Im Land des Keilers (original) (raw)

Gräflicher Landsitz Hardenberg Im Land des Keilers

Hochprozentiges haben sie im Schatten der Burgruine schon lange gebrannt. Das Rezept dafür liegt beim Grafen höchstpersönlich unterm Kopfkissen. Denn die Gäste des Landsitzes Hardenberg dürfen zwar alles trinken, aber nicht alles wissen.

Von Helge Bendl

"Streng geheim", sagt der Führer und lächelt sein diabolisches Lächeln. "13 Inhaltsstoffe gibt es, doch ich darf Ihnen nur sagen, dass Anis und Kubeben-Pfeffer dabei sind." Das Rezept für das "Danziger Goldwasser" liegt vermutlich beim Grafen höchstpersönlich unterm Kopfkissen, vor Nachahmern so streng geschützt wie in Atlanta die Rezeptur von Coca Cola. Doch anders als bei der süßen braunen Brause, die heute ohne Koka-Pflanze auskommen muss, ist beim Danziger Goldwasser tatsächlich alles Gold, was glänzt. Und so ist die Abfüllanlage des Likörs in der Gräflich Hardenberg'schen Kornbrennerei so etwas wie eine Schatzkammer: 0,07 Gramm feinste Goldpartikel schweben in jeder Flasche. Leider kommt diese Information etwas zu spät: Mit dem Multiplizieren ist es so eine Sache, wenn man zuvor schon ein wenig vom Hardenberg'schen Doppelkorn probiert hat.

Doch immerhin (Rechenfehler nicht ausgeschlossen) sind es stolze 28 Kilogramm Gold, die jährlich ins Glas wandern. Zeit, um darüber nachzusinnen, ob die Brennerei mit ihren riesigen Fässern aus Holz und Stahl ein lohnendes Ziel für die Panzerknacker-Bande wäre, hat man leider nicht: Mit lodernden Fackeln geht es steil den Berg hinauf zur Burgruine der Hardenbergs, wo man im Licht des Vollmonds auf Gespenstertreiben hofft und doch nur eine Außenstelle des Standesamtes der Gemeinde Nörten findet. Hundertfach hallt hier jedes Jahr ein seufzendes "Ja" durchs Gewölbe - romantischer kann man wohl kaum heiraten.

Luxus zu erschwinglichen Preisen

Wer von Göttingen aus gut zehn Kilometer gefahren ist, wer den Weg in die Kornbrennerei und hinauf auf die 1101 erstmals erwähnte Hardenberg'sche Burg gefunden hat, ist schon mitten drin in dem, was Carl Graf von Hardenberg das Keilerland getauft hat - mit dem seinem Stand offensichtlich eigenen Selbstbewusstsein frei nach dem Keilerkopf, der sein Familienwappen ziert. Der größte private Land- und Waldbesitzer der Region (allein 2200 Tonnen Weizen von den gräflichen Ländereien verarbeitet die Brennerei) hat im ländlichen Niedersachsen eine eigene touristische Marke geschaffen. Sein familiär-kleines Vier-Sterne-Burghotel mit 45 Zimmern und Suiten gehört inzwischen zur renommierten Kette Relais & Chateaux. Glücklicherweise eifert man den französischen Partnern nicht bei den Zimmerpreisen nach - in der Nebensaison gibt es Übernachtungs-Specials für rund 100 Euro die Nacht, ein echtes Schnäppchen.

Im Juni kommen 30000 Zuschauer zum Hardenberg Burgturnier, bei dem sich die besten Springreiter der Republik messen und hoffen, die "Goldene Peitsche" zu ergattern. Im Mai gibt es bei den "Hardenberg Klassika" Konzerte, Kleinkunst sowie Ausstellungen zum Thema Garten und Lebensart, im Winter die mit 1200 Quadratmetern größte Eisbahn der Region. Die gräflichen Ländereien sind auch groß genug für zwei 18-Loch-Golfplätze und einen Sechs-Loch-Public-Course. Und wer noch auf dem Weg zur Platzreife ist, kann in der Golfschule von Stefan Quirmbach Abschlagen und Einlochen üben.

feine Küche mit derben rheinischem Humor

Es gibt also viel zu sehen und noch mehr zu erleben. Das 300 Jahre alte Schloss, in dem die Familie derer zu Hardenberg wohnt, ist zwar tabu für Gäste ohne besondere Einladung. Trotzdem darf man sich im Keilerland manchmal so fühlen, als sei man zu Gast bei Hofe. Der Schlosspark steht allen offen, die Burgruine ist nicht nur für edle Ritter zugänglich, und Katja Burgwinkel zaubert in der Küche des Burghotels kaiserliche Speisen. Wer will, kann das "Chef's Table" reservieren und der Küchenchefin und ihrem Team beim Arbeiten zusehen. Noch intimer eingeweiht in die Kochkunst wird man bei einem Kochkurs - dann lässt sich erleben, dass feine Küche durchaus mit derbem rheinischen Humor zusammenpasst.

