Nach Eklat im Thüringer Landtag: AfD verliert vor Verfassungsgerichtshof (original) (raw)

Im Streit über die konstituierende Sitzung des Thüringer Landtags hat die AfD eine Niederlage erlitten. Der Verfassungsgerichtshof des Landes erließ auf Antrag der CDU eine einstweilige Anordnung, an die sich der Alterspräsident Jürgen Treutler (AfD) halten muss. Wenn der Landtag in der konstituierenden Sitzung über die Tagesordnung bestimmen wolle, dann dürfe der Präsident das nicht verhindern, wie am Donnerstag geschehen, urteilen die Richter. Auch eine Debatte und Beschlussfassung über eine Änderung der Geschäftsordnung bereits vor der Wahl des Landtagspräsidenten sei zulässig. Dies hatte Treutler am Donnerstag stundenlang abgelehnt.

Um zu verhindern, dass die AfD als stärkste Fraktion den neuen Landtagspräsidenten stellt, wollten die anderen Fraktionen die Geschäftsordnung ändern – dergestalt, dass künftig alle Fraktionen einen Kandidaten für das Amt benennen dürfen. Auch in diesem Punkt bekamen sie vor dem Verfassungsgerichtshof Recht: Eine solche Regelung „verletzt Verfassungsrecht nicht“, heißt es in der Mitteilung des Gerichts. „Sie verstößt weder gegen Bestimmungen der Thüringer Verfassung noch gegen verfassungsrechtliches Gewohnheitsrecht.“ Deshalb müsse ein solcher Antrag behandelt werden.

Jürgen Treutler, der Alterspräsident des Thüringer Landtags. (Foto: Jens Schlueter/AFP)

„Das Parlament entscheidet im Rahmen seiner autonomen Willensbildung selbst, über welche Gegenstände es berät“

Die AfD beansprucht das Amt des Parlamentspräsidenten für sich. Treutler verhinderte bei der konstituierenden Sitzung über Stunden eine Befassung mit der Tagesordnung und der Geschäftsordnung. Das hat ihm nun das Gericht untersagt. Es stellt klar fest: Wann es worüber reden und entscheiden möchte, ist Sache des Parlaments. „Das Parlament entscheidet im Rahmen seiner autonomen Willensbildung selbst, über welche Gegenstände es berät“, heißt es im Beschluss der Richter, der einstimmig gefasst worden ist.

Zugleich machen sie klar, dass der Alterspräsident, also der älteste Abgeordnete im Raum, der die erste Sitzung leitet, bis ein Landtagspräsident gewählt ist, keine besonderen Befugnisse hat. „Er ist weder demokratisch legitimiert – er übt seine Funktion nicht aufgrund eines Wahlakts aus – noch ist eine bestimmte Qualifikation Voraussetzung für dieses Amt.“ Er sei nicht der oberste Repräsentant des Hauses. „Er hat allein eine ,dienende Aufgabe’ gegenüber dem Parlament, indem er die Handlungs- und Arbeitsfähigkeit des neu gewählten Landtags herbeiführt“, schreiben die Richter.

Am Ende ihres 36-seitigen Beschlusses legen sie sogar explizit fest, wie nun vorzugehen ist, sie geben dem Alterspräsidenten quasi eine Art Regieanweisung: Erst müsse Treutler die vorläufigen Schriftführer ernennen, dann die Beschlussfähigkeit des Landtags feststellen und die bisherige, vorläufige Tagesordnung zur Abstimmung stellen. Wenn die feststeht, muss die Sitzung genauso abgehalten werden.

Die eigene Sichtweise sei „vollumfänglich bestätigt“ worden, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Andreas Bühl. Das Gericht habe die Rechte des Parlaments und der Abgeordneten gestärkt. Am Samstag um 9.30 Uhr tritt der Landtag in Erfurt erneut zusammen, um die konstituierende Sitzung wieder aufzunehmen und einen Landtagspräsidenten zu wählen.