Metamorphosen, 1. Buch (lateinischer Originaltext) (original) (raw)

| | 1. Die Schlange in Aulis (1-23) | | | | ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------ | ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- | ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- | | 1 | Nescius adsumptis Priamus pater Aesacon alis vivere lugebat: tumulo quoque nomen habenti inferias dederat cum fratribus Hector inanes; defuit officio Paridis praesentia tristi, | Priamos, unkund noch, dass Fittiche tragend er lebte, Trug um Aisakos Leid; auch brachte zugleich mit den Brüdern Opfer am ledigen Grab, das der Name bezeichnete, Hektor. Paris jedoch war nicht bei der traurigen Ehre zugegen, | | 5 | postmodo qui rapta longum cum coniuge bellum attulit in patriam: coniurataeque sequuntur mille rates gentisque simul commune Pelasgae; nec dilata foret vindicta, nisi aequora saevi invia fecissent venti, Boeotaque tellus | Er, der brachte, nachher langwierigen Krieg in die Heimat Mit dem entführeten Weib. Ihm folgten verschworene Schiffe Tausend an Zahl und der ganze Verein des pelasgischen Stammes; Nicht auch hätte gesäumt der Vergelt, wenn tobende Winde Unwegsam nicht machten das Meer, und die harrenden Kiele | | 10 | Aulide piscosa puppes tenuisset ituras. hic patrio de more Iovi cum sacra parassent, ut vetus accensis incanduit ignibus ara, serpere caeruleum Danai videre draconem in platanum, coeptis quae stabat proxima sacris. | Nicht Boiotien hielt bei der fischergiebigen Aulis. Als sie nach Vätergebrauch dort wollten dem Iupiter opfern Und der geheiligte Herd heiß war von gezündetem Feuer, Nahmen die Danaer wahr, wie eben ein bläulicher Drache Auf die Platane zunächst dem begonnenen Opfer hinankroch. | | 15 | nidus erat volucrum bis quattuor arbore summa: quas simul et matrem circum sua damna volantem corripuit serpens avidoque recondidit ore, obstipuere omnes, at veri providus augur Thestorides 'vincemus'; ait, 'gaudete, Pelasgi! | Mit acht Vögeln befand sich ein Nest in der Höhe des Baumes: Sie und die Mutter zugleich, die um die verlorenen Jungen Flatterte, packte die Schlange und barg sie im gierigen Bauche. Alle erschraken darob. Doch der Wahrheit wissende Seher Kündete, Thestors Sohn: "Freut euch! Wir siegen, Pelasger; | | 20 | Troia cadet, sed erit nostri mora longa laboris,' atque novem volucres in belli digerit annos. ille, ut erat virides amplexus in arbore ramos, fit lapis et signat serpentis imagine saxum. | Troia erliegt; doch lang harrt unser beschwerliche Mühsal." Und er verheißt neun Jahre des Kriegs, so viele wie Vögel. Jene, gewunden am Baum, wie sie war, um die grünenden Äste, Wird zu Gestein und beharrt als Stein im Bilde der Schlange. | | | 2. Iphigenie (24-38) | | | | | Permanet Aoniis Boreas violentus in undis | In dem aonischen Sund bleibt Nereus ständig in Aufruhr, | | | 25 | bellaque non transfert, et sunt, qui parcere Troiae Neptunum credant, quia moenia fecerat urbi; at non Thestorides: nec enim nescitve tacetve sanguine virgineo placandam virginis iram esse deae. postquam pietatem publica causa | Nicht hinlassend den Krieg, und manche vermeinen, Neptunus Schone die troische Stadt, weil selbst er die Mauern gegründet. Doch nicht Thestors Sohn: der weiß und verkündet es offen, Dass jungfräuliches Blut zur Sühne der göttlichen Jungfrau Zorn heischt. Als dem Gefühl Obsieger geworden das Volkswohl | | 30 | rexque patrem vicit, castumque datura cruorem flentibus ante aram stetit Iphigenia ministris, victa dea est nubemque oculis obiecit et inter officium turbamque sacri vocesque precantum supposita fertur mutasse Mycenida cerva. | Und dem Erzeuger der Fürst und, ihr züchtiges Blut zu vergießen, Vor dem Altar, von den Dienern beweint, stand Iphigeneia, Rückte die Göttin gerührt ein Gewölk vor die Augen und tauschte Unter dem Opfergeschäft, dem Gedräng und den betenden Stimmen Mit der Mykenerin rasch, wie es heißt, ein ersetzendes Hirschkalb. | | 35 | ergo ubi, qua decuit, lenita est caede Diana, et pariter Phoebes, pariter maris ira recessit, accipiunt ventos a tergo mille carinae multaque perpessae Phrygia potiuntur harena. | Als nun, wie sich geziemt, durch Blut Diana versöhnt war Und mit der Phoibe Zorn sich der Zorn der Gewässer besänftigt, Segelt, im Rücken gefasst von den Winden, das Tausend von Schiffen, Und nach vieler Beschwer wird Phrygiens Küste gewonnen. | | | 3. Fama (39-63) | | | | | Orbe locus medio est inter terrasque fretumque | Zwischen der Erd' und dem Meer und den himmlischen Höhen gelegen | | | 40 | caelestesque plagas, triplicis confinia mundi; unde quod est usquam, quamvis regionibus absit, inspicitur, penetratque cavas vox omnis ad aures: Fama tenet summaque domum sibi legit in arce, innumerosque aditus ac mille foramina tectis | Mitten im Raum ist ein Ort, des dreifachen Reiches Verbindung, Wo, was irgend sich zeigt, sei noch so groß die Entfernung, Ist zu erspähn und jeglicher Laut zum gehöhleten Ohr dringt. Fama erkor sich die Statt und wohnt in der obersten Feste. Zahllos brachte sie an Eingänge am Hause und tausend | | 45 | addidit et nullis inclusit limina portis; nocte dieque patet: tota est ex aere sonanti, tota fremit vocesque refert iteratque quod audit; nulla quies intus nullaque silentia parte, nec tamen est clamor, sed parvae murmura vocis, | Öffnungen, und es verschließt nicht Tor noch Türe die Schwellen. Tag und Nacht ist es offen, und ganz aus tönendem Erze Hallet es ganz und erwidert den Laut, das Gehörte verdoppelnd. Ruh ist keine darin und nirgends schweigende Stille, Aber Getös' auch nicht, nur raunender Stimmen Gemurmcl: | | 50 | qualia de pelagi, siquis procul audiat, undis esse solent, qualemve sonum, cum Iuppiter atras increpuit nubes, extrema tonitrua reddunt. atria turba tenet: veniunt, leve vulgus, euntque mixtaque cum veris passim commentta vagantur | Wie von den Wogen der See, wenn einer sie hört in der Ferne, Schall herkommt, wie dumpf, wenn Iupiter krachende Schläge Sendet aus schwarzem Gewölk, wegziehende Donner verhallen. Lebhaft wogt es im Saal; stets drängt sich kommend und gehend Gaukelndes Volk, und umher gehn tausend Gerüchte, mit wahren | | 55 | milia rumorum confusaque verba volutant; e quibus hi vacuas inplent sermonibus aures, hi narrata ferunt alio, mensuraque ficti crescit, et auditis aliquid novus adicit auctor. illic Credulitas, illic temerarius Error | Falsche gemengt, unstet und wälzen verworrene Worte. Einige füllen davon mit Gerede die müßigen Ohren; Andere tragen umher das Erzählte, und die Erdichtung Wächst, und Eigenes tut zum Gehörten der neue Berichter. Gläubiger Wahn ist dort, dort auch zutappender Irrtum, | | 60 | vanaque Laetitia est consternatique Timores Seditioque repens dubioque auctore Susurri; ipsa, quid in caelo rerum pelagoque geratur et tellure, videt totumque inquirit in orbem. | Eitles Ergötzen dazu und bestürzt auffahrender Schrecken, Aufruhr neu im Entstehn und Gezischel von unklarer Herkunft. Fama selber erblickt, was irgend im Himmel, im Meere Oder auf Erden geschieht, und forscht ringsum in dem Weltkreis. | | | 4. Achilles und Cygnus (64-168) | | | | | Fecerat haec notum, Graias cum milite forti | Durch die war es bekannt, dass graiische Schiffe mit Kriegsvolk | | | 65 | adventare rates, neque inexspectatus in armis hostis adest: prohibent aditus litusque tuentur Troes, et Hectorea primus fataliter hasta, Protesilae, cadis, commissaque proelia magno stant Danais, fortisque animae nece cognitus Hector. | Zögen heran, und nicht naht wider Erwarten in Waffen Feindliche Macht. Am Strand stehn trotzige Troer, den Zugang Sperrend, zur Wehr. Du fällst durch Hektors Speer nach Bestimmung, Protesilaos, zuerst, und den Danaern teuer zu stehen Kommt das Gefecht, und erkannt an des Helden Erlegung ist Hektor. | | 70 | nec Phryges exiguo, quid Achaica dextera posset, sanguine senserunt, et iam Sigea rubebant litora, iam leto proles Neptunia, Cycnus, mille viros dederat, iam curru instabat Achilles totaque Peliacae sternebat cuspidis ictu | Aber den Phrygern bewies, wie stark die achaiische Rechte, Auch nicht kärgliches Blut. Schon war die sigeische Küste Weithin rot; in den Tod schon hatte der Sohn des Neptunus, Kyknos, tausend geschickt; schon stand auf dem Wagen Achilleus Und warf Scharen dahin mit dem Stoß der pelischen Lanze. | | 75 | agmina perque acies aut Cycnum aut Hectora quaerens congreditur Cycno (decimum dilatus in annum Hector erat): tum colla iugo candentia pressos exhortatus equos currum derexit in hostem concutiensque suis vibrantia tela lacertis | Während den Kyknos er sucht in den Schlachtreihn oder den Hektor, Trifft auf Kyknos der Held. Für das zehnte der Jahre verblieb noch Hektor gespart. Das Gespann, das unter dem Joche den weißcn Hals bog, muntert er auf und lenkt nach dem Feinde den Wagen, Und den geschwungenen Speer aufhebend mit kräftigem Arme | | 80 | 'quisquis es, o iuvenis,' dixit 'solamen habeto mortis, ab Haemonio quod sis iugulatus Achille!' hactenus Aeacides: vocem gravis hasta secuta est, sed quamquam certa nullus fuit error in hasta, nil tamen emissi profecit acumine ferri | Spricht er: "Wer du auch seist, nimm das zum Tröste des Todes, Jüngling, dass du erlagst dem haimonischen Fürsten Achilleus!" Also des Aiakos Spross. Schwer folgt das Geschoss auf die Worte. Aber wiewohl nicht ging in die Irre die sichere Lanze, Richtet' sie doch nichts aus mit der Spitze des fliegenden Eisens; | | 85 | utque hebeti pectus tantummodo contudit ictu. 