Gewalt als Anpassungsstrategie? Zum Umgang mit Belastungen im Jugendstrafvollzug (original) (raw)
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Gewaltopfer im Jugendstrafvollzug – Zu Viktimisierungs- und Tätererfahrungen junger Strafgefangener
2013
Der Beitrag stellt erste Ergebnisse eines Forschungsprojekts vor, über das bereits in Heft 2/2011 (S. 133-146) berichtet wurde. Im Jugendstrafvollzug ist danach die Zahl der Gefangenen, die angeben, selbst Gewalt gegen andere Gefangene ausgeübt bzw. solche Gewalt erlitten zu haben, beträchtlich. Dabei überschneiden sich die Gruppen von Tätern und Opfern weitgehend. Bloße Täter bzw. Opfer stellen eine Minderheit dar. Die verschiedenen Gruppen sind durch Einstellungsunterschiede gekennzeichnet. Stark ausgeprägt ist die Gewaltakzeptanz u.a. in der Gruppe der Täter/Opfer; dort finden sich auch vermehrt negative Einstellungen gegenüber Opfern. Im Längsschnitt zeigt sich, dass unter den Gruppen Fluktuation herrscht und die Gefangenen nicht selten in eine Gruppe mit starker Gewaltausübung wechseln. Die Ergebnisse sprechen für einen Prozess der Anpassung an die Gefangenensubkultur und ihre gewaltlegitimierenden Normen. Interventions- und Präventionsmaßnahmen müssen berüksichtigen, dass die meisten Gefangenen Täter und Opfer von Gewalt sind.
Gewalt und Suizid im Jugendstrafvollzug – Ein Zwischenbericht
Täter - Taten - Opfer. Grundlagenfragen und aktuelle Probleme der Kriminalität und ihrer Kontrolle. Neue Kriminologische Schriftenreihe der Kriminologischen Gesellschaft e.V.; Band 114
Im Namen des Justizministeriums Baden-Württemberg möchte ich Sie bei der 12. Wissenschaftlichen Fachtagung der Kriminologischen Gesellschaft ganz herzlich begrüßen.
Auseinandersetzungen II – Lebenskonstellationen im Jugendstrafvollzug
2018
Der Strafvollzug als „Entwicklungsintervention“ (Greve & Hosser, 2002) ist ohne die aktive Teilnahme des Inhaftierten nicht denkbar (Brandstadter & Greve, 1994, S. 53). Das langfristige Ziel der Entwicklungsintervention ist es Probleme, Konflikte und Schwierigkeiten, die zur Inhaftierung fuhrten oder sie zumindest nicht verhinderten, zu bewaltigen, um dadurch ein Leben in sozialer Verantwortung und ohne Straftaten zu ermoglichen. Gleichwohl werden Gefangene, auch sprachlich, meist passiv imaginiert.
2015
Der Beitrag rekonstruiert die Bedeutungszuschreibungen jugendlicher und heranwachsender Edukanden zu den Erziehungspraktiken ihrer Eltern. Die Datengrundlage der Analyse bilden 36 qualitative Interviews mit Jugendstrafgefangenen, die u.a. hinsichtlich folgender Fragestellungen untersucht werden: Auf welche Weise deuten die jungen Männer die erfahrenen Erziehungspraktiken und wie positionieren sich zu diesen? Reproduzieren sie in und durch ihre Interpretationen Momente sozialer Ungleichheit oder zeichnen sich biografische Neuorientierungen ab? Im Ergebnis lassen sich vier Deutungsschemata elterlicher Erziehungspraktiken ausmachen, die zugleich ein unterschiedliches Ablösungspotenzial vom Herkunftsmilieu andeuten. This paper reconstructs the interpretation of parenting practices from the perspective of adolescent educands. The data basis for the analysis consists of thirty-six qualitative interviews with young prisoners which will be examined with a particular focus on following questions: How do the young men make sense of the experienced parenting practices and how do they position themselves to this? In their interpretations, do they reproduce aspects of social inequality or do they indicate signs of a biographical reorientation? Results show that four interpretive schemes of parenting practices can be differentiated; each indicating a different potential of dissociation from a social background.
Sexuelle und sexualisierte Gewalt im Jugendstrafvollzug
Retkowski/Tuider/Treibel (Hrsg.): Handbuch sexualisierte Gewalt und pädagogische Kontexte. Theorie, Forschung, Praxis, 2018
Gewalt ist unter Gefangenen als Durchsetzungsmechanismus anerkannt und entsprechend verbreitet. Der Beitrag umreißt das Gewaltproblem und mahnt ausgehend von neuesten Forschungsbefunden zur Zurückhaltung gegenüber der Annahme, sexuelle bzw. sexualisierte Gewalt sei im Jugendgefängnis an der Tagesordnung.
Dollinger/Schmidt-Semisch (Hrsg.): Handbuch Jugendkriminalität. Interdisziplinäre Perspektiven, 2018
In einem Überblicksbeitrag ist es schwerlich möglich, alle Forschungsbefunde im Detail darzulegen und zu diskutieren. Wir gehen deshalb wie folgt vor: Zunächst kennzeichnen wir für den Jugendstrafvollzug maßgebliche Entwicklungen der letzten Jahre (1.), um auf dieser Grundlage besonders relevante Fragen und damit zusammenhängende Arbeiten einzuordnen. Dabei behandeln wir schwerpunktmäßig die Problembereiche Gewalt und Disziplinierung (2.) sowie Ausbildung und Arbeit, auch unter dem Aspekt der Desistance (3.), bevor wir zum Schluss einen Ausblick geben.
Prädiktoren für Gewalt während des Strafvollzugs
Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie, 2008
The factors leading to violent behaviour in prison have been the subject of various research projects. Besides causing financial and structural damage to the penitentiary, violent behaviour during prison sentences is considered to be an important predictor of re-offending. The following article provides an overview of the research literature concerning predictors of violence during imprisonment. The examined criteria include socio-demographic (e.g. age, marital status and level of education) as well as criminological (e.g. previous violent convictions, duration of sentence and type of offence) factors.However, the analysis of the significance of the individual factors is not conclusive. Considering the results of numerous replication studies, young age seems to be connected to an increase in risk for intramural infractions while partnership (marriage) seems to have a protective influence. Regarding vocational training and educational level, mixed results were found. However, being unemployed at the time of the crime seemed to increase the risk for rule violations during imprisonment in most studies analysed.Furthermore, it is generally accepted that duration of sentence and time already served has an influence on the risk of violence as well. Inmates with shorter or finite sentences presented violent behaviour more frequently. The relationship between duration of sentence and violent infractions has repeatedly been described as an inverse U-shaped curve. Accordingly, most violations of prison rules occurred in mid-sentence. The literature examined presents inconsistent results concerning previous violent convictions, type of index offence, ethnic origin and the influence of alcohol consumption and drug use. Evidence seems to be more consistent regarding pre-existing risk-associated socio-demographic variables rather than institutional conditions. Overall comparability of the studies was, however, reduced by the fact that violent behaviour was defined very heterogeneously in the different institutions – sometimes even including verbally aggressive behaviour. Institutions also differed in the likelihood of an infraction being recorded. The heterogeneity of the results can furthermore be explained with the very different cultural and sociological backgrounds of the different institutions examined. As prognostic models are very sample sensitive it is vital to define precisely for which populations the prediction is valid and to examine samples of appropriate size and representativeness as well as control a wide variety of influencing factors with multivariable controlling strategies.