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Stadt Breisach - 300 Jahre Baumeister Vauban

Huckepack zum Weltkulturerbe: Neuf-Brisach unterst�tzt Breisacher Pl�ne

"Wir werden alles daf�r Notwendige in die Wege leiten, damit Breisach nachtr�glich in den Kreis der Vauban-St�tten aufgenommen werden kann" , sagte Richard Alvarez, der im M�rz neu gew�hlte B�rgermeister von Neuf-Brisach, der Badischen Zeitung, unmittelbar, nachdem er von der Aufnahme seiner Stadt in das Weltkulturerbe erfahren hatte. Damit kann Breisach mit der n�tigen Unterst�tzung rechnen, wenn es m�glicherweise in einem Jahr im Zuge einer nachtr�glichen Erweiterung der franz�sischen Vauban-St�tten seine Aufnahme beantragen m�chte.

"Daf�r m�sste allerdings die Wertigkeit des Rheintors gepr�ft werden" , sagt Michael Goer, Landeskonservator f�r die Bau- und Denkmalpflege Baden-W�rttemberg. Der Weg dahin ist etwas kompliziert, weil die franz�sische Seite �ber das Ausw�rtige Amt einen Antrag stellen m�sste, damit das Landesdenkmalamt eine solche Pr�fung in die Wege leitet. Zudem m�sste ein Breisacher Antrag zur Bewerbung der angenommenen franz�sischen Vauban-St�tten passen, bei denen es sich lediglich um eine kleine, spezifische Auswahl der Bauwerke Vaubans in Frankreich handelt. "Wir w�rden eine Stellungnahme abgeben und Paris m�sste das pr�fen" , sagt Goer. Immerhin ist Breisach die Unterst�tzung des B�rgermeisters von Neuf-Brisach sicher. "Ich freue mich wahnsinnig f�r die Schwesterstadt Neuf-Brisach" , kommentierte Breisachs B�rgermeister Oliver Rein gestern die Unesco-Entscheidung. Bereits 5 Minuten nach der Bekanntgabe habe ihm Neuf-Brisachs B�rgermeister Alvarez die frohe Botschaft �bermittelt. "Jetzt ist der Weg frei f�r eine nachtr�gliche Erweiterung der franz�sischen Vauban-St�tten um das Breisacher Rheintor" , so Rein. Schlie�lich sei Breisach mit seinem Gegenst�ck Neuf-Brisach von Anfang an bei den franz�sischen Pl�nen f�r eine Aufnahme der Vauban�schen Festungsanlagen in die Unesco-Liste dabei gewesen. "Wir haben auch von Anfang an gezahlt", f�gt Rein hinzu. Als es aber konkret wurde, habe der damalige franz�sische Staatspr�sident Jacques Chirac beschlossen, dass es ein rein franz�sischer Antrag werden soll. "Aber wir haben uns weiterhin immer als Teil von Neuf-Brisach betrachtet" , betont Rein und verweist auf die historische Verbindung der heutigen Partnerst�dte. 1664 war Vauban von Ludwig XIV. damit beauftragt worden, die Festungsanlagen von Breisach zu restaurieren. Nachdem Frankreich die M�nsterstadt 1697 an die Habsburger abgetreten hatte, begann der Baumeister des Sonnenk�nigs mit der Planung und dem Bau der Festung von Neuf-Brisach und eroberte schlie�lich 1703 die Festung von Breisach zur�ck.
Ziel sei es, dass das Vauban�sche Erbe von Breisach praktisch im Huckepack-Verfahren als Bestandteil von Neuf-Brisach in das Weltkulturerbe aufgenommen werde, erl�utert Rein. Dies habe man bereits vor einem Jahr bei Gespr�chen im baden-w�rttembergischen Wirtschaftsministerium als sinnvollen Weg ausgearbeitet. Als n�chste Schritte stehen laut Rein Gespr�che mit seinem franz�sischen Amtskollegen Alvarez und der Vauban-Gesellschaft an. Auch im Sivom du Pays de Brisach werde das Thema besprochen. In Breisachs Nachbar- und Partnerstadt Neuf-Brisach erhofft man sich durch den Unesco-Titel einen st�rkeren Besucherzustrom, vor allem aber mehr Unterst�tzung durch die �ffentlichen Stellen bei Unterhalt und Instandsetzung der Festungsmauern. Dass Neuf-Brisach nun zum Weltkulturerbe geh�rt, liefert der Kommune ein starkes Argument bei der Werbung um �ffentlicher Gelder. Mehr Unterst�tzung als bisher ist auch dringend notwendig. 2007 zog die staatliche Denkmalpflege ihre Subventionen in H�he von 40 Prozent der Unterhaltskosten zur�ck, was zur Folge hatte, dass sich auch das D�partement mit seinem Anteil von 25 Prozent zur�ckzog. Nach Verhandlungen machte der Generalrat in Colmar seine Entscheidung zwar r�ckg�ngig, aber bei 100 000 Euro Unterhalt pro Jahr f�r die Festungsw�lle, Mauern, Bastionen und Kasematten der Stadt, bringt eine Stadt, die ohnedies in finanziellen Schwierigkeiten steckt, nicht aus eigener Kraft auf.

"Neuf-Brisach verf�gt leider nicht �ber Industrie, die uns die n�tigen Steuereinnahmen bescheren" , sagt der Beigeordnete und f�r die Vauban-Bewerbung zust�ndige B�rgermeister und Generalrat Hubert Miehe. "Als Weltkulturerbe verf�gen wir nun �ber eine ganz andere Verhandlungsposition." Au�er auf Ruhm und Ehre hofft er nat�rlich auch auf mehr zahlende Besucher. Erfahrungsgem�� beschert die Aufnahme in das Weltkulturerbe den Kommunen ein gr��eres, insbesondere st�rker internationales Interesse. Daf�r muss Neuf-Brisach allerdings noch an seiner touristischen Infrastruktur arbeiten. "Was uns fehlt" , sagt Miehe, "sind ein richtiges Besucherzentrum und ein umfangreicheres Angebot an F�hrungen, damit wir der neuen Herausforderung gerecht werden" .
In Breisach erhofft man sich durch den Weltkulturerbetitel ebenfalls touristische Erfolge und eine Sch�rfung des geschichtlichen Bewusstseins. "Unsere Hauptsto�richtung ist aber die St�rkung der Zusammenarbeit mit Neuf-Brisach und dem Sivom" , betont B�rgermeister Rein. Schlie�lich sei es doch einmalig, dass zwei St�dte, die sich einst feindlich gegen�ber standen, jetzt als Unesco-Weltkulturerbe miteinander verquickt werden.

B�rbel N�ckles und Agnes Pohrt , 10.7.2008, www.badische-zeitung.de

(1)Der Architekt restaurierte im 17. Jahrhundert die Breisacher Festungsanlagen

2007 j�hrt sich der Todestag des bekannten franz�sischen Architekten Vauban zum 300. Mal. Gleichzeitig besitzt Breisach in Kooperation mit Neuf-Brisach und anderen franz�sischen St�dten, in denen Vauban gewirkt hat, im Sommer 2008 die Chance, von der Unesco zum Weltkulturerbe ernannt zu werden. F�r die Breisacher Lokalredaktion der Badischen Zeitung Grund genug, sich in einer dreiteiligen Serie n�her mit Vauban zu besch�ftigen. Im ersten Teil werden der Mensch Vauban und sein Wirken in Breisach n�her beschrieben.

Dieses Modell der von Vauban befestigten Stadt Breisach um 1730 steht im Rheintormuseum. Es ist ein Geschenk der franz�sischen Garnison an die Stadt und wurde im Auftrag von Lieutenant-Colonel Jean-Luc Moliner, ehemaliger Kommandeur des in Breisach stationierten 53. Artillerieregiments, gefertigt. (Foto: Emil G�ggel)

Wer war dieser Vauban eigentlich, der in einer Denkschrift an den Herzog von Burgund Folgendes gesagt hat: "Die Menschen werden alle als einfache B�rger geboren. Allein ihre Taten adeln sie." Welchen Idealen f�hlte er sich verpflichtet? "Ich f�hle mich verpflichtet, dies bin ich meiner Ehre schuldig, Ihrer Majest�t vor Augen zu f�hren, dass ich den Eindruck hatte, dass man die ganze Zeit �ber nicht gen�gend R�cksicht auf das einfache Volk genommen und dass man sich zu wenig um es gek�mmert hat ..." Der Adressat dieser klar und entschieden vorgetragenen Kritik war kein anderer als Ludwig XIV., der Sonnenk�nig von Frankreich. Was ist das f�r ein Mann, der einen solchen Vorwurf - nach langer und gr�ndlicher �berlegung - zu Papier bringt und ihn dem m�chtigsten und einflussreichsten Mann seiner Epoche, dem "Sonnenk�nig" , sieben Jahre vor seinem Tod am 23. M�rz 1700, auf den Tisch legen l�sst?

