Diesseits der Lagermauer. Der Film "The Zone of Interest" setzt das Alltagsbürgerliche und das Undarstellbare am Holocaust in eine Problembeziehung (2024) (original) (raw)
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2023
Wie wird in und mit dokumentarischen Filmen an Holocaust und Nationalsozialismus erinnert? Und wie gehen solche Medienangebote mit der Herausforderung um, den Holocaust auf eine Art und Weise zu repräsentieren, die den damaligen Ereignissen und den Erfahrungen der Überlebenden gerecht wird? Diese Studie legt dar, dass die ersten Verfahren des Internationalen Gerichtshofs zu den Verbrechen der Nationalsozialisten, wie der erste Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher oder der Jerusalemer Prozess gegen Adolf Eichmann, einen Gedächtnisrahmen bildeten. Durch die Selektion von Quellen und die Rekonstruktion bzw. Vergegenwärtigung der Vergangenheit wurde ein übergeordnetes Archiv an Medienangeboten, Narrativen, Sichtweisen und Erinnerungspraktiken geschaffen, das bis heute als Modell dient, um den Holocaust überhaupt zeigen zu können. Besonders deutlich wird dies am Beispiel des Dokumentarfilms. In einer Gegenüberstellung der unmittelbaren Nachkriegszeit bis Anfang der 1960er-Jahre mit den ersten beiden Dekaden des neuen Jahrtausends wird deutlich, dass die gedächtnisrahmende Funktion von NS-Prozessen bis heute ihre Spuren hinterlassen und wesentlichen Einfluss auf die von Medien geprägte Erinnerungskultur genommen hat. Weitere Details siehe: https://produkte.avinus.de/produkt/lachwitz-verhandeln-statt-zeigen
Vergessene Konfrontation. Holocaust und Erinnerung in Zoltán Fábris Film Nachsaison
SHOAH: INTERVENTION METHODS DOCUMENTATION (SIMON) 7 : 1 pp. 100-117., 2020
Utószezon (Late Season) is a 1967 Hungarian film by Zoltán Fábri, based on the novel Esti Gyors (Evening Express) by György Rónay.In a provincial Hungarian town around the time of the Eichmann trial, a group of old men, who represent the social elite from before 1945, is killing time. The group decides to play a practical joke on their friend Kálmán Kerekes and to scare him with a fictitious police summons. However, Kerekes does not react as expected. He does not drive to the police precinct but to another town, where he visits the local pharmacy where he worked as an assistant during the Second World War. This is because the summons reminded him of his words – “Unless the Szilágyis...” – which in 1944 led to the arrest and murder of his former employer, who had been hiding under an assumed name. When discovered by his friends, Kerekes demands a judgment of his past behaviour. The result is an improvised midnight trial. One part of the group find him not guilty on all counts while another – a survivor – opines that the death penalty is called for. Kerekes genuinely wants to give himself up to the police, yet they have no understanding for his motivation. His attempt to account for his past fails, ultimately no one lives up to this moral reckoning, and there is no solution ...Utószezon today numbers among the forgotten or hardly acknowledged works on the Holocaust, yet it reveals interesting aspects of the politics of memory in the Kádár era. At the same time, the film illustrates Zoltán Fábris’s approach – still a strange approach by present standards of Holocaust memory – which places the question of guilt and coresponsibility in a larger context. To Fábris, the contemporary societal relevance of his themes and their meaning for the present were more important than empty memorial rituals.
Ist das Böse banal? Gedanken zu Jonathan Glazers The Zone of Interest (2023)
1bis19 Magazin, 2024
Auf den ersten Blick erscheint Glazers Film wie eine konsequente Anwendung von Hannah Arendts Begriff der „Banalität des Bösen“ aus der Täterperspektive. Glazers The Zone of Interest bringt es wie wenige Filme oder Bücher fertig, diese Banalität in ihrem ganzen Erschrecken noch einmal aufleuchten zu lassen. Aber er zeichnet auch die Grenzen dieser Idee der scheinbaren Banalität.
2009
Seit der unmittelbaren Nachkriegszeit prägt das Medium Film maßgeblich das Bild, das sich die deutsche und französische Gesellschaft von der häufig als traumatisch erlebten Geschichte von Holocaust und Kollaboration macht. Aufbauend auf Forschungen zum kollektiven Gedächtnis verfolgt die vorliegende Arbeit in interkulturell-vergleichender Perspektive die Entwicklung der filmischen Erinnerungskulturen in beiden Ländern. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt dabei auf dem populären Kino, das hinsichtlich seiner Bemühungen um historische Authentizität und der Darstellung von Alterität analysiert wird, in der sich die interkulturelle Dimension des Gedächtnisses widerspiegelt. Ergänzend greift eine Analyse der Rezeption der Filme in beiden Ländern den im Zentrum stehenden Blick des Anderen auf eine neue Weise auf. Die Arbeit geht somit Fragen nach den spezifischen Darstellungsmöglichkeiten des Films als Gedächtnismedium nach und erweitert durch die interkulturelle und komparatistische Perspektive den Blick auf das häufig im nationalen Rahmen diskutierte Thema Gedächtnis und Erinnerung.
