Klaus Vondung | Universität Siegen (original) (raw)
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Drafts by Klaus Vondung
Dass der Nationalsozialismus – eine rassistische politische Ideologie, anti-christlich und natürl... more Dass der Nationalsozialismus – eine rassistische politische Ideologie, anti-christlich und natürlich erst recht anti-jüdisch – religiösen Charakter gehabt haben soll, ist für viele eine befremdliche Vorstellung. Tatsächlich aber haben schon Zeitgenossen, Anhänger wie Gegner des Nationalsozialismus, Deutsche wie Ausländer, vielfältige religiöse Erscheinungsformen im Nationalsozialismus festgestellt. Im Vokabular der Nationalsozialisten, vor allem auch in der Sprache Hitlers selbst, spielten religiöse Begriffe wie ‚Glaube’, ‚Bekenntnis’, ‚Erlösung’, ‚heilig’ eine wichtige Rolle. Politische Großveranstaltungen des Dritten Reichs, wie z.B. die Reichsparteitage, hatten kultischen Charakter. Das Politische wurde im Nationalsozialismus ins Religiöse überhöht, das Ziel einer geeinten Volksgemeinschaft als ‚Glaubensgemeinschaft’ propagiert. Der Nationalsozialismus bot mit seiner religiösen Verbrämung auch ein existentielles Sinnangebot, das seine Anziehungskraft erhöhte. Zugleich verstärkte das religiös akzentuierte Bekenntnis zum Nationalsozialismus die Verpflichtung, den ideologischen und politischen Zielen des Regimes zu dienen.
Die Literatur des Nationalsozialismus ist nur zu einem kleinen Teil unter dem nationalsozialistis... more Die Literatur des Nationalsozialismus ist nur zu einem kleinen Teil unter dem nationalsozialistischen Regime entstanden. Der größere Teil und mit ihm die wichtigeren Werke, auf die sich der Nationalsozialismus berief und die im Dritten Reich als wahre deutsche Dichtung der Gegenwart und jüngsten Vergangenheit galten, erschien vor 1933, ein weiterer, an Bedeutung nicht geringerer Bestand sogar schon vor 1918. Die genuin nationalsozialistische Literatur, die während des Dritten Reichs veröffentlicht wurde, bestand überwiegend aus Lyrik und chorischen Dichtungen, in geringerer Zahl Romanen und Dramen. Die meisten dieser Werke sind heute zu Recht völlig vergessen. Demjenigen, der sich nicht professionell mit der nationalsozialistischen Literatur beschäftigt, wird allenfalls noch der eine oder andere Titel geläufig sein, weil er dem Nationalsozialismus ein propagandistisches Schlagwort lieferte, wie z. B. Hans Grimms Roman Volk ohne Raum. Im folgenden will ich Sie nicht mit allzu vielen Namen behelligen; einige müssen aber doch sein, der besseren Orientierung wegen. Ich werde einige wenige Gedichte der genuin nationalsozialistischen Literatur aus der Zeit nach 1933 interpretieren, weil diese Gedichte den Zusammenhang von Ästhetik und Politik bzw. Ideologie wie unter einem Vergrößerungsglas erscheinen lassen. Abgesehen von diesen exemplarischen Interpretationen muss ich auf ausführliche Charakterisierungen einzelner Werke und auf die Würdigung der Unterschiede, die es immer zwischen ihnen gibt, verzichten. Obwohl dieser Verzicht die Gefahr der Vereinfachung in sich birgt, will ich versuchen, einen zusammenfassenden und systematischen Überblick über die nationalsozialistische Literatur zu geben. Dieser Überblick soll durch die Erörterung folgender Fragen geordnet werden: Erstens: Was waren die ästhetisch-ideologischen Grundpositionen der nationalsozialistischen Literatur? Zweitens: Welche politische und gesellschaftliche Funktion hatte die nationalsozialistische Literatur; beziehungsweise welche Funktion wurde ihr im Dritten Reich durch die offizielle Literaturpolitik beigelegt? Und schließlich drittens: Wie ist die nationalsozialistische Literatur entstanden? Gibt es gemeinsame Ursprünge dieser Literatur und des politischen Nationalsozialismus?
