Stolpersteine in Ebersbach - Versteckt, verraten, deportiert und ermordet (original) (raw)

Stolpersteine in Ebersbach: Versteckt, verraten, deportiert und ermordet

Künstler Gunter Demnig (rechts) und die Brüder Arne (links) und Paol Mueller bei der Verlegung der neuen Stolpersteine. Foto: Ines Rudel

Drei Stolpersteine vor dem Ebersbacher Pfarrhaus an der Büchenbronner Straße erinnern an die Familie Neumann, die dort 1943 zeitweise Zuflucht gefunden hatte, später aber denunziert und im KZ Auschwitz umgebracht wurde.

Ebersbach - Das Pfarrerehepaar Hermann und Anneliese Diem hat – unterstützt von der Vikarin Ilse Härter – während des nationalsozialistischen Terrors verfolgte Menschen, vor allem Juden, im Ebersbacher Pfarrhaus versteckt und so vor Verhaftung und Deportation bewahrt. Dieses Engagement ist bekannt, wie viele es letztlich waren, ist allerdings nach wie vor ein Geheimnis. Allerdings gibt es inzwischen einzelne Beispiele, wie etwa das der schließlich in die USA geflüchteten Anita Witt, geborene Schröder. Sie erzählt in ihren 2014 in den USA erschienenen Lebenserinnerungen, wie sie während der Kriegsjahre im Ebersbacher Pfarrhaus lebte, bevor sie in einer Familie unterkam, die geheim hielt, dass das Mädchen jüdischer Abstammung war.

Das Versteck wurde an die Gestapo verraten

Weniger glücklich ging letztlich die zweite Geschichte aus, die inzwischen durch umfangreiche Recherchen belegt werden konnte. Knapp ein Vierteljahr bevor die damals 14-jährige Anita 1943 ins Pfarrhaus kam, waren dort Franziska Neumann und ihre beiden Söhne Ludwig und Wolfgang versteckt. Ihr Aufenthalt wurde verraten. Anfang April verhaftete die Gestapo die jüdische Familie. Alle drei wurden im Juni 1943 von Stuttgart aus ins KZ Auschwitz deportiert und dort ermordet.

An ihren Aufenthalt im Pfarrhaus und die späteren Morde erinnern nun drei Stolpersteine an der Büchenbronner Straße. Diese hat der mit seinen Steinen seit gut 20 Jahren über Deutschland hinaus aktive Künstler Gunter Demnig im Rahmen einer Feier jetzt vor dem Ebersbacher Pfarrhaus verlegt. Mit dabei waren auch Paol und Arne Mueller, zwei Neffen von Franziska Neumann, die eigens aus Dänemark angereist waren.

„Dieser Tag ist für uns sehr emotional“, sagte Paol Mueller in seiner Ansprache beim neuen Mahnmal unterhalb des Pfarrhauses. Schließlich seien nicht nur die Tante und die beiden Cousins, sondern neben Erich Neumann und ihrem Vater Julius, dem Bruder von Franziska Neumann, damals ihre gesamte direkte Verwandtschaft von den Nazis ausgelöscht, der Rest der etwas ferneren Verwandten über die ganze Welt verstreut worden. „Hier haben sie bei guten Menschen gewohnt“, sagte der Neffe über den Aufenthalt der Neumanns in Ebersbach. Mit dem Ziel an die Gräuel aller Terrorregime zu erinnern, seien für die drei Flüchtlinge im Pfarrhaus und die ebenfalls in Auschwitz ermordete Großmutter bereits vier Steine dort vor den Toren des Vernichtungslagers gelegt worden.

Die Familie Neumann lebte ursprünglich in Eschwege

Als „Bombenflüchtlinge“ seien diejenigen getarnt worden, die damals im Pfarrhaus in Ebersbach Schutz fanden, bevor sie an andere Stationen der auf diese Art Widerstand leistende sogenannten Pfarrhauskette gebracht wurden, berichtet Uwe Geiger, der Leiter des Stadtarchivs. Er hat sich mit der Geschichte der Familie Neumann beschäftigt. 1937 hätten Vater Erich, Mutter Franziska, der damals dreijährige Ludwig und sein einjährige Bruder Wolfgang in Eschwege ein normales Leben geführt. Erich Neumann hatte eine Stelle als Kantor an der jüdischen Gemeinde angenommen. Das Glück endete jäh mit der Reichspogromnacht im darauffolgenden Jahr. Noch in der Nacht zum 9. November 1938 wurde der Familienvater verhaftet und über das Konzentrationslager Buchenau ins KZ Dachau verschleppt.

