Clermont, Burgund und Thüringen. Zur Chronologie des Arcadiusaufstands bei Gregor von Tours (Historien III 9–13) (original) (raw)
2020, Francia. Forschungen zur westeuropäischen Geschichte 47
Der Aufsatz behandelt den Aufstand des Aristokraten Arcadius aus Clermont, der um 525 versuchte, die Herrschaft des Merowingerkönigs Theuderich abzuschütteln; er lud dazu Theuderichs Bruder Childebert ein, die Stadt seinem Herrschaftsgebiet einzugliedern. Diese Ereignisse sind deshalb schwer zu bewerten, weil Gregor von Tours, unser hauptsächlicher Informant, seine Schilderung im Kontext weiterer Begebenheiten verortet, die zum Teil schon aus chronologischen Gründen nicht mit dem Arcadius-Aufstand in Zusammenhang gebracht werden können (das betrifft hauptsächlich die fränkischen Kampagnen gegen Burgunder und Thüringer). Die bisherige Forschung hat zwar auf die meisten dieser chronologischen Unvereinbarkeiten hingewiesen; allerdings ist der Versuch, die einzelnen Wissenssplitter, die die Überlieferung bereithält, in einen stimmigen Zusammenhang zu bringen, bislang unterblieben. Diese Lücke will der Aufsatz schließen. Im Lichte der Parallelüberlieferung (frühmittelalterliche Chroniken, Prokop, Cassiodor, Agathias) werden die einzelnen chronologischen Kontextualisierungen Gregors in Augenschein genommen. Es zeigt sich, dass die Angaben Gregors einzelnen betrachtet einer historisch-kritischen Überprüfung standhalten und sich beim Abgleich mit der übrigen Überlieferung – trotz ein paar weniger Abstriche – wider Erwarten ein plausibles historisches Gesamtbild ergibt. Vor diesem Hintergrund treten nun auch die Motive des Aufstandes deutlicher zu Tage als bisher.
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"„Castellum, Curia, Palatium“ – Mit diesen drei durchaus plakativen und in der archäologisch-historischen Forschung bedeutungsschweren Begriffen wurde ein noch bis vor wenigen Jahren unbekanntes mittelalterliches Bodendenkmal im mainfränkischen Steigerwaldvorland nahe der unterfränkischen Stadt Gerolzhofen belegt, dessen Untersuchung ab 2007 im Rahmen eines großen und durch diverse Unterstützer ermöglichten Forschungsprojektes realisiert werden konnte. Mehrjährige archäologische Ausgrabungen auf dem Kapellberg bei Gerolzhofen, deren Dokumentation und Auswertung in der vorliegenden Studie nun erstmals umfassend der Öffentlichkeit vorgelegt werden, erbrachten eine Fülle von Funden und Befunden, die wesentlich zur Rekonstruktion der mittelalterlichen Geschichte Mainfrankens beitragen und durch unterschiedliche Aspekte darüber hinaus wichtige Informationen zu diversen Themengebieten der Mittelalterarchäologie liefern. Insbesondere während des 8. bis zum beginnenden 15. Jahrhundert stellte sich der kleine Bergsporn am Westrand des Steigerwaldes trotz eines auffälligen Mangels an Schriftquellen als ein zentraler Ort der Region und politisch-wirtschaftlicher Bezugspunkt sowohl der herrschenden Eliten als auch der lokalen Bevölkerung heraus. Ihren Anfang nimmt die Geschichte des Hügels in Form einer namenlosen spätmerowingerzeitlichen Burganlage mit mächtiger Wall-Graben-Befestigung und hölzerner Innenbebauung aus den Jahrzehnten um 700, die auch in karolingischer Zeit eine hohe strategische Bedeutung besaß. Für das fortgeschrittene 8. und 9. Jahrhundert kann der Platz gar als administrativer Mittelpunkt eines wichtigen Fiskalgutkomplexes angesprochen werden, der als einer von insgesamt 25 zur wirtschaftlichen Erstausstattung des neu gegründeten Bistums Würzburg herangezogenen Königshöfe in die Geschichtsbücher eingegangen ist. In ottonischer Zeit erweiterte man das "castellum", um einen im Zuge dieser Arbeiten ebenfalls errichteten steinernen Repräsentationsbau von etwa 40 m Länge und bis zu 14,40 m Breite zu schützen. Die Gestaltung dieses zweifelsfrei in die Mitte des 10. Jahrhunderts datierten und sakrale wie profane Funktionen in sich vereinenden Gebäudekomplexes findet seine Entsprechung in der Baukunst ottonischer Pfalzen oder Königshöfe und stellt somit ein hochkarätiges und überregional bedeutendes Zeugnis frühmittelalterlicher Herrschaftsarchitektur dar, als dessen Bauherren die "Schweinfurter Grafen" gelten dürfen und das sogar in der Chronik Thietmars von Merseburg erwähnt wird. Nach einer vermeintlichen Zerstörung oder Schleifung der Burg im Rahmen der die politische Landschaft Nordostbayerns erschütternden „Schweinfurter Fehde“ und einer im Zuge dessen erfolgten Entfremdung von ihren ursprünglichen Besitzern entwickelte sich der Kapellberg samt einer angrenzenden Siedlung Lindelach im hohen Mittelalter zu einem wichtigen Wirtschaftsstandort der Würzburger Bischöfe. In den folgenden Jahrhunderten des hohen Mittelalters wurde die Anlage durch weitere Baumaßnahmen den Anforderungen der neuen Besitzer angepasst und diente während der weltlichen Herrschaftskonsolidierung des Hochstifts Würzburg als „curia episcopi Lindeloch“ der mainfränkischen Diözese als politisch-ökonomischer Knotenpunkt und gleichsam Symbol der kirchlichen Macht in der Region, die mit Hilfe eines am Ort angesiedelten Ministerialengeschlechts aufrecht erhalten werden sollte. Diese Entwicklung gipfelte laut bischöflicher Kanzleischreiber im 14. Jahrhundert schließlich in der Erhebung des Ortes zu einem von nur fünf im Einflussbereich der Würzburger Kirche existierenden „pallacia“, bischöflichen Höfen mit Verwaltungs- und/oder Residenzcharakter. Diese zeichneten sich im Fall des Kapellbergs weiterhin durch eine zeitgemäße und repräsentative Architektur samt Inneneinrichtung aus und dienten dem reichhaltigen Fundmaterial des ausgehenden 14. Jahrhunderts zufolge weiterhin einer größeren Personengruppe als Wirkungsbereich. Nur wenige Jahrzehnte nach einer letzten und aufwendigen Um- und Ausbauphase des weiterhin mit Kapelle und profanen Räumen ausgestatteten Bauwerks fand selbiges offenbar im Verlauf des sogenannten „Fränkischen Städtekrieges“ seinen Niedergang, der sich anhand unterschiedlicher Indizien recht sicher in die Jahre um 1400 datieren lässt. Die Forschungen auf dem Kapellberg resultierten in der Neuentdeckung eines über siebenhundert Jahre existierenden Siedlungsplatzes des frühen bis späten Mittelalters, der auf künftigen Kartierungen mittelalterlicher Zentralorte nicht mehr fehlen darf. "
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