Erster Todesfall durch H5N2; Mpox zirkulieren weiter in Risikogruppen (original) (raw)

Im Infektiologie-Blog bieten wir Ihnen jede Woche eine kurze Übersicht zu den aktuellen Entwicklungen in der Epidemiologie, Diagnostik und Therapie von COVID-19, Grippe und weiteren Infektionskrankheiten.

Infektiologie-Newsblog, Update vom 13. Juni 2024

Auf der Website „Infektionsradar“ stellt das Bundesministerium für Gesundheit die wichtigsten Entwicklungen zusammen.

Influenza: Weltweit 1. Todesfall in Zusammenhang mit der Vogelgrippe-Variante H5N2

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichtet vom 1. Todesfall in Zusammenhang mit einer Infektion mit dem Influenzavirus A(H5N2). Der 59-jährige Patient lebte in Mexiko und hatte nach jetzigem Kenntnisstand keinen Kontakt zu Geflügel oder zu anderen Tieren. Die Quelle seiner Infektion ist unbekannt. WHO-Sprecher Christian Lindmeier sprach von einem „multifaktoriellen Tod“. Das mexikanische Gesundheitsministerium betonte, der Tod des 59-jährigen Mannes sei auf chronische Erkrankungen zurückzuführen, die zu einem septischen Schock geführt hätten, und nicht auf das Virus.

Zum Hintergrund: Am 17. April hatte der Patient Fieber, Kurzatmigkeit, Durchfall, Übelkeit und allgemeines Unwohlsein bekommen. Am 24. April suchte er medizinische Hilfe auf, wurde stationär behandelt und starb noch am selben Tag an Komplikationen trotz ärztlicher Intervention.

Die Realtime-Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR) wies auf ein nicht subtypisierbares Influenza-A-Virus hin. Ein Speziallabor konnte den Influenza-Subtyp A(H5N2) identifizieren.

Von 17 Kontakten des Mannes im Krankenhaus, die Ärzte identifiziert und überwacht hatten, berichtete 1 Person zwischen dem 28. und 29. April über eine laufende Nase. In allen Proben fanden Ärzte weder Influenza noch SARS-CoV-2. 12 weitere Kontakte (7 symptomatische und 5 asymptomatische) wurden in der Nähe des Wohnsitzes des Patienten identifiziert. Auch hier blieben Tests auf SARS-CoV-2, Influenza A und Influenza B ohne Befund.

In Mexikos Nachbarland, den USA, breitet sich seit Wochen die Variante H5N1 aus, vor allem durch Milchvieh. H5N2 gilt im Vergleich dazu als weniger pathogen.

SARS-CoV-2/Influenza: Kombiniertes Vakzin von Moderna sehr effektiv

In einer Pressemeldung informiert Moderna über Ergebnisse einer Phase-3-Studie mit mRNA-1083, einem experimentellen Kombinationsimpfstoff gegen Grippe und COVID-19.

Das Vakzin besteht aus 2 Impfstoffkandidaten: mRNA-1010 gegen Influenza und mRNA-1283 gegen COVID-19. Jedes dieser Vakzine hat bereits positive Ergebnisse in Phase-3-Studien gezeigt.

Bei der laufenden Phase-3-Studie handelt es sich um eine randomisierte, beobachterblinde, aktiv kontrollierte Studie zur Bewertung der Sicherheit, Reaktogenität und Immunogenität von mRNA-1083 in 2 unabhängigen Altersgruppenkohorten mit jeweils etwa 4.000 Erwachsenen. Eine Kohorte mit Erwachsenen ab 65 Jahren verglich mRNA-1083 mit Fluzone HD®, einem Grippeimpfstoff, und Spikevax®, Modernas zugelassenem COVID-19-Impfstoff. Die andere Kohorte mit Erwachsenen im Alter von 50 bis 64 Jahren verglich mRNA-1083 mit Fluarix®, einem Grippeimpfstoff in Standarddosis, und Spikevax®

Die Immunreaktionen auf eine Einzeldosis mRNA-1083 waren den Vergleichspräparaten nicht unterlegen. In beiden Alterskohorten löste mRNA-1083 zudem statistisch signifikant höhere Immunreaktionen gegen die Influenza-Stämme H1N1, H3N2 und B/Victoria sowie gegen SARS-CoV-2 aus.

