Isabelle Stauffer: „Antik und biblisch inspirierte Jenseitsräume bei Sibylle Lewitscharoff, Urs Widmer und Michel Houellebecq“. In: Dies. (Hg.): Jenseitserzählungen in der Gegenwartsliteratur. Heidelberg: Winter 2018, S. 235-257. (original) (raw)

Seelenreise und Katabasis. Einblicke ins Jenseits in antiker philosophischer Literatur. Akten der 21. Tagung der Karl und Gertrud Abel-Stiftung vom 30. Juli bis 1. August 2018 in Tübingen (hg. v. Irmgard Männlein-Robert). Berlin/Boston 2021.

[English version below] Seelenreisen und Hadesfahrten gehören zu den berühmtesten Themen der antiken Literatur, sind bislang jedoch nicht hinreichend unter philosophischen Fragestellungen untersucht worden. Daher vereinigt dieser Band interdisziplinäre Beiträge internationaler WissenschaftlerInnen zum Thema Seelenreise, Hadesfahrt und Katabasis in der Antike mit Blick auf philosophische Texte und Fragestellungen. Das heuristische Paradigma von Seelenreise und Katabasis ermöglicht in beispielhafter Weise, Charakteristika und Spezifika von Seelenkonzeptionen historischer Gesellschaften hinsichtlich ihrer religiösen, politischen und philosophischen Kontextualisierungen und Funktionalisierungen zu untersuchen. In Anknüpfung an die vorliegende Forschungsliteratur zum Themenfeld Jenseitserfahrung, Seelenwanderung, Katabasis und Ekstasis wollen die Beiträge dieses Bandes nun den Horizont mit Blick auf Seelenreisen und verschiedene philosophische Fragestellungen erweitern. Die auf sorgfältigen Textanalysen basierenden vielen neuen Beobachtungen, die mit diesem Band vorgelegt werden, werden sicherlich den aktuellen Forschungsdiskurs mitprägen. This volume compiles interdisciplinary papers by international scholars on the theme of journeys of the soul and katabasis in antiquity. Drawing upon the research literature on the nature of the world beyond, journeys of the soul, and journeys to Hades, these essays expand the perspective to explore philosophical issues and contextualize them in relation to current research discourse.

Anna Babka: Limes, Lamis, Ibis & Abbas Postkoloniale Bruchstücke in Vergiß Ägypten von Barbara Frischmuth. In: Anna Babka, Peter Clar: »Im Liegen ist der Horizont immer so weit weg«. Grenzüberschreitungen bei Barbara Frischmuth. Unter Mitarbeit von Flora Petrik. Wien: Sonderzahl 2016.

»Grenzüberschreitungen bei Barbara Frischmuth« spricht der Titel die-ses Sammelbands an und liefert so Impulse für spezifische Ansätze und Lektüreverfahren. Der Begriff der Grenze, selbst vielschichtig konnotiert und theoretisiert, trennt in bestimmten zeitgenössischen Theoriediskur-sen nicht einfach das eine vom anderen, sondern wird als Liminalität oder Transitzone, als Übergangs-und Schwellensituation konzipiert. Be-sonders innerhalb der Postcolonial Studies wird der Begriff als Raum der Bedeutungsproduktion für ein Denken des Dazwischen-Seins /-Lebens, der prozesshaften Identifikation, und damit auch der Ambiguität von Identität und der Vielfalt von Differenz produktiv. So etwa in jüngerer Zeit bei Homi Bhabha, der für diese Prozesse – u. a. in Anlehnung an das ethnologische Konzept der rites des passage von Arnold van Gennep 1 bzw. der Liminalität von Victor Turner 2 – den zentralen Begriff der Hyb-ridität einführt und entlang diesem Hierarchien unterlaufende Identifi-kationsprozesse beschreibt: »Dieser zwischenräumliche Übergang [orig. interstitial passage] eröffnet die Möglichkeit einer kulturellen Hybridität, in der es einen Platz für Differenz ohne eine übernommene oder über-geordnete Hierarchie gibt .« 3 Barbara Frischmuths anachronisch erzählter Roman Vergiss Ägypten wird mit der Reflexion auf eine solche liminale Zone als Transitzone am Flughafen eröffnet – die Protagonistin befindet sich im Anflug auf Kairo –, zugleich wird in dieser Szene proleptisch ein Raum aufgetan, in dem dichotome Hierarchien, nicht zuletzt im Sinne der ›interstitial pas-sage‹, auf dem Prüfstand stehen und Signifikationsprozesse stattfinden, die von geläufigen Realitäts-und Wahrheitsschemata abweichen. Dass der Transitraum im Flughafen für die Ich-Erzählerin Valerie Kutzer als Ort der Geborgenheit beschrieben wird, wo sie sich fühlt, »als könne [sie] nicht mehr verlorengehen«, ist signifikant für die Konturierung der Figur, die sich, über zahlreiche Analepsen und vielförmige Verbindungs-linien zu Abbas, einem frühen Liebhaber und ägyptischen Studenten

Verborgene Bücher. Judith und die alttestamentlichen Apokryphen, in H.-J. Simm (Hg.), Aspekte der Bibel. Themen - Figuren - Motive, Freiburg: Herder 2017, 177-186.

2017

Im zwölften Regierungsjahr Nebukadnezars, der in Ninive, der großen Stadt, über die Assyrer König war, in den Tagen des Arphaxad, der in Ekbatana über die Meder König war und der um Ekbatana herum aus behauenen Steinen, die drei Ellen breit und sechs Ellen lang waren, Mauern gebaut, die siebzig Ellen hoch und fünfzig Ellen breit waren, der ihre Türme über ihren Stadttoren hundert Ellen hoch aufgeführt und ihnen unten eine Breite von sechzig Ellen gegeben hatte -die Stadttore selbst hatte er siebzig Ellen hoch und vierzig Ellen breit gemacht, damit die Streitmacht seiner Krieger und die Abteilungen seiner Fußtruppen ausrücken konnten -in eben jenen Tagen begann der König Nebukadnezar in der großen Ebene, das ist die Ebene im Gebiet von Regu, einen Krieg gegen den König Arphaxad.

Christina Ujma/Rotraut Fischer, Salon statt Revolution – Exilsalons des Nachmärz, in: Christina Ujma (Hg.): Wege in die Moderne. Reiseliteratur von Schriftstellerinnen und Schriftstellern des Vormärz. Aisthesis Verlag, Bielefeld 2009 (Jahrbuch Forum Vormärzforschung Bd. 14), S. 271—283.

Der Nachmärz war eine finstere Zeit. Mit dem Ende der 48er Revolution veränderte sich für deren Protagonisten und ihre Freunde der Charakter des Reisens schlagartig. Während man vordem Länder und Gesellschaften mit einer mehr oder weniger offenen politischen Agenda bereist und sich der Hoffnung hingegeben hatte, dass heimische und fremde Missstände in der kommenden Revolution untergehen würden, war man durch die nun einsetzende Restauration aller Träume beraubt. Die Revolutionsaktivisten waren über halb Europa zerstreut, Freunde getrennt, Diskurse abgerissen. Mit dem Gang ins Exil hatte man zwar das Leben gerettet, was nicht selbstverständlich war, wie die Schicksale Robert Blums oder Ugo Bassis zeigen; aber nach der gesteigerten, gar fieberhaften Intensität der Revolte, den komprimierten revolutionären Ereignissen, während derer man in dem Bewusstsein agierte, Weltgeschichte zu schreiben, war man unversehens aus dem Zentrum der Ereignisse an die unbedeutenden Ränder der Gastländer geraten. 1