"SS United States": Amerikas vergessenes Flaggschiff verrostet in Philadelphia (original) (raw)
Rekordfahrt vor 70 Jahren "SS United States": Amerikas vergessenes Flaggschiff verrostet in Philadelphia
Am 3. Juli 1952 in Dienst gestellt und sofort auf Rekordfahrt: Die "SS United States" war der schnellste Ozeanliner aller Zeiten - einst Symbol des amerikanischen Traums. Seit mehr als 25 Jahren liegt das Flaggschiff der Supermacht im Hafen von Philadelphia.
Wird der legendäre Ozeanreise, die "SS United States" vom Verschrotten noch gerettet werden und könnte das 70 Jahre alte Schiff eine Zukunft als Touristenattraktion in einem der Häfen an der amerikanischen Ostküste haben?
Die New Yorker Immobilienfirma RXR Realty ist seit Längerem mit der Stiftung zur Rettung des legendären Schiffes im Gespräch und plant nach US-Medienberichten die Umwandlung des rostenden Riesen in eine Kombination aus schwimmendem Hotel, Museum und Kulturzentrum - mit einer Gesamtfläche 55.000 Quadratmetern.
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Laut einer Presseerklärung gab es im Vorfeld bereits Interessensbekundungen von Städten wie Boston, New York, Philadelphia, Miami, Seattle, San Francisco, Los Angeles und San Diego, die in dem Projekt einen Motor für die wirtschaftliche Entwicklung ihrer Uferpromenaden sehen.
Es ist nicht das erste Mal, dass ein Unternehmen neues Leben in das berühmteste Passagierschiff der USA einhauchen soll. Einen Rettungsversuch hatte zuletzt 2016 das Kreuzfahrtunternehmen Crystal Cruises unternommen. Nach einer Modernisierung wollte die Reederei die "SS United States" wieder für Luxusreisen nutzen. Doch eine Machbarkeitsstudie zeigte den enormen finanziellen Aufwand, der für die Anpassung des Oldtimers an die modernen Sicherheitsstandards erforderlich ist. Crystal Cruises hat das Projekt längst fallengelassen.
12. Juni 2022,15:37
"SS United States" erhält das Blaue Band
"Das Schiff war der Stolz der Nation", sagt Susan Gibbs von der Stiftung "SS United States Conservancy". Sie ist auch die Enkelin des Erbauers William Francis Gibbs. Die 301 Meter lange "SS United States" entstand Anfang der 50er Jahre auf einer Werft in Newport News im Auftrag der US-Marine und der Reederei United States Lines. Das Schiff war als schneller Luxusliner für 2000 Passagiere und 1000 Besatzungsmitglieder geplant, der innerhalb kürzester Zeit auch als Truppentransporter für 14.000 Soldaten einsatzbereit war.
Schon bei der Jungfernfahrt 1952 errang der Neubau das "Blaue Band" für die schnellste Transatlantikfahrt eines Passagierschiffes: Nur drei Tage, zehn Stunden und 40 Minuten brauchte die "SS United States" von New York bis Southampton – bis heute der Rekord auf dieser Route.
Die Höchstgeschwindigkeit des Dampfturbinenschiffes blieb stets geheim. Bei Probefahrten wurden angeblich 41,6 Knoten, umgerechnet 77 Stundenkilometer, gemessen.
Nachkriegs-Boom, Kalter Krieg und Jet Age
An Bord befanden sich drei Orchester, ein Ballsaal, zwei Kinos, 20 Aufzüge und ein Schwimmbad. "Die Technologie, der Komfort, die Geschwindigkeit, das Essen, alles war so perfekt", erinnert sich Joe Rota, der von 1955 bis 1959 auf dem Flaggschiff der United States Lines als Liftjunge und als Fotograf arbeitete. "Wir hatten nie einen Ausfall, wir waren niemals verspätet."
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Alles, was in der Nachkriegszeit Rang und Namen hatte, reiste damals mit der "SS United States". Sogar Leonardo da Vincis "Mona Lisa" kehrte auf dem Schiff von einer Sonderausstellung in der National Gallery of Art in Washington in den Louvre nach Paris zurück.
Ab den 1960er Jahren stiegen immer mehr Reisende in Flugzeuge, um den Atlantik zu überqueren. Im Zeitalter der Düsenflugzeuge lohnte sich der Betrieb der "SS United States" nicht mehr. Nach 400 Transatlantikpassagen war 1969 Schluss.
Einst war es das schönste Schiff der Welt
Der ausgemusterte Ozeanriese wechselte mehrfach den Besitzer, Pläne wie die Umwandlung in ein Kasino wurden verworfen. Im Jahr 1984 wurden die Möbel und die Innenausstattung versteigert. Seit 2011 befindet sich das Schiff im Besitz einer Stiftung, die für eine Erhaltung des legendären Dampfers kämpft.
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"Es war das schönste Schiff der Welt", erinnert sich wehmütig Rota. "Was für ein amerikanisches Symbol." Doch heute ist das komplett von der Inneneinrichtung und vom verbauten Asbest befreite Schiff eher ein Symbol für den Niedergang der Vereinigten Staaten: ein Relikt aus einer Zeit, als die USA noch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten waren und Kriege gewinnen konnten.
Statt nahe der Freiheitsstatue in Manhattan liegt die "SS United States" nun in Sichtweite einer Ikea-Filiale in Philadelphia und rostet seit 25 Jahren vor sich hin. Die derzeitige Corona-Krise dürften die großspurigen Pläne von RXR Realty nicht gerade beflügeln.
12. April 2022,20:00
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