Heinrich Hauser (Schriftsteller) (original) (raw)

Heinrich Hauser (* 27. August 1901 in Berlin; † 25. März 1955 in Dießen am Ammersee) war ein deutscher Schriftsteller, Journalist, Seemann, Weltenbummler, Farmer und Fotograf.

Heinrich Hauser war Sohn des Berliner Kinderarztes Otto Hauser (geb. 1862) und der aus einer dänischen Adelsfamilie stammenden Musikerin Margareta Marta von Scheel (1875–1935).[1] Hauser wuchs nach der Scheidung der Eltern 1911 bei der Mutter in Weimar auf. Mit dem „Reifezeugnis für Oberprima“ trat er 1918 als Kadett in die Marineschule Mürwik ein. Dort und anschließend in Hamburg war er Augenzeuge der Revolutionsereignisse. Zurück in Thüringen, wurde er Mitglied des Freikorps Maercker, das zunächst zum Schutz der Nationalversammlung nach Weimar beordert wurde. In Halle, Magdeburg und Braunschweig war er am Bürgerkrieg des Freikorps gegen die Kämpfer des Arbeiter- und Soldatenrats beteiligt. Als Ingenieurs-Volontär arbeitete er anschließend in einem Hüttenwerk in Duisburg-Ruhrort. Wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls musste Hauser das Ingenieursstudium abbrechen. Anfang 1920 war er für einige Monate an Bord der „Eisernen Flottille“ des Kapitänleutnants Lahs und erlebte Ausläufer des Kapp-Putsches, mit dem er sympathisierte. Von 1920 bis 1922 arbeitete Hauser in unterschiedlichen Bereichen und studierte einige Semester Medizin in Jena und Rostock. Zwischenzeitlich war er vorübergehend als Arbeiter am Hochofen der Rheinischen Stahlwerke beschäftigt. In den Jahren 1922–1924 war Heinrich Hauser Leichtmatrose und Matrose auf Handelsschiffen im Mittelmeer sowie in der Australien- und Ostasienfahrt.[2] 1925 zog er von Wustrow nach Frankfurt/Main und arbeitete dort im Feuilleton der renommierten Frankfurter Zeitung. Dort war er für einige Zeit Mitglied des inneren Redaktionskreises der Zeitung.[3] Im Verlag Gustav Kiepenheuer erscheint 1925 sein erster Roman Das zwanzigste Jahr.

Er war fünfmal verheiratet, u. a. mit zwei jüdischen Frauen, denen er zur Flucht aus Deutschland verhalf. In Wustrow lernte Hauser im Winter 1922/23 Hedwig Zangen kennen, die Ziehtochter Hedwig Woermanns, die er kurz darauf heiratete.[4]

Hauser hatte zwei Kinder. Seiner Ehe mit Anna Luise, geb. Block, gesch. Duisberg (1896–1982), einer Tochter Josef Blocks, entstammte die Tochter Helene. Huc Hauser ging 1933 aus der Ehe mit Ursula Bier hervor. Ulrich Hauser ist sein Großneffe.[1]

1925 wurde Hauser Mitarbeiter der Frankfurter Zeitung. Er schrieb zahlreiche Essays, Reisereportagen und Romane. Besonders beschäftigte ihn das Verhältnis von Mensch und Technik, Stadt und Land. Er gilt als Vertreter der Neuen Sachlichkeit und war als begabter Erzähler vor allem in den 1930er Jahren beim Publikum erfolgreich. Für seinen zweiten Roman Brackwasser bekam er 1928 den Gerhart-Hauptmann-Preis für Literatur. Im selben Jahr entstand auf einer 6000 Kilometer langen Autofahrt durch das Ruhrgebiet seine Fotoreportage Schwarzes Revier.[5]

1933 sympathisierte Hauser kurzzeitig mit dem Nationalsozialismus. Vom S. Fischer Verlag verlangte er kurz nach der „Machtergreifung“, seinem Buch „Ein Mann lernt fliegen“ die Widmung „Hermann Göring, dem ersten deutschen Luftfahrtminister, Sieg Heil!“ voranzustellen.[6] Hausers Abwendung vom Nationalsozialismus begann mit dem Diktat Adolf Hitlers, Hindenburg 1934 nicht wie von diesem testamentarisch verfügt, an seinem Heimatort, sondern in Tannenberg zu bestatten. Hauser verlegte daraufhin seine schriftstellerische Tätigkeit auf neutrale Themen wie Reiseberichte und Industriereportagen. Er ging 1939 in das US-amerikanische Exil, seine politisch unverdächtigen Bücher erschienen aber weiterhin in Deutschland, so zum Beispiel Die letzten Segelschiffe.