'nate dea, nam te fama praenovimus,' inquit ille 'quid a nobis vulnus miraris abesse?' (mirabatur enim.) 'non haec, quam cernis, equinis fulva iubis cassis neque onus, cava parma, sinistrae | Denn sie erschütterte nur stumpf prallend die Brust, und der Troer Sprach: "O Göttinsohn - wir kennen dich längst vom Gerede – Was verwunderst du dich, dass fern uns bleibt die Verletzung?" – Denn er verwunderte sich. - "So wenig der Helm mit dem blonden Rosshaar, den du erblickst, wie die Bürde der Linken, der hohle | | 90 | auxilio mihi sunt: decor est quaesitus ab istis; Mars quoque ob hoc capere arma solet! removebitur huius tegminis officium: tamen indestrictus abibo; est aliquid non esse satum Nereide, sed qui Nereaque et natas et totum temperat aequor.' | Schild hier, dienen zum Schutz: nur Zierrat sollen sie geben. Darum nimmt auch Mars sein Rüstzeug. Aller Bedeckung Schutzwehr geb' ich dahin: doch soll kein Eisen mich schrammen. Etwas heißt es, der Sohn nicht sein von der Tochter des Nereus, Sondern vom Herrscher des Meers und des Nereus selbst und der Töchter." | | 95 | dixit et haesurum clipei curvamine telum misit in Aeaciden, quod et aes et proxima rupit terga novena boum, decimo tamen orbe moratum est. excutit hoc heros rursusque trementia forti tela manu torsit: rursus sine vulnere corpus | Sprach's und schnellte den Speer, der Halt fand in dem gewölbten Schilde, nach Aiakos' Spross; durch das Erz hin fuhr und die nächsten Neun Stierhäute der Speer und stak in der zehnten der Schichten. Ihn reißt jener heraus, und wieder mit kräftiger Rechten Warf er das schwanke Geschoss, und wieder bestand es der Körper | | 100 | sincerumque fuit; nec tertia cuspis apertum et se praebentem valuit destringere Cycnum. haut secus exarsit, quam circo taurus aperto, cum sua terribili petit inritamina cornu, poeniceas vestes, elusaque vulnera sentit; | Ohne Verletzung und heil. Nicht minder erwies sich ein dritter Wurf unmächtig, den bloß sich gebenden Kyknos zu ritzen. Da ist der Heros ergrimmt, wie der Stier in der offenen Rennbahn, Wenn er mit schrecklichem Horn losstürzt auf die punischcn Tücher, Die ihm reizen die Wut, und den Stoß sieht listig vereitelt. | | 105 | num tamen exciderit ferrum considerat hastae: haerebat ligno. 'manus est mea debilis ergo, quasque' ait 'ante habuit vires, effudit in uno? nam certe valuit, vel cum Lyrnesia primus moenia deieci, vel cum Tenedonque suoque | Ob sich das Eisen jedoch mit dem Speer ablösete, forscht er: Fest noch hing es am Schaft. "So ist unkräftig mein Arm denn", Sprach er, "und hat an dem einen erschöpft vormalige Stärke. Stark doch war er zuvor, als ich die lyrnesischen Mauern Niedergeworfen zuerst und Tenedos und mit dem Blute | | 110 | Eetioneas inplevi sanguine Thebas, vel cum purpureus populari caede Caicus fluxit, opusque meae bis sensit Telephus hastae. hic quoque tot caesis, quorum per litus acervos et feci et video, valuit mea dextra valetque.' | Ihrer Bewohner gefüllt die eetionische Thebai, Auch als rot von dem Mord einheimischen Volkes Kaikos Floss und Wirkung bewies mein Speer an Telephos zweimal. Hier auch zeigte sich stark mein Arm, der Erschlagenen Menge Kündet es, die ich gehäuft und gewahr' am Strand, und er ist's noch." | | 115 | dixit et, ante actis veluti male crederet, hastam misit in adversum Lycia de plebe Menoeten loricamque simul subiectaque pectora rupit. quo plangente gravem moribundo vertice terram extrahit illud idem calido de vulnere telum | Sprach's und warf, als traut' er zu wenig den früheren Taten, Nach dem begegnenden Mann vom lykischcn Volke, Menoites, Und das Geschoss drang ein in die Brust durch den deckenden Panzer. Während mit sterbender Brust der schlug die belastete Erde, Zog er dasselbe Geschoss aus der blutenden Wunde und sagte: | | 120 | atque ait: 'haec manus est, haec, qua modo vicimus, hasta: utar in hoc isdem; sit in hoc, precor, exitus idem!' sic fatus Cycnum repetit, nec fraxinus errat inque umero sonuit non evitata sinistro, inde velut muro solidaque a caute repulsa est; | "Das ist die Hand und der Speer, die Sieg uns eben erstritten! Er sei nun ihr Ziel: gebt, Götter, den selbigen Ausgang!" Also sprach er und warf, und die fehl nicht gehende Esche Tönete links an der Schulter des nicht ausweichenden Kyknos: Wie von Gemäuer zurück dort prallte sie oder von Felsen. | | 125 | qua tamen ictus erat, signatum sanguine Cycnum viderat et frustra fuerat gavisus Achilles: vulnus erat nullum, sanguis fuit ille Menoetae! tum vero praeceps curru fremebundus ab alto desilit et nitido securum comminus hostem | Doch wo traf das Geschoss, da hatte mit blutigem Flecken Jenen gezeichnet gesehn und umsonst frohlocket Achilleus. Keine Verletzung war's; das Blut nur war's von Menoites. Da nun, tobend vor Wut, springt eilig vom Wagen der Heros, Und mit dem blinkenden Schwert nah gehend dem sicheren Feinde, | | 130 | ense petens parmam gladio galeamque cavari cernit, at in duro laedi quoque corpore ferrum. haut tulit ulterius clipeoque adversa reducto ter quater ora viri, capulo et cava tempora pulsat cedentique sequens instat turbatque ruitque | Sieht er den Schild und den Helm von den Streichen der Klinge sich spalten, Doch am gehärteten Leib selbst auch stumpf werden das Eisen. Länger erträgt er es nicht, und den Schild wegreißend berennt er Drei-, viermal mit dem Heft das Gesicht und die Schläfen des Mannes. So stets folgend bedrängt er den Weichenden, plagend und stoßend, | | 135 | attonitoque negat requiem: pavor occupat illum, ante oculosque natant tenebrae retroque ferenti aversos passus medio lapis obstitit arvo; quem super inpulsum resupino corpore Cycnum vi multa vertit terraeque adflixit Achilles. | Dass nicht Ruhe vergönnt dem Betäubten. Angst und Entsetzen Fasst den, vor dem Gesicht schwimmt Nacht, und während er rückwärts Wendet den Schritt, hemmt plötzlich ein Stein in der Mitte des Feldes. Als mit dem Leib darob nun rücklings strauchelte Kyknos, Riss ihn mit aller Gewalt und warf ihn zu Boden Achilleus. | | 140 | tum clipeo genibusque premens praecordia duris vincla trahit galeae, quae presso subdita mento elidunt fauces et respiramen iterque eripiunt animae. victum spoliare parabat: arma relicta videt; corpus deus aequoris albam | Hart dann drückend die Brust mit dem Schild und gestemmeten Knien, Zieht er den Riemen am Helm: der schnürete, unter dem Kinne Zwängend gehalten, den Hals und sperrte die Luft und des Atems Lebenerhaltenden Weg. Den Besiegten gedacht' er zu plündern: Waffen gewahret er nur. Von dem Meergott war in den weißen | | 145 | contulit in volucrem, cuius modo nomen habebat. Hic labor, haec requiem multorum pugna dierum attulit et positis pars utraque substitit armis. dumque vigil Phrygios servat custodia muros, et vigil Argolicas servat custodia fossas, | Vogel gewandelt der Leib, des Namen er eben geführet. Solch anstrengender Kampf gab Ruh jedwedem der Teile Längere Zeit und gebot Stillstand den gelagerten Waffen. Da nun sorgliche Hut die phrygischen Mauern bewachte, Da gleich sorgliche Hut die argolischen Gräben bewachte, | | 150 | festa dies aderat, qua Cycni victor Achilles Pallada mactatae placabat sanguine vaccae; cuius ut inposuit prosecta calentibus aris, et dis acceptus penetravit in aethera nidor, sacra tulere suam, pars est data cetera mensis. | Nahte der festliche Tag, wo Kyknos' Bezwinger Achilleus Blut der geschlachteten Kuh darbrachte zur Sühne der Pallas. Als auf den glühenden Herd er gelegt die geheiligten Stücke Und zu dem Aither der Duft aufwallete, lieblich den Göttern, Wurde dem Opfer das Teil; zum Festmahl diente das andre. | | 155 | discubuere toris proceres et corpora tosta carne replent vinoque levant curasque sitimque. non illos