Polypharmazie bei schizophrenen Psychosen (original) (raw)

Psychopharmaka bei Menschen mit Intelligenzminderung

InFo Neurologie & Psychiatrie, 2017

Rund 3 % der Bevölkerung sind von einer Intelligenzminderung betroffen. Viele von ihnen werden psychopharmakologisch behandelt. Eine solche psychopharmakologische Behandlung kann aus verschiedensten Gründen erfolgen: Zum einen können Menschen mit Intelligenzminderung ebenfalls an psychischen Störungen erkranken, zum anderen treten bei dieser Personengruppe überdurchschnittlich häufig Verhaltensauffälligkeiten auf, die von einer solchen Schwere sind, dass eine irgendwie geartete Intervention notwendig wird.

Pers�nlichkeitsauff�lligkeiten und schizophrene Psychose

Der Nervenarzt, 2003

Die prämorbide Persönlichkeit Als prämorbide Persönlichkeit wird diejenige psychische Verfassung bezeichnet, die vor der eindeutigen Diagnose der Psychose bestanden haben soll. Auffälligkeiten dieser Persönlichkeit sind daraufhin untersucht worden,ob sie in einem wegbereitenden Zusammenhang mit der Erkrankung stehen.In diesem Sinne schwankten die Einschätzungen der Ende der 1970er Jahre erschienenen drei deutschsprachigen Schizophrenie-Studien,inwieweit die sog. Primärpersönlichkeit (noch) unauffällig ist,zwischen 17,3% [6],36,9% [11] und knapp 50% [4].Unter den prämorbid Auf

Pharmakotherapie bei Schizophrenie und komorbider Substanzstörung

Der Nervenarzt, 2008

Substanzen bei schizophrenen Patienten dar [10, 46, 85]. Häufig fand sich auch ein polyvalentes Konsummuster [75]. In einer populationsbasierten Studie erfüllten 47% der Patienten mit der Diagnose einer schizophrenen Spektrumsstörung das diagnostische Kriterium für einen komorbiden Substanzmissbrauch [61]. Damit war die Prävalenz für eine Substanzstörung bei Patienten mit einer schizophrenen Störung 4,6-fach höher als in der Allgemeinbevölkerung. Der ätiologische Zusammenhang zwischen beiden Störungen ist nicht hinreichend geklärt. Vertreten werden: F das Konzept einer zunächst unabhängig voneinander erhöhten Vulnerabilität für beide Störungen beispielsweise im Rahmen einer gestörten Affektregulation, Stressbewältigung oder prädisponierenden Persönlichkeitsausprägung, F das Modell der sekundären Substanzstörung (im Rahmen einer Selbstmedikation oder stark erhöhten Sensiti-vität der schizophrenen Patienten für die Drogenwirkung), F das Modell der sekundären psychotischen Erkrankung (Psychose ausgelöst durch den Substanzkonsum) und F das bidirektionale Modell im Sinne der Aufrechterhaltung beider Störungen durch die gemeinsame neurobiologische oder psychologische Interaktion [47, 85]. Verglichen mit schizophrenen Patienten ohne Substanzkonsum zeigten Patienten mit Doppeldiagnose einen niedrigeren sozioökonomischen Status und reduzierte psychosoziale Funktionen [36, 68, 75]. Der Verlauf war durch eine geringere Behandlungseinbindung, höhere Rehospitalisationsrate und insbesondere niedrigere medikamentöse Compliance [37, 79], höheres Suizidrisiko [13], erhöhte Kriminalität [60] und höhere Rückfallrate gekennzeichnet [31, 40, 75, 79]. Trotz der hohen klinischen Relevanz dieser Doppeldiagnose im Hinblick auf den Langzeitverlauf sind effiziente Therapiestrategien bisher kaum entwickelt und evaluiert worden. In den Studien zur Wirksamkeit der antipsychotischen Pharmakotherapie sind Patienten mit komorbider Substanzabhängigkeit oder Substanzmissbrauch aufgrund der befürchteten Wechselwirkungen der Prüfsubstanz mit Alkohol oder Drogen, dem generell eher ungünstigen Verlauf in dieser speziellen Patientengruppe, der niedrigen Compliance und hohen Drop-out-Rate bisher weitgehend ausgeschlossen worden. Durch die zunehmende Einführung moderner ("atypischer") Antipsychotika, der damit verbundenen geringeren extrapyramidal-motorischen Nebenwirkungen und vermuteten höheren Therapieadhärenz verbindet sich die Hoffnung, auch bei der Gruppe der schizophrenen Patienten mit komorbider Substanzstörung einen günstigeren Behandlungsverlauf erzielen zu können [21]. Differente Rezeptorprofile können neben der antipsychotischen Wirkung möglicherweise zu einer Verminderung des Suchtverlangens und damit des Drogenkonsums beitragen. Die vorliegende Arbeit liefert einen Überblick über die bisherige Studienlage zur Pharmakotherapie dieser Doppeldiagnose, eine Bewertung der Evidenz der vorliegenden Studien und stellt verschiedene medikamentöse Behandlungsstrategien bei dieser Patientengruppe vor.