Conference Presentations by Klaus Vondung
Papers by Klaus Vondung
Brill | Fink eBooks, 2013
Brill | Fink eBooks, 2007
Brill | Fink eBooks, 2013
Brill | Fink eBooks, 2013
Brill | Fink eBooks, 2013
Brill | Fink eBooks, 2013
International Journal of the Classical Tradition, 2004
Deutsche Wege zur Erlösung, 2013
Dass der Nationalsozialismus – eine rassistische politische Ideologie, anti-christlich und natürl... more Dass der Nationalsozialismus – eine rassistische politische Ideologie, anti-christlich und natürlich erst recht anti-jüdisch – religiösen Charakter gehabt haben soll, ist für viele eine befremdliche Vorstellung. Tatsächlich aber haben schon Zeitgenossen, Anhänger wie Gegner des Nationalsozialismus, Deutsche wie Ausländer, vielfältige religiöse Erscheinungsformen im Nationalsozialismus festgestellt. Im Vokabular der Nationalsozialisten, vor allem auch in der Sprache Hitlers selbst, spielten religiöse Begriffe wie ‚Glaube’, ‚Bekenntnis’, ‚Erlösung’, ‚heilig’ eine wichtige Rolle. Politische Großveranstaltungen des Dritten Reichs, wie z.B. die Reichsparteitage, hatten kultischen Charakter. Das Politische wurde im Nationalsozialismus ins Religiöse überhöht, das Ziel einer geeinten Volksgemeinschaft als ‚Glaubensgemeinschaft’ propagiert. Der Nationalsozialismus bot mit seiner religiösen Verbrämung auch ein existentielles Sinnangebot, das seine Anziehungskraft erhöhte. Zugleich verstärkte das religiös akzentuierte Bekenntnis zum Nationalsozialismus die Verpflichtung, den ideologischen und politischen Zielen des Regimes zu dienen.
Die Literatur des Nationalsozialismus ist nur zu einem kleinen Teil unter dem nationalsozialistis... more Die Literatur des Nationalsozialismus ist nur zu einem kleinen Teil unter dem nationalsozialistischen Regime entstanden. Der größere Teil und mit ihm die wichtigeren Werke, auf die sich der Nationalsozialismus berief und die im Dritten Reich als wahre deutsche Dichtung der Gegenwart und jüngsten Vergangenheit galten, erschien vor 1933, ein weiterer, an Bedeutung nicht geringerer Bestand sogar schon vor 1918. Die genuin nationalsozialistische Literatur, die während des Dritten Reichs veröffentlicht wurde, bestand überwiegend aus Lyrik und chorischen Dichtungen, in geringerer Zahl Romanen und Dramen. Die meisten dieser Werke sind heute zu Recht völlig vergessen. Demjenigen, der sich nicht professionell mit der nationalsozialistischen Literatur beschäftigt, wird allenfalls noch der eine oder andere Titel geläufig sein, weil er dem Nationalsozialismus ein propagandistisches Schlagwort lieferte, wie z. B. Hans Grimms Roman Volk ohne Raum. Im folgenden will ich Sie nicht mit allzu vielen Namen behelligen; einige müssen aber doch sein, der besseren Orientierung wegen. Ich werde einige wenige Gedichte der genuin nationalsozialistischen Literatur aus der Zeit nach 1933 interpretieren, weil diese Gedichte den Zusammenhang von Ästhetik und Politik bzw. Ideologie wie unter einem Vergrößerungsglas erscheinen lassen. Abgesehen von diesen exemplarischen Interpretationen muss ich auf ausführliche Charakterisierungen einzelner Werke und auf die Würdigung der Unterschiede, die es immer zwischen ihnen gibt, verzichten. Obwohl dieser Verzicht die Gefahr der Vereinfachung in sich birgt, will ich versuchen, einen zusammenfassenden und systematischen Überblick über die nationalsozialistische Literatur zu geben. Dieser Überblick soll durch die Erörterung folgender Fragen geordnet werden: Erstens: Was waren die ästhetisch-ideologischen Grundpositionen der nationalsozialistischen Literatur? Zweitens: Welche politische und gesellschaftliche Funktion hatte die nationalsozialistische Literatur; beziehungsweise welche Funktion wurde ihr im Dritten Reich durch die offizielle Literaturpolitik beigelegt? Und schließlich drittens: Wie ist die nationalsozialistische Literatur entstanden? Gibt es gemeinsame Ursprünge dieser Literatur und des politischen Nationalsozialismus?
