Zur Autokratisierung eines Rechtsstaates: Möglichkeiten und Grenzen der Interpretation (original) (raw)
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Der juristokratische Staat: die Zerlegung seiner Aspekte
National University of Public Service. Working Papers 2017/11.
In den letzten Jahrzehnten haben solche Veränderungen in der Funktionsweise des demokratischen Rechtsstaates begonnen, von denen ihre grundlegende Charakterzüge ebenfalls betroffen sind. Für die Beschreibung dieser neuen Charakterzüge erscheint der Name des juristokratischen Staates anstelle des Rechtsstaates besser zu sein. Einige dieser Veränderungen sind durch die immer grössere Kompetenzen der Verfassungsgerichte neben der Kompetenzen der parlamentarische Mehrheit und des Staatsoberhauptes im Zentrum der Staatsmacht verursacht, und für diese Veränderungen kann die juristokratische Regierungsform neben des Parlamentarismus und Präsidialsystems als eine neuere Regierungsform entworfen werden. Aber im weiteren Sinne kann es nur als die Ersetzung des Rechtsstaats durch den juristokratischen Staat formuliert werden.
Legitimation durch Performanz? Zur Output-Legitimität in Autokratien
Totalitarianism and Democracy, 2012
Auto kra tie ist in die sem Bei trag der Sam mel be griff für auto ri tä re und tota li tä re Spielarten und für ideo kra ti sche und nicht-ideo kra ti sche Vari an ten. 2 Out put-Legi ti mi tät wird in die sem Essay im enge ren, auf den mate ri el len innen po li tischen Out put zie len den Sinn ver wen det, wäh rend das wei te re Begriffs ver ständ nis die Aner ken nungs wür dig keit und fak ti sche Aner ken nung von Ver hei ßun gen, wie sie typischer wei se in Legi ti mie rungs be stre bun gen von Ideo kra ti en vor kom men, ein schließt.
Schlussfolgerungen und Empfehlungen zum Umgang mit Autokratien
Außenpolitik mit Autokratien, 2014
Allein der Blick in unsere unmittelbare geografische Nachbarschaft verdeutlicht, dass wir uns auch mit autokratisch geführten Staaten ins Benehmen setzen müssen. Doch der Umgang mit Autokratien ist schwierig, es gibt kein allgemein anerkanntes Patentrezept. Häufig sehen sich politische und wirtschaftliche Entscheidungsträger Zielkonflikten gegenüber: Hat der Einsatz für Menschenrechte einen wirtschaftlichen Preis? Gefährden Demokratisierungsbemühungen und die damit angestoßenen unkontrollierbaren Transformationsprozesse politischer Systeme die regionale Stabilität und Sicherheit? Scheitert das "normative Projekt" des Westens angesichts erstarkender Autokratien, die unveräußerliche Menschenrechte und Demokratie unterlaufen und westlichen Demokratien, nicht ganz zu Unrecht, Doppelstandards vorwerfen? Können westliche Staaten ihrer "Schutzverantwortung" gerecht werden? Haben sie diese sogar missbraucht, um einen durch die Vereinten Nationen nicht legitimierten "Regime Change" im Irak oder in Libyen zu vollziehen? Dass die Staatengemeinschaft bisweilen die Souveränität von Staaten-die Norm der Nichtintervention, das Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten von Staaten-auch ohne UN-Mandat bricht, bezeichnen nicht nur die Machthaber in Peking und Moskau, sondern auch westliche Vertreter der realistischen Denkschule als "organisierte Heuchelei". 2 1 Die Herausgeber stützen sich bei ihren Schlussfolgerungen und Empfehlungen (teilweise auch im Wortlaut) auf die zentralen Ergebnisse ihrer Kolleginnen und Kollegen, die in ihren Beiträgen Teilaspekte analysiert haben, ohne dass diese immer explizit genannt oder zitiert werden.