In der Kohorte der über 65-Jährigen betrugen die geometrischen Mittelwerte (GMRs) der mRNA-1083-Gruppe im Vergleich zur Fluzone HD-Gruppe für die Grippe 1,155 (95%-KI: 1,094-1,220) für A/H1N1, 1,063 (95% KI 1,007-1,122) für A/H3N2 und 1,118 (95%-KI 1,070- 1,167) für B/Victoria. Der GMR von mRNA-1083 im Vergleich zu Spikevax für die SARS-CoV-2-Variante Omikron XBB.1.5 betrug 1,641 (95%-KI 1,526-1,765).

In der Altersgruppe der 50- bis 64-Jährigen betrugen die GMRs der mRNA-1083-Gruppe im Vergleich zur Fluarix-Gruppe 1,414 (95%-KI 1,333-1,500) für A/H1N1, 1,380 (95%-KI 1,310- 1,454) für A/H3N2 und 1,216 (95%-KI 1,163-1,270) für B/Victoria. Der GMR von mRNA-1083 im Vergleich zu Spikevax für die SARS-CoV-2-Variante Omikron XBB.1.5 betrug 1,308 (95%-KI 1,219-1,404).

Forscher haben auch die Immunogenität gegen den B/Yamagata-Stamm der Grippe getestet. Das Vakzin mRNA-1083 erfüllte in beiden Alterskohorten die Nichtunterlegenheitskriterien. Da die B/Yamagata-Linie nicht mehr in relevantem Maße zirkuliert, hat die WHO für Impfstoffe der Saison 2024/2025 eine trivalente Grippeimpfstoffzusammensetzung ohne B/Yamagata empfohlen.

Die häufigsten Nebenwirkungen des experimentellen Vakzins waren Schmerzen an der Injektionsstelle, Müdigkeit, Muskel- und Kopfschmerzen.

„Moderna plant, die klinischen Daten der Phase 3 für mRNA-1083 demnächst auf einer medizinischen Konferenz vorzustellen und zur Veröffentlichung einzureichen“, heißt es in der Pressemeldung. „Das Unternehmen wird die nächsten Schritte mit den Aufsichtsbehörden besprechen.“

SARS-CoV-2: Nebenwirkungen der Impfung sind ein mögliches Zeichen für mehr Immunität

Seit Einführung von Vakzinen gegen COVID-19 sind Nebenwirkungen ein großes Thema in der biomedizinischen Forschung. Doch sind moderate, kurzzeitig auftretende unerwünschte Effekte sogar ein gutes Zeichen? Das wollten Forscher herausfinden.

Dazu haben sie Daten von 363 Personen erfasst (65,6% Frauen; Durchschnittsalter 52,4 Jahre). Von ihnen wurden 147 wurden in biometrische Analysen einbezogen (66,0% weiblich; Durchschnittsalter 58,8 Jahre). Die Ergebnisse:

„Biometrische Befunde deuten darauf hin, dass kurzfristige systemische Nebenwirkungen der SARS-CoV-2-mRNA-Impfung mit einer größeren langanhaltenden nAB-Antwort verbunden sind“, so die Autoren. „Dies könnte von Bedeutung sein, wenn es darum geht, negative Einstellungen gegenüber Impfstoffnebenwirkungen zu überwinden, die ein Hindernis für die Impfstoffaufnahme darstellen.“ Unklar sei jedoch, ob es sich um einen kausalen Zusammenhang handele.

SARS-CoV-2: Virus noch Wochen nach der Infektion in menschlichen Spermien nachweisbar

Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass SARS-CoV-2 in verschiedene Gewebe eindringen kann, etwa in die Hoden. Auch in Spermien konnten Forscher das Virus nachweisen – jedoch kamen die Ergebnisse bislang nur aus Autopsie-Studien. Neue Daten zeigen, dass SARS-CoV-2 bei Rekonvaleszenz noch bis zu 90 Tage in den Spermien persistiert.

