Wer bezahlt den Klimaschaden? Der Globale Norden allein mag nicht mehr (original) (raw)

Bei der Klimakonferenz in Baku dreht sich alles ums Geld. Länder wie Deutschland fordern, dass mehr Staaten für globale Klimaschäden bezahlen. Ein Überblick über das Streitthema der COP29.

Inhaltsverzeichnis

Wann findet die Klimakonferenz 2024 statt?

Die Delegierten treffen sich ab dem 11. bis zum 22. November in Baku, der Hauptstadt von Aserbaidschan.

Worum geht es bei der COP29?

Bei der 29. Klimakonferenz dreht sich alles ums Geld. Das Treffen baut auf vorausgegangene Klimagipfel in Kopenhagen (2009) und in Paris (2015) auf. Damals hatten sich die Industriestaaten dazu verpflichtet, Entwicklungs- und Schwellenländer bis 2025 jährlich mit 100 Milliarden US-Dollar im Kampf gegen den Klimawandel und bei der Anpassung an Klimaveränderungen zu unterstützen. Finanziert werden unter anderem Projekte für saubere Energien, Aufforstung oder Deichbau.

Das Finanzziel wurde 2022 erstmals erreicht. Nun stellt sich die Frage, wie es ab 2025 weitergehen soll. Unter dem Stichwort "Klimafinanzierung" diskutieren Staats- und Regierungschefs bei der diesjährigen COP über folgende Punkte:

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Drei Wochen vor der COP29 hat der Gastgeber Aserbaidschan zudem in einer Deklaration weitere Themen veröffentlicht, die während der Konferenz verabschiedet werden können. Sie sind zwar nicht bindend, sollen aber von möglichst vielen Staaten unterzeichnet werden. Genannt werden unter anderem ein Waffenstillstand während der COP, die Förderung grüner Projekte und Energien und der Aufbau einer Wasserstoff-Wirtschaft.

Warum ist der Klimagipfel erneut umstritten?

Das hat mehrere Gründe. Erstens findet die Klimakonferenz nach Ägypten und Dubai zum dritten Mal in Folge in einem autoritären Staat statt. Aserbaidschan zählt zu den korruptesten Staaten der Welt; im Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International belegt es Platz 154 von 180. Menschenrechte zählen kaum.

Ebenfalls kritisch ist Aserbaidschans Abhängigkeit von fossilen Energieträgern. 90 Prozent seiner Erlöse nimmt der Ölstaat über Exporte fossiler Brennstoffe ein. Wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine ist Europa zum größten Handelspartner Aserbaidschans geworden. Dessen Energieexporte nach Europa sollen bis 2027 noch verdoppelt werden. Zwar gehen Forscher davon aus, dass die Ressourcen begrenzt sind und die Gas- und Ölquellen Aserbaidschans in den kommenden 25 Jahren versiegen könnten. Den Profit möchten sich Regierung und Staatskonzern bis dahin aber nicht entgehen lassen. In einem kürzlich veröffentlichten Bericht hat die Umweltschutzorganisation Urgewald errechnet, dass das Land seine jährliche Gasproduktion bis 2033 noch um ein Drittel steigern könnte.

Kritiker und Aktivisten stellen deshalb Aserbaidschans Ambitionen bei der Unterstützung globaler Klimaschutzanstrengungen infrage. Einige werfen dem Land vor, die Klimakonferenz als "Greenwashing"-Kampagne zu nutzen, ohne ernsthafte inhaltliche Absichten zu verfolgen.

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Dafür spricht auch die Deklaration vor der Klimakonferenz. Darin hat Aserbaidschan alle zentralen Fragen der COP29-Verhandlungen ausgeklammert – Finanzen, Ausstieg aus den fossilen Energien, Emissionsreduktionen und Anpassung an den Klimawandel werden nicht erwähnt. Mit eigenen Forderungen könnte die Regierung in Baku von den eigentlichen Themen und Zielen des Klimagipfels ablenken und so den Druck zur Einigung senken. Das könnte eine Einigung bei der umstrittenen Klimafinanzierung behindern.

Wie viel Geld ist für die Klimaschäden nötig und wer soll dafür aufkommen?

Das bisherige Ziel von 100 Milliarden Dollar reicht für betroffene Entwicklungs- und Schwellenländer nicht aus, um entstandene und kommende Schäden durch den menschengemachten Klimawandel abzufedern oder sich an weitere Veränderungen anzupassen. Je nach Schätzung werden bis zum Jahr 2030 zwischen fünf und knapp 14 Billionen Dollar benötigt, berichtete das World Resource Institute. Die Vereinten Nationen rechnen mit etwa 2,4 Billionen Dollar pro Jahr.

Zu den Klimazahlungen hatten sich 1992 in der UN-Klimarahmenkonvention Länder verpflichtet, die für den hohen Treibhausgasausstoß verantwortlich sind – also klassische Industrienationen. Unter anderem die USA, die EU, Japan, Großbritannien, Kanada, die Schweiz, Norwegen, Island, Neuseeland und Australien zählen zu den gut 40 Geldgebern. Immer mehr Länder fordern aber, dass sich auch Länder des Globalen Südens an den Zahlungen beteiligen.

