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HA Schult bringt Müll in christliche Hallen

Veröffentlicht am 21.02.2013Lesedauer: 3 Minuten

HA Schult bringt Müll in christliche Hallen

HA Schult bringt Müll in christliche HallenQuelle: DAPD/vh/hg/nid

Aktionskünstler zeigt Retrospektive im Diözesanmuseum Paderborn - Mehr als 100 Werke ausgestellt

Paderborn (dapd). Nur Müll. Schon in der Eingangshalle des Diözesanmuseums Paderborn fängt es an. Ein knappes Dutzend menschlicher Figuren steht dort in Reih und Glied. Cola- und Bierdosen, Fetzen von Plastikmüll und verrostete Konservenbüchsen geben den "Trash-People" ihre Form. Nur einer überragt sie um einen Kopf, und das ist der Heilige Joseph. Aus dem 19. Jahrhundert kommt er und ist nun in einer Ausstellung zwischen all dem Zivilisationsmüll gelandet.

Schuld daran sind der Aktionskünstler HA Schult und der Direktor des Diözesanmuseums, Christoph Stiegemann. Die beiden sind sich beim Besuch der Ausstellung "Franziskus - Licht aus Assisi" begegnet, daraus entwickelten sie die Idee der aktuellen Ausstellung, die vom 22. Februar bis 12. Mai zu sehen ist. "Die Arbeiten passen gut in die Ausrichtung des Museums", sagt Stiegemann bei der Eröffnung der Retrospektive "Die Zeit und Der Müll" am Donnerstag in Paderborn. Die Ausstellung setze die Arbeiten in einen Dialog mit Stücken aus dem Museumsbestand. "Das hat neue Perspektiven geschaffen."

HA Schult findet es überhaupt nicht ungewöhnlich, dass er seine erste Retrospektive nach 33 Jahren ausgerechnet hier präsentiert. "Ich sehe das nicht als christliches Museum, sondern als Kunstmuseum." Und dann erklärt er: "Mein Job ist es, den Wahnsinn des Lebens ins Museum zu tragen."

Der Star der Ausstellung wird ein Esel

Mit seiner blonden Mähne, der Brille auf der Nase und schwarzen Dolce&Gabbana-Turnschuhen an den Füßen, geht der 73 Jahre alte Künstler durch die Ausstellung, schaut liebevoll auf seine Werke und prophezeit, wer zum eigentlichen Star der Schau werde: ein Palmesel aus dem späten 15. Jahrhundert. Auf dem Holztier, das zum Bestand des Museums gehört, sitzt eine Christusfigur. Die Szene stellt den Einzug Jesu in Jerusalem dar. Nun liegt ein Berg Müll vor dem Sohn Gottes. Kleiderbügel, eine zerstörte Kinderpuppe, Plastiksäcke - das ist nach Angaben der Ausstellungsmacher echter Paderborner Hausmüll, die Müllabfuhr hat ihn für den exzentrischen Künstler ins Museum geliefert.

"Als Entwürdigung sehe ich das nicht", sagt der Generalvikar des Erzbistums Paderborn, Alfons Hardt, und betrachtet wohlgemut die Installation. Sie schaffe neue Assoziationen, meint der 62-Jährige und erklärt: "Ich sehe das so, dass Christus in die heutige gesellschaftliche Wirklichkeit reitet." Der Kirchenmann gibt zu, dass die Begegnung mit Schult im Museum eine sehr Ungewöhnliche ist. Aber er würdigt, dass der Künstler sich kritisch mit der Umweltzerstörung auseinandersetzt: "Wer die Schöpfung bewahren will, muss auf die Gefahr des zunehmenden Konsums hinweisen."

HA Schult plant Projekt auf dem Paderborner Domplatz

Neben der Schrottarmee, die mit insgesamt 70 Mann auf allen Ebenen des Museums vertreten ist, sind Werke aus unterschiedlichen Schaffensphasen des Kölners ausgestellt, insgesamt mehr als 100 Arbeiten. Unter ihnen auch die Bildkästen. Sie zählen zum frühen Werk des Künstlers und zeigen vermüllte Landschaften in unterschiedlichen Kontexten. An zentraler Stelle hängt das "Biokinetische Labor", das in seiner ersten Version bei der Documenta 1972 in Kassel ausgestellt war. Unter anderem Reagenzgläser und Petrischalen mit Bakterien und Pilzkulturen hat HA Schult dafür hinter Glas gebannt. Zu den besonders beeindruckenden Werken zählen die Glasfenster, die erst im vergangenen Jahr in Zusammenarbeit mit dem Glasmalerei-Studio Peters in Paderborn entstanden. Aus digitalem Druck und übereinanderliegenden Glasstücken sind große Fenster in kirchlicher Anmutung entstanden. Das Motiv ist weltlich: Coladosen.

Mit seinem nächsten Projekt will HA Schult am 21. März in Paderborn die Kinder der Stadt dazu aufrufen, ihm den Müll eines Tages zu bringen. Den will er dann zu einem Herz formen und auf den Domplatz legen. Genauso hat er es schon vor sechs Jahren in Rom gemacht. Mit großem Erfolg: Hunderte Kinder schenkten ihm seinerzeit ihren Müll.

dapd