Rudolf von Bern - Ökumenisches Heiligenlexikon (original) (raw)
Gedenktag katholisch: abgeschafft
bis 1908: 17. April
Name bedeutet: ruhmreicher Wolf (german. - althochdt.)
Kind, Märtyrer
* um 1290 in Bernin der Schweiz
† 17. April 1294 daselbst
Der Mord an Rudolf, aus: Diebold Schilling der Ältere: Berner Chronik, in derBurgerbibliothek in Bern
Die Ermordung des vierjährigen Knaben Rudolf wurde Juden zugeschrieben, worauf es inBern zu einem Pogrom kam. Die Behörden sahen im Volkszorn eine Gelegenheit zur Annullierung ihrer Schulden bei jüdischen Geldgebern und beschlossen, dass die Juden für immer aus der Stadt vertrieben werden sollten. Die Verfolgten klagten dagegen bei dem für die freie Reichsstadt zuständigen römisch-deutschen König Adolf von Nassau, doch der von ihm bestellte Ausschuss fällte - obwohl weder der König noch das Gericht von einen Ritualmord überzeugt waren - den Schiedsspruch, wonach die Berner Juden ihre Vermögen verloren und eine hohe Buße zahlen mussten. Schon zuvor betrug die Steuerlast für sie bis zu 47%, 1285 und 1287 waren viele Juden auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden. Völlig wurde die jüdische Gemeinde 1427 aus Bern vertrieben.
Hans Gieng: Kindlifresserbrunnen in Bern, 1545/46. Die Brunnenfigur - wegen ihres spitzen Hutes, ähnlich einem Hut von Juden, und ihrer früheren Bemalung entsprechend der damaligen jüdischen Kleiderordnung oft auf Rudolf gedeutet - verschlingt ein Kind und hat weitere im Sack neben sich. Tatsächlich stellt sie einen Oger - einen Unhold in Märchen und Sagen - oder eine Kinder erschreckende Fastnachtsfigur dar.
Am Grab des Kindes in der Berner Leutkirche seien Wunder geschehen, deshalb wurden 1435 dieGebeine in den Kreuzaltar des an der Stelle der Leutkirche ab 1421 neu erbautenBerner Münsters übertragen. Im Bildersturm in der Reformation wurden 1528 die Gebeine aus dem Münster entfernt und außerhalb bestattet.
Auch die Geschichte des Rudolf ist eine der im blutigen Antisemitismus jener Zeit verbreitetenHorrorgeschichten über jüdische Ritualmorde, die die Begründung für grausame Verfolgungen von Juden bildeten. Schon 1888 untersuchte Jakob Stammler, der spätere Bischof von Basel (mit Sitz in Solothurn) undLugano die geschichtlichen Hintergründe und kam zum Schluss, dass der Mord bezweifelt werden kann. In den Ausgaben 1956/1962 und 2001/2004 desMartyrologium Romanum ist Rudolf nicht mehr enthalten.
**Kanonisation:**Rudolf wurde 1876 als selig ins Proprium des Bistums Basel - mit Sitz inSolothurn - aufgenommen, wurde daraus aber 1908 wieder gestrichen.
**Attribute:**Messer
Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 06.07.2021
Quellen:
• Vera Schauber, Hanns Michael Schindler: Heilige und Patrone im Jahreslauf. Pattloch, München 2001
• https://de.wikipedia.org/wiki/Kindlifresserbrunnen - abgerufen am 20.07.2023
• https://www.bessarabia.altervista.org/deu/0zumvertiefen/ritualmordlegende.html - abgerufen am 20.07.2023
• Otto Wimmer, Hartmann Melzer: Lexikon der Namen und Heiligen, bearb. u. erg. von Josef Gelmi. Tyrolia, Innsbruck 1988
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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