Warum ist die Finanzfrage so kompliziert?

Schwellen- und Entwicklungsländer betonen, dass sie historisch gesehen deutlich weniger zur Erderwärmung beigetragen haben. Deshalb sollen die Industriestaaten Klimaanpassung und Wiederaufbau finanzieren. Allerdings werden auch immer mehr Länder des Globalen Südens zu Treibhausgasemittenten. Daher fordern Länder wie Deutschland, dass sich mehr Staaten an den Finanzhilfen, dem sogenannten "new collective quantified climate finance goal" (NCQG), beteiligen.

"Die jetzigen großen Emittenten müssen mit einsteigen. Es kann nicht sein, dass wir allein auf die historische Verantwortung abstellen", sagte Deutschlands Außerministerin Annalena Baerbock drei Wochen vor dem Klimagipfel. Ähnliche Stimmen gab es auch aus anderen Teilen Europas. EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra sagte: "Was wir brauchen, sind nicht nur Verpflichtungen der Europäer." Zustimmung gab es auch von der französischen Energie- und Klimaministerin Agnès Pannier-Runacher.

Die Appelle richten sich vor allem an China und die Golfstaaten. Diese lehnen eine finanzielle Beteiligung bisher ab.

Die internationalen Klimagelder sind insgesamt umstritten, weil sie als Darlehen ausgezahlt werden. Dadurch verschulden sich Entwicklungsländer weiter. Sie fordern, dass die Gelder nicht mehr als Kredite bereitgestellt werden und neben Klimaschutzmaßnahmen auch für die Bewältigung bereits entstandener Schäden durch Überschwemmungen oder Dürren eingesetzt werden dürfen.

Woher soll das Geld kommen?

Bisher wird ein großer Teil der Klimafinanzierung über Entwicklungsbanken abgewickelt. Zusätzlich gibt es Fonds, die gemeinsam mit den betroffenen Ländern verwaltet werden, etwa den Green Climate Fund und die Globale Umweltfazilität. Die UN-Klimarahmenkonvention UNFCCC listet etwa fünf Fonds und Sonderfonds, die vor allem mit öffentlichen Geldern finanziert werden.

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Langfristig reichen diese aber nicht mehr aus, deshalb sollen künftig auch private Geldquellen beitragen. Auch neue globale Steuern für Superreiche, den Luft- und Schiffsverkehr oder Subventionen wären denkbar. Zudem überlegt die Staatengemeinschaft, Subventionen für fossile Brennstoffe auf sauberere Energien umzulenken. Denkbar wären auch ein Schuldenerlass für arme Länder, wenn sie in den Klimaschutz investieren.

Welchen Beitrag leistet Deutschland bei der Klimafinanzierung?

2023 hat die Bundesrepublik Klimaprojekte im Ausland mit knapp 10 Milliarden Euro unterstützt. Knapp sechs Milliarden Euro kamen dabei aus dem Haushalt der Bundesregierung. Dabei handelt es sich überwiegend um Projekte, die Deutschland in bilateralen Gesprächen mit einzelnen Ländern ausgehandelt hat. Sogenannte Klimapatenschaften gibt es unter anderem mit Brasilien, Kolumbien, der Côte d’Ivoire und Ländern des Westbalkans. Deutschland unterstützt dabei den Ausbau erneuerbarer Energien und den Schutz von Wäldern und Mooren.

Ab 2025 will die Bundesregierung jährlich mindestens sechs Milliarden Euro für die internationalen Klimahilfen bereitstellen, hat Kanzler Olaf Scholz vor dem Petersberger Klimadialogversprochen. Wegen der angespannten Haushaltslage ist jedoch unklar, ob Scholz das Versprechen einhalten kann. Das Entwicklungsministerium, das Wirtschaftsministerium und das Auswärtige Amt, die an der Klimafinanzierung beteiligt sind, müssen im kommenden Jahr mit deutlich kleinerem Budget rechnen.

Entwicklungs- und Klimaexperten halten die versprochene Summe von sechs Milliarden Euro für zu niedrig. "Aus unserer Sicht sollte Deutschland an öffentlichen Mitteln aus dem Bundeshaushalt jährlich mindestens acht bis zehn Milliarden Euro beisteuern", heißt es von der Entwicklungsorganisation Oxfam. Und sollte Deutschland sein Versprechen nicht einhalten können, wäre das ein "Vertrauensbruch erster Güte".

Was ist von der COP29 in Baku zu erwarten?

Das kommt auf die Perspektive an: Inhaltlich ist vieles offen, weil die Positionen der Länder beim Thema Klimafinanzierung so unterschiedlich sind. Ende August präsentierte die UN einen Entwurf mit sieben Vorschlägen für ein Finanzübereinkommen zwischen den Ländern. Vor dem Gipfel gab es keine Einigung. Zwischenzeitlich gab es zudem Medienberichte, wonach das vereinbarte Ziel der vergangenen Klimakonferenz in Dubai (Ausstieg aus den fossilen Energieträgern) auf der Kippe stand. Es zeichnet sich ein zähes Tauziehen in Baku ab.