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Sigmar Gabriel Der «kleine Schröder» kämpft um sein Erbe

Jüngste Umfragen sehen die SPD mit 34 bis 40 Prozent auf der Verliererseite. Jetzt muss Gabriel Schröders Nachlass verteidigen.

Für Niedersachsens Regierungschef Sigmar Gabriel (SPD) liegt die Messlatte hoch: 47,9 Prozent und eine satte absolute Mehrheit hat die SPD bei der Landtagswahl 1998 unter dem damaligen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder errungen. «Verspielt mir mein Erbe nicht», ermahnt dieser seitdem manchmal seine Genossen.

Bildung soll im Wahlkampf punkten

Lange schien dies gewährleistet. Als die Niedersachsen-SPD im September bei der Bundestagswahl 47,8 Prozent holte, erklärte der 43- Jährige stolz: «Wir haben dem Kanzler den Rücken gestärkt.» Doch seitdem hat sich der Wind gedreht. Jüngste Umfragen sehen die SPD mit 34 bis 40 Prozent auf der Verliererseite - nach 13 Jahren an der Macht eine ungewohnte Lage. Gabriel gibt zwar die absolute Mehrheit als Wahlziel aus, zeigt sich inzwischen aber für Rot-Grün offen.

Der aus Goslar stammende, wegen seiner Leibesfülle als «Harzer Roller» bezeichnete Politiker hat eine Blitzkarriere hinter sich. 1990 zog der studierte Lehrer in den Landtag ein, 1998 wurde er Fraktionschef. Im Dezember 1999 trat er die Nachfolge des zurückgetretenen Regierungschefs Gerhard Glogowski (SPD) an.

Seitdem hat sich Gabriel vor allem die Bildungspolitik auf die Fahnen geschrieben. Lange vor der PISA-Debatte stieß er eine Schulreform an. Mit dem Thema Bildung will er auch im Wahlkampf punkten. Sein Vorstoß, hierfür mehr Geld bei den Wohlhabenden zu mobilisieren, wurde aber zum Flop. Der griffige Slogan «1 Prozent Vermögensteuer für 100 Prozent Bildung» hatte mit der neuen Zinsabgeltungsteuer ausgedient.

Den Konflikt mit dem Kanzler nahm Niedersachsens forscher Regierungschef in dieser Frage - wie schon in manchen anderen - in Kauf. Der «kleine Schröder», wie er manchmal genannt wird, hat beim «großen Schröder» gelernt, wie sich durch Nadelstiche gegen die eigene Führung Schlagzeilen produzieren lassen.

Kommt auch bei Gegenwind voran

Mal bemängelte er den Zustand der SPD als verkrustet, mal gefielen ihm die Dosenpfand-Pläne nicht, mal nörgelte er an der Finanzpolitik herum. Für jene Kritik kam von Schröder der Seitenhieb zurück: «Ich wusste gar nicht, dass in Niedersachsen ein neuer Weltökonom geboren wurde.» An Gabriels Selbstbewusstsein kratzt so etwas nicht. Sein Motto: «Ich bin Mitglied im Verein für deutliche Aussprache.»

Trotz des gelegentlichen Ärgers hält Schröder große Stücke auf Gabriel. «Der niedersächsische Ministerpräsident zählt zu den Besten der SPD in seiner Altersklasse mit einer großen Zukunft», sagte er einmal. Solche Äußerungen haben Spekulationen genährt, Gabriel könnte Schröder später einmal auch als Kanzler beerben.

Aus seinem Hobby, dem Segeln, zieht Gabriel manche Erkenntnis fürs politische Geschäft - etwa die, dass man auch bei Gegenwind voran kommen kann. Der SPD-Politiker ist geschieden und Vater einer 13- jährigen Tochter.

DPA

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