Bundesanwaltschaft übernimmt Ermittlungen zu tödlichem Messeranschlag in Solingen (original) (raw)
Bundesanwaltschaft übernimmt Ermittlungen zu tödlichem Messeranschlag in Solingen
Blumen und Kerzen nach dem Anschlag in Solingen
© AFP
Nach dem Messeranschlag im nordrhein-westfälischen Solingen mit drei Toten verdichten sich Hinweise auf einen mutmaßlichen terroristischen Hintergrund. Die Bundesanwaltschaft übernahm die Ermittlungen gegen den Verdächtigen wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, wie eine Sprecherin am Sonntag in Karlsruhe mitteilte. Bei ihm handelt es um einen 26-jähriger Syrer, der sich am Samstagabend der Polizei stellte.
Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) beanspruchte die Tat in der nordrhein-westfälischen Stadt derweil für sich. Bei dem festgenommenen Verdächtigen handle es sich um einen Mann, der unweit des Tatorts in der Solinger Innenstadt in einer Flüchtlingsunterkunft gelebt habe, sagte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) am Samstagabend in den ARD-"Tagesthemen". Der Mann werde "in höchstem Maße" verdächtigt.
Reul sagte weiter: "Es ist jetzt mehr als eine Vermutung. Wir haben nicht nur einen Hinweis auf diese Person gehabt, sondern wir haben auch Beweisstücke gefunden". Wie die Polizei Düsseldorf am Sonntagmorgen mitteilte, stellte sich der Tatverdächtige am Samstagabend selbst den Ermittlungsbehörden. Demnach gab er an, für den tödlichen Anschlag auf dem Stadtfest in Solingen am Freitagabend verantwortlich zu sein.
Wie die Zeitung "Welt" unter Berufung auf Behördenkreise berichtete, hätte der Tatverdächtige bereits im vergangenen Jahr aus Deutschland abgeschoben werden sollen. Zuvor sei sein Asylantrag abgelehnt worden. Demnach sollte er nach Bulgarien abgeschoben werden, wo er in die Europäische Union eingereist sei. Offiziell bestätigt sei dies bislang nicht. Laut "Bild"-Zeitung soll er seit zwei Jahren in Deutschland leben.
Bereits vor der Festnahme des Verdächtigen beanspruchte die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) die Messerattacke für sich. Ein "Soldat" des IS habe den Angriff "auf eine Versammlung von Christen in der Stadt Solingen in Deutschland" am Freitag verübt, teilte das IS-Propaganda-Organ Amaq im Onlinedienst Telegram mit. Der Angreifer habe damit "Rache" für Muslime in den Palästinensergebieten und anderswo auf der Welt geübt.
Reul sagte zu dem IS-Bekenntnis, dies müsse nun sorgfältig geprüft werden. "Das gibt es immer wieder, diese Bekenntnisse. In der Regel sind die auch durchaus richtig, aber es kann natürlich auch eine falsche Meldung sein", sagte der CDU-Politiker. "Aber es spricht etwas dafür."
Die Stadt Solingen kündigte für Sonntag einen Trauergottesdienst an. Statt des geplanten Festgottesdienstes zum 650-jährigen Bestehen der Stadt sollte am Vormittag in der Stadtkirche am Fronhof ein Trauergottesdienst stattfinden, hieß es auf der Website der Stadt.
Bereits am Samstagabend hatte es auf dem Neumarkt in Solingen ein Trauergedenken gegeben, an dem auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) teilnahmen.
Schon vor der Festnahme des Verdächtigen hatte die Polizei am Samstag in einer Solinger Flüchtlingsunterkunft einen Mann festgenommen. Am Samstagmorgen war zudem ein 15-Jähriger festgenommen worden, der mit dem möglichen Täter in Verbindung gestanden haben könnte. Bei beiden handelt es sich laut Polizeiangaben nach derzeitigem Ermittlungsstand um Zeugen.
Der Täter hatte am Freitagabend auf einem Stadtfest in Solingen wahllos auf mehrere Menschen mit einem Messer eingestochen. Drei Menschen wurden getötet - ein 67-Jähriger, ein 56-Jähriger und eine 56-Jährige. Vier Opfer wurden zudem lebensgefährlich, sowie zwei weitere schwer und zwei leicht verletzt.
Die Tat löste bundesweit Entsetzen aus. Ministerpräsident Wüst sprach von einem "Akt des Terrors". Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bezeichnete den Anschlag als "schreckliches Ereignis". Er sei "sehr bestürzt", schrieb Scholz im Online-Dienst X. Der Täter müsse "rasch gefasst und mit der vollen Härte des Gesetzes bestraft werden."
AFP