf, bereist dann Griechenland, Ägypten und schließlich Atlantis. Halsbrecherische Sprungeinlagen (mit einigen brandneuen Moves) wechseln wie gewohnt mit Zahnrad- und Schalterrätseln, zeitkritischen Fallen, Tauchaktionen und Kämpfen mit Wölfen, Bären, Raptoren, Mumien und Dämonengedöns. Selbstverständlich muss sich Lara auch wieder mit dem legendären T-Rex herumschlagen. Neu ist dagegen der Einsatz des aus "Legend" bekannten Magnet-Hakens. Ein äußerst hilfreiches Werkzeug ...
Allerdings sind Steuerung und Kameraführung nach wie vor nicht optimal aufeinander abgestimmt, auch wenn das System nun etwas fehlertoleranter reagiert als früher. Ein Ärgernis ist gerade bei längeren Sprungsequenzen die fehlende Möglichkeit, überall nach Belieben abzuspeichern. Stattdessen wird der Spieler bei jedem Neuladen zum letzten "Kontrollpunkt" zurückgeworfen. Auch Laras Gegner haben in den letzten Jahren nicht vom Gehirnjogging profitiert und verhalten sich so blöd wie eh und je.
Tomb Raider Anniversary
Hersteller/Vertrieb | Crystal Dynamics/Eidos |
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Genre | Action-Adventure |
Plattform | PlayStation2, PC |
Preis | ca. 40 Euro |
Altersfreigabe | ab 12 Jahren |
Dem Spielspaß tun diese Einschränkungen nur wenig Abbruch. Zu faszinierend wirken die grafisch opulent umgesetzten Schauplätze, zu sehr stacheln die irrwitzigen Sprungkünste der Frau Croft den Ehrgeiz des Spielers immer wieder zu neuen Versuchen an. "Tomb Raider Anniversary" ist tatsächlich weit mehr als eine bloße "Reloaded"-Version des Originals: besseres und faireres Gameplay, eine noch profiliertere Protagonistin und eine zeitgemäße Grafik mit allerlei schmucken Licht-, Leucht- und Schatten-Effekten garantieren viele Stunden spannender Unterhaltung. Einsteiger und Grobmotoriker seien allerdings gewarnt: Der Schwierigkeitsgrad ist knackig!
TELESCHAU
Herbert Aichinger/Teleschau