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Wüste in Mexiko Deutsche Forscher graben Dinosaurier aus

Schatzkiste für Paläontologen: In der Coahuila-Wüste in Mexiko wurden schon viele Fossilien entdeckt. Nun haben deutsche Forscher ein Dinosaurierskelett ausgegraben.

Gnadenlos brennt die sengende Sonne auf die deutschen Wissenschaftler herab. Bei weit über 40 Grad legen der Paläontologe Eberhard Frey und Studenten der Universität Heidelberg die Knochen eines Hadrosauriers frei. Mit Geologenhammer, Spachtel und zuletzt Pinseln tragen sie die Erde rund um die Überreste des Pflanzenfressers aus der Kreidezeit ab. Nach tagelanger mühsamer Arbeit kommen ein Schienbein, Oberschenkel- und Beckenknochen sowie Wirbel zum Vorschein.

Die Coahuila-Wüste nahe Saltillo im Nordosten von Mexiko ist ein unwirklicher Ort. Auf dem steinigen Boden wachsen nur Kakteen und etwas Strauchwerk, der ständige Wind treibt den Staub wie Sandpapier über die Hochebene. Vor rund 70 Millionen Jahren sah es dort noch ganz anders aus. "Hier war ein riesiges Delta, in dem mehrere Flüsse in den Golf von Mexiko mündeten", sagt Frey vom Naturkundemuseum Karlsruhe. "Es gab ein sehr aktives Ökosystem. Wir haben nicht nur Dinosaurierknochen gefunden, sondern auch vier verschiedene Schildkrötenarten, Überreste sehr kleiner Krokodile und Zähne von frühen Säugetieren."

Auf einem kleinen Gebiet von nur 50 mal 200 Metern haben die deutschen Wissenschaftler und ihre mexikanischen Kollegen vom Wüstenmuseum in Saltillo Knochen von 14 Dinosauriern entdeckt. Wenige Kilometer entfernt fanden sie die Skelette weiterer 15 Tiere. "Ich kenne keine Fundstelle, an der man so eine Menge an Dinosauriern auf einer so kleinen Fläche findet", sagt Professor Wolfgang Stinnesbeck von der Universität Heidelberg.

Wieso gab es ein Dinosaurier-Massensterben?

Nicht weit von der Ausgrabungsstelle entfernt haben Raubsaurier tiefe Fußabdrücke hinterlassen. Acht riesige Theropoden - zu denen auch der bekannte Tyrannosaurus rex gehört - preschten in Las Águilas einst durch den Morast. "In dieser Woche haben wir drei Zähne von Theropoden gefunden", berichtet Frey. "Das sind diagnostische Merkmale, die uns eine genauere Bestimmung der Art erlauben."

Eine rund zweistündige Autofahrt entfernt nahe dem Weiler Paredon studieren die Wissenschaftler die sogenannte Kreide-Tertiär-Grenze. An Bruchstellen in der Landschaft lässt sich der Übergang zwischen den beiden Erdzeitaltern in den Bodenschichten erkennen. Dort finden sich etwa Ammoniten, Schnecken, Krebse und Schildkrötenpanzer.

Vor rund 65 Millionen Jahren verschwanden zahlreiche Arten, darunter auch die Dinosaurier. Was das Massensterben ausgelöst hat, ist eine kontrovers diskutierte Frage in der Forscherszene. Die möglichen Ursachen reichen von starken Vulkanausbrüchen bis zum Einschlag eines Meteoriten im Chicxulub-Krater auf der Halbinsel Yucatán.

Viel versprechende Ausgrabungen

"Ich gehe hingegen von einem graduellen Prozess aus", sagt Stinnesbeck. "Dafür spricht, dass der Einschlag etwa 300.000 Jahre vor der Kreide-Tertiär-Grenze liegt." Während in der Kreidezeit ein regelrechtes Treibhausklima herrschte, seien die Temperaturen in den letzten fünf Millionen Jahren dieser Epoche kontinuierlich gefallen. Vielen Lebewesen sei es noch gelungen, sich an diese Klimaveränderung anzupassen. "Dann aber stieg die Temperatur plötzlich wieder an. Das könnte zu dem Massenaussterben geführt haben", erklärt Stinnesbeck.

An der Fundstätte Las Águilas haben die Heidelberger Studenten und Freys Mitarbeiter vom Naturkundemuseum Karlsruhe die Dinosaurierknochen mittlerweile an der Oberfläche vollständig freigelegt. Sie bedecken die Fundstücke mit Alufolie und gipsen sie schließlich ein. Dann wird die Grabungsstelle zugeschüttet, um die Knochen vor der Witterung zu schützen. "Nächstes Jahr wollen wir die Knochen ausgraben und im Labor präparieren", sagt der Geologe Hector Rivera Sylva vom Wüstenmuseum in Saltillo.

Die Paläontologie ist ein mühsames Geschäft. Die Wissenschaftler müssen Genehmigungen bei den mexikanischen Behörden einholen, Drittmittel einwerben und Personal organisieren. Die jüngsten Grabungsarbeiten wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert, ein Folgeantrag wird gerade formuliert. Auch wenn die bürokratischen Mühlen langsam mahlen, ist Frey zuversichtlich, auf dem Dinosaurier-Friedhof noch so manchen spektakulären Fund zu machen: "Unsere Ergebnisse sind sehr vielversprechend, eine umfangreiche Grabung hier würde sich auf jeden Fall lohnen."

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Dennis Düttmann/DPA