citharae, non illos carmina vocum longave multifori delectat tibia buxi, sed noctem sermone trahunt, virtusque loquendi | Lässig auf Polster gestreckt nun schmausen die Fürsten gebratnes Fleisch und stillen den Durst mit Wein und die lästigen Sorgen. Saitengetön labt nicht ihr Gemüt, nicht singende Stimmen, Noch langgehendes Rohr viellöchriger Flöten vom Buchsbaum, Sondern die Nacht geht hin mit Gespräch, und männliche Tatkraft | | 160 | materia est: pugnas referunt hostisque suasque, inque vices adita atque exhausta pericula saepe commemorare iuvat; quid enim loqueretur Achilles, aut quid apud magnum potius loquerentur Achillem? proxima praecipue domito victoria Cycno | Bietet den Stoff. Man erzählt vom Kampf des Feindes und eignem, Und es behagt, oftmals zu erwähnen im Wechsel gesuchte Oder bestandne Gefahr. Wovon sonst spräche Achilleus? Wovon spräche man sonst auch wohl beim großen Achilleus? Aber der neueste Sieg, erstritten mit Kyknos' Erlegung, | | 165 | in sermone fuit: visum mirabile cunctis, quod iuveni corpus nullo penetrabile telo invictumque a vulnere erat ferrumque terebat. hoc ipse Aeacides, hoc mirabantur Achivi, | War im Gespräch zumeist. Gar seltsam fanden es alle, Dass durchdringlich der Leib des Jünglings keinem Geschosse, Dass er, besiegbar nie durch Verletzungen, stumpfte das Eisen. Selbst drob staunte der Spross des Aiakos, drob die Achiver, | | | 5. Caeneus (169-531) | | | | | cum sic Nestor ait: 'vestro fuit unicus aevo | Als so Nestor begann: "Nur Kyknos in eueren Tagen | | | 170 | contemptor ferri nulloque forabilis ictu Cycnus. at ipse olim patientem vulnera mille corpore non laeso Perrhaebum Caenea vidi, Caenea Perrhaebum, qui factis inclitus Othryn incoluit, quoque id mirum magis esset in illo, | War ein Verächter des Stahls und undurchbohrlich den Stößen; Doch selbst hab' ich gesehn, wie Streiche zu tausenden vormals Mit heilbleibendem Leib aushielt der perrhaibische Kaineus, Kaineus, Perrhaibiens Held, der tatenberühmt an dem Othrys Wohnte. Was an dem Mann noch staunlicher machte die Gabe: | | 175 | femina natus erat.' monstri novitate moventur quisquis adest, narretque rogant: quos inter Achilles: 'dic age! nam cunctis eadem est audire voluntas, o facunde senex, aevi prudentia nostri, quis fuerit Caeneus, cur in contraria versus, | Anfangs war er ein Weib." Von dem seltenen Wunder betroffen Bitten sie alle den Greis zu erzählen. Darunter Achilleus: "Tu' uns kund - denn gleich sind alle zu hören begierig – O wohlredender Greis, du Einsicht unseres Alters, Wer denn Kaineus war; weshalb er erfahren die Wandlung; | | 180 | qua tibi militia, cuius certamine pugnae cognitus, a quo sit victus, si victus ab ullo est.' tum senior: 'quamvis obstet mihi tarda vetustas, multaque me fugiant primis spectata sub annis, plura tamen memini. nec quae magis haereat ulla | Welches gewesen der Zug und die Schlacht, darin du ihn kennen Lernetest; wer ihn besiegt, wenn anders ihn einer besiegt hat." Nestor erzählt: "Obwohl ich, vom stumpf enden Alter behindert, Schon gar manches vergaß, was während der Jugend ich schaute, Mehr doch bleibt mir getreu im Gedächtnis. Aber von allem, | | 185 | pectore res nostro est inter bellique domique acta tot, ac si quem potuit spatiosa senectus spectatorem operum multorum reddere, vixi annos bis centum; nunc tertia vivitur aetas. 'Clara decore fuit proles Elateia Caenis, | Was ich erlebte daheim und im Feld, steht fester als jenes Nichts vor unserem Geist. Wenn je weitreichendes Leben Einen zum Zeugen gemacht vielfältiger Taten: verlebt sind Zwei Jahrhunderte mir; nun leb' ich das dritte der Alter. Lieblich und anmutreich war Kainis, des Elatos Tochter, | | 190 | Thessalidum virgo pulcherrima, perque propinquas perque tuas urbes (tibi enim popularis, Achille), multorum frustra votis optata procorum. temptasset Peleus thalamos quoque forsitan illos: sed iam aut contigerant illi conubia matris | Schön wie keine der Fraun in Thessalien und in den nahen Städten, den deinigen auch - du warst, Achilleus, ihr Landsmann - Eitel ersehnt und begehrt vom Wunsch gar vieler Bewerber. Peleus auch wohl hätte gestrebt nach dem bräutlichen Lager, Doch schon war er vermählt mit deiner unsterblichen Mutter, | | 195 | aut fuerant promissa tuae, nec Caenis in ullos denupsit thalamos secretaque litora carpens aequorei vim passa dei est (ita fama ferebat), utque novae Veneris Neptunus gaudia cepit, "sint tua vota licet" dixit "secura repulsae: | Oder sie war ihm verheißen zum Weib. Zu keiner Verbindung Mochte sich Kainis verstehn, und wandelnd am einsamen Strande Litt sie Gewalt von dem Gotte der Flut: so ging das Gerede. Wie als erster die Lust des Umarmens Neptunus genossen, Sprach er: "Es sei dein Wunsch vor jeglicher Weigerung sicher: | | 200 | elige, quid voveas!" (eadem hoc quoque fama ferebat) "magnum" Caenis ait "facit haec iniuria votum, tale pati iam posse nihil; da, femina ne sim: omnia praestiteris." graviore novissima dixit verba sono poteratque viri vox illa videri, | Wähle denn, was du begehrst!" So wusste dasselbe Gerede. Kainis versetzt: "Mich lässt das Erlittene Großes begehren, Dass ich für immer bewahrt davor. Gib, dass ich kein Weib sei: Alles gewährst du mir dann." Und siehe, mit tieferem Tone Sprach sie den Schluss, und es könnt' als männliche gelten die Stimme, | | 205 | sicut erat; nam iam voto deus aequoris alti adnuerat dederatque super, nec saucius ullis vulneribus fieri ferrove occumbere posset. munere laetus abit studiisque virilibus aevum exigit Atracides Peneiaque arva pererrat. | So wie sie war; denn gewährt schon hatte der Herrscher des tiefen Meeres den Wunsch und verliehen dazu, dass nimmer ein Angriff Konnte verwunden den Mann, noch je ihn fällen ein Eisen. Froh des Geschenks geht weg der atrakische Kämpfer und widmet Männlichen Werken die Zeit und durchirrt die peneischen Fluren. | | | 6. Lapithen und Centauren (210-535) | | | | 210 | 'Duxerat Hippodamen audaci Ixione natus nubigenasque feros positis ex ordine mensis arboribus tecto discumbere iusserat antro. Haemonii proceres aderant, aderamus et ipsi, festaque confusa resonabat regia turba. | Mit Hippodame hielt Hochzeit des verwegnen Ixion Sprössling und hieß zum Schmaus an gereiht dastehenden Tischen Lagern das Wolkengeschlecht in baumumschatteter Grotte. Edle Haimonier lud er zu Gast; Gast waren wir selber, Und von Gewirr und Gewühl war laut die festliche Hofburg. | | 215 | ecce canunt Hymenaeon, et ignibus atria fumant, cinctaque adest virgo matrum nuruumque caterva, praesignis facie; felicem diximus illa coniuge Pirithoum, quod paene fefellimus omen. nam tibi, saevorum saevissime Centaurorum, | Horch, man singt Hymenaien; es rauchen von Feuer die Hallen; Jetzt auch naht, umringt von der Menge der Mütter und Schnuren, Herrlich an Schöne, die Braut. Wir priesen Peirithoos glücklich, Dass sein solch ein Weib; doch fast ward eitel der Glückwunsch. Denn dir, Eurytos, glüht, dem grausesten von der Kentauren | | 220 | Euryte, quam vino pectus, tam virgine visa ardet, et ebrietas geminata libidine regnat. protinus eversae turbant convivia mensae, raptaturque comis per vim nova nupta prehensis. Eurytus Hippodamen, alii, quam quisque probabant | Grausem Gezüchte, die Brust, wie von Wein so auch von der Jungfrau Anblick, und es beherrscht dich der Rausch, von Begierde verdoppelt. Lärmend auf einmal stören das Mahl umstürzende Tische, Und an den Haaren gefasst und geraubt wird frech die Vermählte. Eurytos raubt für sich Hippodame, andre nach Auswahl | | 225 | aut poterant, rapiunt, captaeque erat urbis imago. femineo clamore sonat domus: ocius omnes surgimus, et primus "quae te vecordia," Theseus "Euryte, pulsat," ait, "qui me vivente lacessas Pirithoum violesque duos ignarus in uno?" | Oder wie jeder gekonnt, und ein Bild von eroberter Stadt war's. Laut schallt Weibergeschrei durchs Haus. Auf springen wir alle Schleunig vom Sitz, und zuerst ruft Theseus: "Was für ein Wahnsinn Treibt dich, Eurytos, an, den Peirithoos also zu reizen, Da ich leb', und zwei nicht wissend in einem zu kränken?" | | 230 | [neve ea magnanimus frustra memoraverit ore, submovet instantes raptamque furentibus aufert.] ille nihil contra, (neque enim defendere verbis talia facta potest) sed vindicis ora protervis insequitur manibus generosaque pectora pulsat. | Dass auch nicht umsonst so spräche der streitbare Heros, Stößt er die Drängenden weg und entreißt die Geraubte den Tollen. Jener versetzt kein Wort - rechtfertigen können ja Worte Nimmer das frevelnde Tun -, doch frech zum Gesichte des Schützers Hebt er die Faust und trifft ihm die