Scholz beim Bürgergespräch in Cottbus: „Vielleicht hätte ich die Regierung früher beenden sollen“ (original) (raw)

Bürger stellen andere Fragen als Journalisten – das behauptet Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) immer wieder. Bei seinem Auftritt in Cottbus am Dienstagabend erlebt er, dass das höchstens teilweise stimmt.

„Warum hat Ihre Führung nicht funktioniert?“, fragt ihn ein Mann, der sich als Gewerkschafter vorstellt. Die Frage hätte auch von einem Talkshow-Moderator stammen können. „Die Führung hat, wie Sie ja selber beschrieben haben, funktioniert“, erwidert Scholz. Sie sei bloß nicht ausreichend zur Geltung gekommen.

Der Kanzler wirkt bei seinem Auftritt in der Alten Fabrikhalle in Cottbus entspannt. Betont nachdenklich, aber entschieden beantwortet er die Fragen des überwiegend älteren Publikums. Es geht etwa um die Sicherung der Rente, mögliche US-Zölle – und die Vertretung des Sports im Bund. Die lokale SPD-Bundestagsabgeordnete Maja Wallstein (SPD) übernimmt die Moderation.

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Der Koalitions-Trainer

Scholz denkt an diesem Abend laut über mögliche Fehler als Kanzler nach. „Vielleicht hätte ich die Regierung früher beenden sollen“, sagt er. Um zu verdeutlichen, was er im Rückblick heute anders machen würde, bedient sich der Kanzler einer Sport-Metapher.

„Wenn man Kapitän einer Mannschaft ist“, sagt er, „geht man ja auch nicht während des Spiels an den Rand, nimmt mal die Fernsehteams beiseite und sagt ‚Der spielt übrigens schlecht, also wenn der so weitermacht, dann hören wir hier auf‘“.

Es wäre aber sinnvoll gewesen, zwischendurch solche Kommentare an die Koalitionspartner zu richten, überlegt Scholz, „damit sie sich ein bisschen mehr am Riemen reißen“.

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Ein pragmatischer Macher?

Der Kanzler gibt sich in Cottbus als Macher, der Probleme mit Gesetzen zu lösen vermag. Wie können die Renten stabil bleiben? Scholz lächelt beinahe, als ihm diese Frage gestellt wird.

„Die Experten haben richtig gerechnet, aber eine Sache außer Acht gelassen“, erklärt er den Menschen im Saal. In Deutschland arbeiteten viel mehr Menschen als vor ein paar Jahrzehnten, auch wegen der Zuwanderung von Arbeitskräften. Dieser Trend müsse fortgeführt werden.

„Wir haben mit den neuen Gesetzen dafür gesorgt“, beginnt er viele Sätze. Auf Pragmatismus, beteuert Scholz, „wird man sich bei mir immer verlassen können“.

In der Ukraine-Frage ist das Publikum unentschieden

Kontrovers wird es, als ein älterer Mann die Waffenlieferungen an die Ukraine thematisiert. Er wisse aus eigener Erfahrung, was Krieg bedeute, sagt der Mann. „Diejenigen, die nach mehr Waffen schreien, haben Krieg nie erlebt“, behauptet er. „Die reden uns ein, mehr Waffen schonen Menschenleben.“

In der Ukraine würden aber Millionen Menschen, Ukrainer und Russen sterben. „Was wollen sie künftig tun, damit das beendet wird?“, fragt er den Kanzler. Nicht wenige applaudieren.

„Wer den Krieg angefangen hat, steht ziemlich fest: Das ist der russische Präsident“, setzt Scholz an. Es ist ein einzelner Buhruf zu hören. Scholz’ Antwort dauert knapp 15 Minuten, weit länger als jede andere an diesem Abend.

Der Kanzler wiederholt, was er immer zur Ukraine sagt: Grenzen dürften nicht gewaltsam verschoben werden, Deutschland habe die Pflicht, das angegriffene Land zu verteidigen, und den Taurus werde er nicht liefern. Er sagt aber auch: „Wir müssen das ewige Aufrüsten beenden.“ Rüstungskontrolle sei notwendig. Etwa die Hälfte der Zuschauer klatscht.

Gegen Ende wird Scholz gefragt, wie er verhindern will, dass das Deutschlandticket abgeschafft wird. „Das ist ganz einfach“, sagt er und grinst. „Ich möchte wieder Bundeskanzler werden, und dann wird alles gut.“ Zumindest das Publikum bringt er damit zum Lachen.