S�bastian le Prestre, genannt Vauban, wird im Mai 1633 im heutigen Saint-L�ger-Vauban, im Departement Yonne, geboren. V�terlicherseits aus einfachem Adel stammend steht ihm nur die Milit�rlaufbahn offen. Er k�mpft zun�chst auf der Gegenseite bei der Fronde, dann im Dienste des K�nigs und zeichnet sich wiederholt durch seine Tapferkeit und seinen Einsatz aus. Mit 22 Jahren wird er, aufgrund seiner Leistungen und F�higkeiten, ordentlicher k�niglicher Ingenieur. Vauban arbeitet sich empor, nicht durch Anpassung und Willf�hrigkeit gegen�ber seinen Vorgesetzten, sondern durch bedingungslosen Einsatz, durch au�ergew�hnlichen Flei� und unerm�dliche Arbeit im Dienste seines K�nigs. Seine bescheidene adlige Herkunft hemmt jedoch seinen Aufstieg und l�sst keine F�rderung durch die gro�en Machthaber zu. Er setzt seine Laufbahn im Befestigungswesen fort, wo er mit 45 Jahren (1678) das Amt des Generalinspekteurs erh�lt, das er bis 1703 innehat. 1699 wird er Mitglied der Akademie der Wissenschaften und 1703 Marschall von Frankreich. Wir kennen Vauban vor allem, weil er vor mehr als drei Jahrhunderten Breisach und Freiburg zu starken Festungen ausgebaut und auf der anderen Rheinseite im Auftrag seines K�nigs die als Festung in Achteckform angelegte Stadt Neuf-Brisach geplant hat.
Mitten in der Rheinebene wurde nach seinen Entw�rfen diese einzigartige sternf�rmige Anlage errichtet, die vielleicht schon in wenigen Monaten den Rang eines Weltkulturerbes erh�lt. Breisach bewirbt sich, wie bereits erw�hnt, zusammen mit 14 franz�sischen Festungsanlagen, die Vauban gebaut hat, um diese Auszeichnung.

Seit 2 Jahren erinnert in Breisach eine kleine Stichstra�e an Vauban. Vauban, damals 31 Jahre alt, hatte von Ludwig XIV. 1664 den Auftrag erhalten, die Festungsanlagen der Stadt, die am Ende des Drei�igj�hrigen Krieges an Frankreich abgetreten worden war, zu restaurieren. Das Bastion�rsystem des Stra�burger Festungsbaumeisters Daniel Specklin war die Grundlage f�r den 1614 begonnenen Ausbau der damals kaiserlichen Festung Breisach. Vauban kn�pfte an dieses System der Bastionen, die sich wechselseitig deckten, an und entwickelte es weiter, indem er die �rtlichen Gegebenheiten nutzte: 8 Bastionen und 7 Halbmonde (Ravelins), ein ringsum laufender gedeckter Weg mit Traversen, Waffenpl�tzen und Gr�ben, die mittels eines ausgekl�gelten Schleusensystems vom Rhein her unter Wasser gesetzt werden konnten, sicherten die Landseite.

Auf der linksrheinischen Seite sch�tzte ein Br�ckenkopf � bestehend aus zwei Forts � den Rhein�bergang und die dort angelegte "Neue Stadt" (Strohstadt), die den Namen des K�nigs "Ville St. Louis" trug. �ber den Wert der Festung Breisach stellte Vauban 1694 eine n�chterne Berechnung auf: "Bei niedrigem Rheinwasserstand ist Breisach leicht einzunehmen. Ein Tausch gegen den von St�rungen freien Besitz Stra�burgs lohnt sich. Notfalls kann man Kehl schleifen und aufgeben, als Br�ckenkopf die Br�cke mit Turm jedoch behalten. Auch Freiburg n�tzt wenig, doch der Kaiser g�be viel f�r den Besitz der Breisgauhauptstadt." Die j�hrlichen Kosten berechnete er f�r Breisach mit 850 000 Francs, f�r Kehl mit 250 000 Francs und f�r Freiburg mit 600 000 Francs. 1 700 000 Francs k�nne man also sparen. Vielleicht war diese �berlegung mit entscheidend f�r die Zustimmung von Ludwig XIV., die m�chtige Festungsstadt Breisach 1697 im Frieden von Rijkswijk an die Habsburger abzutreten. Die Stadt behielt jedoch ihre strategische Bedeutung. Schon 1698 beauftragte er daher seinen Baumeister mit der Planung und dem Bau eines gleichwertigen Ersatzes: Neuf-Brisach.

Doch das erst von ihm so stark befestigte Breisach l�sst ihm keine Ruhe. 1703 beauftragt er Vauban, die Stadt zu erobern und mutet ihm ein nicht aufl�sbares Dilemma zu: "Sie werden der Verlierer sein: entweder als Feldherr, wenn die Festung h�lt, oder als Baumeister, wenn die Festung f�llt." Die Festung fiel am 6. September, wir d�rfen vermuten bei niedrigem Rheinwasserstand. Die eindrucksvollen Anlagen aber blieben stehen. Erst Maria Theresia lie� die Anlagen schleifen. Der Befehl wurde ausgef�hrt, nur das Rheintor blieb stehen. Die Steine wurden zum Bau von Rheindeichen und H�usern benutzt. Von den Bastionen sind im Stadtbild etliche H�gel geblieben: die Standorte der evangelischen Kirche, des Krankenhauses und des Geb�udes der Firma Gutmann am Ende der Vaubanstra�e

Emil G�ggel , 1.12.2007, BZ

Der Autor ist ausgewiesener Vauban-Kenner und war bis 2003 Schulleiter des Martin-Schongauer-Gymnasiums in Breisach. Kontakt: Emil G�ggel, emil at goeggel-online.de (Spamschutz: Anstelle at den Klammeraffen tippen)

(2)In vier Wochen wurde der Festungsstern Neuf-Brisach geplant

Neuf-Brisach, den Festungsstern, hat Vauban einmal als die "ideale Festung" , als Kr�nung seines Lebenswerks bezeichnet � in Sichtweite von Breisach, mitten in der Rheinebene gelegen."Wenn es Neuf-Brisach, die letzte der von Vauban erbauten Festungen, heute gibt, dann deswegen, weil das auf dem rechten Rheinufer gelegene Breisach fast 60 Jahre lang franz�sische Festung war." So ist in einer von den "Freunden des Hauses Vauban" herausgegebenen Brosch�re zu lesen.

Auf dieser Karte sind Breisach und Neuf-Brisach Anfang des 18. Jahrhunderts zu sehen Foto: Emil G�ggel

Breisach hatte als in Deutschland liegender Br�ckenkopf gro�e Bedeutung im strategischen Konzept der Franzosen. Als es 1697 an die Habsburger abgetreten werden musste, wurde es f�r die franz�sischen Nachbarn zu einer unmittelbaren Bedrohung. Deswegen beschloss Ludwig XIV., "500 Klafter davon entfernt" , wie eine zeitgen�ssische Quelle berichtet, eine neue, von Vauban geplante Festung bauen zu lassen. Der Baumeister des Sonnenk�nigs reist im Mai 1698 nach Colmar und entwirft nach eigenen Worten "eine Festung mit acht Bastionen, nur tausend Klafter weit von der Spitze des Fort Mortier, das damals am linken Rheinufer lag, auf trockenem, freiem Feld ... g�nstig gelegen auf halbem Weg zwischen H�ningen und Stra�burg. Die Umgebung ist auf vier Meilen im Umkreis topfeben und v�llig leer wie ein Blatt Papier." Vauban ben�tigt f�r die Erkundung vor Ort, die Entscheidung � dabei pr�ft er Colmar und Biesheim als Alternativen � und die Planung einschlie�lich der Kalkulationen vier Wochen.

Am 19. Juni legt er dem K�nig drei Projekte vor und votiert f�r das teuerste, das 4 048 875 Pfund kosten soll. Er argumentiert mit der besonderen Qualit�t der Verschanzung, mit den vergr��erten und verbesserten "Halbmonden" , den nicht einnehmbaren Bastionen, der geringen Zerst�rungswirkung von Kanonenkugeln und Prellsch�ssen, einer effektiveren Bewachung der Festung, den Lagerm�glichkeiten in den Untergeschossen und in den oberen R�umen, den besser und sicherer platzierten Pulverkammern und mit der Aussicht, dass dieses System ein Jahr fr�her verteidigungsbereit sein werde. Der K�nig stimmt zu und l�sst das f�r den Bau vorgesehene Gel�nde f�r nicht ganz 38 000 Pfund kaufen, bezahlt jedoch die gr��ere H�lfte erst im M�rz 1707. Sp�tere Generationen werden bedauern, dass nicht 200 Hektar mehr angekauft worden sind, die Neuf-Brisach nach dem Zweiten Weltkrieg dringend f�r den Bau des Coll�ge, einer Wohnsiedlung, ein Industriegebiet, ben�tigt h�tte. Schon Ende des Jahres 1698 werden Truppen f�r die Erdarbeiten geschickt und 1699 befindet sich in der Rheinebene eine gigantische Baustelle, an der Tausende Arbeiter besch�ftigt sind: unter anderem Maurer, Steinmetze, Ger�stbauer, Schlosser, Schreiner, Pflasterer und Zimmerleute; aus verschiedenen franz�sischen Provinzen, aus Deutschland, Holland, Italien und der Schweiz.