Zeitschrift für Politische Theorie, 2017
Bruno Latours Monographie Die Rechtsfabrik. Eine Ethnographie des Conseil d'État er-schien im französischen Original bereits 2002 und in der englischen Übersetzung 2010. Für viele Interessierte dürfte die insgesamt überzeugende deutsche Übersetzung von Claudia Brede-Konersmann daher keine ganz neue Entdeckung mehr sein. Rückblickend erweist sich das Buch als ein Schritt Latours in seiner Arbeit an einem breit angelegten philosophischen Projekt, das er in Existenzweisen. Eine Anthropologie der Modernen dar-legt (Latour 2014). Dort entfaltet Latour 15 Ontologien, die seine Diagnose von 1991, wonach wir nie modern gewesen seien (Latour 2008), um eine positive Erzählung der Modernen ergänzt. Die Sammelbände von Marcus Twellmann und Kyle McGee reagieren sowohl auf die Rechtsfabrik wie auch auf die Existenzweisen. Die Diskussion der Exis-tenzweise des Rechts – abgekürzt mit [REC] – basiert vor allem auf Latours ethnographi-scher Untersuchung des Conseil d'État und spielt eine besonders prominente Rolle unter den Existenzweisen, da sie als einzige relativ immun gegen die Umwälzungen des Mo-dernismus geblieben sei (Latour 2014: 490). Die Rechtsfabrik ist der Bericht über fünfzehn Monate Arbeit im Feld, die Latour Mitte der 1990er Jahre über vier Jahre verteilt im Palais Royal, dem Pariser Sitz des Conseil, verbrachte. Typisch für die Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT) wird Recht als hyb-rides Ensemble beschrieben, für das ein institutionelles Setting genauso eine Rolle spielt wie die aktenförmige Materie und die beteiligten Menschen. Die spezifische Artikulation des Rechts – mit dem Begriff fasst Latour die Art und Weise, wie verschiedenste Entitä
Österreichs Umgang mit autokratischen Staaten
2016
Die wissenschaftliche Literatur über internationale Kooperation konzentrierte sich im Wesentlichen auf Demokratien. Eine große Rolle spielte die These des "demokratischen Friedens", wonach Kooperation und Interdependenz von Demokratien wegen ihrer inneren Verfasstheit viel stärker entwickelt wären als bei Autokratien, was zu friedlicherem Verhalten von demokratischen Staaten zueinander führen würde. Das Grundsatzprogramm der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) 1998 greift die wissenschaftliche These des "demokratischen Friedens" auf, wonach Demokratien nicht in weitreichende gewaltsame Auseinandersetzungen mit anderen Demokratien involviert sind: "Die effektivste Gewaltprävention ist die Entwicklung Europas zu einer Zone demokratischer Rechtsstaaten. Demokratien führen in aller Regel keine Kriege gegen andere Demokratien." 1 Neuere Arbeiten untersuchten das Kooperationsverhalten von Autokratien. 2 Sie kommen zu dem Schluss, dass außenpolitische Kooperation bei bestimmten Autokratietypen nicht nur außenpolitisches Verhalten verändern, sondern auch innenpolitische Öffnungen erreichen kann. Die großen Ausnahmen sind Ein-Personen-Diktaturen. Dieser Artikel geht der Frage nach, welche Beziehungen ein neutraler Kleinstaat, wie Österreich, zu autokratischen Staaten entwickelt. Prinzipiell geht für Österreich Integration vor Isolation. Denn bei Konfrontationen sind Kleinstaaten meist die Verlierer. Dahinter steht auch die durch historische Erfahrung genährte Hoffnung, dass durch Kooperation langfristig die Autokratie gemildert wird. Österreicher haben eine obrigkeitsstaatliche Vergangenheit. Sie wird in Umfragen immer wieder sichtbar. Knapp ein Drittel (29 Prozent) der Österreicher befürwortet einen "starken Führer, der sich nicht um Wahlen und Parlament kümmern muss". 