Nicht zuletzt ein von seiner Frau Franziska besorgtes Ausreisevisum nach San Domingo sorgte dafür, dass er zum Jahreswechsel entlassen wurde – unter der Bedingung, Deutschland zu verlassen. Die Hoffnung auf eine gemeinsame Ausreise erfüllte sich für die Familie aber nicht. Erich Neumann nahm im Juli Abschied, der Kriegsausbruch verhinderte dann den Nachzug der drei Angehörigen. Als Franziska Neumann 1943 den Stellungsbefehl zur eigenen Deportation erhielt, floh sie mit ihren Söhnen aus Berlin und wurde von Mitgliedern der bekennenden Kirche an die württembergische Pfarrhauskette vermittelt. Ein Brief Franziskas an eine vermeintlich vertrauenswürdige Person in Berlin war dann wohl die Ursache für die Festnahme. Das Versteck im Pfarrhaus wurde bei der Gestapo denunziert. Im Juni folgte die Deportation nach Auschwitz. Erich Neumann, der einzige Überlebende der Familie, siedelte 1947 von London nach New York über.

Auch seine Nachforschungen haben nie klären können, wer seine Familie denunziert hat. Die für die Deportation zuständigen Gestapobeamten wurden 1952 von einem Schwurgericht freigesprochen.

Das Versteck wurde an die Gestapo verraten

Weniger glücklich ging letztlich die zweite Geschichte aus, die inzwischen durch umfangreiche Recherchen belegt werden konnte. Knapp ein Vierteljahr bevor die damals 14-jährige Anita 1943 ins Pfarrhaus kam, waren dort Franziska Neumann und ihre beiden Söhne Ludwig und Wolfgang versteckt. Ihr Aufenthalt wurde verraten. Anfang April verhaftete die Gestapo die jüdische Familie. Alle drei wurden im Juni 1943 von Stuttgart aus ins KZ Auschwitz deportiert und dort ermordet.

An ihren Aufenthalt im Pfarrhaus und die späteren Morde erinnern nun drei Stolpersteine an der Büchenbronner Straße. Diese hat der mit seinen Steinen seit gut 20 Jahren über Deutschland hinaus aktive Künstler Gunter Demnig im Rahmen einer Feier jetzt vor dem Ebersbacher Pfarrhaus verlegt. Mit dabei waren auch Paol und Arne Mueller, zwei Neffen von Franziska Neumann, die eigens aus Dänemark angereist waren.

„Dieser Tag ist für uns sehr emotional“, sagte Paol Mueller in seiner Ansprache beim neuen Mahnmal unterhalb des Pfarrhauses. Schließlich seien nicht nur die Tante und die beiden Cousins, sondern neben Erich Neumann und ihrem Vater Julius, dem Bruder von Franziska Neumann, damals ihre gesamte direkte Verwandtschaft von den Nazis ausgelöscht, der Rest der etwas ferneren Verwandten über die ganze Welt verstreut worden. „Hier haben sie bei guten Menschen gewohnt“, sagte der Neffe über den Aufenthalt der Neumanns in Ebersbach. Mit dem Ziel an die Gräuel aller Terrorregime zu erinnern, seien für die drei Flüchtlinge im Pfarrhaus und die ebenfalls in Auschwitz ermordete Großmutter bereits vier Steine dort vor den Toren des Vernichtungslagers gelegt worden.

Die Familie Neumann lebte ursprünglich in Eschwege

Als „Bombenflüchtlinge“ seien diejenigen getarnt worden, die damals im Pfarrhaus in Ebersbach Schutz fanden, bevor sie an andere Stationen der auf diese Art Widerstand leistende sogenannten Pfarrhauskette gebracht wurden, berichtet Uwe Geiger, der Leiter des Stadtarchivs. Er hat sich mit der Geschichte der Familie Neumann beschäftigt. 1937 hätten Vater Erich, Mutter Franziska, der damals dreijährige Ludwig und sein einjährige Bruder Wolfgang in Eschwege ein normales Leben geführt. Erich Neumann hatte eine Stelle als Kantor an der jüdischen Gemeinde angenommen. Das Glück endete jäh mit der Reichspogromnacht im darauffolgenden Jahr. Noch in der Nacht zum 9. November 1938 wurde der Familienvater verhaftet und über das Konzentrationslager Buchenau ins KZ Dachau verschleppt.

Nicht zuletzt ein von seiner Frau Franziska besorgtes Ausreisevisum nach San Domingo sorgte dafür, dass er zum Jahreswechsel entlassen wurde – unter der Bedingung, Deutschland zu verlassen. Die Hoffnung auf eine gemeinsame Ausreise erfüllte sich für die Familie aber nicht. Erich Neumann nahm im Juli Abschied, der Kriegsausbruch verhinderte dann den Nachzug der drei Angehörigen. Als Franziska Neumann 1943 den Stellungsbefehl zur eigenen Deportation erhielt, floh sie mit ihren Söhnen aus Berlin und wurde von Mitgliedern der bekennenden Kirche an die württembergische Pfarrhauskette vermittelt. Ein Brief Franziskas an eine vermeintlich vertrauenswürdige Person in Berlin war dann wohl die Ursache für die Festnahme. Das Versteck im Pfarrhaus wurde bei der Gestapo denunziert. Im Juni folgte die Deportation nach Auschwitz. Erich Neumann, der einzige Überlebende der Familie, siedelte 1947 von London nach New York über.

Auch seine Nachforschungen haben nie klären können, wer seine Familie denunziert hat. Die für die Deportation zuständigen Gestapobeamten wurden 1952 von einem Schwurgericht freigesprochen.