Kurz vor der Kapitulation Deutschlands veröffentlichte er in den USA unter dem Titel The German Talks Back, einen zu diesem Zeitpunkt Aufsehen erregenden Versuch, das „wahre Deutschland“ vom NS-Staat abzugrenzen.

Im Jahr 1948 kehrte Hauser nach Deutschland zurück und wurde für wenige Monate Chefredakteur der gerade von Henri Nannen gegründeten Zeitschrift Stern.

In seinem in Deutschland erst posthum erschienenen Science-Fiction-Roman Gigant Hirn (orig. The Brain, EVÖ Amazing Stories, Oktober 1948[7]), der im Jahr 1975 in den USA spielt, wird eine Maschine gebaut, die schlicht „Hirn“ genannt wird und das gesamte militärische und zivile Leben steuern soll. Die Intelligenz des „Hirns“ verselbständigt sich aber, es wird zur Bedrohung, weil es sein eigenes Überleben sichern und ein Reich auf der Herrschaft von Maschinen gründen will. Dem Wissenschaftler Semper Fidelis Lee gelingt es schließlich, die Katastrophe zu verhindern.

Hauser ist bekannt für seine Beschäftigung mit der Adam Opel AG sowohl vor dem Krieg als in der Zeit des Wirtschaftswunders. In drei eigenständigen Werken sowie weiteren Reportagen und Buchkapiteln beschreibt Hauser die Automobilproduktion in Rüsselsheim und bei den Zulieferern. 1936 erschien Am Laufenden Band als Reportage über die seit 1929 in amerikanischem Besitz (General Motors) befindliche und nach dortigem Muster aufgebaute Automobilproduktion bei Opel. Opel, ein deutsches Tor zur Welt, die Festschrift zum 100. Geburtstag von Adam Opel und zum 75-jährigen Bestehen des Opel-Werks, erschien 1939. Im darauf folgenden Jahr veröffentlichte er das Werk Im Kraftfeld von Rüsselsheim (1940). Darin schildert er die deutsche Automobilindustrie in ihrer Vorkriegsblüte. In Unser Schicksal – Die Deutsche Industrie aus dem Jahr 1952 widmet er ein Kapitel Opel nach dem Wiederaufbau. Seit Mitte des zurückliegenden Jahrzehnts erlebt Hauser eine Renaissance in der Rezeption, die teilweise der Krise bei Opel und dem Mutterkonzern GM geschuldet war und einige Publikationen über das Werk sowie Neuveröffentlichungen von Werken Hausers nach sich zog.[8]

  1. a b Grith Graebner: Dem Leben unter die Haut kriechen: Heinrich Hauser, Leben und Werk eine kritisch-biographische Werk-Bibliographie. Universität zu Köln, 2001, ISBN 978-3-8265-9406-9, S. 57 f. (google.de [abgerufen am 24. Januar 2021]).
  2. Dieser Absatz vorrangig nach: Heinrich Hauser: Kampf. Geschichte einer Jugend (Jena 1934)
  3. Almut Todorow: Das Feuilleton der "Frankfurter Zeitung" in der Weimarer Republik. Zur Grundlegung einer rhetorischen Medienforschung. Niemeyer, Tübingen, S. 93; 167 f.; 182; 187.
  4. Daniele Dell’Agli (Hrsg.): Hans Jürgen von der Wense - Kraftfelder und Korrespondenzen. Jenior Verlag, Kassel 2018, ISBN 978-3-95978-054-4, S. 76.
  5. Rezension zur Neuauflage von Schwarzes Revier Beseelte Technik im Deutschlandfunk vom 9. August 2011.
  6. Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 224.
  7. Paul A. Youngman: Peace with Machines?: Myth and Technology in Heinrich Hauser's Gigant Hirn. Abgerufen am 9. Juli 2022.
  8. Heinz Dieter Kittsteiner: Das Kraftfeld von Rüsselsheim / Opel als Erzieher: Die Industriereportagen des Heinrich Hauser. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 20. Oktober 2004, S. 34.
  9. Rezension siehe Will Vesper
  10. Grith Graebner: Heinrich Hauser (Aachen 2001, S. 175)
  11. Filmblatt.de: FilmDokument 13
  12. newfilmkritik.de
Personendaten
NAME Hauser, Heinrich
ALTERNATIVNAMEN Alexander Blade
KURZBESCHREIBUNG deutscher Schriftsteller und Fotograf und Filmer
GEBURTSDATUM 27. August 1901
GEBURTSORT Berlin
STERBEDATUM 25. März 1955
STERBEORT Dießen am Ammersee