Historiker Per Leo: "Erinnern ist nicht zwangsläufig etwas Gutes. Man kann sehr wohl zu viel erinnern." (stern+) (original) (raw)

Interview

NS-Vergangenheit Historiker Per Leo: "Erinnern ist nicht zwangsläufig etwas Gutes. Man kann sehr wohl zu viel erinnern."

![Historiker Per Leo](https://image.stern.de/30739626/t/E5/v1/w1440/r1.7778/-/aufmacher.jpg "Historiker Per Leo: "Erinnern ist nicht zwangsläufig etwas Gutes. Man kann sehr wohl zu viel erinnern."")

Historiker Per Leo

© Maximilian Mann

In seinem Debütroman verarbeitete der Autor Per Leo die Geschichte seines Großvaters, des SS-Offiziers Friedrich Leo. Jetzt sagt er, die nationalsozialistische Vergangenheit sei in Deutschland allgegenwärtig – und diese Erinnerung oft selbstgefällig und maßlos.

Julia Prosinger, Stefan Schmitz

Herr Leo, in Ihrem neuen Buch "Tränen ohne Trauer" kritisieren Sie, wie die Deutschen an den Nationalsozialismus erinnern: Das sei oft selbstgefällig und maßlos. Kann man sich überhaupt zu viel an den Holocaust erinnern?

Maßlos heißt nicht grundsätzlich falsch, sondern dass etwas, das vor 30, 40 Jahren seine Berechtigung hatte, heute vielleicht nicht mehr angemessen ist. Und Erinnern ist nicht zwangsläufig etwas Gutes. Man kann sehr wohl zu viel erinnern. Wenn man nämlich die Gegenwart nur noch als Spiegel der Vergangenheit versteht.

Ihr Großvater Friedrich Leo war SS-Offizier, seine Geschichte haben Sie in Ihrem Debütroman verarbeitet. Kann der Enkel eines Nazis darüber entscheiden, woran erinnert werden sollte und was vergessen?

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