Die Querschnittsstudie umfasste 13 Patienten mit mittelschwerem bis schwerem COVID-19. Bei ihnen haben Forscher Samenproben entnommen und per Realtime-PCR sowie per Transmissionselektronenmikroskopie untersucht.

Bei 9 von 13 Patienten konnten sie bis zu 90 Tage nach der Entlassung aus dem Krankenhaus das Virus intrazellulär in Spermien nachweisen. „In mittelschweren bis schweren Fällen bietet die Blut-Hoden-Schranke nur wenig Schutz gegen verschiedene pathogene Viren“, schreiben die Autoren als Erklärung. Ob sich daraus Infektionsrisiken ergeben, wurde nicht untersucht.

Long-COVID: Nirmatrelvir ohne Effekt

Nirmatrelvir plus Ritonavir (NMV; Paxlovid®) ist in der EU und in den USA zugelassen, um das Risiko für schweres COVID-19 zu verringern. Doch eignet sich das Arzneimittel als Therapie gegen Long-COVID? Wohl kaum, wie Ergebnisse einer kürzlich veröffentlichten Phase-2-Studie zeigen.

Von 155 Teilnehmern (mittleres Alter 43 Jahre; 92 [59%] Frauen) wurden 102 der NMV-Gruppe und 53 der Placebo-Gruppe zugeordnet, jeweils randomisiert. Fast alle Teilnehmer (n = 153) hatten die primäre Impfserie gegen COVID-19 erhalten. Der mittlere Zeitraum zwischen der SARS-CoV-2-Infektion und der Randomisierung betrug 17,5 Monate.

Es gab keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen der NMV- und der Placebo-Gruppe beim Schweregrad von Long-COVID nach 10 Wochen, gemessen anhand verschiedener Symptom-Scores.

Den Ergebnissen zufolge habe NMV in der Kohorte keinen signifikanten Nutzen gebracht, schreiben die Autoren. Weitere Studien seien erforderlich, um zu klären, welche Rolle Virustatika überhaupt bei Long-COVID spielten.

Mpox: Das Virus zirkuliert weiter in Risikogruppen

Aus den Medien ist die Mpox-Epidemie 2022 längst verschwunden. Damals waren vor allem – aber nicht ausschließlich – homo- und bisexuelle Männer, die Sex mit Männern haben (GBMSM), betroffen. Doch das Virus zirkuliert weiter in diesen Risikogruppen, wie eine neue Analyse der Centers of Disease Control and Prevention (CDC), Atlanta, USA, zeigt.

Dazu haben Ärzte in 13 US-Notaufnahmen zwischen Juni und Dezember 2023 Patienten auf einen verdächtigen Hautausschlag, der Hinweise auf Mpox geben kann, gescreent. Etwaige Läsionen wurden mittels Polymerase-Kettenreaktion untersucht. Demografische, historische und krankheitsbezogene Merkmale haben die Behandler anhand von Fragebögen und elektronischen Gesundheitsakten erfasst.

Insgesamt fand das Team bei 196 Personen verdächtige Hautläsionen. In 3 Fällen (1,5%; 95%-KI 0,3% bis 4,4%) fielen PCR-Tests auf Mpox positiv aus. Alle Infizierten mit bestätigter Diagnose waren Teil der GBMSM-Community. Sie gaben an, HIV-negativ zu sein, nicht gegen Mpox geimpft zu sein und Sex mit einem oder mehreren Partnern gehabt zu haben, die sie über Smartphone-Dating-Apps kennengelernt hatten. Bei Frauen oder bei Kindern gab es keinen positiven Nachweis im Rahmen der Studie.

„Ärzte sollten weiterhin auf Mpox achten und Personen mit Mpox-Risiko über die Änderung von Verhaltensweisen, die ihr Risiko erhöhen, sowie über die Bedeutung von 2 Dosen des Jynneos®-Impfstoffs zur Vorbeugung von Mpox aufklären“, schreiben die Autoren. In Europa wurde der nahezu identische Impfstoff Imvanex® zugelassen.

MEHR