edle Brust mit dem Schlage. | | 235 | forte fuit iuxta signis exstantibus asper antiquus crater; quem vastum vastior ipse sustulit Aegides adversaque misit in ora: sanguinis ille globos pariter cerebrumque merumque vulnere et ore vomens madida resupinus harena | Nah war eben ein Krug, uneben von ragendem Bildwerk, Altertümlicher Art: den mächtigen mächtiger selber Hebt der Aigide empor und wirft ihn dem Gegner ins Antlitz. Dem strömt klumpiges Blut und Gehirn und Wein aus der Wunde Wie aus dem Mund, und er zappelt, gestreckt im befeuchteten Sande. | | 240 | calcitrat. ardescunt germani caede bimembres certatimque omnes uno ore "arma, arma" loquuntur. vina dabant animos, et prima pocula pugna missa volant fragilesque cadi curvique lebetes, res epulis quondam, tum bello et caedibus aptae. | Grimm ist entfacht vom Morde des Bruders den Doppelgeschöpfen: "Auf, zu den Waffen!", ertönt einstimmiger Ruf. "Zu den Waffen!" Mut gab ihnen der Wein, und es fliegen geschleuderte Becher, Bauchige Näpfe zuerst im Streit und zerbrechliche Töpfe, Sonst zum Mahle bequem, nunmehr zum Kämpfen und Morden. | | 245 | 'Primus Ophionides Amycus penetralia donis haut timuit spoliare suis et primus ab aede lampadibus densum rapuit funale coruscis elatumque alte, veluti qui candida tauri rumpere sacrifica molitur colla securi, | Amykos, Sohn des Ophion, vermaß sich zuerst, zu berauben Ihres geweihten Gerätes die heilige Statt: von der Zelle Riss er die Ampel hinweg, die leuchtende Dochte umkränzten. Hoch dann hob er sie auf, gleichwie wenn einer des Farren Schneeigen Nacken sich müht zu durchhauen mit opferndem Beile, | | 250 | inlisit fronti Lapithae Celadontis et ossa non cognoscendo confusa relinquit in ore. exsiluere oculi, disiectisque ossibus oris acta retro naris medioque est fixa palato. hunc pede convulso mensae Pellaeus acernae | Und traf Keladons Stirn des Lapithen, und in dem entstellten Antlitz ließ er gewirrt ineinander die Knochen. Die Augen Quollen heraus, und durch die zerschmetterten Knochen des Mundes Wurde die Nase gequetscht und haftete mitten im Gaumen. Doch ihn streckt mit dem Bein, das dem Ahorntisch er entrissen, | | 255 | stravit humi Pelates deiecto in pectora mento cumque atro mixtos sputantem sanguine dentes vulnere Tartareas geminato mittit ad umbras. 'Proximus ut steterat spectans altaria vultu fumida terribili "cur non" ait "utimur istis?" | Pelates hin, der Pellaier, das Kinn nach der Brust ihm zerschlagend. Während er Zähne gemengt nun spie mit schwärzlichem Blute, Schickt ein erneuter Streich ihn hinab zu des Tartaros Schatten. Gryneus stand ihm zunächst; der schaute mit schrecklicher Miene Hin auf den rauchenden Herd. "Warum nicht brauchen wir diesen?", | | 260 | cumque suis Gryneus inmanem sustulit aram ignibus et medium Lapitharum iecit in agmen depressitque duos, Brotean et Orion: Orio mater erat Mycale, quam deduxisse canendo saepe reluctanti constabat cornua lunae. | Sprach er und hob mit dem Feuer darauf den gewichtigen Altar, Hob und warf ihn hinein in das dichte Gewühl der Lapithen: Broteas wurde zermalmt von der Wucht und Orios. Orios Nannte sich Mykales Sohn, die oft, wie man wusste, des Mondes Hörner mit bannendem Spruch trotz seines Erwehrens herabzog. | | 265 | "non impune feres, teli modo copia detur!" dixerat Exadius telique habet instar, in alta quae fuerant pinu votivi cornua cervi. figitur hinc duplici Gryneus in lumina ramo eruiturque oculos, quorum pars cornibus haeret, | "Du sollst büßen dafür, steht Waffe mir nur zu Gebote!", Rief Exadios nun, und er nimmt als dienliche Waffe Hoch von der Fichte herab das Geweih des gewidmeten Hirsches. Mit dem gedoppelten Ast dann stößt er hinein in des Gryneus Augen und drängt sie heraus, und es klebt ein Teil an den Zacken, | | 270 | pars fluit in barbam concretaque sanguine pendet. 'Ecce rapit mediis flagrantem Rhoetus ab aris pruniceum torrem dextraque a parte Charaxi tempora perfringit fulvo protecta capillo. correpti rapida, veluti seges arida, flamma | Anderes fließt in den Bart und hängt mit Blute geronnen. Sieh, ein brennendes Scheit vom Pflaumenbaum raffete Rhoitos Mitten vom Opferaltar und zerschlug am Haupt des Charaxos, Rechtsher schmetternd, die Schläfe, die blond umwallte das Haupthaar. Rasch wie trockene Saat vom reißenden Feuer ergriffen | | 275 | arserunt crines, et vulnere sanguis inustus terribilem stridore sonum dedit, ut dare ferrum igne rubens plerumque solet, quod forcipe curva cum faber eduxit, lacubus demittit: at illud stridet et in trepida submersum sibilat unda. | Stand in Flammen das Haar, und das Blut in der Wunde gesenget Zischte mit schrecklichem Ton, so wie von der Hitze gerötet Eisen zu tönen gewohnt, das mit der gebogenen Zange Zieht aus der Esse der Schmied und taucht in die Kufe; doch jenes Zischt und sprühet noch fort auch unter der laulichen Welle. | | 280 | saucius hirsutis avidum de crinibus ignem excutit inque umeros limen tellure revulsum tollit, onus plaustri, quod ne permittat in hostem, ipsa facit gravitas: socium quoque saxea moles oppressit spatio stantem propiore Cometen. | Wieder vom struppigen Haar abschüttelnd das gierige Feuer Wühlte der Wunde vom Grund und hob auf die Schulter die Schwelle, Last für den Wagen genug; doch schuld war eben die Schwere, Dass sie den Feind nicht traf, und den eignen Genossen Kometes, Der so weit nicht stand, drückt nieder die steinige Masse. | | 285 | gaudia nec retinet Rhoetus: "sic, conprecor," inquit "cetera sit fortis castrorum turba tuorum!" semicremoque novat repetitum stipite vulnus terque quaterque gravi iuncturas verticis ictu rupit, et in liquido sederunt ossa cerebro. | Hoch ist Rhoitos erfreut und verhehlt's nicht. "Möchte doch", ruft er, "Auch solch tüchtige Kraft dartun dein übriges Kriegsvolk!" Und mit dem glimmenden Ast nochmalige Wunde verdoppelnd Sprengt er drei-, viermal mit gewichtigem Streiche des Schädels Fugen und treibt in das flüssige Hirn die zerschmetterten Knochen. | | 290 | 'Victor ad Euagrum Corythumque Dryantaque transit; e quibus ut prima tectus lanugine malas procubuit Corythus, "puero quae gloria fuso parta tibi est?" Euagrus ait, nec dicere Rhoetus plura sinit rutilasque ferox in aperta loquentis | Korythos wählte sich nun und Euagros und Dryas der Sieger. Als er den einen gefällt, dem Flaum erst deckte die Wangen, Korythos, rief Euagros ihm zu: "Was hast du für Ehre, Dass dir ein Knabe erlag?" Nicht lässt der erbitterte Rhoitos Weiteres reden und stößt dem sprechenden Mann in den offnen | | 295 | condidit ora viri perque os in pectora flammas. te quoque, saeve Drya, circum caput igne rotato insequitur, sed non in te quoque constitit idem exitus: adsiduae successu caedis ovantem, qua iuncta est umero cervix, sude figis obusta. | Mund und hinab durch den Mund in die Brust die gerötete Flamme. Dir auch rückt er zu Leib, streitfertiger Dryas, das Feuer Drohend geschwungen ums Haupt; bei dir war aber der Ausgang Nicht so. Ihm, der prahlt mit des ständigen Mordes Gelingen, Bohrst du geglüheten Pfahl dicht neben dem Hals in die Schulter. | | 300 | ingemuit duroque sudem vix osse revulsit Rhoetus et ipse suo madefactus sanguine fugit. fugit et Orneus Lycabasque et saucius armo dexteriore Medon et cum Pisenore Thaumas, quique pedum nuper certamine vicerat omnes | Da stöhnt Rhoitos und reißt mit Mühe den Pfahl aus dem harten Knochen und flieht nun selber, benetzt von dem eigenen Blute. Lykabas auch sucht Heil in der Flucht und Orneus und Medon, Rechts am Buge verletzt, nicht minder Pisenor und Thaumas; Auch, der alle besiegt unlängst in der Wette der Füße, | | 305 | Mermeros, accepto tum vulnere tardius ibat; et Pholus et Melaneus et Abas praedator aprorum, quique suis frustra bellum dissuaserat augur Asbolus: ille etiam metuenti vulnera Nesso "ne fuge! ad Herculeos" inquit "servaberis arcus." | Mermeros, war langsamer im Lauf von empfangener Wunde; Pholos und Melaneus auch und mit Abas, dem Ebererbeuter, Er, der vergeblich vom Krieg abmahnte die Seinen, der Seher Astylos. Der sprach auch zu dem Wunden befürchtenden Nessos: "Flieh doch nicht, du bleibst ja bewahrt für Herkules' Bogen." | | 310 | at non Eurynomus Lycidasque et Areos et Imbreus effugere necem; quos omnes dextra Dryantis perculit adversos. adversum tu quoque, quamvis terga fugae dederas, vulnus, Crenaee, tulisti: nam grave respiciens inter duo lumina ferrum, | Aber Eurynomos nicht und Lycidas und mit Areos Imbreus mieden den Tod: die streckte die Rechte des Dryas Alle darnieder von vorn. Von vorn nicht minder empfingst du, Ob du den Rücken zur Flucht auch wandtest, Krenaios, die Wunde. Umsehn wolltest du dich, als zwischen den Augen hineinfuhr, | | 315 | qua naris fronti committitur, accipis, imae. 