Ein Holl�nder namens Van der Wiellen will, um das Ausheben der Gr�ben zu vereinfachen und zu beschleunigen, eine Maschine einsetzen, den Vorl�ufer der Bagger. Jean-Baptiste R�gemorte, Generalunternehmer f�r die Arbeiten, lehnt ab und begr�ndet seine Entscheidung damit, dass der Einsatz solcher Maschinen viele Arbeiter und Soldaten arbeitslos machen und in einem Jahr 400 Pferde krepieren lassen w�rde. Der f�r den Bau ben�tigte rote Sandstein wird in den Vogesen bei Rouffach und Pfaffenheim gebrochen. Vauban l�sst f�r den Transport der Baumaterialien einen Kanal bauen, der sp�ter seinen Namen tr�gt. Eine vom provinzialr�mischen Institut der Universit�t Freiburg bei Ausgrabungen in �denburg 2003 gefundene, zun�chst f�r r�misch gehaltene M�nze entpuppte sich als 1699 gepr�gter Silbersol mit dem Bildnis Ludwigs XIV. und wirft die Frage auf: Sind beim Bau von Neuf-Brisach Steine aus der zwischen den heutigen Orten Biesheim und Kunheim gelegenen Valentinianischen Festung verwendet worden oder haben die Bewohner der Rheinebene deren Steine bereits in den 12 Jahrhunderten zuvor restlos abgetragen � zum Bau ihrer H�user, bei der Bebauung des Breisacher M�nsterberges oder f�r die Befestigungsanlagen von Altbreisach? Vauban k�mmert sich auch um die Wasserversorgung der Stadt: "Man wird Wasser in dreizehn Fu� Tiefe finden ... klares und gutes Trinkwasser." Er r�t davon ab, die Festungsgr�ben mit Wasser zu f�llen; es k�nne allenfalls "die Belagerten in Schwierigkeiten bringen" und w�re "kein gro�es Hindernis f�r die Angreifer, welche die Gr�ben in zwei Tagen auff�llen k�nnten". Sein Hinweis, dass ein Wassergraben allenfalls daf�r gut w�re, "die Belagerten in Schwierigkeiten zu bringen" , wird nicht ernst genug genommen. Man verhindert nicht, dass Regenwasser, Wasser vom Kanal und vom Rhein in die Gr�ben flie�t und sorgt auch nicht f�r die notwendige Entw�sserung . Das stehende Wasser fault und Neuf-Brisach wird von 1702 bis 1751 von mehreren Epidemien heimgesucht. Im Jahre 1705 sind 225 tote Kinder zu beklagen und 1751 allein 80 Familienv�ter. Eine vermeidbare Katastrophe � nicht nur f�r die Betroffenen, sondern auch f�r Vauban, dessen Traum von "der sch�nsten und st�rksten Festung Europas" wohl auch deswegen nie ganz Wirklichkeit wurde.

Emil G�ggel, 8.12.2007,www.badische-zeitung.de

(3) Besorgt um das Wohlergehen der Soldaten

2007 j�hrte sich der Todestag des bekannten franz�sischen Architekten Vauban zum 300. Mal. Breisach hat in Kooperation mit Neuf-Brisach und anderen franz�sischen St�dten, in denen Vauban gewirkt hat, im Sommer 2008 die Chance, von der Unesco zum Weltkulturerbe ernannt zu werden. F�r die Breisacher Lokalredaktion der Badischen Zeitung Grund genug, sich in einer dreiteiligen Serie n�her mit Vauban zu besch�ftigen. Nachdem sich die ersten beiden Teile vor allem mit Vauban als Baumeister der Festungen Breisach und Neuf-Brisach befassten, steht diesmal der Mensch Vauban im Blickpunkt.

Sein Zeitgenosse Saint-Simon, der viele gro�e Pers�nlichkeiten der Epoche Ludwigs XIV. portr�tiert hat, nennt Vauban "den rechtschaffensten Mann seines Jahrhunderts" . Dabei wird schnell deutlich, dass das Denken und Tun dieses au�ergew�hnlichen Mannes weit �ber Festungsbau und erfolgreiche Kriegsf�hrung hinausreichen. Vauban dient seinem K�nig 57 Jahre lang treu, mit beispiellosem Einsatz und allen seinen F�higkeiten als Ingenieur und Mathematiker, als Soldat, Baumeister, Verwaltungsbeamter und Staatsmann. Wichtiger als der K�nig ist ihm nur noch eines: der franz�sische Staat und die Menschen, die darin leben. Am 15. April 1673 schreibt Vauban an den Kriegsminister Louvois, dass er in sechs Jahren nur drei Tage Urlaub gehabt habe, diese sogar noch heimlich und mit der Folge, dass er deswegen zurechtgewiesen worden sei. "Arm geboren und ohne F�rderung durch einen einflussreichen G�nner, gelangte er auf die h�chste Stufe der Gesellschaft aufgrund seiner Arbeit, seines Geschicks und seines tadellosen Verhaltens bei den 35 Belagerungen, die er leitete. Er verst�rkte die Grenzen unseres Landes, baute 30 Festungen und setzte 300 wieder instand. Gemeinhin sagte man: ,Eine von Vauban belagerte ist eine eroberte Stadt; eine von Vauban befestigte oder verteidigte ist eine uneinnehmbare Stadt.�" (Larousse Universel von 1923).
Vauban gilt als gelehriger Sch�ler des Philosophen und Mathematikers Descartes, dessen analytische Denk- und methodische Vorgehensweise ihn leitet. Ausgehend von einem Maximum an Informationen �ber die belagerte Festung und ihre Schwachpunkte, entwickelt er eine auf drei Grunds�tzen basierende Belagerungsmethode: 1. Systematische Besetzung des Gel�ndes mit parallel gef�hrten Laufgr�ben; 2. Durchdachter Einsatz der Artillerie, f�r die er unter anderem die "Prellsch�sse" erfindet; 3. Vorausschauende Bem�hungen, um die Verluste gering zu halten. Beim Umbau oder der Neuanlage von Festungen untersucht er stets die von seinen Vorg�ngern geschaffene Situation und die �rtlichen Gegebenheiten. Dies setzt eine genaue Analyse vor Ort voraus, was st�ndige Reisen � 3000 bis zu 6000 Kilometer im Jahr � erfordert. Er plant, zeichnet und kalkuliert. Vauban k�mmert sich aber auch um das Schicksal der einfachen Soldaten, fragt nach deren Lebensunterhalt und Besoldung und legt den in Friedenszeiten erforderlichen Personalbestand fest.

Seine Sorge ums Detail geht so weit, dass er das Rezept f�r "eine Getreidesuppe vorschl�gt, die ges�nder ist als das an die Soldaten verteilte schlechte Brot" . Um das Leben der Fu�soldaten zu erleichtern, ersetzt er die nur mit viel Zeitaufwand ladbaren Musketen und Spie�e durch Gewehre mit Bajonettfassung. Seine menschliche Seite und seine religi�sen �berzeugungen zeigen sich in einem Antrag an den Kriegsminister Louvois, die Sonntagsruhe f�r Soldaten einzuf�hren. "Schwei� erspart Blut" , war einer seiner Wahlspr�che. Und als die bei der Belagerung von Namur anwesenden H�flinge sich w�hrend der lange dauernden Schanzarbeiten an den Laufgr�ben langweilten und zu murren anfingen, verteidigte sich Vauban mit dem Argument: "Wir wollen mehr Pulver verschie�en und weniger Blut vergie�en."

Fontenelle, ein bedeutender Vorl�ufer der franz�sischen Aufkl�rung, urteilt �ber ihn: "Dies war sein wichtigstes Ziel, die Erhaltung von Menschenleben. Nicht allein das Kriegsinteresse, sondern auch seine nat�rliche Menschlichkeit machten sie ihm teuer. Er opferte ihnen stets den Glanz einer rascheren Eroberung und die ziemlich verlockende Aussicht auf Ruhm."

