Liza Bauer | Goethe-Universität Frankfurt am Main (original) (raw)
Papers by Liza Bauer
Politische Vierteljahresschrift
Im Zuge der massiven Zunahme an Umwelt-und Naturkatastrophen breitete sich im Laufe der letzten J... more Im Zuge der massiven Zunahme an Umwelt-und Naturkatastrophen breitete sich im Laufe der letzten Jahre ein Bewusstsein für die tiefgreifenden Einflussnahmen des Menschen auf die Erde und die damit einhergehende Zerstörung umfassender Lebensgrundlagen aus. In den Geowissenschaften wird dies seit ungefähr zwei Jahrzehnten unter dem Begriff des "Anthropozän" diskutiert. Dieser bezeichnet die gegenwärtige erdgeschichtliche Epoche, in welcher die "Spezies Mensch" mit dem Beginn des industriellen Kapitalismus im 19. Jahrhundert, spätestens jedoch seit Mitte des 20. Jahrhunderts, als geologische Kraft der relevanteste Einflussfaktor auf den fundamentalen und anhaltenden Wandel biologischer, ökologischer, geologischer und atmosphärischer Erdprozesse geworden ist (Crutzen und Stoermer 2000; Crutzen 2002). Der Rückgriff auf den naturwissenschaftlichen Gattungsbegriff "Mensch" beim Versuch, die klimapolitischen Herausforderungen sozial-und humanwissenschaftlich zu bearbeiten, evoziert kritische Denkschulen, die sich seit jeher mit der diskursiven Setzung "Mensch" auseinandersetzen. Die Fokussierung auf eine zentrale Kategorie der "Menschheit" birgt die Gefahr, soziale, ökonomische und politische Ungleichheiten zu verkennen. Damit gerät auch aus dem Blick, wie Menschen(gruppen) historisch entlang sozialer und politischer Differenzkategorien (Race, Class, Gender, Body) und beispielsweise auch im globalen Nord-Süd-Verhältnis hierarchisiert und unterdrückt wurden. So wird beispielsweise in Anbetracht einer drohenden Homogenisierung von Verantwortlichkeit für den anthropogenen Klimawandel dafür plädiert, den Begriff des Anthropozän durch den Begriff des "Kapitalozän" zu ersetzen (Haraway 2015; Malm 2016; Moore 2016), welcher den Kapitalismus als verursachendes und zu überwindendes Prinzip in den Blick rückt und zudem berücksichtigt, dass eben nicht alle Menschen gleichermaßen für die gegenwärtigen Krisen und ihre Überwindung verantwortlich (zu machen) sind. Ein weiteres Beispiel für die Kritik an der diskursiven Setzung "Mensch" ist die ontologische und epistemische Bedeutung eines in der Mo
In den letzten beiden Jahrzehnten hat sich das aufbluhende Forschungsgebiet der Human-Animal Stud... more In den letzten beiden Jahrzehnten hat sich das aufbluhende Forschungsgebiet der Human-Animal Studies in nahezu alle akademischen Disziplinen ausgedehnt. Die 2017 veroffentlichte Anthologie der Oxford Handbook Serie verschafft einen differenzierten sowie ausfuhrlichen Uberblick uber einige eben dieser jungsten Bestrebungen. Animal Studies Expertin Linda Kalof stellt funf thematisch gegliederte Sektionen mit insgesamt 30 einzelnen Beitragen zusammen, in denen eine Vielzahl von moglichen Pfaden der Mensch-Tierforschung abgebildet wird. Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen stellen im Handbuch Einfuhrungen und ausfuhrliche Bibliografien zu spezifischen Themenbereichen der Tierethik, -agentizitat, und -ausbeutung, sowie zu Mensch-Tier Okosystemen und zur kulturellen Tierreprasentation bereit. Dabei bilden sich sowohl ubergreifender Konsens als auch Dissonanzen deutlich heraus. Den einzigen Makel des Handbuchs stellt die relativ knappe Sektion zu Tieren in kulturellen Reprasentati...