Kompetente Hilfen beim Wunsch, Psychopharmaka abzusetzen

›Perspektiven der psychiatrischen Krankenhäuser – Mit und ohne Bett‹. Tagungsdokumentation 25./26. und 27. September 2023 in Berlin, 2024

Psychopharmaka absetzen als bloßen Wunsch zu bezeichnen, würde der häufigen medizinischen Notwendigkeit, angesichts sich abzeichnender chronischer oder lebensbedrohlicher Wirkungen von Psychopharmaka diese Substanzen rasch abzusetzen, nur ein geringes Gewicht geben. Das Absetzen kann auch die Folge der Erkenntnis sein, dass ihre prophylaktischen Wirkungen mehr eine Behauptung als eine nachgewiesene Wirkung sind. Dem Entschluss zum Absetzen liegen oft genug befürchtete Rezeptorenveränderungen, die zu erheblichen Problemen beim Absetzen führen können, zugrunde. Und natürlich handelt es sich beim Absetzen von Psychopharmaka auch und insbesondere um die Wahrnehmung des Selbstbestimmungsrechts und des Menschenrechts auf körperliche Unversehrtheit. Einzig angesichts der praktizierten strukturellen Verletzung dieser Rechte wäre es berechtigt, von einem Wunsch zu sprechen – von einem Wunsch nach kompetenter Hilfe. Da diese Hilfen – entgegen den Forderungen der UN-Behindertenrechtskonvention und der WHO – in der Regel bisher nicht gewährt werden, sehen die Betroffenen oft nur den Ausweg, auf eigene Faust vorzugehen.

Therapieadhärenz bei Schizophrenie-Patienten

Psychiatrie und Psychotherapie, 2011

The extent to which patients adhere to recommended therapeutic measures is one of the key challenges for all medical disciplines [1]. It concerns all pharmacological and nonpharmacological therapies. It is a well known fact that patients with psychiatric disorders have great difficulties to adhere to therapeutic regimens. On the other hand they would substantially profit from adhering to medication [2, 3]. This manuscript focuses on treatment adherence in patients suffering from schizophrenia. As adherence problems with regard to the regular intake of medication is one of the key problems in the management of schizophrenia [4] we focus on this specific aspect.

Psychodynamische Psychotherapie von Menschen mit Psychosen

PiD - Psychotherapie im Dialog, 2015

von Dorothea von Haebler reissig bis 60 Prozent der Akutaufnahmen in psychiatrischen Kliniken* mit einem Versorgungsauftrag machen Menschen mit Psychosen aus, und zirka 20 Prozent kommen mit einer ICD-Diagnose aus dem schizophrenen Formenkreis (1). Menschen mit einer Psychose bestimmen den Klinikalltag, und ebenso bestimmend scheint bei ihnen noch immer die Therapie mit Psychopharmaka zu sein, um beispielsweise «mit den Patienten überhaupt arbeiten oder erst mal umgehen zu können». Die Annahme, dass «Krankheitseinsicht» und «Compliance» Voraussetzungen für eine gelingende Behandlung sind, ist weitverbreitet, und bei Menschen mit Psychosen können diese beiden «Höllenhunde vor den Toren der Psychiatrie» (2) häufig nicht passiert werden.

Psychopharmaka absetzen – gewusst wie

Pro Mente Sana Aktuell, 1998

Kenntnisse helfen beim umsichtigen Absetzen. Vor dem Absetzen – auf Grundlage eines eigenen, klaren Entschlusses – ist es sinnvoll, sich über die Vielfalt der möglichen Absetzprobleme und Entzugserscheinungen zu informieren. Als Entzugserscheinungen gelten Störungen und Probleme, die vor Einnahme der Psychopharmaka nicht oder nicht in einem solchen Ausmass vorhanden waren. Die genaue Kenntnis der möglichen Entzugserscheinungen soll den Betroffenen und den sie unterstützenden Personen Gelegenheit geben, im Falle von Absetzproblemen diese realistisch einzuschätzen. Nur so können sie angemessen reagieren, um den Entzugsprozess zum positiven Ende zu bringen. Beim Absetzen aller Psychopharmaka besteht das Risiko, dass ausser den gewöhnlichen Entzugserscheinungen weitere Absetzprobleme wie z.B. vorübergehende Reboundeffekte auftreten: gegenregulatorisch wirkende Anpassungsreaktionen, die zu einem verstärkten Wiederauftreten der ursprünglichen Symptomatik führen. Die gewissermassen spiegelbildlich auftretenden Reboundeffekte machen es besonders schwierig, Entzugserscheinungen als solche zu erkennen und gegen die ursprünglichen Probleme abzugrenzen. Auch dass Supersensitivitätserscheinungen (Delire, Entzugspsychosen usw.) auftreten können, sollte bei der Entscheidung über ein mögliches Absetzen (und – noch besser – schon über einen Beginn der Einnahme) berücksichtigt werden. Aber auch Schlafstörungen, weitere geistig-zentralnervöse Entzugserscheinungen, Muskel- und Bewegungsstörungen sowie lästige, gelegentlich sogar lebensgefährliche vegetative Symptome sind einzukalkulieren, weshalb viele Mediziner einen stufenweisen Entzug befürworten.