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- Wirtschaft
Kosten der Erderwärmung: Brauchen wir eine Klimawandel-Finanzspritze?
Verlust oder Profit Was kostet uns der Klimawandel?
Brauchen wir bald eine Finanzspritze wegen des Klimawandels?
© Oliver Burston / Imago Images
Für die Folgen der Klimawandels hat Deutschland seit dem Jahrhundertwechsel 145 Milliarde Euro bezahlt. Und es könnte noch viel mehr werden. Brauchen wir bald eine Finanzspritze wegen der Erderwärmung? Nicht unbedingt.
Es war die bisher denkwürdigste Umweltkatastrophe der jüngeren deutschen Geschichte – und bis heute wohl auch die teuerste: Mehr als 40 Milliarden Euro musste die Große Koalition hinblättern, um zu reparieren, was gewaltige Wassermassen im Juli 2021 im Ahrtal hinfortgerissen hatten. So viel Geld auf einmal hat bisher keine Naturkatastrophe in der Bundesrepublik verschlungen. Das kann sich aber ändern: Bis 2050 könnten weitere 280 bis 900 Milliarden Euro zusammenkommen, schätzt die Bundesregierung.
Wie stark der Klimawandel den Bundeshaushalt künftig belastet, hängt davon ab, wie viel die Bundesregierung und die Vertragsstaaten des Pariser Klimaabkommens gegen die Erderwärmung unternehmen. Teurer wird es aber schon jetzt, hat ein Forscherteam des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) errechnet. Würden die Emissionen ab sofort drastisch reduziert, gingen ungefähr 19 Prozent des Einkommens der Weltgemeinschaft für die Reparatur von Schäden durch den Klimawandel drauf. Unterm Strich könnte die Erderwärmung alle Länder der Welt zusammen Mitte des Jahrhunderts 36 Billionen Euro kosten.
06. November 2022,16:35
Wer wenig zum Klimawandel beiträgt, zahlt am meisten
Für ihre Studie, erschienen im Fachblatt "Nature", haben die PIK-Forscher untersucht, wie Temperaturschwankungen und die Regenverteilung das Wirtschaftswachstum der letzte 40 Jahre beeinflusst haben. Mithilfe von Klimamodellen konnten sie die Entwicklung bis ins Jahr 2050 fortführen. Am höchsten fällt die Rechnung demnach für Südasien und Afrika aus. Diese Regionen tragen vergleichsweise wenig zur Erderwärmung bei, könnten durch Wetterextreme künftig allerdings mehr als 20 Prozent ihres Einkommens verlieren. Ein Grund dafür ist die Abhängigkeit von der Landwirtschaft, deren Erträge durch den Klimawandel sinken.
"Unsere Studie verdeutlicht die erhebliche Ungleichheit der Klimafolgen: Zwar stellen wir überall Auswirkungen fest, aber die tropischen Länder sind am meisten betroffen", sagt Andreas Levermann, Studienautor und Leiter der Forschungsabteilung Komplexitätsforschung am PIK laut Mitteilung. Nordamerika und Europa, unter anderem Hauptverantwortliche des Klimawandels, sollen dagegen nur elf Prozent ihres Einkommens einbüßen. Nicht berücksichtigt wurden in der Studie allerdings Waldbrände, Stürme und die Folgen für die menschliche Gesundheit – sie könnten die Kosten noch einmal in die Höhe treiben.
Die Internationale Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO) schätzt, dass schon jetzt zwischen zwei und mehr als drei Milliarden Arbeitskräfte während ihrer Arbeitszeit irgendwann übermäßiger Hitze ausgesetzt sind. Fast 19.000 Menschen kämen jedes Jahr deswegen am Arbeitsplatz ums Leben. Auch bei zahlreichen Krankheiten wurde bereits ein Zusammenhang mit dem Klimawandel hergestellt: etwa Hautkrebs, Herz-Kreislauf- oder Atemwegerkrankungen oder Makuladegeneration, was die Sehkraft zerstören kann.
Dass verschiedene Länder unterschiedlich stark betroffen sind, hat mehrere Gründe. Einerseits wirkt sich die Erderwärmung je nach Region unterschiedlich aus. Ab einem gewissen Punkt gilt aber: Je wärmer, desto schlechter für die Wirtschaft, fasst Studienautor Levermann die Ergebnisse zusammen.
12. Mai 2023,06:02
Neben der Temperatur spielen auch die Schutzmöglichkeiten eine Rolle. Wer sich anpassen kann, kommt deutlich günstiger weg, auch das hat das Forscherteam herausgefunden. Schäden kosten sechsmal so viel wie wirksamer Klimaschutz, heißt es in der Studie. Aber gerade den Ländern des Globalen Südens fehlt das Geld – sie sind dadurch stärker vom Klimawandel betroffen. (Mehr dazu lesen Sie hier.)
Unternehmen schreiben nicht nur Verluste
Auch im globalen Norden verursacht der Klimawandel Kosten – etwa bei der Energiewende. Allerdings handelt es sich dabei um Investitionen, die wiederum Arbeitsplätze schaffen, die Produktivität steigern und so die Wirtschaft ankurbeln. In manchen Fällen gilt das auch für Schäden durch Natur- und Klimakatastrophen, weil die Aufräumarbeiten ebenfalls Produktivität bedeuten.
Unvorhergesehen Wetterereignisse können Lieferketten und Produktion aber auch behindern. Darauf müssen sich Unternehmen vorbereiten und entsprechend einstellen. Denn die Klimamodelle zeigen deutlich: Das Wetter wird künftig extremer und chaotischer.