'In tanto fremitu cunctis sine fine iacebat sopitus venis et inexperrectus Aphidas languentique manu carchesia mixta tenebat, fusus in Ossaeae villosis pellibus ursae; | Wo sich die Nase der Stirn anfügt, das verderbende Eisen. Bei so tobendem Lärm lag stets und ständig in allen Adern befangen vom Schlaf und nicht zu erwecken Aphidas, Der, auf dem zottigen Fell der ossäischen Bärin gelagert, In der erschlaffeten Hand noch hielt die gefüllete Kanne. | | 320 | quem procul ut vidit frustra nulla arma moventem, inserit amento digitos "miscenda" que dixit "cum Styge vina bibes" Phorbas; nec plura moratus in iuvenem torsit iaculum, ferrataque collo fraxinus, ut casu iacuit resupinus, adacta est. | Ihn, der nicht zum Gewinn das Gefecht mied, schaute von weitem Phorbas und fügt' in des Speers Wurfriemen die Finger und sagte: "Trinke den Wein mit der Styx!" Mehr zaudert er nicht, und dem Jüngling Schwingt er entgegen den Spieß, und die eisenbeschlagene Esche Bohrte sich, wie er gerade so rücklings lag, in die Kehle. | | 325 | mors caruit sensu, plenoque e gutture fluxit inque toros inque ipsa niger carchesia sanguis. 'Vidi ego Petraeum conantem tollere terra glandiferam quercum; quam dum conplexibus ambit et quatit huc illuc labefactaque robora iactat, | Fühllos litt er den Tod, und hervor aus strotzender Gurgel Rieselte schwarz auf den Pfühl und selbst in die Kanne der Blutstrom. Auszureißen versucht - ich sah's - Petraios den Eichbaum, Der mit Eicheln behängt dastand; doch, wie er umklammernd Hin und her ihn bewegt und rüttelt am wankenden Stamme, | | 330 | lancea Pirithoi costis inmissa Petraei pectora cum duro luctantia robore fixit. Pirithoi virtute Lycum cecidisse ferebant, Pirithoi virtute Chromin, sed uterque minorem victori titulum quam Dictys Helopsque dederunt, | Heftet Peirithoos' Speer in die Rippen geschnellt dem Petraios Fest die gestemmete Brust mit dem knorrigen Holze zusammen. Lykos erlag vor der Kraft des Peirithoos, hörte ich sagen; Chromis erlag vor der Kraft des Peirithoos. Aber die beiden Schafften geringeren Ruhm dem Besieger als Diktys und Helops. | | 335 | fixus Helops iaculo, quod pervia tempora fecit et missum a dextra laevam penetravit ad aurem, Dictys ab ancipiti delapsus acumine montis, dum fugit instantem trepidans Ixione natum, decidit in praeceps et pondere corporis ornum | Helops sank von dem Spieß, der Bahn sich brach durch die Schläfe Und von dem rechten gebohrt durchdrang zu dem linken der Ohren. Diktys, der von des Bergs unsicherer Spitze hinabglitt, Während er zitternd entfloh vor dem drängenden Sohn des Ixion, Stürzt in die Tiefe hinab und zerbricht mit der Schwere des Leibes | | 340 | ingentem fregit suaque induit ilia fractae. 'Ultor adest Aphareus saxumque e monte revulsum mittere conatur; conantem stipite querno occupat Aegides cubitique ingentia frangit ossa nec ulterius dare corpus inutile leto | Eine gewaltige Esch' und bezieht mit Gedärmen den Baumstumpf. Rächend ist Aphareus nah und müht sich zu schleudern ein Felsstück, Das er vom Berg losriss. Den Bemühten erreicht der Aigide Eher mit eichenem Pfahl und zerschellt ihm die riesigen Knochen Mitten am Arm. Doch ganz den jetzt Machtlosen zu töten | | 345 | aut vacat aut curat tergoque Bienoris alti insilit, haut solito quemquam portare nisi ipsum, opposuitque genu costis prensamque sinistra caesariem retinens vultum minitantiaque ora robore nodoso praeduraque tempora fregit. | Fehlt Zeit oder Gelüst. Auf den Rücken des hohen Bianor Schwingt er sich, der nur sich, sonst keinen zu tragen gewohnt war, Stemmt in die Rippen das Knie und zerrt nach hinten das Haupthaar, Das mit der Linken er packt, und zerschlägt mit dem knotigen Holze Ihm das Gesicht und den drohenden Mund und die knochigen Schläfen. | | 350 | robore Nedymnum iaculatoremque Lycopen sternit et inmissa protectum pectora barba Hippason et summis exstantem Riphea silvis Thereaque, Haemoniis qui prensos montibus ursos ferre domum vivos indignantesque solebat. | Dann schlägt nieder das Holz den Nedymnos, den Werfer Lykotas, Hippasos, welchem die Brust von wallendem Barte bedeckt war, Ripheus, der mit dem Leib noch über die Wipfel der Wälder Ragete, Tereus auch, der in den haimonischen Bergen Bären zum öfteren fing und lebendig die brummenden heimtrug. | | 355 | haut tulit utentem pugnae successibus ultra Thesea Demoleon: solidoque revellere trunco annosam pinum magno molimine temptat; quod quia non potuit, praefractam misit in hostem, sed procul a telo Theseus veniente recessit | Länger ertrug's nicht mehr Demoleon, dass für den Theseus Immer der Kampf sich entschied, und den Stamm vieljähriger Fichte Strebt er mit großer Gewalt aus der untersten Feste zu reißen. Fruchtlos blieb der Versuch, und er warf sie geknickt nach dem Feinde. Theseus aber entging wegtretend dem kommenden Wurfe, | | 360 | Pallados admonitu: credi sic ipse volebat. non tamen arbor iners cecidit; nam Crantoris alti abscidit iugulo pectusque umerumque sinistrum: armiger ille tui fuerat genitoris, Achille, quem Dolopum rector, bello superatus, Amyntor | Weil ihn Pallas gewarnt - er selber bestärkte den Glauben. Doch nicht stürzte der Baum umsonst: dem stattlichen Krantor Riss er hinweg von der Kehle die Brust und die linke der Schultern. Der war Waffengenoss bei deinem Erzeuger, Achilleus; Aiakos' Sohn empfing ihn vom Doloperkönig Amyntor, | | 365 | Aeacidae dederat pacis pignusque fidemque. Hunc procul ut foedo disiectum vulnere Peleus vidit, "at inferias, iuvenum gratissime Crantor, accipe" ait validoque in Demoleonta lacerto fraxineam misit contentis viribus hastam, | Den er im Krieg besiegt, als Gewähr und Bürgen des Friedens. Als so grässlich zerfetzt ihn Peleus sah aus der Ferne, Sprach er: "Sühnung im Tod, o liebster der Jünglinge, Krantor, Nimm sie dir!" Und im Schwung auf Demoleon sandt' er mit starkem Arm, dazu mit den Kräften des Zorns, die eschene Lanze, | | 370 | quae laterum cratem praerupit et ossibus haerens intremuit: trahit ille manu sine cuspide lignum (id quoque vix sequitur), cuspis pulmone retenta est; ipse dolor vires animo dabat: aeger in hostem erigitur pedibusque virum proculcat equinis. | Welche der Rippen Geflecht durchbrach und haftend im Knochen Schwankte. Heraus riss jener den Schaft, doch ohne die Spitze; Kaum auch folgte der Schaft; fest blieb in der Lunge das Eisen. Eben der Schmerz gab Kräfte dem Mut: der Verwundete bäumt sich Gegen den Feind und tritt nach dem Mann mit gehobenen Hufen. | | 375 | excipit ille ictus galea clipeoque sonantes defensatque umeros praetentaque sustinet arma perque armos uno duo pectora perforat ictu. ante tamen leto dederat Phlegraeon et Hylen eminus, Iphinoum conlato Marte Claninque; | Doch mit dem Helm und dem Schild fängt jener die schallenden Hiebe, Hält sich die Schulter gedeckt und stemmt abwehrende Waffen, Und zwei Brüste durchbohrt ein Stoß in den Bug des Kentauren. Fernher hatte der Held den Phlegraios getötet und Hyles Vorher schon, im nahen Gefecht mit Iphinoos Klanis. | | 380 | additur his Dorylas, qui tempora tecta gerebat pelle lupi saevique vicem praestantia teli cornua vara boum multo rubefacta cruore. 'Huic ego (nam viris animus dabat) "aspice," dixi "quantum concedant nostro tua cornua ferro" | Dorylas teilt ihr Los, der über die Schläfen ein Wolfsfell Hatte gedeckt und trug an der Stelle verderblicher Waffe Krummes Gehörn vom Stier, mit reichlichem Blute gerötet. Diesem erging mein Ruf - denn Stärke verlieh mir die Kampflust -: "Sieh, wie weit dein Horn vor unserem Eisen zurücksteht!" | | 385 | et iaculum torsi: quod cum vitare nequiret, opposuit dextram passurae vulnera fronti: adfixa est cum fronte manus; fit clamor, at illum haerentem Peleus et acerbo vulnere victum (stabat enim propior) mediam ferit ense sub alvum. | Und ich entsandte den Speer. Weil der nicht war zu vermeiden, Hielt er die Rechte zum Schirm der mit Wunde bedroheten Stirne. Fest an die Stirn anspießt' ich die Hand. Laut schrien die andern; Doch ihn traf, wie er hing und von bitterer Wunde besiegt war, Peleus, näher als ich, mit dem Schwert in der Mitte des Bauches. | | 390 | prosiluit terraque ferox sua viscera traxit tractaque calcavit calcataque rupit et illis crura quoque inpediit et inani concidit alvo. 