Der engagierte Katholik Vauban verfasste �brigens 1689 eine Denkschrift gegen die Aufhebung des "Edikts von Nantes" und schilderte die schlimmen Folgen dieser Willk�rentscheidung, mit der Ludwig XIV. der protestantischen Minderheit der Hugenotten die b�rgerlichen und religi�sen Rechte raubte und sie aus dem Land jagte. Auch hierin war er seiner Zeit weit voraus. Ebenso mit seinem revolution�ren Steuerkonzept mit dem Titel La D�me royale, in dem er schreibt: "Ihre Majest�t k�men dabei besser auf ihre Rechnung und w�rden 200 000 Spitzbuben die M�glichkeit entziehen, sich auch weiterhin zu bereichern ... in Anbetracht der Tatsache, dass der vornehmste Adlige im K�nigreich ebenso wie der letzte Bauer im Voraus (seine Steuern) bezahlen w�rde." Das Buch wurde verboten. Vauban fiel beim Sonnenk�nig nicht "in Ungnade" , wie die Geschichtsschreiber noch bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts behaupteten. Aber Macht und Einfluss der oberen St�nde, die bei dieser Reform nur verlieren konnten, waren zu gro�.
"Vaubans Pers�nlichkeit ist indessen so au�erordentlich, so liebenswert und so verschiedenartig in ihren F�higkeiten, sein Werk ist so gewichtig in den verschiedensten Bereichen, sein Briefwechsel und seine Schriften sind so reich an Ideen und an Fakten, dass man immer noch etwas Neues dar�ber wird sagen k�nnen." Dieser W�rdigung durch den franz�sischen Historiker Alfred Rebelliau ist allenfalls zweierlei hinzuzuf�gen: Die im neuen Stadtteil "Vauban" wohnenden Freiburger k�nnen stolz auf ihren Namensgeber sein; die Breisacher indessen k�nnten, falls ihre Stadt tats�chlich Vaubans wegen zum Weltkulturerbe gez�hlt werden sollte, �berlegen, ob ihm nicht ein Platz oder ein Brunnen zuk�me.

Emil G�ggel, 19.1.2008,www.badische-zeitung.de

Vauban - wer war er und wer war er nicht?

�Wollen Sie, dass ich erkl�re, dass eine Kurtine zwischen zwei Bastionen liegt, dass eine Bastion aus einer Spitze und zwei Seiten besteht, usw., das ist nicht meine Sache.� (MV 56)
Eingrenzung und Begr�ndung meines Themas, formuliert mit Vaubans eigenen Worten (aus einem Brief an den Ingenieur Thomassin): Meine Sache ist es nicht, Festungsbauten zu beschreiben und die dabei leitenden milit�rischen �berlegungen zu erl�utern. Meine Absicht ist es, Ihnenden Menschen Vauban vorzustellen. Statt eines biographishen �berblicks Stichw�rter aus der kurzgefassten Biographie des Larousse universel von 1923:

Seigneur de S�bastian le Prestre (1633-1707)
- Milit�ringenieur und Marschall von Frankreich,
- gelangte arm geboren und ohne F�rderung durch einen einflu�reichen G�nner auf die h�chste Stufe
der Gesellschaft,
- dies aufgrund seiner Arbeit, seines Geschicks und seines tadellosen Verhaltens.
- Er verst�rkte die Grenzen unseres Landes, baute 30 Festungen, setzte 300 instand.
- Saint-Simon bezeichnete ihn als �den rechtschaffensten Mann seines Jahrhunderts�.
- Geleitet vom Gef�hl echter Menschlichkeit forderte er in seinem �Projekt eines k�niglichen Zehnten�, Steuergleichheit, was ihn bei Ludwig XIV. in Ungnade fallen lie�.

Zum Einstieg Urteile und Vorurteile, die deutlich machen, wie unterschiedlich das Bild ist, das sich unsere Zeitgenossen von Vauban machen, schon deswegen, weil sie meist nur vom dem Festungsbauer Vauban geh�rt haben.

Pascal Remy, in Colmar, zeichnet am 30. M�rz 2007 zum 300. Todestag Vaubans in den DNA ein Bild, das dem gro�en Franzosen - von seinen Biographen in der Nachfolge Descartes gesehen und nicht selten in die N�he Leonardo da Vincis ger�ckt - weitaus gerechter wird. Mit�Humaniste Infatigable� (ein unerm�dlich t�tiger Humanist) ist sein �Nachruf� �berschrieben, im Untertitel zitiert Remy in verk�rzter Form Vaubans ber�hmten Leitsatz:�La sueur plut�t que le sang� (Lieber Schwei� als Blut) und vergi�t auch nicht auf Vaubans mutiges Eintreten f�r die aus dem Land gejagten Huguenotten hinzuweisen.

Vaubans Bild wird also oft schief, teilweise sogar falsch gezeichnet. Meine erkl�rte Absicht: Dieses Bild korrigieren, einem Mann gerecht werden, der in einer ganz anderen Zeit - in der Hochzeit des franz�sischen Absolutismus, der Epoche des Sonnenk�nigs � so lebte und wirkte, dass viele seiner Charakterz�ge und Verhaltensweisen noch heute vorbildlich erscheinen. In einem Brief an den f�r die Befestigungsanlagen des Landes Verantwortlichen (1693 an Le Peletier de Souzy), gibt uns der Sechzigj�hrige eine lesenswerte Selbsteinsch�tzung: �Zu einem guten Baumeister wird man nur im Verlauf von f�nfzehn oder zwanzig Jahren eifriger T�tigkeit, dar�ber hinaus muss er mit verschiedenen Dingen befasst und sehr flei�ig sein. ... ich habe eine recht gute Meinung von mir, wenn ich mich f�r den st�rksten der ganzen Truppe halte und f�r f�hig die Geschicktesten anzuleiten, und - all das ber�cksichtigt - halte ich mich, wenn ich mich pr�fe, nur f�r einen halben Ingenieur nach vierzig Jahren sehr, sehr gro�er Anstrengung und der gr��ten jemals dagewesenen Erfahrung.� (MV 58)

Vauban war der bedeutendsteFestungsbaumeister seiner Zeit � die Franzosen nennen ihn �Belagerungsk�nstler�, _�poliorc�te�._Er hat den Festungsbau als �Wissenschaft� betrieben und den Festungskrieg als eine geistige Herausforderung, als eine �Kunst� angesehen. Seine Verteidigungskunst entwickelte sich aus den bei der Belagerung gewonnenen Einsichten (�...bei 140 Kampfma�nahmen war er dabei.� - MV 69).

Vauban ist aufgestiegen vom einfachen Landadligen in den Rang eines �Mar�chal de France�, auf die h�chste Stufe, die f�r ihn im absolutistischen System des Sonnenk�nigs erreichbar war. Aufhorchen lie� uns schon die oben aus dem Nachruf zitierte W�rdigung durch Saint-Simon, der uns eine kritische Bestandsaufnahme der Regierungszeit Ludwigs XIV. hinterlassen hat. Er bezeichnete Vauban als �den rechtschaffensten Mann seines Jahrhunderts�. Aufhorchen l�sst auch ein Satz Vaubans aus seiner Denkschrift an den Herzog von Burgund, der bei der Darstellung des �anderen Vauban� als Merk- und Leitsatz dienen mag:

�Les hommes naissent tous roturiers. Il n�y a que leurs actions qui les anoblissent.� �Die Menschen werden alle als einfache B�rger geboren. Allein ihre Taten adeln sie.� Vauban in seiner Denkschrift an den Herzog von Burgund

H�ren wir das Urteil von zwei weiteren seiner Zeitgenossen:
Fontenelle, einer der bedeutenden Vorl�ufer der franz�sischen Aufkl�rung, urteilt so �ber ihn: �Dies war sein wichtigstes Ziel, die Erhaltung von Menschenleben. Nicht allein das Kriegsinteresse, sondern auch seine nat�rliche Menschlichkeit machten sie ihm teuer. Er opferte ihnen stets den Glanz einer rascheren Eroberung und die ziemlich verlockende Aussicht auf Ruhm." (MV 69) Fontenelle f�gt hinzu: �Und was manchmal noch viel schwieriger ist, er widerstand zu ihren Gunsten (der Erhaltung von Menschenleben) der Ungeduld der Gener�le und setzte sich dem f�rchterlichen und gef�hrlichen Geschw�tz des unt�tigen H�flings aus.� (MV 69)

Voltaire konstatiert, Vauban habe bewiesen, �qu�il pouvait y avoir des citoyens dans un gouvernement absolu�, dass es auch in einem absolutistischen Regierungssystem �B�rger� geben k�nne.

Vauban ein �citoyen� - weshalb kommt Voltaire zu dieser geradezu widerspr�chlich erscheinenden Einsch�tzung eines Mannes, der Ludwig XIV. und der franz�sischen Monarchie sein ganzes Leben lang loyal und mit nicht �berbietbarem Einsatz gedient hat? Vauban selbst mag diese Frage mit einer seiner entschiedensten �u�erungen beantworten: �Ich f�hle mich verpflichtet, dies bin ich meiner Ehre schuldig, Ihrer Majest�t vor Augen zu f�hren, , dass ich den Eindruck hatte, dass man die ganze Zeit �ber nicht gen�gend R�cksicht auf das einfache Volk genommen und dass man sich zu wenig um es gek�mmert hat ...� (V 39

Was ist das f�r ein Mann, der einen solchen Vorwurf � nach langer und gr�ndlicher �berlegung � zu Papier bringt und ihn im Vorwort seiner �D�me royale� dem m�chtigsten und einflu�reichsten Mann seiner Epoche , dem �Sonnenk�nig� vortr�gt?

