"So besoffen kann keiner sein": So kommentiert Österreichs Presse den Strache-Skandal (original) (raw)

Pressestimmen

Geld gegen staatliche Aufträge "So besoffen kann keiner sein": So kommentiert Österreichs Presse den Strache-Skandal

Österreich, Graz: Teilnehmer einer Demonstration der Sozialisten Jugend (SJ) und der Grünen

Österreich, Graz: Teilnehmer einer Demonstration der Sozialisten Jugend (SJ) und der Grünen halten ein Plakat mit der Aufschrift "Die Schande ist Grande im Lande". Auch Österreichs Presse ist über den Strache-Skandal empört.

© Peter Kolb / DPA

Ein heimlich gefilmtes Video zeigt nicht nur, wie der FPÖ-Chef Strache Staatsaufträge im Austausch für Wahlkamphilfe angeboten hat, sondern auch offenbar die Pressefreiheit untergraben wollte. Österreichs Presse reagiert entsprechend empört und prognostiziert sein politisches Ende.

Ein heimlich gefilmtes Video, in dem Österreichs Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache offenbar Staatsaufträge im Austausch für Wahlkampfhilfe in Aussicht stellt, setzt die Regierung in Wien schwer unter Druck. Die oppositionelle SPÖ sprach vom "größten Skandal" in der jüngeren Geschichte des Landes. Die liberale Partei Neos bezeichnete Neuwahlen nun als "unvermeidlich". So sieht es auch die österreichische Presse.

Österreich, Graz: Teilnehmer einer Demonstration der Sozialisten Jugend (SJ) und der Grünen

Österreich, Graz: Teilnehmer einer Demonstration der Sozialisten Jugend (SJ) und der Grünen halten ein Plakat mit der Aufschrift "Die Schande ist Grande im Lande". Auch Österreichs Presse ist über den Strache-Skandal empört.

© Peter Kolb / DPA

"Kronen Zeitung"

"Russisches Geld, feuchtfröhliche Abende, geheimnisvolle Frauen, das ist das Umfeld, in dem sich Szenen abspielen, die jetzt geeignet sind, die Regierung zu sprengen. Völlig unverblümt wird erklärt, wie man sich mit der Hilfe von obskuren Geldgebern den Einfluss der „Krone“ krallen will. Zu dem Zeitpunkt, zu dem FPÖ-Chef Strache und sein Vize Gudenus im partygeschwängerten Ibiza in die Video-Falle gingen, war längst bekannt, dass die deutsche Funke-Gruppe ihren 50-Prozent-Anteil an der „Krone“ abstoßen will. Hier vermutete man ein Einfallstor. [...] Die Unabhängigkeit der Redaktion ist das Objekt der Begierde, mit der sich mächtige Interessensgruppen oder milliardenschwere Finanzinvestoren gerne schmücken würden. "Die ,Krone‘ ist ,DAS MEDIUM‘, wenn die einen ,pushen‘, kann man alles erreichen", hört man Strache im Ruderleiberl schwadronieren. Wegen ihres Einflusses ist sie ständig bedroht, denn so mancher würde sich gerne die Krone aufsetzen."

Österreichs Vizekanzler und FPÖ-Chef Strache ist massiv ins Zwielicht geraten.

"Der Standard"

"All das soll in stark alkoholisiertem Zustand passiert sein – und überhaupt sei ja in der Folge nichts passiert, versucht die FPÖ zu erklären: keine Parteispende geflossen, keine Übernahme der Kronen Zeitung zur Beeinflussung der Nationalratswahl erfolgt; und Staatsaufträge, die Strache in dem Video als Lohn für die Beeinflussung der Nationalratswahl in Aussicht gestellt hat, sind schließlich auch nicht an dubiose russische Investoren vergeben worden. Bitte schön: So besoffen kann keiner sein, dass er derartige Pläne mit russischen Vertretern schmiedet. So besoffen kann keiner sein, dass er nicht erkennt, dass es hier um Rechtsbruch geht. So besoffen kann auch keiner sein, dass er danach zur Tagesordnung übergeht."

"Salzburger Nachrichten"

"Was immer der Vizekanzler jetzt zu seiner Verteidigung vorbringen mag, sein Fall ist kaum aufzuhalten. Wie unstatthaft die Dokumentation dieses blauen Offenbarungseides zustande gekommen sein mag, und wer auch immer ihre Urheber waren, sie entlarvt die Denkweise der handelnden Personen. Die unerlaubte versteckte Kamera ist ebenso wenig Ausrede wie die alkoholschwangere Ferienstimmung. Strache hätte aufstehen und gehen müssen, wie es sich für einen anständigen Politiker gehört. Stattdessen blieb er und hat sich in einen Strudel hineingeredet, der ihn zwei Jahre später als Vizekanzler in die Tiefe zieht. Jetzt muss der Kanzler handeln."

teaser

"Die Presse"

"Die Regierung erlebt in diesen Stunden die schwerste Krise seit ihrer Angelobung. So wie bisher wird es nicht weitergehen. Kann es auch nicht. Die Ereignisse, die am Freitag um 18 Uhr ihren Ausgang nehmen – und für die Regierungsmitglieder, auch die türkisen, schon früher –, stellen eine Zäsur dar. [...] Die beiden Hauptdarsteller auf dem Video, Heinz-Christian Strache und Klubchef Johann Gudenus, werden jedenfalls nicht sagen können, sie wussten von nichts. Wie sie nach derzeitigem Stand aus der Sache herauskommen sollen, ist unklar. Das Bekenntnis, nichts Illegales vorgehabt haben zu wollen, gleichzeitig aber alle möglichen Schlupflöcher anzudeuten, wird zu wenig sein. Nein, nach derzeitigem Stand, werden sie aus dieser Falle, die ihnen gestellt wurde, die aber ihre Absichten und Angewohnheiten offen zu Tage treten ließen, nicht mehr herauskommen. Seit Freitag, 18 Uhr, ist die Koalition in ihrer bisherigen Form zu Ende. Es kommt ein neuer Vizekanzler. Ein neuer Koalitionspartner. Oder Neuwahlen."

"Kurier"

"Logische Konsequenz: Strache muss sofort zurücktreten, wenn diese türkis-blaue Koalition fortgesetzt werden soll. Das weiß natürlich auch Kanzler Sebastian Kurz, der hier nicht tatenlos zuschauen wird. In der FPÖ ist auf allen Ebenen Großreinemachen angesagt. Weitere Konsequenz wären sofortige Neuwahlen."

ivi

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