3 Diese Haltung ist aber nicht, wie vielfach in der Medienöffentlichkeit dargestellt wird, 4 mit nationalsozialistischem Gedankengut gleichzusetzen. Diese Frage bezieht sich auf den aktuellen politischen Kontext und ist wohl eher beeinflusst von der Kritik der Medien, die den gewählten Politikern und Parteivorsitzenden in regelmäßigen Abständen "Führungsschwäche" vorwerfen. Immerhin stimmen 85 Prozent der Österreicher der Aussage zu, dass es sich bei der Demokratie um die "beste Regierungsform" handelt. Auch die Verunsicherung durch die Wirtschaftskrise im Allgemeinen und die mangelnde staatliche Kontrolle der Aktivitäten der Bank
Dämmerung des demokratischen Rechtsstaates? Zur Renaissance des Dezisionismus
Kritische Justiz, 2009
Dämmerung des demokratischen Rechtsstaates? Zur Renaissance des Dezisionismus Wer sich heute der Meistererzählung einer in der Bundesrepublik seit ihrem Anbeginn »erfolgreich praktizierten Demokratie« widersetzt, kann schnell zum Spielverderber abgestempelt werden. Immerhin schadet er dem »normalisierten« »Standort Deutschland«, dessen symbolisches Kapital maßgeblich von seinem Ansehen in der Welt abhängt. Aber etwas ist seltsam an dieser Meistererzählung. Sie lenkt ab, zumindest ignoriert sie die gegenwärtige Krise der rechtsstaatlichen Demokratie. Schon deshalb wird die Meistererzählung vom »demokratischen Erfolgsmodell« von den herrschenden Eliten gegen Kritik verteidigt: Sie ist nützliches Vehikel für den Umbau der Gesellschaft, d.h. den Abbau sozial-und rechtsstaatlicher Strukturen, ohne dabei der Hypothek nationalsozialistischer Vergangenheit ins Auge sehen zu müssen. 1 Oskar Negt bemüht den Vergleich der Gegenwart mit der Krise der späten Römischen Republik: »Cicero spricht für seine Zeit von einer ›res publica amissa‹, also einer verloren gegangenen Republik. Zwar funktionierten die republikanischen Traditionen und Institutionen alle noch, und der Senatus Populusque Romanus verkörperte das Zentrum der Welt. Noch wurde im Senat die Politik Roms diskutiert, und dennoch hatten viele Menschen den Eindruck, dass sich in dieser Zeit eine andere Realität herausbildet. Ein Indiz: Wenn Pompeius oder Caesar in den Senat kamen, hat kein anderer mehr das Wort ergriffen. Die Rhetorik der Senatoren verschwand zunehmend aus dem politischen Geschehen, was Cicero sehr genau als Zweiteilung der politischen Wirklichkeit Roms registrierte-in eine offizielle Wirklichkeit und eine darunter, die sich schon nach ganz anderen Mustern und politischen Ritualen in Richtung Prinzipat organisierte und damit letztlich auf die Abschaffung der republikanischen Institutionen hinauslief.« 2 Eine vergleichbare »Gefahr unterschwelliger Verschiebungen im demokratischen Gefüge«, wie Negt es nennt, existiert auch heute, so dass sich etwas Ähnliches mit dem demokratischen Rechts-und Sozialstaat als spezifische Ausgestaltungsform westlicher Demokratie wiederholen könnte. Die Virulenz einer »zweiten, unterschwelligen gesellschaftlichen Realitätsschicht«, 3 in der 1 Wie umfangreich diese Hypothek auf der politischen Kultur der Nachkriegsgesellschaft lastet und sich auf die Handlungsbereiche von Politik, Öffentlichkeit, Justiz, Wissenschaft und Kultur auswirkten und bis heute auswirken, lässt sich eindrucksvoll diesem jüngst erschienenen Sammelband entnehmen:
Gesetzgebung im Rechtsstaat. Selbstbindungen der Verwaltung
De Gruyter eBooks, 1982
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