Weltkriegsgedenken: Das juristische Hickhack um das Zeigen russischer und ukrainischer Flaggen (original) (raw)
Das Sowjetische Ehrenmal an der Straße des 17. Juni in Berlin im vergangenen Jahr. Auch 2022 hatte es Auseinandersetzungen über russische und ukrainische Symboliken beim Weltkriegsgedenken gegeben.
© Paul Zinken / DPA
Vor Gericht wird darüber gestritten, ob russische und ukrainische Symbole im Umfeld des Gedenkens an das Weltkriegsende und die Befreiung Deutschlands gezeigt werden dürfen. Darum geht's.
Das diesjährige Gedenken an die Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus und das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 78 Jahren wird in Berlin von einem juristischen Hickhack um das Verbot mehrerer Symbole begleitet.
Hintergrund ist eine Allgemeinverfügung der Berliner Polizei vom Freitag. Sie hatte das Zeigen diverser Symbole im Umfeld der Sowjetischen Ehrenmäler in den Bezirken Treptow-Köpenick, Mitte und Pankow am 8. und 9. Mai verboten, um ein Missbrauch des Gedenkens für Kriegspropaganda zu verhindern. Es solle das "würdevolle Gedenken an die gefallenen Soldatinnen und Soldaten der damaligen Sowjetarmee" gewährleistet werden, hieß es in der Begründung. Das Verbot umfasste unter anderem:
- Fahnen und Flaggen mit russischem oder ukrainischem Bezug
- das Abspielen und Singen russischer/ukrainischer Marsch- beziehungsweise Militärlieder
- das Zeigen von Symbolik und Kennzeichen, die geeignet sind, den Russland-Ukraine-Krieg zu verherrlichen, dazu gehören auch die Buchstaben "V" oder "Z"
- das Billigen des derzeit von Russland gegen die Ukraine geführten Angriffskrieges
- das Zeigen von St.-Georgs-Bändern, einem russischen Militärabzeichen, das auch als Zeichen der Unterstützung des Angriffskrieges getragen wird
Verbot von Flaggen bei Weltkriegsgedenkfeiern in der Kritik
In dem Verbot sowohl russischer als auch ukrainischer Symboliken sahen Kritikerinnen und Kritiker eine implizite Gleichsetzung der Aggression Russlands mit dem Selbstverteidigungsrecht der überfallenen Ukraine.
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Wladimir Putin, ehemaliger Geheimagent, seit 20 Jahren Kremlchef, "verschlossen, autoritär, mit Komplexen und verrückten Ideen", wie ein russischer Politologe sagt. Früher ritt der russische Präsident mit nacktem Oberkörper durch die Taiga, inzwischen hat er sich weitgehend in sein Büro zurückgezogen und übt sich in Revanchismus und Hass auf den Westen. Einsam scheint Putin auch den Einmarsch in die Ukraine beschlossen zu haben – offenkundig hat er die Fähigkeiten seiner eigenen Armee völlig über- und die Lage in der Ukraine sowie die Unterstützung durch das Ausland unterschätzt. Der Feldzug dürfte sein politisches Schicksal besiegeln.
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In zwei unabhängig voneinander geführten Eilverfahren kippte das Berliner Verwaltungsgericht am Wochenende das Verbot sowohl der ukrainischen als auch der russischen Symboliken.
Die Berliner Polizei kündigte an, nicht weiter juristisch gegen die Erlaubnis ukrainischer Symboliken vorzugehen, wohl aber gegen jene der russischen. "Wir haben heute Morgen dagegen Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht eingelegt", teilte die Behörde am Sonntag mit. Die Entscheidung stand am Montagmittag noch aus. Die Polizei ist im Umfeld der Gedenkzeremonien mit mehr als 1500 Beamtinnen und Beamten im Einsatz. Zwischenfälle wurden zunächst nicht gemeldet.