'Nec te pugnantem tua, Cyllare, forma redemit, si modo naturae formam concedimus illi. | Wild springt Dorylas auf und schleift sein Gedärm an der Erde, Tritt das geschleifte, zerreißt das getretene, wird mit den Beinen Gar noch drinnen verstrickt und fällt mit geleeretem Bauche. Dir auch, Kyllaros, bracht' im Streit nicht Rettung die Schönheit, Falls wir solcher Gestalt nur nicht absprechen die Schönheit. | | 395 | barba erat incipiens, barbae color aureus, aurea ex umeris medios coma dependebat in armos. gratus in ore vigor; cervix umerique manusque pectoraque artificum laudatis proxima signis, et quacumque vir est; nec equi mendosa sub illo | Schwach erst keimte der Bart und war goldfarbig, und golden Wallete nieder das Haar bis mitten zum Bug von den Schultern. Frisch und jugendlich war das Gesicht; Hals, Schultern und Hände Kamen zunächst und die Brust den gerühmten Gebilden der Künstler, Alles, soweit er ein Mann. Auch war untadlig der Rossleib | | 400 | deteriorque viro facies; da colla caputque, Castore dignus erit: sic tergum sessile, sic sunt pectora celsa toris. totus pice nigrior atra, candida cauda tamen; color est quoque cruribus albus. multae illum petiere sua de gente, sed una | Drunter und nicht nachstehend dem Mann. Gib Nacken und Haupt ihm, Und er ist Kastors wert: so beut sich der Rücken zum Sitze, So prall hebt sich die Brust. Pechschwarz ist er über und über, Aber am Schweif schneeweiß; weiß auch ist die Farbe der Beine. Viele begehrten sein der kentaurischen Weiber; doch einzig | | 405 | abstulit Hylonome, qua nulla decentior inter semiferos altis habitavit femina silvis; haec et blanditiis et amando et amare fatendo Cyllaron una tenet, cultu quoque, quantus in illis esse potest membris, ut sit coma pectine levis, | Nahm ihn Hylonome hin, so schmuck wie keine von allen, Welche bewaldete Höhn mit den Halbgetieren bewohnten. Durch zutrauliches Tun, durch Lieb' und der Liebe Geständnis Fesselt sie Kyllaros' Herz. Auf Putz auch wendet sie Sorgfalt, Wie ihn der Wuchs zulässt: dass glatt vom Kamme das Haar ist, | | 410 | ut modo rore maris, modo se violave rosave inplicet, interdum candentia lilia gestet, bisque die lapsis Pagasaeae vertice silvae fontibus ora lavet, bis flumine corpora tinguat, nec nisi quae deceant electarumque ferarum | Dass bald Rosmarin, bald Rosen sie oder Violen Flicht in das Haar, oft auch hellfarbige Lilien wählet, Und das Gesicht in dem Quell, der rinnt von pagasischer Waldhöh', Zweimal wäscht am Tag, zweimal sich badet im Strome, Dass von erlesenem Wild und nur schön kleidende Felle | | 415 | aut umero aut lateri praetendat vellera laevo. par amor est illis: errant in montibus una, antra simul subeunt; et tum Lapitheia tecta intrarant pariter, pariter fera bella gerebant: (auctor in incerto est) iaculum de parte sinistra | Über die Schulter sie deckt an der Linken und über die Seite. Gleich liebt jedes vom Paar; sie schweifen vereint im Gebirge, Gehen in Höhlen vereint. Auch in die lapithische Wohnung Traten zusammen sie ein und standen zusammen im Mordstreit. Dunkel ist, wer es getan: linksher kam plötzlich ein Wurfspieß | | 420 | venit et inferius quam collo pectora subsunt, Cyllare, te fixit; parvo cor vulnere laesum corpore cum toto post tela educta refrixit. protinus Hylonome morientes excipit artus inpositaque manu vulnus fovet oraque ad ora | Auf dich, Kyllaros, zu und ereilte dich unter der Stelle, Wo sich die Brust anfügt an den Hals. Nur wenig verwundet Wird mit dem Leibe das Herz gleich kalt nach des Speeres Entziehung. Aber Hylonome fängt nicht säumend die sterbenden Glieder, Legt ihm die lindernde Hand auf die Wund' und naht mit dem Munde | | 425 | admovet atque animae fugienti obsistere temptat; ut videt exstinctum, dictis, quae clamor ad aures arcuit ire meas, telo, quod inhaeserat illi, incubuit moriensque suum conplexa maritum est. 'Ante oculos stat et ille meos, qui sena leonum | Liebend dem Mund und versucht der entweichenden Seele zu wehren. Als sie ihn tot nun sah, da sagte sie, was das Getöse Nicht ließ dringen zu mir, und stürzte sich rasch in die Waffe, Die ihn hatte durchbohrt, und umfing hinsterbend den Gatten. Er auch steht mir noch, Phaiokomes, immer vor Augen, | | 430 | vinxerat inter se conexis vellera nodis, Phaeocomes, hominemque simul protectus equumque; caudice qui misso, quem vix iuga bina moverent, Tectaphon Oleniden a summo vertice fregit; [fracta volubilitas capitis latissima, perque os | Der sechs Felle von Leun mit geschlungenen Knoten zusammen Hatte verknüpft und das Ross damit und den Menschen bedeckte. Mit dem geschleuderten Klotz, den kaum zwei Joche bewegten, Traf er des Olenos Sohn, den Tektaphos, malmend am Scheitel. Weithin barst von der Wucht das bewegliche Haupt; aus der hohlen | | 435 | perque cavas nares oculosque auresque cerebrum molle fluit, veluti concretum vimine querno lac solet utve liquor rari sub pondere cribri manat et exprimitur per densa foramina spissus.] ast ego, dum parat hic armis nudare iacentem, | Nase zugleich und dem Mund, aus den Augen hervor und den Ohren Quillet das weiche Gehirn, wie aus dem Geflecht die verdickte Milch abfließt, wie Öl beim Drucke des löchrigen Durchschlags Tropfet heraus und träge sich drängt aus den engenden Löchern. Wie den Erlegten der Feind nun wollte der Waffen entkleiden, | | 440 | (scit tuus hoc genitor) gladium spoliantis in ima ilia demisi. Cthonius quoque Teleboasque ense iacent nostro: ramum prior ille bifurcum gesserat, hic iaculum; iaculo mihi vulnera fecit: signa vides! adparet adhuc vetus inde cicatrix. | Streckte den Plündernden hin mein Schwert - dein Vater bezeugt es – Tief in die Weichen gebohrt. Mit Teleboas auch ist erlegen Chthonios unserem Stahl. Der trug den zweizackigen Prügel; Jenen bewehrt' ein Spieß. Ich ward von dem Spieße verwundet: Schaue das Mal; noch zeigt sich davon die verwachsene Narbe. | | 445 | tunc ego debueram capienda ad Pergama mitti; tum poteram magni, si non superare, morari Hectoris arma meis! illo sed tempore nullus, aut puer, Hector erat, nunc me mea deficit aetas. quid tibi victorem gemini Periphanta Pyraethi, | Damals musste man mich zum Sturm gen Pergamos senden; Damals hätt' ich vermocht, wo nicht zu besiegen, zu hemmen Hektors gewaltige Macht. Noch nicht war aber am Leben Hektor oder ein Kind. Nun bin ich entkräftet vom Alter. Wozu Periphas' Ruhm, der erschlug den Kentauren Pyretos, | | 450 | Ampyca quid referam, qui quadrupedantis Echecli fixit in adverso cornum sine cuspide vultu? vecte Pelethronium Macareus in pectus adacto stravit Erigdupum; memini et venabula condi inguine Nesseis manibus coniecta Cymeli. | Künden, und Ampyx' Ruhm, der vorn in des Trabers Ochekles Antlitz trieb, obwohl ihr die Spitze gebrach, die Kornelle? Vom pelethronischen Volk Erigdupos erlag von dem Barren, Den ihm Makareus rannt' in die Brust. Noch seh' ich den Jagdspeer, Der, von Nessos geschnellt, sich barg in dem Bauch des Kymelos. | | 455 | nec tu credideris tantum cecinisse futura Ampyciden Mopsum: Mopso iaculante biformis occubuit frustraque loqui temptavit Hodites ad mentum lingua mentoque ad guttura fixo. 'Quinque neci Caeneus dederat Styphelumque Bromumque | Hege den Wahn auch nicht, dass bloß weissagte die Zukunft Mopsos, des Ampyx Sohn. Der doppelgestalte Hodites Sank durch Mopsos' Geschoss und suchte vergeblich zu reden, Weil ihm die Zung' ans Kinn und das Kinn an die Gurgel gespießt war. Kaineus sendete fünf in den Tod, Antimachos, Bromos, | | 460 | Antimachumque Elymumque securiferumque Pyracmon: vulnera non memini, numerum nomenque notavi. provolat Emathii spoliis armatus Halesi, quem dederat leto, membris et corpore Latreus maximus: huic aetas inter iuvenemque senemque, | Styphelos, Elimos auch und den Streitaxtträger Pyraechmen. Wie, das ist mir entfallen; die Zahl und die Namen behielt ich. Sieh, mit der Beute bewehrt vom emathischen Kämpfer Halesus, Den er erlegt, dringt vor an Gliedern und Leibe gewaltig Latreus. Zwischen dem Greis und dem Jüngling stand er im Alter, | | 465 | vis iuvenalis erat, variabant tempora cani. qui clipeo galeaque Macedoniaque sarisa conspicuus faciemque obversus in agmen utrumque armaque concussit certumque equitavit in orbem verbaque tot fudit vacuas animosus in auras: | Jugendlich aber an Kraft; grau waren die Schläfen gesprenkelt. Dieser, mit Schild und Schwert und mit makedonischer Lanze Stattlich zu sehn und gewandt nach jedem der Heere das Antlitz, Schüttelt das Kriegesgerät und reitet im sicheren Kreise, Und hochmütig ergießt er in ledige Lüfte die Worte: | | 470 | "et te, Caeni, feram? nam tu mihi femina semper, tu mihi Caenis eris. nec te natalis origo commonuit, mentemque subit, quo praemia facto quaque viri falsam speciem mercede pararis? quid sis nata, vide, vel quid sis passa, columque, | "Was will Kainis allhier? Denn