Susan McHugh's jungstes Werk, Love in a Time of Slaughters. Human-Animal Stories Against Geno... more Susan McHugh's jungstes Werk, Love in a Time of Slaughters. Human-Animal Stories Against Genocide and Extinction (2019) eroffnet einen radikalen Weg fur zukunftige Bemuhungen in den Literary Animal Studies. McHugh untersucht das produktive Potenzial von Erzahlungen zugunsten der Erhaltung von kultureller und biologischer Vielfalt. Dabei entwirrt sie die komplexen Wechselwirkungen zwischen Fiktionen ursprunglicher und/oder traditioneller Lebensweisen und den modernen industriellen Weltsichten, die in ihre Komposition und Rezeption mit einfliesen. Die Animationsfilme, Romane, Kunstinstallationen und Wahrheitskommissionen, die sie unter die Lupe nimmt, besuchen bekannte und weniger bekannte anthropogene Graueltaten wie Genozid und Ausrottung in ihren Erzahlwelten und konzentrieren sich dabei besonders auf deren verheerende Auswirkungen auf affektive Mensch-Tier-Bindungen. McHugh arbeitet die ‚Liebe‘ in ihren sorgfaltigen Analysen als eine Ressource traditionellen Wissens uber Mensc...
Beyond Anthropocentric Perspectives on Education In light of the dramatic growth and rapid instit... more Beyond Anthropocentric Perspectives on Education In light of the dramatic growth and rapid institutionalization of human-animal studies in recent years, it is somewhat surprising that only a small number of publications have proposed practical and theoretical approaches to teaching in this inter- and transdisciplinary field. Featuring eleven original pedagogical interventions from the social sciences and the humanities as well as an epilogue from ecofeminist critic Greta Gaard, the present volume addresses this gap and responds to the demand by both educators and students for pedagogies appropriate for dealing with environmental crises. The theoretical and practical contributions collected here describe new ways of teaching human-animal studies in different educational settings and institutional contexts, suggesting how learners – equipped with key concepts such as agency or relationality – can develop empathy and ethical regard for the more-than-human world and especially nonhuman ...
Interspezies Lernen
I wanted more service animals so that the city could prosper, so that someday we could go to the ... more I wanted more service animals so that the city could prosper, so that someday we could go to the stars. Instead, I could not control the situation. I failed my animals and myself. 1 7 Aus den verschiedenen Positionen heraus besteht zum Beispiel Uneinigkeit darüber, ob menschlicher Umgang mit Tieren sich so gestalten sollte, dass ihnen ein Leben in kompletter Freiheit, körperlicher Unversehrtheit, oder lediglich auf eines frei von »unnötigem« Leiden ermöglicht wird.
Politische Vierteljahresschrift
Im Zuge der massiven Zunahme an Umwelt-und Naturkatastrophen breitete sich im Laufe der letzten J... more Im Zuge der massiven Zunahme an Umwelt-und Naturkatastrophen breitete sich im Laufe der letzten Jahre ein Bewusstsein für die tiefgreifenden Einflussnahmen des Menschen auf die Erde und die damit einhergehende Zerstörung umfassender Lebensgrundlagen aus. In den Geowissenschaften wird dies seit ungefähr zwei Jahrzehnten unter dem Begriff des "Anthropozän" diskutiert. Dieser bezeichnet die gegenwärtige erdgeschichtliche Epoche, in welcher die "Spezies Mensch" mit dem Beginn des industriellen Kapitalismus im 19. Jahrhundert, spätestens jedoch seit Mitte des 20. Jahrhunderts, als geologische Kraft der relevanteste Einflussfaktor auf den fundamentalen und anhaltenden Wandel biologischer, ökologischer, geologischer und atmosphärischer Erdprozesse geworden ist (Crutzen und Stoermer 2000; Crutzen 2002). Der Rückgriff auf den naturwissenschaftlichen Gattungsbegriff "Mensch" beim Versuch, die klimapolitischen Herausforderungen sozial-und humanwissenschaftlich zu bearbeiten, evoziert kritische Denkschulen, die sich seit jeher mit der diskursiven Setzung "Mensch" auseinandersetzen. Die Fokussierung auf eine zentrale Kategorie der "Menschheit" birgt die Gefahr, soziale, ökonomische und politische Ungleichheiten zu verkennen. Damit gerät auch aus dem Blick, wie Menschen(gruppen) historisch entlang sozialer und politischer Differenzkategorien (Race, Class, Gender, Body) und beispielsweise auch im globalen Nord-Süd-Verhältnis hierarchisiert und unterdrückt wurden. So wird beispielsweise in Anbetracht einer drohenden Homogenisierung von Verantwortlichkeit für den anthropogenen Klimawandel dafür plädiert, den Begriff des Anthropozän durch den Begriff des "Kapitalozän" zu ersetzen (Haraway 2015; Malm 2016; Moore 2016), welcher den Kapitalismus als verursachendes und zu überwindendes Prinzip in den Blick rückt und zudem berücksichtigt, dass eben nicht alle Menschen gleichermaßen für die gegenwärtigen Krisen und ihre Überwindung verantwortlich (zu machen) sind. Ein weiteres Beispiel für die Kritik an der diskursiven Setzung "Mensch" ist die ontologische und epistemische Bedeutung eines in der Mo
