Australien verschärft Gesetze für Visa (original) (raw)
Das erste Telefonat zwischen dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump und dem australischen Premier Malcolm Turnbull sollte eine Stunde dauern. Doch Trump legte nach 25 Minuten wütend auf. Hinterher sprach er vom "bei Weitem schlimmsten" Telefonat seiner Amtszeit. Doch aneinandergeraten sind die beiden nicht, weil sie zu unterschiedlich sind. Im Gegenteil: Trumps Credo "America first" hat einen Nachahmer auf der Südhalbkugel gefunden. Turnbull spricht neuerdings sehr oft von "Australia first", Australien zuerst. Er besteht darauf, dass die USA 1200 Geflüchtete aus Papua-Neuguinea aufnehmen, so wie es die Obama-Regierung versprochen hat. Deswegen der Streit.
Dahinter steckt eine generelle Verschärfung der australischen Einwanderungspolitik. Erst vor zwei Wochen kündigte Turnbull an, die bei ausländischen Fachkräften beliebte Visumkategorie 457 abzuschaffen. Ausländer sollen es künftig schwerer haben, einen Job in Australien zu finden. "Wir sind ein Einwandererland", sagte Turnbull in einem Facebook-Livechat, "aber australische Arbeiter müssen bevorzugt werden, wenn es um australische Jobs geht." Zwei Tage später folgte die nächste Ankündigung: Wer künftig einen australischen Pass will, muss Englisch auf Universitäts-Niveau sprechen. Statt bisher ein Jahr muss man außerdem vier Jahre mit permanenter Aufenthaltsgenehmigung in Australien gelebt haben. Erst danach kann man auch Australier werden.
Australien
:Flüchtlinge misshandelt
Dass Australien nicht gerade freundlich zu Flüchtlingen ist, war bekannt. Eine Zeitung legt nun Berichte darüber vor, was sich in den Lagern offenbar tausendfach zugetragen hat.
Und dann ist da noch die Sache mit den "australischen Werten": Sie sollen in einem neuen Test abgefragt werden. Vor Journalisten in Canberra hatte Turnbull allerdings Probleme, den australischen Wertekanon zu definieren. Er sagte, Toleranz, Demokratie, Freiheit, Gleichberechtigung und ein Rechtsstaat seien ganz gute Anhaltspunkte. Mehr fiel ihm nicht ein. Die Details sollen noch öffentlich diskutiert werden.
Eigentlich gilt Turnbull als "Mr. Cosmopolitan". Er hat in England studiert und später als Investmentbanker gearbeitet. Aus seiner Studienzeit in Oxford gibt es eine recht aufschlussreiche Anekdote über ihn: Fremde Zimmer soll er stets betreten haben, ohne vorher anzuklopfen. Er sei eben eher unkonventionell, schrieb der Economist. Und tatsächlich hat sich Turnbull in seiner Anfangszeit als Politiker noch für die Homo-Ehe und mehr Klimaschutz eingesetzt. Vor zwei Jahren putschte er den konservativeren Tony Abbott aus dem Amt in einer parteiinternen Kampfabstimmung. Die Konservativen steckten damals im Umfragetief und wollten einen Neuanfang.
Die Rechtspopulisten treiben Turnbull vor sich her
Abbotts Schicksal droht nun auch Turnbull, die Rechtspopulisten treiben ihn vor sich her. Allen voran die Senatorin Pauline Hanson, die Mitbegründerin der rechtspopulistischen Partei One Nation. Hanson zog 2016 nach zwölf Jahren politischer Auszeit in den Senat ein und schimpft heute nicht mehr über asiatische Einwanderer, sondern über Muslime. Vor Ostern forderte sie zum Beispiel, Halal-Schokolade aus den Supermarktregalen zu verbannen. Sie will außerdem alle Moscheen videoüberwachen und kämpft für einen Einwanderungsstopp für Muslime. Da ist es nicht überraschend, dass Hanson den jüngsten Rechtsruck der Regierung als eigenen Erfolg verbucht. Auf Twitter schrieb sie, die Regierung werde "die 457-Visa wegen der One-Nation-Partei verbieten. Wir wissen alle die Wahrheit!"
Doch Turnbull ist auch in der eigenen Partei unter Beschuss geraten. Vor allem Abbott lässt kaum eine Gelegenheit aus, die Regierung zu kritisieren. Sein Nachfolger ist ihm zu weich beim Thema Einwanderung. Bei einer Buchvorstellung stellte Abbott jüngst einen eigenen Fünfpunkteplan vor. Er empfiehlt darin die Menschenrechtskommission, die sich für Geflüchtete einsetzt, ganz abzuschaffen. Und er fordert: "Entschuldigt euch nicht für Australien, sondern feiert es."
Das Bild von Australien als mustergültigem Einwanderungsland hat schon länger Risse. Ankommende Geflüchtete werden seit Jahren auf den Pazifikinseln Nauru und Manus untergebracht. Die Regierung will sie nicht auf dem Festland haben. Boote von Geflüchteten werden von der Navy seit 2013 zurück in internationale Gewässer geschleppt. Seit tausend Tagen habe es daher kein Boot auf das Festland geschafft, rühmte sich Innenminister Peter Dutton vor wenigen Tagen auf Facebook. Turnbull teilte den Post auf seiner Seite. In dieser Woche will er in die USA reisen, zu einem Treffen mit dem Präsidenten. Er freue sich auf den Besuch, ließ Donald Trump verlauten.