Eines der wichtigsten Schutzgebiete Europas steht in Flammen: Was das für die Natur bedeutet (original) (raw)
Waldbrände in Griechenland Eines der wichtigsten Schutzgebiete Europas steht in Flammen: Was das für die Natur bedeutet
Ein Hubschrauber bei Löschmaßnahmen in Griechenland
© Nicolas Koutsokostas / Imago Images
Im Nationalpark Dadia im Nordosten Griechenlands toben seit Wochenbeginn heftige Brände. Eines der wichtigsten Schutzgebiete in Europa fällt den Flammen zum Opfer. Damit wächst die Sorge um die "einzigartige" ökologische Vielfalt und die vom Aussterben bedrohten Geier.
Auch nach fünf Tagen bekommt die Feuerwehr in Griechenland die schweren Waldbrände in der Grenzregion zur Türkei nicht unter Kontrolle. Zu gewaltig sind die Feuer auch im Nationalpark Dadia. Damit zerstören die Flammen ein Schutzgebiet von besonderer Bedeutung, den Lebensraum vom Aussterben bedrohter Raubvögel.
In dem knapp 430 Quadratkilometer großen Wald, in dem überwiegend Kiefern und Nadelbäume wachsen, gehören rund 73 Quadratkilometer zu streng geschütztem Gebiet. Denn hier leben 36 der 38 Raubvogel-Arten Europas – darunter drei der vier Geierarten (Aegypius monachus, Neophron percnopterus und Gyps fulvus), welche in dem Schutzgebiet in Nordost-Griechenland beheimatet sind.
Die letzten Geier ihrer Art
Sie gehören zu den letzten Raubvögeln ihrer Art in Europa: Laut einem Bericht der Tageszeitung "Kathimerini" gab es zuletzt noch 35 Paare des Mönchsgeiers (Aegypius monachus). Er ist der größte Geier auf unserem Kontinent mit einer Flügelspannweite von bis zu drei Metern. Schätzungen zufolge blieben womöglich acht Nester vom Feuer verschont. Sie befinden sich in einem Teil des Waldes, in dem es nicht gebrannt hat, heißt es in einem aktuellen Bericht der Tageszeitung "Kathimerini".
Geier im Wald von Dadia (Archivbild aus 2011)
© ANE Edition / Imago Images
Selbst wenn den Raubvögeln die Flucht vor den Feuern gelungen ist, so werden ihnen die flächendeckenden Brände große Probleme bereiten. Panagiota Maragou von der Umweltschutzorganisation WWF Griechenland erklärte gegenüber der "Kathimerini": "Mönchsgeier bauen große Nester [bis zu zwei Meter Durchmesser] in den Wipfeln sehr hoher Bäume, den Schwarzkiefern. Wenn ihre Nester zerstört werden, müssen sie sie nicht nur auf einem anderen Baum neu bauen, sondern auf einem geeigneten Baum." Für sie gilt es in Zukunft also, noch geeignete Bäume für den Unterschlupf zu finden. Auf eine noch kleinere Population in Dadia kam zuletzt der Schmutzgeier (Neophron percnopterus). Von der ebenfalls bedrohten Art lebten hier nur noch vier Paare.
Ob die seltenen Raubvögel den schweren Bränden überhaupt entkommen konnten, ist ungewiss. Laut Angaben des WWF von Donnerstag sind bisher etwa 30 Prozent des Nationalparks verbrannt. Die "Kathimerini" bezifferte die verbrannte Fläche im Gebiet des Grenzflusses Evros auf rund 74.000 Hektar, allein 13.000 davon im Nationalpark Dadia – dabei hatte es hier erst im vergangenen Jahr gebrannt. Die Ornithologische Gesellschaft in Griechenland fordert deshalb nun ein Jagdverbot, um den überlebenden Vögeln einen Lebensraum zu bieten.
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Unesco: Nationalpark Dadia in Nordost-Griechenland ist "einzigartig"
Aufgrund seiner geografischen Lage an der Schnittstelle zwischen Europa, Asien und Afrika liegt der Nationalpark Dadia in der Nähe des östlichsten Migrationskorridors vieler Vogelarten. Lücken im Wald durch Beweidung, Abholzung und kleine Brände in der Vergangenheit stellten für die meisten Raubvögel gute Bedingungen dar, heißt es. Schließlich würde es ihnen die Nahrungssuche erleichtern. Denn laut der UN-Kulturorganisation Unesco bietet der Wald eine "hohe biologische Vielfalt mit einzigartigen und seltenen Arten von Flora und Fauna".
Neben den bedrohten Geierarten, die hier gute Lebensbedingungen hatten, ist der Nationalpark Lebensraum von 360-400 Pflanzenarten, darunter 25 Orchideen-, 104 Schmetterlings-, 12-13 Amphibien-, 29 Reptilienarten. Weiter kommen hier 60-65 Säugetier-, davon 24 Fledermaus- und mehr als 200 Vogelarten vor.
Andere Gebiete in Europa mit ähnlichen Eigenschaften gibt es hauptsächlich in Spanien mit den Nationalparks Monfragüe und Cabañeros, wobei der Dadia aufgrund seiner ökologischen Vielfalt "einzigartig" sei, heißt es auf der Webseite der Unesco. Nun gilt es also, die Feuer möglichst bald unter Kontrolle und schließlich löschen zu können, bevor das so wichtige Schutzgebiet für Europas Pflanzen- und Tierwelt vollständig zerstört ist.
19. August 2024,10:44