du bleibst immer ein Weib mir, Du bist Kainis für mich. Macht nicht der natürliche Ursprung Schwach dein Herz, und bedenkest du nicht, welch Tun dir Belohnung, Was für ein Preis dir erwarb des Mannes betrüglichen Anschein? Sieh, was du von Geburt und was du gelitten! Den Rocken | | 475 | i, cape cum calathis et stamina pollice torque; bella relinque viris." iactanti talia Caeneus extentum cursu missa latus eruit hasta, qua vir equo commissus erat. furit ille dolore nudaque Phyllei iuvenis ferit ora sarisa: | Nimm in die Hand und den Korb und dreh' mit dem Daumen den Faden; Krieg lass Männern allein!" Dem Prahlenden öffnete Kaineus Mit dem geschleuderten Speer die vom Rennen gedehnete Seite, Wo an das Ross sich fügte der Mann. Wild tobet im Schmerze Jener und stößt in das nackte Gesicht des Phylleers die Lanze. | | 480 | non secus haec resilit, quam tecti a culmine grando, aut siquis parvo feriat cava tympana saxo. comminus adgreditur laterique recondere duro luctatur gladium: gladio loca pervia non sunt. "haut tamen effugies! medio iugulaberis ense, | Aber sie prallte zurück, wie oben vom Dache der Hagel, Oder wie kleines Gestein, wenn es fällt auf bauchige Pauke. Dicht nun geht er zu Leib und müht sich, dem Feind in die harte Seite zu bohren das Schwert: für das Schwert ist nirgends ein Durchgang. "Doch nicht sollst du entfliehn; dich soll hinmorden die Schneide, | | 485 | quandoquidem mucro est hebes" inquit et in latus ensem obliquat longaque amplectitur ilia dextra. plaga facit gemitus ut corpore marmoris icto, fractaque dissiluit percusso lammina callo. ut satis inlaesos miranti praebuit artus, | Weil denn die Spitze gestumpft!" So spricht er und holt mit dem Schwerte Seitwärts aus und erreicht mit der Länge der Rechten die Lende. Hell klirrt's unter dem Streich, gleichwie an getroffenem Steinbild, Und abspringend zerbrach am geschlagenen Halse die Klinge. Als dem Erstaunten genug die gesicherten Glieder geboten | | 490 | "nunc age" ait Caeneus "nostro tua corpora ferro temptemus!" capuloque tenus demisit in armos ensem fatiferum caecamque in viscera movit versavitque manum vulnusque in vulnere fecit. ecce ruunt vasto rabidi clamore bimembres | Kaineus, rief er: "Wohlan, dein Leib nun werde von unsrem Schwerte versucht!" Und er stößt in den Bug das verderbende Eisen Bis an das Heft und drängt und bohrt in die innern Geweide, Ohne zu sehen, die Hand und erneut in der Wunde die Wunde. Grimmig mit wüstem Geschrei anstürmen die Doppelgeschöpfe, | | 495 | telaque in hunc omnes unum mittuntque feruntque. tela retusa cadunt: manet inperfossus ab omni inque cruentatus Caeneus Elateius ictu. fecerat attonitos nova res. "heu dedecus ingens!" Monychus exclamat. "populus superamur ab uno | Alle den einen bemüht zu erreichen mit Würfen und Streichen. Stumpf fällt jedes Geschoss, und undurchbohrt von den Stößen Allen und stets unblutig verbleibt der elatische Kaineus. Höchlich erstaunt bei dem Wunder die Schar. "Ha, Schmach und Beschimpfung!", Ruft jetzt Monychos aus. "Uns viele besieget der eine, | | 500 | vixque viro; quamquam ille vir est, nos segnibus actis, quod fuit ille, sumus. quid membra inmania prosunt? quid geminae vires et quod fortissima rerum in nobis natura duplex animalia iunxit? nec nos matre dea, nec nos Ixione natos | Kaum ein Mann; doch freilich ein Mann, wir aber in Schlaffheit Sind, was der einst war. Was nützen die riesigen Glieder, Was zwiefältige Kraft? Was nützt, dass doppeltes Wesen Einig verbindet in uns die stärksten Geschöpfe der Erde? Nicht - so dünket es mir - von der Göttin und nicht von Ixion | | 505 | esse reor, qui tantus erat, Iunonis ut altae spem caperet: nos semimari superamur ab hoste! saxa trabesque super totosque involvite montes vivacemque animam missis elidite silvis! massa premat fauces, et erit pro vulnere pondus." | Stammen wir, der so groß, dass sich zur erhabenen Iuno Konnte versteigen sein Wunsch. Uns wird Obsieger ein Halbmann. Auf, wälzt Felsen auf ihn, Baumstämm' und ganze Gebirge, Und mit geworfenem Wald drängt aus das beharrliche Leben! Wald mag schnüren den Hals, und Last wird Wunden ersetzen." | | 510 | dixit et insanis deiectam viribus austri forte trabem nactus validum coniecit in hostem exemplumque fuit, parvoque in tempore nudus arboris Othrys erat, nec habebat Pelion umbras. obrutus inmani cumulo sub pondere Caeneus | Sprach's und packte den Stamm, der gerade vom tobenden Südwind Niedergestreckt dalag, und warf nach dem mächtigen Feinde. Beispiel war's für den Schwarm, und Othrys nach kurzem Verweilen Stand von Bäumen entblößt, und dem Pelion fehlte der Schatten. Kaineus aber, gedrückt von der Baumlast, mühte sich schnaubend | | 515 | aestuat arboreo congestaque robora duris fert umeris, sed enim postquam super ora caputque crevit onus neque habet, quas ducat, spiritus auras, deficit interdum, modo se super aera frustra tollere conatur iactasque evolvere silvas | Unter der grässlichen Schicht und trug auf gehärteten Schultern Haufen von Holz. Als aber die Last nun über das Antlitz Wuchs und das Haupt, und Luft nicht war, die zöge der Atem, Liegt ohnmächtig er bald, bald strebt er, empor an die Lüfte Sich zu erheben, umsonst, und von hinnen zu wälzen die Stämme; | | 520 | interdumque movet, veluti, quam cernimus, ecce, ardua si terrae quatiatur motibus Ide. exitus in dubio est: alii sub inania corpus Tartara detrusum silvarum mole ferebant; abnuit Ampycides medioque ex aggere fulvis | Manchmal regt er sie auch, wie wenn die erhabene Ida, Die vor Augen wir sehn, von der Erde Erschütterung aufbebt. Zweifelhaft ist der Erfolg. Sein Leib, so sagten die andern, Sei von dem lastenden Wald in des Tartaros Öde gestoßen. Nicht so Ampyx' Sohn: der sah, wie hervor aus dem Haufen | | 525 | vidit avem pennis liquidas exire sub auras, quae mihi tum primum, tunc est conspecta supremum. hanc ubi lustrantem leni sua castra volatu Mopsus et ingenti circum clangore sonantem adspexit pariterque animis oculisque secutus | Flog in die lautere Luft mit gelbem Gefieder ein Vogel, Welchen zuerst damals und zuletzt damals ich erblickte. Wie er den Vogel gewahrt, der kreisete um der Gefährten Lager gemächlichen Flugs und mit schallendem Kreischen hinabrief, Da sprach Mopsos, zugleich mit dem Geist und den Augen ihm folgend: | | 530 | "o salve," dixit "Lapithaeae gloria gentis, maxime vir quondam, sed nunc avis unica, Caencu!" credita res auctore suo est: dolor addidit iram, oppressumque aegre tulimus tot ab hostibus unum; nec prius abstitimus ferro exercere dolorem, | "Sei mir gegrüßt, du Ruhm und Stolz des lapithischen Volkes, Trefflichster Mann vormals, nun einziger Vogel, o Kaineus!" Glauben erwirbt der Verkünder dem Wort. Schmerz mehrte den Ingrimm, Und wir gedachten mit Wut, wie viele den einen erdrückten, Und nicht standen wir ab den Zorn mit dem Eisen zu kühlen, | | 535 | quam data pars leto, partem fuga noxque removit.' | Bis teils Tod sie gerafft, teils Flucht und Nacht sie entzogen." | | | 7. Periclymenus (536-572) | | | | | Haec inter Lapithas et semihomines Centauros proelia Tlepolemus Pylio referente dolorem praeteriti Alcidae tacito non pertulit ore atque ait: 'Herculeae mirum est oblivia laudis | Also vom Pylier ward das Gefecht der halbwilden Kentauren Mit den Lapithen erzählt; Tlepolemos aber ertrug nicht Schweigenden Mundes den Schmerz, dass nichts vom Alkiden erwähnt war, Und er begann: "Seltsam, dass du in Vergessenheit ließest | | | 540 | acta tibi, senior; certe mihi saepe referre nubigenas domitos a se pater esse solebat.' tristis ad haec Pylius: 'quid me meminisse malorum cogis et obductos annis rescindere luctus inque tuum genitorem odium offensasque fateri? | Herkules' Ruhm, o Greis! Mir hatte doch öfter der Vater Selber erzählt, wie einst er bezwungen die Wolkengebornen." Nestor versetzt voll Harm: "Was zwingst du mich, dass ich der Trübsal Wieder gedenk' und erneue den Gram, den Jahre vernarbten, Dass ich gestehe den Groll und den Hader mit deinem Erzeuger? | | 545 | ille quidem maiora fide, di! gessit et orbem inplevit meritis, quod mallem posse negare; sed neque Deiphobum nec Pulydamanta nec ipsum Hectora laudamus: quis enim laudaverit hostem? ille tuus genitor Messenia moenia quondam | Zwar Unglaubliches hat er getan fürwahr und den Erdkreis Mit Großtaten erfüllt, die leugnen zu können ich wünschte; Aber Deiphobos nicht und Polydamas mögen wir loben, Noch auch Hektor sogar: wer spräche zum Lobe des Feindes? Er, den Vater du nennst, warf einst die messenischen Mauern | | 550 | stravit et inmeritas urbes Elinque Pylonque diruit inque meos ferrum flammamque