Plötzliche Kältewellen verursachen Massensterben im Ozean (original) (raw)

Ein Bullenhai gleitet zwischen roten Fischen über den Meeresgrund

Ein Bullenhai gleitet zwischen roten Fischen über den Meeresgrund

© David Fleetham / Imago Images

Eigentlich sorgen sich Forscher, weil sich die Meere weltweit erwärmen. Allerdings kann der Klimawandel unter Wasser auch plötzliche Kältewellen hervorrufen – mit mindestens genau so dramatischen Folgen.

Für Anwohner dürfte es ein schockierender Anblick gewesen sein: Am 2. März 2021 säumten zahlreiche Tierkadaver den über 200 Kilometer langen südostafrikanischen Küstenabschnitt zwischen Port Elisabeth und East London. Unter ihnen tropische Wanderfische, Mantarochen und Haie. Mehr als 200 tote Tiere wurden damals angeschwemmt. Wie kam es zu dem Massensterben? Ein internationales Forscherteam hat nun eine Antwort.

Grund dafür dürfte demnach eine plötzliche Abkühlung der Ozeanregion zwischen Südafrika und Australien durch den Klimawandel gewesen sein. Das klingt zunächst widersprüchlich, weil sich die Meere weltweit gerade aufheizen. Aber die globale Erwärmung kann auch zu heftigen Kältewellen unter Wasser führen, zeigt die Studie im Fachmagazin "Nature Climate Science". Die globale Erwärmung verändert nicht nur Luftströmungen, sondern auch Zirkulationen und den Druck unter Wasser. Dadurch kommt es zu sogenannten Auftrieben – kalte Wassermassen, die aus den Tiefen Richtung Oberfläche steigen und ihre Umgebung abkühlen.

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Vor der südafrikanischen Ostküste sank die Oberflächentemperatur des Ozeans im Frühling 2021 so innerhalb eines Tages um etwas über sieben Grad; in 30 Metern Tiefe sogar über neun Grad – mit dramatischen Folgen für die Tierwelt: Sie sterben an den für sie zu niedrigen Temperaturen oder werden aus ihrem natürlichen Lebensraum verdrängt. Dem plötzlichen Kälteereignis im März 2021 fielen mehr als 260 Tiere 81 verschiedener Arten zum Opfer.

Haie versuchen, Veränderungen durch Klimawandel aus dem Weg zu gehen

In ihrer Studie haben sich die internationalen Forscher auf die Bullenhaie konzentriert. Die Tiere fühlen sich vor allem in tropischen und subtropischen Gewässern wohl und sind auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten als "gefährdet mit abnehmender Bestandsentwicklung" gelistet. Laut Stiftung für Meeresschutz hat sich ihre Zahl in den vergangenen Jahrzehnten fast halbiert. Grund dafür ist unter anderem die Fischerei. Vor allem das Fleisch der Jungtiere gilt als Delikatesse. Häufig verheddern sich Bullenhaie aber auch als Beifang in Fischernetzen vor den südafrikanischen Badestränden.

Daneben bedrohen auch Veränderungen ihres Lebensraumes durch den Klimawandel die Meeresbewohner. Kälteereignissen versuchen Bullenhaie aus dem Weg zu gehen, indem sie sich näher an der Wasseroberfläche bewegen. Manche Haie suchen auch Zuflucht in Flussmündungen und Buchten, schreiben die Forscher im Fachblatt "Nature Climate Change". Ein ähnliches Verhalten beobachteten die Wissenschaftler auch bei Mantarochen und Schwarzspitzenhaien.

20. April 2022,12:08

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Anhand der Beobachtungen schlussfolgern die Forscher, dass Kälteereignisse durch Auftriebe häufiger und intensiver werden. Dadurch werden Arten aus ihrem natürlichen Lebensraum verdrängt und auch die Fischereierträge an den Küsten eingeschränkt. Insgesamt sind diese Kälteereignisse und ihre Folgen aber noch zu wenig erforscht, schreiben die Studienautoren. Fest steht derzeit nur, dass sie häufiger und intensiver werden.