Eine sehr aufschlussreiche �u�erung findet sich in einem drei Jahre zuvor geschriebenen Brief (1697) an den Marquis von Cavoye: �Ich bin etwas starrk�pfig und unbeugsam, wenn ich meine, Recht zu haben. Ich liebe die Person des K�nigs wirklich und wahrhaftig, weil ich dazu verpflichtet bin, aber unvergleichlich mehr deswegen, weil er mein Wohlt�ter ist, der stets g�tig zu mir war, deswegen bin ich daf�r uneingeschr�nkt dankbar, ihm m�ge, das gebe Gott, niemals etwas fehlen. Ich liebe mein Vaterland bis zum Wahnsinn, weil ich �berzeugt bin, dass jeder gute B�rger es lieben und alles f�r es tun muss, zwei Begr�ndungen, die auf dasselbe hinauslaufen.� (MV 361)
Getragen von der �berzeugung, dass es nur seine Taten sind, die einen Menschen adeln hat Vauban sich emporgearbeitet - nicht durch Anpassung und Willf�hrigkeit gegen�ber seinen Vorgesetzten, sondern durch bedingungslosen Einsatz, durch au�ergew�hnlichen Flei�, durch unerm�dliche Arbeit im Dienste seines K�nigs. Hinzu kommen herausragende Leistungen auf vielen verschiedenen, �ber seine beruflichen Aufgaben hinausgehenden Gebieten. Er warIngenieur und �homme de lettres�, allseitig interessiert, weil sein Interesse - bei allen seinen Aktivit�ten - den davon betroffenen Menschen galt. Sein bedingungsloser Einsatz zeigt sich vielfach und in vielf�ltigen Formen. Die erste Bef�rderung - vom einfachen Soldaten zum Unteroffizier - verdankt er einer k�hnen Bravour-leistung: Beim Gegenangriff auf Sainte-Menehould (etwa 30 km westlich von Verdun gele-gen) durchschwimmt er im November 1652 unter feindlichem Beschuss die Aisne, um einen anderen Zugang in die Festung zu entdecken, und wird f�r diese erfolgreiche Erkundung ausgezeichnet. Bereits zwei Jahre sp�ter bei der Belagerung von Arras und Clermont wird dem Einundzwan-zigj�hrigen der Befehl �ber die Sch�tzengr�ben �bertragen. Im Verlauf seiner ersten f�nf Soldatenjahre wird er viermal verwundet, zuletzt 1656 bei der Belagerung von Valenciennes schwer. Im Jahre 1658 befehligt er vor Gravelines, Ypres und Oudenarde als F�nfundzwamzigj�hriger schon die Angriffstruppen. Sein bedingungsloser Einsatz bei den ihm �bertragenen Aufgaben wird an einem anderen Aspekt ebenfalls sichtbar. Am 15. April 1673 schreibt Vauban an den Kriegsminister Lou-vois, dass er im Verlauf von sechs Jahren nur drei Tage Urlaub gehabt habe, diese sogar noch heimlich und mit der Folge, dass er deswegen zurechtgewiesen worden sei. (MV 93)

Vaubans au�ergew�hnlicher Flei�, seineunerm�dliche Arbeit, sie sind ein geradezu extremes Gegenbeispiel zu den Lebensentw�rfen und Leitvorstellungen unserer Freizeit- und Spa�gesellschaft. Er war - man kann es kaum anders sagen - ein �Arbeitstier� (un bourreau de travail). Dies sei an zwei ganz unterschiedlichen Aspekten seiner Alltagswirklichkeit veranschaulicht:

Allein 15 Denkschriften und Abhandlungen zum Thema Festungen, darunter sein Trait� sur l�attaque des places ((1704), ein f�r den Herzog von Burgund geschriebenes Lehrbuch �ber die Belagerung von Festungen. Darin fasst er kurz vor seinem Tod seine fr�heren Schriften zu diesem Thema zusammen und h�lt die Fr�chte seiner langen Erfahrung fest. Schon die �bersicht zeigt einerseits, dass er immer sehr systematisch vorging, sie l��t andererseits erkennen, wie konkret und realit�tsnah er dachte und plante. Er beschreibt u.a. die sechs f�r den Erfolg einer Belagerung entscheidenden Faktoren: 1. die Geheimhaltung - 2. die zur Verf�gung stehenden Kr�fte � 3. die Situation des Gegners � 4. der Bestand der Magazine (von 200 Schubkarren und 200 Kiepen bis zu 40.000 mit guten Stielen versehenen Werkzeugen zum Ausheben der Laufgr�ben) � 5. die Jahreszeit � 6. die zur Verf�gung stehenden Gelder.

Au�erdem drei Texte �ber die franz�sischen Kolonien - darunter sein Projekt zur Er-schlie�ung und Besiedlung Kanadas als Beispiel einer �colonisation militaire�, sowie 31Texte zu ganz verschiedenen Themen:

Im Jahre 1698 schreibt er einen Brief �ber die Art und Weise, wie man Statistiken erstellt und f�hrt in der Theorie das aus, was er zuvor mehrfach schon in die Praxis umgesetzt hatte. Als einer der Ersten � so vermerkt es die Brockhaus Enzyklop�die - verwendete er sozial-statistische Methoden zur Untersuchung von Bev�lkerungsbewegungen und der Einkommensentwicklung.

Vauban war � dies wurde an den zahlreichen zitierten Beispielen sichtbar -ein Mann mit h�chst vielf�ltigen Interessen und einem geschulten Blick f�r aktuelle Probleme. Sein Bestreben, seinem Land oder dem K�nig �n�tzlich zu sein� verleiten, n�tigen ihn immer wieder, wie er in einem Brief an Louvois (im Dezember 1673) schreibt, ��ber andere Sachen, nicht nur �ber Steine und Ziegel zu reden� (MV 309). Nach einer Inspektionsreise ins Languedoc 1686 richtet er an den Marquis de Seignelay, den f�r die Schifffahrtswege verantwortlichen Minister, eine Denkschrift �ber den Kanal zwischen den beiden Meeren, der das Mittelmeer mit dem Atlantik verbindet. Vauban erkennt die durch den leichteren Warenaustausch zwischen den Provinzen und einen wachsenden Geldstrom erreichbaren g�nstigen Auswirkungen. Er sieht die klimatischen und geographischen Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen und folgert daraus, �dass wenn bei den einen �berfluss herrscht, bei den anderen die Hungersnot sich breit macht, so dass es leicht sein wird, dem durch die Kanalschifffahrt abzuhelfen.� (MV 230). Nach Vaubans Meinung ist es Aufgabe des K�nigs, die Verbindungswege zwischen den verschiedenen Teilen des Reiches zu schaffen, damit die an daf�r g�nstigen Orten erzeugten Produkte dorthin transportiert werden k�nnen, wo sie gebraucht werden. Er r�t dabei entschieden von der Vergabe von Bauarbeiten der �ffentlichen Hand an private Unternehmer ab, weil ein mit Benutzungsrechten und Mautgeb�hren belasteter Kanal den Handel nur wenig voranbringe.

Auch in seiner Abhandlung �ber die Flussschifffahrt von 1699 demonstriert Vauban mit seinen Berechnungen die �berlegenheit der Wasserwege und fordert dazu auf, die Fl�sse schiffbar zu machen. Auf der Basis eigener Beobachtungen, sowie ihm zugesandter Karten und Abhandlungen, entwirft er einen Gesamtplan, in den 143 Fl�sse einbezogen sind. (MV 233/34) Seine Vorschl�ge f�r ein alle schiffbaren Fl�sse Frankreichs verbindendes Kanalsystem werden 200 Jahre sp�ter durch den f�r die �ffentlichen Arbeiten zust�ndigen Minister Saulces de Freycinet (1828-1923) verwirklicht.

Ein anders geartetes Beispiel f�r Vaubans breit gestreutes Interesse: seine Abhandlung �ber die Pflege des Waldes von 1701. Er macht die Erfahrung: Werbaut, der zerst�rt auch und zieht daraus die notwendigen Schl�sse: Fast 200 Jahre bevor sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts die �kologie als Wissenschaft etabliert und �kologische Forschung zunehmend systematisch betrieben wird, interessiert sich Vauban f�r �kologische Fragen. Seitdem er bei einer Reihe seiner Projekte die Abholzung von gr��eren Waldst�cken miterlebt und die sch�dlichen Folgen beobachtet hat, die sich daraus ergeben, besch�ftigt er sich im Detail mit der Anpflanzung neuer und der Pflege bestehender W�lder. Er plant Pflanzschulen, besch�ftigt sich mit verschiedenen Pflanzungsarten, mit der Gestalt und der Gr��e von B�umen und mit dem Baumschnitt. Er beklagt, �dass es in Frankreich fast �berall an Holz zum Bauen fehlt oder dass es, zumindest, sehr rar geworden ist und von Tag zu Tag rarer wird. Ich kenne Landstriche, wo es mehrere tausend Tagwerk Hochwald gegeben hat, wo man jetzt kaum noch zehn finden w�rde; alles ist verkauft, gef�llt und zers�gt worden�(VI 78).