Wenn man sein Gourmet-Restaurant nach dem Dichter Novalis benennt (der übrigens auch ein von Hardenberg war, aber doch lieber unter seinem Kunstnamen veröffentlichte) und Feinschmecker mit edlem Ambiente locken will, müssen nicht nur besondere Speisen auf den Tisch kommen, sondern auch das passende Geschirr.

Informationen zum "Keilerland"

Informationen zu Führungen auf der Burgruine, zur Kornbrennerei und zu Veranstaltungen im so genannten Keilerland der Grafen von Hardenberg gibt es unter Telefon 05503/802-274. Das Burghotel und das Gourmet-Restaurant Novalis sind unter Telefon 05503/981-0 zu erreichen. . Ein Tipp für den Winter: Ab dem 17. November und bis zum 02. März wird am Rande des Schlossparks die größte Eisbahn der Region aufgebaut.

Hinweise zu Veranstaltungen im Museum der Porzellanmanufaktur Fürstenberg und zu den Öffnungszeiten des Werksverkaufs gibt es unter Telefon 05271/401-0,

Und das wird ganz in der Nähe von Hand hergestellt: Etwa 50 Kilometer entfernt vom Hardenberg liegt hoch über der Weser das Schloss der Porzellanmanufaktur Fürstenberg. 1747 von Herzog Carl I. von Braunschweig gegründet, gehört sie zu den ältesten und renommiertesten Porzellanherstellern Europas. Tradition verpflichtet - und so hat man sich mit den Marketing-Strategen des Hardenbergs zusammen getan und ein Kombi-Ticket entwickelt, mit dem sowohl das Porzellanmuseum in Fürstenberg als auch das Hardenberg'sche Keilerland, also die Burg, der Schlosspark und die Brennerei, besichtigt werden können. In Fürstenberg selbst bietet man den Gästen (die man natürlich auch als Kunden für das "weiße Gold" gewinnen will, gleich nebenan gibt es einen Werksverkauf) aber mehr als klassische Führungen durch die imposante Museumskollektion.

Fürstenberg Porzellan hält was es verspricht

In einer Schauwerkstatt kann man den Künstlern über die Schulter sehen und miterleben, wie Teller, Tassen und Figuren aus dem Gemisch aus Kaolin, Feldspat und Quarz geformt werden. "Bei uns sind Details noch wichtig", sagt Christian Hirsch, Geschäftsführer der Porzellanmanufaktur Fürstenberg. Anders könne man sich gegen die Billig-Konkurrenz aus China auch gar nicht behaupten. Bei Fürstenberg, so das Credo, gebe es keine schwarzen Punkte inmitten des schimmernden Weiß - Zeichen für ausgebrannte Metalle. Und Fürstenberg-Porzellan halte auch, was es verspreche - im wahrsten Sinne des Wortes. "Die Tasse und ihr Henkel müssen immer aus ein und derselben Charge Material geformt werden, sonst fällt später beim Brennen alles wieder auseinander." Zeitlos-klassisch (und in Restaurants rund um den Globus im Einsatz) sei die Herzog-Ferdinand-Kollektion gemeinsam mit den besten Köchen der Republik entwickelt worden. "So ist garantiert, dass man das Stück Fleisch auf dem Teller perfekt mit den teuren Soßen garnieren kann."

Doch bei Fürstenberg entwickelt man auch neue Produkte: Ein Champagnerbecher mit einer Wandstärke von nur 1,6 Millimetern hält das prickelnde Getränk angenehm lange erfrischend kühl - Porzellan ist ein schlechter Wärmeleiter. An jene Becher mit ihrem Rand aus Gold oder Platin dürfen nur die Spezialisten. Als Museumsbesucher darf man aber auch selbst Hand anlegen und dabei die Grenzen der eigenen Kunstfertigkeit austesten. Bei Malkursen - wahlweise ein Nachmittag oder mehrere Tage - kann man selbst mit Farben und Formen experimentieren. Danach wandern die bemalten Teller in den Ofen; ein paar Tage später kommen sie gut verpackt per Post nach Hause.

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