penatis inpulit, utque alios taceam, quos ille peremit, bis sex Nelidae fuimus, conspecta iuventus, bis sex Herculeis ceciderunt me minus uno | Nieder, und Elis vertilgt' er und Pylos, die schuldlosen Städte, Und ließ Feuer und Schwert einbrechen in meine Penaten. Aller der anderen nicht, die jener erschlug, zu gedenken: Zwölf Neliden an Zahl, ansehnlich als rüstige Jugend, Waren wir: alle die zwölf, nur mich nicht, fällte der starke | | 555 | viribus; atque alios vinci potuisse ferendum est: mira Periclymeni mors est, cui posse figuras sumere, quas vellet, rursusque reponere sumptas Neptunus dederat, Nelei sanguinis auctor. hic ubi nequiquam est formas variatus in omnes, | Herkules. Dass er die andern besiegt, das ließe sich tragen: Ganz absonderlich starb Periklymenos, dem das Vermögen, Jede beliebte Gestalt zu nehmen und wieder zu lassen, Hatte Neptunus verliehn, des neleischen Stammes Begründer. Der, nachdem er umsonst sich gewandelt in alle Gestalten, | | 560 | vertitur in faciem volucris, quae fulmina curvis ferre solet pedibus divum gratissima regi; viribus usus avis pennis rostroque redunco hamatisque viri laniaverat unguibus ora. tendit in hanc nimium certos Tirynthius arcus | Wird zu dem Vogel zuletzt, der in den gebogenen Füßen Pfleget zu tragen den Blitz, liebwert dem Beherrscher der Götter. Nutzend die Stärke des Aars nun hatt' er mit Schwingen und krummem Schnabel des Mannes Gesicht und mit hakigen Krallen zerrissen; Doch der Tirynthier spannt auf ihn zu sicheren Bogen; | | 565 | atque inter nubes sublimia membra ferentem pendentemque ferit, lateri qua iungitur ala; nec grave vulnus erat, sed rupti vulnere nervi deficiunt motumque negant viresque volandi. decidit in terram, non concipientibus auras | Dann, als hoch in die Wolken hinan sich schwangen die Glieder, Trifft er ihn mitten im Flug, wo sitzt an der Seite der Fittich. Schwer nicht war er verletzt, doch die Sehnen, zerschnitten vom Eisen, Sind ihm gelähmt und versagen den Schwung und Kräfte zum Fliegen. Jählings fällt er hinab, weil jetzt ohnmächtig die Flügel | | 570 | infirmis pennis, et qua levis haeserat alae corporis adflicti pressa est gravitate sagitta perque latus summum iugulo est exacta sinistro. nunc videor debere tui praeconia rebus Herculis, o Rhodiae ductor pulcherrime classis? | Nicht angreifen die Luft, und den Pfeil, da wo er am Fittich Leicht nur hing, drückt ein das Gewicht des getroffenen Leibes: Oben durchstach er die Seite und ragt' aus der Achsel zur Linken. Meinst du noch, ich soll, was tat dein Herkules, rühmend Künden, o stattlicher Herr und Führer der rhodischen Flotte? | | 575 | nec tamen ulterius, quam fortia facta silendo ulciscor fratres: solida est mihi gratia tecum.' Haec postquam dulci Neleius edidit ore, a sermone senis repetito munere Bacchi surrexere toris: nox est data cetera somno. | Doch nicht weiter, als nur durch tapferer Taten Verschweigung, Räch' ich der Brüder Geschick: dir wahr' ich beständige Freundschaft." Als dies Neleus' Sohn mit gefälligem Munde gesprochen, Bakchischer Trank dann wieder gelabt nach der Rede des Greises, Standen vom Polster sie auf und schliefen die übrige Nachtzeit. | | | 8. Achilles' Tod (580-619) | | | | 580 | At deus, aequoreas qui cuspide temperat undas, in volucrem corpus nati Phaethontida versum mente dolet patria saevumque perosus Achillem exercet memores plus quam civiliter iras. iamque fere tracto duo per quinquennia bello | Aber der Gott, der zähmt die Gewässer des Meers mit dem Dreizack, Grollt im Vatergemüt, dass zum phaethontischen Vogel Wurde gewandelt der Sohn, und hassend den grausen Achilleus Hegt er gedenkenden Groll viel mehr, als Männern geziemend. Da sich der Krieg schon fast in das zehnte der Jahre gezogen, | | 585 | talibus intonsum conpellat Sminthea dictis: 'o mihi de fratris longe gratissime natis, inrita qui mecum posuisti moenia Troiae, ecquid, ubi has iamiam casuras adspicis arces, ingemis? aut ecquid tot defendentia muros | Sprach er zum sminthischen Gott, dem nimmer geschorenen, also: "O du wertester mir von allen den Söhnen des Bruders, Der du umsonst mit mir einst Troias Mauern gegründet: Seufzest du nicht, wenn du siehst so nahe dem Falle die Feste, Oder beklagst du nicht die gefallenen Schützer der Mauern, | | 590 | milia caesa doles? ecquid, ne persequar omnes, Hectoris umbra subit circum sua Pergama tracti? cum tamen ille ferox belloque cruentior ipso vivit adhuc, operis nostri populator, Achilles. det mihi se: faxo, triplici quid cuspide possim, | So viel tausend an Zahl? Tritt nicht, zu geschweigen der andern, Hektors Schatten dir nah, der um sein Troia geschleift ward, Während der Wüterich doch, der blutiger noch als der Krieg ist, Fortlebt, unseres Werks Umstürzer, der arge Achilleus? Kommt er mir nur, da soll er verspüren die Stärke des Dreizacks! | | 595 | sentiat; at quoniam concurrere comminus hosti non datur, occulta necopinum perde sagitta!' adnuit atque animo pariter patruique suoque Delius indulgens nebula velatus in agmen pervenit Iliacum mediaque in caede virorum | Weil mir aber versagt, in der Nähe dem Feind zu begegnen, Lass von verborgenem Pfeil ihn wider Vermuten verderben." Eigenem Zorn willfährig zugleich und dem Zorne des Oheims Sagt es der Delier zu und gelangt in verhüllender Wolke Rasch zu dem ilischen Heer, und mitten im Morde der Männer | | 600 | rara per ignotos spargentem cernit Achivos tela Parin fassusque deum, 'quid spicula perdis sanguine plebis?' ait. 'siqua est tibi cura tuorum, vertere in Aeaciden caesosque ulciscere fratres!' dixit et ostendens sternentem Troica ferro | Wird er den Paris gewahr, der einzeln auf schlichte Achiver Pfeile verschießt, und er gibt sich als Gott. "Was", spricht er, "verlierst du Schüsse an niederem Volk? Wenn irgend dich kümmern die Deinen, Ziel' auf Aiakos' Spross und räche die Leichen der Brüder." Sprach's und wies auf den Sohn des Peleus, der mit dem Eisen | | 605 | corpora Peliden, arcus obvertit in illum certaque letifera derexit spicula dextra. quod Priamus gaudere senex post Hectora posset, hoc fuit; ille igitur tantorum victor, Achille, victus es a timido Graiae raptore maritae! | Troer zu Häuf hinwarf, und richtend auf diesen den Bogen Lenkt er den sicheren Pfeil mit der lebenvernichtenden Rechten. Wessen nach Hektors Fall sich Priamos mochte erfreuen, Dies war's. Du, der besiegt so treffliche Streiter, Achilleus, Liegst besiegt von dem feigen Entführer der graiischen Gattin. | | 610 | at si femineo fuerat tibi Marte cadendum, Thermodontiaca malles cecidisse bipenni. Iam timor ille Phrygum, decus et tutela Pelasgi nominis, Aeacides, caput insuperabile bello, arserat: armarat deus idem idemque cremarat; | Musstest du aber den Tod doch leiden im weibischen Kampfe, Besser, du littest den Tod von der thermodontischen Streitaxt. Schon war Phrygiens Schreck, der Pelasger Beschirmer und Zierde, Aiakos' Enkel, das Haupt, das keiner bezwungen im Kampfe, Flammen zum Raub. Der Gott, der ihn hatte gewaffnet, verbrannt' ihn. | | 615 | iam cinis est, et de tam magno restat Achille nescio quid parvum, quod non bene conpleat urnam, at vivit totum quae gloria conpleat orbem. haec illi mensura viro respondet, et hac est par sibi Pelides nec inania Tartara sentit. | Asch' ist er nun; und es bleibt von dem einst so großen Achilleus Kaum noch übrig genug, zu füllen die winzige Urne. Aber es lebt sein Ruhm, der füllet die sämtlichen Lande. Solch ein Maß entspricht dem gewaltigen Helden, und gleich ist So der Pelide sich selbst und fühlt nicht Tartaros' Öde. | | | 9. Vorspiel zur Hoplonkrisis (620-628) | | | | 620 | ipse etiam, ut, cuius fuerit, cognoscere posses, bella movet clipeus, deque armis arma feruntur. non ea Tydides, non audet Oileos Aiax, non minor Atrides, non bello maior et aevo poscere, non alii: solis Telamone creatis | Fehde erregt auch noch, auf dass jedweder ersähe, Wessen er war, sein Schild, und um Waffen erheben sich Waffen. Ajas leistet, der Sohn des Oileus, samt den Tydiden Sie zu begehren Verzicht und der jüngre Atrid' und der andre, Höher in Alter und Krieg, und die übrigen; Telamons Sohn nur | | 625 | Laertaque fuit tantae fiducia laudis. a se Tantalides onus invidiamque removit Argolicosque duces mediis considere castris iussit et arbitrium litis traiecit in omnes. | Wagt und Laertes' Sohn um die herrliche Ehre zu werben. Sich dem gehässigen Amt zu entziehn, hieß mitten im Lager Tantalos' Spross zum Rat die argolischen Führer sich setzen Und gab allen gesamt statt seiner den Zwist zu entscheiden. | | | | | | | | Übersetzung nach R.Suchier bearbeitet von E.Gottwein | | |