_V_auban erkennt, dass Neupflanzungen erst sehr viel sp�ter verwert- und nutzbar sind und zieht daraus einen sehr wichtigen Schluss: �Die Zeit, die man abwarten m��te bis zum F�llen dieser B�ume, w�re zu lange, als dass private Waldbesitzer sich leicht damit abfinden w�rden, weil ihr Blick nicht vier oder f�nf Generationen �ber die eigene hinausreicht. Daraus folgere ich, dass der Anbau dieser neuen W�lder die Aufgabe von K�nigen, wohlhabenden F�rsten, der Allgemeinheit und gro�er M�nchsgemeinschaften ist.�(VI 79)

�F�r gleiche Arbeit gleichen Lohn� (MV 169), so �berschreibt Vaubans Biographin Mich�le Virol das Kapitel, in dem sie sich mit Vaubans grunds�tzlichen �berlegungen zu einer gerechten Entlohnung der beim Festungsbau eingesetzten Soldaten besch�ftigt. Seit 1669 ist Vauban Generalinspektor s�mtlicher franz�sischer Festungen. Seine in einer von ihm selbst �berarbeiteten Handschrift �berlieferte _Dienstanweisung zur Regelung der Bewegung und des Transports von Erdreich_� belegt einmal mehr, wie gr�ndlich und wie sorgf�ltig er jede Aufgabe anpackt, die er sich stellt.

H�chste Zeit, nachzufragen: Was veranlasst, was bewegt, was motiviert einen Mann, der vor drei Jahrhunderten gelebt hat, zu solch au�ergew�hnlichen Leistungen. Die klarste und b�ndigste Antwort haben wir bereits geh�rt:��Die Menschen werden alle als einfache B�rger geboren. Allein ihre Taten adeln sie.� Aus diesen Worten spricht nicht der Untertan eines absolutistisch regierten Obrigkeitsstaates, nicht der willf�hrige Befehlsempf�nger in einem despotischen System. Vauban respektiert und vertritt zwar ein Leben lang die absolute Monarchie, den grunds�tzlich unbegrenzten Machtanspruch des Staates. Die in seiner Jugend gemachten fr�hen Erfahrungen haben ihn gepr�gt. In der Zeit der Fronde hat er die Gefahr der Aufl�sung der staatlichen Einheit und die Gefahr der Herrschaft privilegierter Interessengruppen im Staat erlebt, hat erlebt, was ein R�ckfall in den Feudalismus f�r die Monarchie und f�r die breite Masse des Volkes bedeutet. Vauban vertritt dieselbe Ansicht wie Saint-Pierre (sein Zeitgenosse und erkl�rter Regimekritiker, 1718 wegen seiner Kritik am Absolutismus aus der Acad�mie fran�aise ausgeschlossen): �Nicht ein ererbtes Recht, sondern der in Pr�fungen erbrachte Nachweis von Kenntnissen, sowie Leistungen in der beruflichen Praxis sollten den Weg in die hohen staatlichen Stellen �ffnen.� (WG 74) Nicht nur darin, auch in der �berzeugung, dass Vernunft, Wissen und Einsicht die Menschen auf dem Weg zu moralischer Perfektion voranbringen k�nnen, waren beide �brigens der Aufkl�rung sehr nahe. Der engagierte Katholik Vauban setzt sich engagiert und ohne Vorbehalt f�r die verfolgte protestantische Minderheit ein: Er adressiert seine Denkschrift zum R�ckruf der Hugenotten 1689 gegen die Aufhebung des �Edikts von Nantes� an den Kriegsminister Louvois und schildert darin die schlimmen Folgen der Willk�rentscheidung, mit der Ludwig XIV. den Hugenotten ihre b�rgerlichen und religi�sen Rechte raubte und sie aus dem Land jagte. Auch hierin ist er seiner Zeit weit voraus. Er schreibt: �Die K�nige sind sehr wohl Herren �ber das Leben und die G�ter ihrer Untertanen, niemals jedoch �ber ihre Meinungen, weil die inneren Gef�hle au�erhalb ihres Machtbereichs liegen, und Gott allein sie lenken kann, wie es ihm gef�llt.� (V 33)
Vauban argumentiert - seiner Denkweise entsprechend - klar und �berzeugend, weil sachlich, realit�tsnah und adressatenbezogen: �Dieses so fromme, so heilige und so gerechte Vorhaben hat eine unendliche Zahl von f�r den Staat sehr sch�dlichen �beln verursacht und kann dies noch weiterhin tun.� Er z�hlt - n�chterne Zahlen nennend - die folgenden auf:

  1. Auswanderung von 80.000 bis 100.000 Personen, die mehr als 30 Millionen Pfund mitgenommen haben.
  2. Ein f�rchterlicher Schlag f�r das Handwerk und f�r die privaten Manufakturen, die erhebliche Summen Geld aus allen Teilen Europas nach Frankreich geholt habe ein gewaltiger Zusammenbruch des Handels.
  3. Anwachsen der feindlichen Flotten durch 8.000 bis 9.000 der besten Matrosen des K�nigreichs.
  4. Zuwachs in ihrer Armee um 500 bis 600 Offiziere und 10.000 bis 12.000 Soldaten, um vieles kampferprobter als ihre eigenen. (vgl. MV 320)

Und er zeigt, dass er auch seine historische Lektion gelernt hat: �Das Blut der M�rtyrer aller Religionen war immer sehr fruchtbar und ein unfehlbares Mittel, um die st�rker und gr��er zu machen, die verfolgt worden sind.� (MV 326)
Der HistorikerWerner Gembruch fragt in seinen Untersuchungen zum ancien r�gime und zur Franz�sischen Revolution nach den Reformforderungen im Frankreich Ludwigs XIV. und kommt zu dem Ergebnis: �Nur au�ergew�hnliche Umst�nde konnten den Marschall zu einer solchen oppositionellen Aktivit�t veranlassen, n�mlich die fortschreitende L�hmung des wirtschaftlichen Lebens, die verbreitete Armut und die Gefahr f�r den territorialen Bestand und die Existenz des Staates. Er war �berzeugt, mit seinem Reformplan einen Ausweg aus dieser Notlage gefunden zu haben. Der Wille zur Rettung des Staates und zur Behauptung der nationalen Freiheit war hier bei ihm st�rker als die Gehorsamspflicht gegen�ber der Obrigkeit.� (WG 82)

Auf seinen vielen Reisen und bei seiner Arbeit kommt Vauban in engen Kontakt mit den einfachen Leuten in den St�dten und auf dem flachen Land, er hat st�ndigen Kontakt mit den gemeinen Soldaten. Er kennt die Not der unteren sozialen Schichten aus unmittelbarem Erleben, h�rt immer wieder die lauter werdenden Klagen aus allen Grenzregionen und aus allen K�stenstrichen des K�nigreichs. Schon 1701 � fast ein Jahrhundert vor dem Ausbruch der Franz�sischen Revolution - warnt Vauban den K�nig in einem Brief vor den��tincelles de r�voltes� vor den�Funken von Aufst�nden�, vor einer�sicher gef�hrlichen Stimmung� in weiten Kreisen des Volkes, die eine Ver�nderung der bestehenden Ordnung erzwingen wollen.

In seiner Denkschrift �La D�me royale� tr�gt er dem K�nig seine Einsch�tzung der sich dramatisch verschlechternden Situation vor. Er zeichnet ein anschauliches Bild von der Not des Volkes und gibt ein fundiertes Urteil ab �ber die Schw�chen der sozialen Ordnung und des absoluten Regierungssystems in Frankreich in der zu Ende gehenden Regierungszeit des Sonnenk�nigs. Wenige Schlaglichter m�ssen gen�gen, um sich ein Bild von der damaligen Zeit zu machen. Im Jahre 1648 geht der Dreissigj�hrige Krieg zu Ende. Deutschland ist verw�stet und zugrunde gerichtet. Frankreich (Richelieu), das zun�chst die Gegner Habsburgs nur heimlich unterst�tzt hat, greift 1635 auf der Seite der Schweden, der Niederlande und der deutschen Protestanten in den Krieg ein und erzwingt mit seinen Siegen bei Rocroi (1643) und Lens (1648) den Westf�lischen Frieden. Es erwirbt den habsburgischen Besitz im Elsass, sein Anspruch auf die lothringischen Bist�mer Metz, Toul und Verdun und das Besatzungsrecht im rechtsrheinischen Philippsburg wird best�tigt; es gewinnt Breisach dazu. Danach, d.h. w�hrend Vaubans aktiver Zeit - von 1652 bis 1706 - sind die franz�sischen Truppen (im Verlauf von 45 Jahren) in 292 wichtige milit�rische Ereignisse verwickelt: Sie verteidigen 90 Mal eine Stadt oder eine Festung und sind an 202 Belagerungen beteiligt. Vauban war bei 41 dieser Aktionen (B: 35 - V. 6) dabei.

