Bibliographischer Essay in François Hartog, “Das antike Griechenland ist die schönste Erfindung der Neuzeit”, Gunnar Hering Lectures 3, Vandenhoeck and Ruprecht-Vienna University Press, Vienna, 2021, p. 37-54 (original) (raw)

Das antike Griechenland als Geburtsstätte des politischen Denkens und des neuzeitlichen Europa: Ein Narrativ und seine Kritiker

Not published, 2009

Nachdem ich etwas erfahren hatte, kam es mir erst so vor, als ob ich gar nichts wisse, und ich hatte recht: denn es fehlte mir der Zusammenhang, und darauf kommt doch eigentlich alles an. J. W. Goethe, Wilhelm Meisters Lehrjahre Einleitung Vor dem Hintergrund einer von Politikern verschiedener Couleur propagierten Alternativlosigkeit zu Europa und der Forderung nach einer gesamteuropäischen Öffentlichkeit 1 ist es kaum verwunderlich, dass vermehrt die identitätspolitischen Aspekte Europas diskutiert werden. Für die Konstruktion eines europäischen Selbst-Bewusstseins muss "Europa" de-finiert, also abgegrenzt werden von dem, was nicht "europäisch" ist. Diese Abgrenzung hat wiederum Implikationen für die Stellung Europas in der Welt -dementsprechend kontrovers wird die Debatte um "das Europäische" geführt. Für ein historisches Verständnis Europas plädiert Christian Meier in seinem Buch "Kultur um der Freiheit willen. Griechische Anfänge -Anfang Europas?" 2 . Europas Vorgeschichte, wenn nicht sogar seinen Anfang, finde man bei den Griechen. Ihre spezifische Kultur, so Meier, ist für die Herausbildung von Rationalität und Freiheit -den Maximen, die heute als entscheidend für Europa angesehen werden -ausschlaggebend. Inhaltlich knüpft Meier damit auch an seine These an, dass das Politische bei den Griechen entstand. 3 Diese klassische Interpretation der europäischen Ursprünge und die damit verbundene, exzeptionelle Rolle der Griechen für die europäische Kulturentwicklung wird nicht erst seit Raoul Schrotts Thesen über die Herkunft Homers abgeschwächt oder auch ganz in Frage gestellt. Ob nun Orient oder Okzident die Wiege der europäischen Kultur ist, soll in dieser Arbeit jedoch nicht diskutiert werden. Es geht vielmehr darum, die Kritik an der klassischen Darstellung Meiers einzuordnen und zu analysieren. Dazu unterscheide ich zwei Formen der Kritik. Die erste erklärt sich, so meine Vermutung, einerseits aus einem anthropologischen Verständnis dessen, was "das

Der Philhellenismus der Neuzeit, NEAFONI — DEUTSCHSPRACHIGES MAGAZIN FÜR GRIECHISCHE KULTUR, NATUR, TOURISMUS & ZEITGESCHEHEN

Neafoni, DEUTSCHSPRACHIGES MAGAZIN FÜR GRIECHISCHE KULTUR, NATUR, TOURISMUS & ZEITGESCHEHEN, 2017

Die Entdeckung Pompejis und der Beginn der Antikenbegeisterung in Europa Im Jahrhundert der Aufklärung hatte man durch ausgedehnte Grabungen in Unteritalien die Antike entdeckt und sie eingelassen in das Leben und Denken der Zeit. Hauptsächlich manifestierte sich die Antikenbegeisterung an der Freilegung der Städte Pompeji und Herculaneum in Unteritalien. Expeditionen, die vor allem der König auf Sizilien eingeleitet hatte. Die Bedeutung der entdeckten Artefakte und auch die Freilegung der Ruinen sind für die mentalgeschichtliche Entwicklung Europas kaum ausreichend zu würdigen. Einen direkten Hinweise auf den manierierten Umgang des Adels und des gehobenen Bürgertums mit der Antike, der die Artefakte auf die Funktion des dekorativen Interieurs reduzierte, veranschaulicht dabei ein Gemälde Johann Zoffany (1733-1810): Es porträtiert einen der berühmtesten Sammler seiner Zeit: Charley Townley (1737-1805).

Heinz A. Richter, Geschichte Griechenlands im 20. Jahrhundert. Bd. 2: 1939–2004. (Peleus. Studien zur Archäologie und Geschichte Griechenlands und Zyperns, Bd. 67/2.) Mainz/Ruhpolding/Wiesbaden, Franz Philip Rutzen/Harrassowitz 2015

Historische Zeitschrift, 2017

Historische Zeitschrift // BAND 304 / 2017 hörde verfügt, die sich "als eine dem Staat und der Armee in besonderem Maße verpflichtete Elite begreift" (S. 104), wurden und werden in der BRD Rüstungsgüter von privatwirtschaftlich geführten Unternehmen auf dem Wege von Ausschreibungen und Auftragsvergabeverfahren erworben, auch wenn dieses vergleichsweise offene Prozedere Eingriffe von Lobbygruppen nicht ausschließt. Die Beiträge von Erwin A. Schmidl, Christoph Wyniger, Niklas Stenlås und Søren Nørby über Österreich, die Schweiz, Schweden und Dänemark, denen sich ein Ausblick von Bastian Giegerich anschließt, runden das Bild ab. Einmal mehr tritt hier die Vielgestaltigkeit der Lösungsversuche dieses zentralen Problems staatlicher Wirtschaftspolitik zutage, das zudem heute-wie Giegerich völlig zu Recht ausführt-unter dem Eindruck der neuen strategischen und technologischen Herausforderungen mehr denn je Fragen nach europaweiten bzw. internationalen Ansätzen zur Weiterentwicklung dieses Politikfeldes aufwirft. Der vorliegende, gelungene Band leistet damit auch einen facettenreichen Beitrag zur Reflexion dieses Teils der Militärgeschichte des 20. Jahrhunderts.