Sehen und Wegschauen: Filmische Annäherungen an den Holocaust in den ersten Nachkriegsjahren
Sehen und Wegschauen: Filmische Annäherungen an den Holocaust in den ersten Nachkriegsjahren, in: G. Nettersheim/D. Kiesel (Ed.), Das Bundesministerium der Justiz und die NS-Vergangenheit. Bewertung und Perspektiven, Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht, pp. 349-374, 2021
This article explores the role of film and cinema in addressing the Holocaust in the immediate post-war years in Germany.
In: Informationen. Wissenschaftliche Zeitschrift des Studienkreises deutscher Widerstand. Nr. 84. November 2016.
"Rückblickend haben sich immer diejenigen Dokumentarfilme über den Holocaust als innovativ erwiesen, die sich des problematischen Charakters der überlieferten Dokumente bewusst waren und die dort beinhalteten Leerstellen nicht zu verbergen versucht haben. Weitere innovative Beispiele zeigen, dass es sich bei den Erinnerungen der Überlebenden nicht lediglich um eine Informationsquelle handelt, sondern dass ihr Zeugnis stets in Bezug zu den Leerstellen, Brüchen und dem, was jenseits der Sprache und der überlieferten Bilder liegt, gedacht werden muss. Die Erinnerungen der letzten Zeugen des Holocaust sind nicht zu ersetzen, ihre Stimme wird in Zukunft schmerzlich fehlen. Neuere Dokumentarfilme zeigen uns aber, dass der Einfluss des Holocaust auf das Leben heutiger und künftiger Generationen anhält und dass es auch weiterhin aller Anstrengungen wert ist, neue Blicke auf das Leben mit der Vergangenheit zu werfen und unseren Umgang mit den vorhandenen Spuren weiterzuentwickeln." (34)
2008
Wieder - wie in der Phantasie-Diskussion bis 1978 - wenden sich die meisten Medientheoretiker gegen Dokumentarsendungen. Die vorher der Serie gegenüber negativ eingestellten Filmkritiker waren zu einem großen Teil durch den überwältigenden ’Erfolg’ der Serie beim Publikum in ihrer Ansicht umgestimmt worden. Ihrer Meinung nach ist die Auseinandersetzung mit dem Massenmord an den Juden in dokumentarischen Filmen wenig sinnvoll, da diese vom Massenpublikum nicht gesehen und nicht verstanden werden. Selbst der sonst dem Medium Fernsehen und seinen Produkten sehr kritisch gegenüberstehende Günther Anders verteidigt „Holocaust“. Lächerlich ist es, nein, eine üble Irreführung, „Holocaust“ aus angeblich rein ästhetischer Perspektive zu kritisieren und zu verhöhnen; das Bestürzende als „sentimental“ verächtlich zu machen und dem „Produkt“ vorzuwerfen, es sei eine „Ware“ und allein zwecks „Profits“ hergestellt - plötzlich diese Wörter aus diesen Mündern! - und von welchem Filme gälte das übri...
Betrachten wir die sozial-räumlichen Transformationsprozesse der shrinking cities, so wird deutlich, dass wir diese nicht mehr mit tradierten Planungsmethoden beantworten können. In meiner Masterthesis "The zone_ a left over space" (am Beispiel des Films Stalker von Andrej Tarkowskij, 1978/79) habe ich versucht, über den Symbolgehalt dieses Filmes zu visionären und funktionalen Lösungsansätzen zu finden. Für meinen Übertragungsversuch wählte ich ein Areal der Stadt Leipzig, das ich als neuen Identifikations- und Lebensraum in das kollektive Gedächtnis der Stadt zurückzurufen möchte, so dass es a. seitens der Bevölkerung zu einer Aneignung von so genannten Zonen kommt und b. sich diese Zonen wieder zu einem definierten, interessanten und zugänglichen Ort entwickeln können. c. Der dafür notwendige planerische Eingriff, soll der mir vorbildhaften Appellierung Wim Wenders folgen: Auszug aus seiner Rede vor japanischen Architekten auf einem Symposium in Tokyo am 12.10.91: „Und ich möchte, dass Sie das Gegenteil dessen in Erwägung ziehen, was per Definition ihre Aufgabe ist: nicht nur Gebäude zu konstruieren, sondern Freiräume zu schaffen, um Leere zu bewahren, damit das VOLLE nicht unsere Sicht versperrt und das Leere zum Ausruhen erhalten bleibt.“ Wim Wenders Worte aber auch Tarkowskijs faszinierende Darstellung der Zone im Film gab mir Anregungen, bestimmte Aspekte des Mediums Film [dienend als Modell] thematisch und räumlich in einen architektonischen Entwurf zu übertragen und sie mit der Realität eines Ortes zu verknüpfen. Wie kann das Medium Film Anleitung zur Entstehung einer Architektur geben? Und wie verhält sich das Unbestimmte („der Zone“) zum Bestimmten (dem Entwurf)?