Kriege kosten Geld, kosten weit mehr als die wirtschaftlichen Impulse, die sie geben, ein-bringen. Auch hier nur wenige Schlaglichter zur Veranschaulichung: Der Pf�lzische Krieg dauert von 1688 bis 1697. Aufgrund eines k�niglichen Erlasses von 1689 sind in Frankreich M�bel und Geschirr aus Silber an die staatlichen M�nze abzugeben und werden eingeschmolzen. Der K�nig selbst geht mit seinem Beispiel voran und trennt sich 1690 von seinen sch�nsten Silberger�ten. Der Anteil von Edelmetallen bei der M�nzpr�gung wird herabgesetzt. Neue k�ufliche �mter, die Geld in die Kasse bringen, werden geschaffen. 1693 wird das Recht auf Akteneintrag mit einer neu geschaffenen Steuer belegt. Trotz all dieser Ma�nahmen betr�gt das Defizit bei den k�niglichen Finanzen immer noch 72 509 990 Pfund. Die Finanzen des Staates sind heillos zerr�ttet. (nach MV 246):

Vaubans dringender Vorschlag in dieser verfahrenen Lage: Durch eine grundlegende Reform der Steuerverfassung einen Weg zu beschreiten, auf dem man �ber eine Steigerung der Staatseinnahmen das eigentliche Ziel, �le bonheur des peuples�, �das Gl�ck des Volkes� erreichen k�nne.

Das einfache Volk in Frankreich leidet Not. Im Jahre 1689 � in einem Jahr das die Geschichtsschreibung nicht als Zeit einer Hungersnot bezeichnet � gibt der Schriftsteller La Bruy�re in seinen Caract�res seine ber�hmt gewordene Beschreibung der Bauern in Frankreich: "Eine Art wilder Tiere, m�nnliche und weibliche, sieht man dort verstreut auf den Feldern, schwarz, aschgrau und ganz verbrannt von der Sonne, an die Erde gefesselt, die sie verbissen und unersch�tterlich durchw�hlen und hin und her schieben; sie geben so etwas wie artikulierte Laute von sich und wenn sie sich auf ihre F��e stellen, zeigen sie ein menschliches Gesicht, und tats�chlich, es sind Menschen; nachts ziehen sie sich in ihre Schlupfl�cher zur�ck, wo sie von Schwarzbrot, Wasser und Wurzeln leben; sie ersparen anderen Menschen die M�he, zu s�hen, zu pfl�gen und zu ernten, und also verdienen sie, dass es ihnen an dem Brot, das sie ges�t haben, nicht mangelt.� (La Bruy�re: Les Caract�res, 333)

Vauban, als�le vagabond du roi� auf den Stra�en des K�nigreichs unterwegs, zeichnet ein �hnliches Bild, das insbesondere f�r die Jahre 1692 bis 1695 gilt, als der Getreidepreis sich infolge schlechter Ernten verf�nffacht. �Alles, was einfaches Volk genannt wird, lebt nur von Brot aus Gerste und Hafer gemischt, denen nicht einmal die Kleie entnommen wird. Au�erdem ern�hren sie sich von schlechten meist wilden Fr�chten und von ein bisschen Kr�utern aus ihren Gem�seg�rten, in Wasser gekocht, mit etwas Nuss�l daran, meistens ohne oder mit ganz wenig Salz. Dem muss man hinzuf�gen, dass sie unter ihrer Nacktheit leiden, weil drei Viertel von ihnen, Sommer wie Winter nur mit halb verfaultem, zerrissenem Leinenstoff bekleidet sind und Holzschuhe tragen, in denen sie das ganze Jahr �ber nackte F��e haben.� (H 60)

Die ungesch�nte, schonungslose Begr�ndung Vaubans f�r seine revolution�re Steuer-verfassung lautet: � ... weil eben dieses Volk erdr�ckt wird von der Steuer f�r die Leibeigenen, von der Salzsteuer, von indirekten und tausend anderen Steuern und noch mehr vom Hunger.� (V 36)

Vauban war � wie bereits erl�utert - bei seinen Reisen durch das ganze K�nigreich Zeuge dieser Ungerechtigkeiten und N�te geworden. Er forderte die Abschaffung des willk�rlichen Steuersystems mit seinen ungerechten Ausnahmen zugunsten des Adels, der hohen Geistlichkeit, der Generalsteuerp�chter, der Beamten und anderer St�tzen des Regimes.

Er fordert�den k�niglichen Zehnten�, eine einzige Steuer auf alle Arten von Eink�nften. Dabei kommt er zu dem Schlu�: �Ihre Majest�t k�men dabei besser auf ihre Rechnung und w�rden 200.000 Spitzbuben die M�glichkeit entziehen, sich auch weiterhin zu bereichern ... in Anbetracht der Tatsache, dass der vornehmste Adlige im K�nigreich ebenso wie der letzte Bauer im Voraus (seine Steuern) bezahlen w�rde.� (V 36)

Vauban rechnet zwar mit Kritik an seinen und Widerstand gegen seine Pl�ne. Daf�r hat das geltende Steuersystem mit seinen vielen Ausnahmen und Sonderregelungen zu viele Nutznie�er: �Die Abgeordneten und die Empf�nger der von den Leibeigenen und Nichtadligen gezahlten Steuern werden ganz bestimmt viel dagegen vorzubringen haben, denn ihnen werden etliche kleine Annehmlichkeiten entzogen. ... Vielleicht wird das Volk zun�chst aufschreien, weil alles Neue es erschreckt; aber es wird sich bald beruhigen, wenn es auf nicht mehr anzuzweifelnde Art und Weise erkennen wird, dass diese Neuerung sich zum wichtigsten und ganz bestimmten Ziel gesetzt hat, es viel gl�cklicher zu machen, als es ist. (Dixme Royale, p.172 - V 37)

Das Buch wird verboten.Vaubans gr��tes und die Zeiten �berdauerndes Ruhmesblatt, sein Werk �Projekt eines k�niglichen Zehnten� - gepr�gt vom Idealbild einer Gesellschaft, in der jedes Mitglied seinen solidarischen Beitrag f�r die Allgemeinheit leistet (vgl. MV 253) - erreicht seinen Adressaten nicht, seine Verbreitung wird verhindert. Die Chance zu einer entschiedenen Kurskorrektur in der Verwaltung des absolutistisch regierten Staates wird nicht gesehen und nicht genutzt.

Das Ergebnis seines mehr als zwanzig Jahre dauernden intensiven Beobachtens, Nachdenkens und Rechnens, das Ergebnis einer ebenso langen oft kontroversen Diskussion mit mehr oder weniger gleichgesinnten, auf jeden Fall sachkundigen und ernsthaft bem�hten Gespr�chspartnern, es findet vor den Augen des K�nigs, nach zun�chst wohlwollender Aufnahme, keine Gnade. Vauban hat einmal mehr gewagt, politischen Vorstellungen, Pl�nen und Ma�nahmen zu widersprechen und offene Kritik an dem beklagenswerten Zustand zu �ben, in den des Sonnenk�nigs Regierung das franz�sische Volk gebracht hat.
Saint-Simon trug zur Legendenbildung bei, als er nach Vaubans Tod verbreitete, die Undankbarkeit seines K�nigs habe Vauban get�tet. Vauban fiel nicht �in Ungnade�, wie die Geschichtsschreiber noch bis Mitte der sechziger Jahre des 20. Jhdts behaupteten, Macht und Einflu� der oberen St�nde, die bei dieser Reform nur verlieren konnten, waren zu gro�. Louis le Grand, wie die Franzosen sagen, befand sich in schweren finanziellen N�ten und konnte sich nicht gleichzeitig mit dem Adel, der hohen Geistlichkeit, den Steuerp�chtern und den Beamten in seinem absolutistischen Staat anlegen. Eine Entscheidung des _Conseil priv�_vom 14. Februar 1707 verf�gt, �dass das genannte Buch gesucht und aufgesp�rt werden soll und dass alle Exemplare, die sich davon finden lassen, sichergestellt, beschlagnahmt und eingestampft werden.� Vauban gibt indessen noch nicht auf. Er schreibt am 3. M�rz 1707 an einen befreundeten Ingenieurkollegen (Jean de Mesgrigny): �Das Buch zum k�niglichen Zehnten macht so gro�en Wirbel in Paris und am Hof, dass man die Lekt�re durch einen Ratsbeschluss hat verbieten lassen, der nur dazu diente, jedermanns Neugier so sehr anzustacheln, dass, wenn ich tausend davon h�tte, mir im Verlauf von vier Tagen kein einziges verbleiben w�rde. Von allen Seiten erhalte ich daf�r sehr hohes Lob. Aus diesem Grund werde ich es noch einmal durchgehen und davon eine zweite korrektere und besser lesbare Ausgabe machen k�nnen.� (MV 355)