In den letzten beiden Jahrzehnten hat sich das aufbluhende Forschungsgebiet der Human-Animal Stud... more In den letzten beiden Jahrzehnten hat sich das aufbluhende Forschungsgebiet der Human-Animal Studies in nahezu alle akademischen Disziplinen ausgedehnt. Die 2017 veroffentlichte Anthologie der Oxford Handbook Serie verschafft einen differenzierten sowie ausfuhrlichen Uberblick uber einige eben dieser jungsten Bestrebungen. Animal Studies Expertin Linda Kalof stellt funf thematisch gegliederte Sektionen mit insgesamt 30 einzelnen Beitragen zusammen, in denen eine Vielzahl von moglichen Pfaden der Mensch-Tierforschung abgebildet wird. Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen stellen im Handbuch Einfuhrungen und ausfuhrliche Bibliografien zu spezifischen Themenbereichen der Tierethik, -agentizitat, und -ausbeutung, sowie zu Mensch-Tier Okosystemen und zur kulturellen Tierreprasentation bereit. Dabei bilden sich sowohl ubergreifender Konsens als auch Dissonanzen deutlich heraus. Den einzigen Makel des Handbuchs stellt die relativ knappe Sektion zu Tieren in kulturellen Reprasentati...
Susan McHugh's jungstes Werk, Love in a Time of Slaughters. Human-Animal Stories Against Geno... more Susan McHugh's jungstes Werk, Love in a Time of Slaughters. Human-Animal Stories Against Genocide and Extinction (2019) eroffnet einen radikalen Weg fur zukunftige Bemuhungen in den Literary Animal Studies. McHugh untersucht das produktive Potenzial von Erzahlungen zugunsten der Erhaltung von kultureller und biologischer Vielfalt. Dabei entwirrt sie die komplexen Wechselwirkungen zwischen Fiktionen ursprunglicher und/oder traditioneller Lebensweisen und den modernen industriellen Weltsichten, die in ihre Komposition und Rezeption mit einfliesen. Die Animationsfilme, Romane, Kunstinstallationen und Wahrheitskommissionen, die sie unter die Lupe nimmt, besuchen bekannte und weniger bekannte anthropogene Graueltaten wie Genozid und Ausrottung in ihren Erzahlwelten und konzentrieren sich dabei besonders auf deren verheerende Auswirkungen auf affektive Mensch-Tier-Bindungen. McHugh arbeitet die ‚Liebe‘ in ihren sorgfaltigen Analysen als eine Ressource traditionellen Wissens uber Mensc...
Beyond Anthropocentric Perspectives on Education In light of the dramatic growth and rapid instit... more Beyond Anthropocentric Perspectives on Education In light of the dramatic growth and rapid institutionalization of human-animal studies in recent years, it is somewhat surprising that only a small number of publications have proposed practical and theoretical approaches to teaching in this inter- and transdisciplinary field. Featuring eleven original pedagogical interventions from the social sciences and the humanities as well as an epilogue from ecofeminist critic Greta Gaard, the present volume addresses this gap and responds to the demand by both educators and students for pedagogies appropriate for dealing with environmental crises. The theoretical and practical contributions collected here describe new ways of teaching human-animal studies in different educational settings and institutional contexts, suggesting how learners – equipped with key concepts such as agency or relationality – can develop empathy and ethical regard for the more-than-human world and especially nonhuman ...
Interspezies Lernen
I wanted more service animals so that the city could prosper, so that someday we could go to the ... more I wanted more service animals so that the city could prosper, so that someday we could go to the stars. Instead, I could not control the situation. I failed my animals and myself. 1 7 Aus den verschiedenen Positionen heraus besteht zum Beispiel Uneinigkeit darüber, ob menschlicher Umgang mit Tieren sich so gestalten sollte, dass ihnen ein Leben in kompletter Freiheit, körperlicher Unversehrtheit, oder lediglich auf eines frei von »unnötigem« Leiden ermöglicht wird.