Brill | Fink eBooks, 2013
Brill | Fink eBooks, 2007
Brill | Fink eBooks, 2013
Brill | Fink eBooks, 2013
Brill | Fink eBooks, 2013
Brill | Fink eBooks, 2013
International Journal of the Classical Tradition, 2004
Deutsche Wege zur Erlösung, 2013
Rhetorik
Daß sich die deutsche Germanistik 1933 dem Nationalsozialismus mit Eifer verschrieb, ist bekannt.... more Daß sich die deutsche Germanistik 1933 dem Nationalsozialismus mit Eifer verschrieb, ist bekannt. Nationalsozialistische Ideologeme wurden in die Betrachtung und Bewertung von Literatur eingeführt, wenn sie nicht schon zuvor eine Rolle gespielt hatten. Besondere Bedeutung hatte die nationalsozialistische Perspektive bei der Beurteilung der Gegenwartsliteratur. Den Vorgaben nationalsozialistischer Kulturpolitiker und Publizisten folgend, wurde ein antagonistisches Bild der Gegenwartsliteratur gezeichnet, in dem die ideologisch akzeptable »Dichtung« der abgewerteten »Literatur« gegenüberstand. Maßgeblichen Anteil an der Zeichnung dieses Bildes hatte Paul Fechter mit seinem berühmten Aufsatz Die Auswechslung der Literaturen vom Mai 1933.* Die wichtigsten Attribute, die dem Gegensatzpaar »Dichtung« und »Literatur« zugeschrieben wurden, waren »Gefühl« versus »Intellekt« und »Rationalismus«, »Gehalt« versus »Überschätzung der Form« und »l'art pour l'art«, »heldisch« versus »dekadent« und »defätistisch«, »volkhaft« versus »wurzellos« und »international«, »artgemäß« versus »entartet«. Diese und ähnliche Attribute sind von der Forschung zur nationalsozialistischen Literatur und Literaturwissenschaft registriert und analysiert worden. Eine andere Klasse von Attributen, die zur Kennzeichnung der »wahren deutschen Gegenwartsdichtung« verwendet wurde, ist jedoch bisher nicht hinreichend beachtet worden, wahrscheinlich deshalb nicht, weil die Attribute so Verblasen klingen, daß sie einer kritischen Analyse keinen Anhalt zu geben scheinen. Um einen ersten Eindruck zu vermitteln, was ich im Auge habe, will ich eine kleine Auswahl solcher Attribute und anderer Begriffe zusammenstellen, wie sie Literaturwissenschaftler im Dritten Reich immer wieder zur Charakterisierung der »artgerechten und volkhaften Dichtung« gebrauchten. »Wahre deutsche Dichtung«, so liest man, wurzelt im »Erlebnis« und hat »Erlebnisfähigkeit und Erlebniswilligkeit« zu demonstrieren (Hellmuth Langenbucher). Die literarische Vermittlung des »Erlebnisses« muß vom »Gefühl« bestimmt sein oder, noch besser, von »Gefühl und Glauben« (Erich Trunz). Wahre deutsche Dichtung ist »gefühlsbestimmte Dichtung, [...] rein gefühlsmäßig, in ahnungsvoller Schau ringt sie um den Sinn« (Walther Linden). Dies ist ihre edelste Aufgabe: »Suchen nach dem Sinn« (Erich
Ambivalente Männlichkeit(en), 2012