Vier Wochen sp�ter ist Vauban tot. Er hat seine letzte Schlacht, den ihm wichtigsten Kampf, den Kampf um das allgemeine Wohl, verloren. Ludwig XIV. verlor in ihm , nach seinen eigenen Worten�einen meiner Person und dem Staat sehr ergebenen Mann�(MV 358). Frankreich verlor, Saint-Simon zufolge, �den besten der Franzosen�. (MV 358)

Das mag, trotz allem, was wir �ber Vauban geh�rt haben, noch nicht jedem einleuchten. Deswegen lasse ich noch einmal seine Biographin Mireille Virol zu Wort kommen: "Als sich 1686 eine neue Koalition gegen Frankreich bildet, entfernt sich Vauban von der von Ludwig XIV. verfolgten Politik. Er denkt an Verteidigung, w�hrend der K�nig seine Annexionen fortsetzt. Er macht sich Sorgen �ber das schlimme den Protestanten bereitete Schicksal, w�hrend der K�nig die religi�se Einheit feiert, er beklagt den Zustand der Provinzen in den Jahren 1693-1694, w�hrend Versailles Feste feiert, er stimmt nur mit gro�en Vorbehalten den Bedingungen des Friedens von Ryswick (1697) zu und, noch viel weniger, der Fortsetzung des Krieges, nach der Annahme der spanischen Erbfolge (1701). Schlie�lich widerspricht er freim�tig jedem Eroberungsversuch jenseits der Alpen, als der K�nig im Jahre 1706 den Befehl gibt, Turin zu belagern.� (MV 341)

Die geschichtlichen Ereignisse� noch zu Lebzeiten Vaubans - zeigten, wie Recht er hatte: Schon im Mai 1706 verloren die Franzosen fast die ganzen Spanischen Niederlande. Die Belagerung von Turin � ohne Vauban und gegen seinen Rat durchgef�hrt, dazu noch �berfallartig (�� la Cohoern� � MV 104) vorgetragen � wurde zum Desaster und am 7. 9. 1706 verdr�ngte Prinz Eugen die Franzosen aus ganz Oberitalien. Schon drei Jahre zuvor, als er im Schloss von Marly, der Privatresidenz des K�nigs, zum Gespr�ch geladen war, hatte Vauban Ludwig XIV. einmal mehr geraten, sich auf die�nat�rlichen Grenzen� Frankreichs zur�ckzuziehen. Er hielt es f�r unsinnig, eine ganze Armee in Italien zu stationieren. Seine 1703 schriftlich wiederholte Empfehlung: 66.000 Mann, die sich derzeit in Italien befinden, zur�ckzuholen, sie �ber Bayern und die Pfalz (in 50 Tagesm�rschen und 20 Ruhetagen) ins Elsass zu schicken, um Breisach zu belagern, und nur 30.000 Soldaten an den Grenzen Italiens zu belassen. Vauban tr�gt auch hier ungesch�nt und freim�tig vor, was der K�nig nicht h�ren will: �Denken Sie bitte an die Schmach, Sire, die �ber ihre Armeen kommen wird, wenn Sie mit einem Heer, das dreimal st�rker ist als das der Feinde, nichts ausrichten, noch diese am Ende des Feldzugs aus Italien verjagen k�nnen. eine Sache, die mir - gesehen auf die innere Verfassung - unm�glich erscheint.� (MV 104) Vergeblich. Der Stern des Sonnenk�nigs sinkt. Die schwere wirtschaftliche und finanzielle Krise seines Landes wird immer gr��er. Hinzu kommen die Folgen der menschen-verachtenden Politik des Sonnenk�nigs: Es gab Schlachten, so berichten die Historiker, die blutiger waren als alles bis dahin Dagewesene: H�chst�dt an der Donau 1704, Turin 1706, Oudenaarde 1708, Malplaquet 1709. (Brockhaus 2002)

Auf Dauer waren die kriegerischen Anstrengungen Frankreichs in dieser Epoche weitgehend vergeblich. Es b��te im Gegenteil wichtige Teile seiner Kolonien in Nordamerika ein.Es verspielte - mit dieser Politik, bei der es vorrangig um �gloire� und um dynastische Interessen ging - die von Vauban aufgezeigte Chance, durch Expansion in �bersee gleichwertige Seemacht neben England und Holland zu werden und so seinen Platz unter den ersten M�chten in Europa zu sichern. Vauban hat zwei Jahrzehnte lang versucht gegenzusteuern - weitgehend ohne Erfolg. Bei seiner Beobachtung ganz nahe an der Wirklichkeit, in seinen Projekten den Zeitgenossen vielfach weit voraus, war f�r viele seiner Ideen die Zeit noch nicht reif. Aus heutiger Sicht war sein Ziel, �das Volk viel gl�cklicher zu machen, als es ist�, im Blick aufs Ganze eine gro�artige, jedoch unzeitgem��e Utopie, im Kleinen - dort wo er unmittelbar auf Einzelschicksale einwirken konnte - hat er vieles bewegt und erreicht. Zur�ck zu Vauban. Damit Sie nicht den Eindruck bekommen, ich wolle ihn �heilig sprechen� ein kleiner Exkurs, der andere Seiten dieses Mannes und mit ihnen durchaus menschliche Schw�chen zeigt: In seinem Werk �Verschiedene Gedanken eines Mannes, der nicht viel zu tun hatte� schreibt er �ber die Frauen � unter der �berschrift �Was die Frauen meistens tun, um zu ihrem Ziel zu gelangen�: �Il n�y a rien de plus importun et dangereux que les femmes.� � �Es gibt nichts L�stigeres und Gef�hrlicheres als die Frauen.� (MV 272)

Dabei hatte Vauban � verheiratet und Vater von zwei T�chtern - mindestens zu f�nf Frauen ein Verh�ltnis und f�nf uneheliche Kinder. Im geheimen Zusatz zu seinem Testament vom 24 M�rz 1702 vermacht er diesen f�nf Kindern � mit dem wiederholten Hinweis, dass er Zweifel an seiner Vaterschaft habe - insgesamt die Summe von 10.000 Livres; wohl um ihnen und ihren M�ttern ein sicheres Auskommen zu geben und um niemand etwas schuldig zu bleiben.

Dies istder wirkliche Vauban: ein genialer, weil pr�zise und methodisch arbeitender Inge-nieur - ein erfolgreicher, in vielen Schlachten erprobter Soldat, Verteidigungs- und Belage-rungsk�nstler in einem � der weit �ber seine Epoche hinaus beste und ber�hmteste Festungs-baumeister seiner Zeit � ein um- und weitsichtiger Staatsmann, ein offener und freim�tiger Berater seines K�nigs und ein loyaler, selbstloser Diener seines Volkes � mutig, engagiert und streitbar in seinem Einsatz f�r das, was er als richtig und gerecht ansah.

Dieser Mann pa�t nicht ins Bild - nicht in das so selbstverst�ndlich vorgepr�gte, oft genug von Vorurteilen bestimmte Bild des Militaristen, nicht in die Schublade des von Dienst, Disziplin und Drill seelenlos gewordenen, durch Kart�tschen- und Kanonenfeuer abgeh�rteten, in blutigen, soldatenmordenden Schlachten abgestumpften und gef�hllosen Strategen, f�r den Truppenteile l�ngst zu theoretischen Gr��en und lebendige Menschen zu Material geworden sind.

Vauban war nicht Turenne, der als einer der gr��ten Feldherrn seines Jahrhunderts ger�hmt wird, von dem die Chronisten berichten, dass er mit dem wiederholten Befehl �Encore Mille ... encore mille� Tausende seiner Soldaten in die Schlacht und in den Tod schickte. Saint Simon nennt Vauban dagegen den �sachkundigsten Mann was die Kunst der Belagerung und des Festungsbaus angeht� und lobt ihn als den �der am geizigsten mit Menschenleben umgegangen ist� . (V 39). Er hat seinen Leitspruch, �Schwei� spart Blut� (V 31), oft gegen massive Widerst�nde, ent-schieden befolgt und aus der Sorge um das Leben seiner Soldaten nach dem Grundsatz geplant und gehandelt: �Wir wollen lieber mehr Pulver verbrennen und weniger Blut vergie�en.� (V 31)

Vauban war zuallererst ein Mensch, bereit zu sich einzusetzen, bereit zu dienen und dabei sein �u�erstes zu geben. Ein Mensch, der - seiner pers�nliche �berzeugung folgend � nach dem Grundsatz lebte:
�Les hommes naissent tous roturiers. Il n�y a que leurs actions qui les anoblissent.� �Die Menschen werden alle als einfache B�rger geboren. Allein ihre Taten adeln sie.�

Vortrag von Emil G�ggel, November 2007
Katholisches Bildungswerk Merzhausen

Links

Vauban und Festungen in DeutschlandJahrestagung der Deutschen Gesellschaft f�r Festungsforschung e.V.
Breisach 14. -16. September 2007
Emil G�ggel: Der Mensch und Reformer Vauban
http://www.festungsforschung.de/download/20070914_programm.pdf

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