Sympathetische Aneignung: Höfische Gelegenheitsmelodramen um 1800 (original) (raw)
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2010
2 Frömmigkeit nicht klar definiert wurde, möchte ich versuche zu klären, wie ich diesen Terminus zu gebrauchen denke. Ich scheide Frömmigkeit ganz klar von dem Begriff der Religiosität. Religiosität wird definiert als [...] die aus dem Inneren (der Seele, der Subjektivität) entspringende Gesinnung und Haltung des Menschen gegenüber Gott bzw. den Heiligen. Sie basiert [...] auf dem gesamten Empfindungs-und Wahrnehmungsvermögen des Menschen. 3 Dazu steht im Gegensatz die Frömmigkeit, die auch eine innere Grundhaltung des Menschen gegenüber Gott bezeichnet, die sich im gesamten Spektrum des menschlichen Sprechen und Tun artikuliert. 4 Jedoch bezeichnet Frömmigkeit viel mehr ein meist vorbildliches religiöses Verhalten. Ein frommer Mensch ist demnach ein Mensch, der eine zutiefst innere Beziehung zu Gott hat und sein gesamtes Handels-und Argumentationsspektrum durch sein Religionsverständnisses ausrichtet. Somit ist nicht jeder religiöse Mensch gleichzeitig fromm, aber jeder frommer Mensch religiös. Es gibt nicht "die" Frömmigkeit, da jeder Mensch eine vollkommen unterschiedliche Beziehung zu Gott unterhält. Dieser religionsinterner Pluralismus ist auch bedingt unter anderem durch sozialen Faktoren, also man unterscheidet persönliche Frömmigkeit von der Frömmigkeit einer kleine oder große Gruppen, oder gar einer religiöse Institutionen etc. 5 Die äußeren Zeichen und Ausdrucksweisen von Frömmigkeit eines einzelnen Menschen oder einer Gruppe präsentieren sich in vielfältiger Weise, in Gebeten, Fasten, Wohltätigkeit etc. 6 Frömmigkeit ist demnach, unabhängig von den sozialen Faktoren, nicht nur ein privates, sondern da die Menschen ihre Frömmigkeit auch sichtbar machen, ein zutiefst öffentliches Phänomen. 7 Zunächst konnte Frömmigkeit im christlichen Mittelalter oft nur über eine Gruppe ausgedrückt werden. Im späten Mittelalter, dem Zeitrahmen der Betrachtungen dieser Arbeit, wurde Frömmigkeit zusehends individualisiert. Dieser Prozess ist besonders bei Frauen zu erkennen, wie Beginen, oder Klausnerinnen, die sich von einer Gemeinschaft losgelöst räumlich abtrennten und einem zutiefst frommen und religiösen Lebensstil 3 Bernhard GROM, Religiosität. In: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 8, Freiburg/Basel/Rom/Wien 3 1999, 1087. 4 Medard KEHL, Frömmigkeit. In: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 4, 3 1995, 166. 5 KEHL, Frömmigkeit, 167. 6 KEHL, Frömmigkeit, 168. 7 Sebastian SCHOLZ, Öffentliche Frömmigkeit im 15. Jahrhundert. Stiftung, Memoria und Repräsentation auf Denkmälern. In: Jörg ROGGE (Hrsg.), Religiöse Ordnungsvorstellungen und Frömmigkeitspraxis im Hoch-und Spätmittelalter (= Studien und Texte zur Geistes-und Sozialgeschichte des Mittelalters, Bd, 2), Korb 2008, 115. 3 lebten. 8 Aber auch im laikalen Bereich ist ein Individualisierungsprozess in dieser Zeit feststellbar. Vor allem adelige Frauen begannen ihre Frömmigkeit in den verschiedensten Formen eigenständig auszudrücken, etwa durch Gebetbücher, Andachtsbilder, Hausaltäre etc. 9 Die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem vielschichtigen Phänomen Frömmigkeit nhat über die letzten Jahrzehnte zugenommen. 10 Dabei ist insbesondere die persönliche Frömmigkeit ein aktuelles Thema in der geschichtswissenschaftlichen Forschung, aber auch interdisziplinär. Beispielsweise wurde eine interdisziplinäre Tagung über persönliche Frömmigkeit am archäologischen Institut der Universität Hamburg vom 25. bis zum 27.11.2010 abgehalten. 11 Eine bedeutende Quelle um Frömmigkeit, sowohl der Laien als auch der Geistlicher, vergangener Zeiten zu erfassen und sichtbar zu machen, sind die hagiographischen Quellen, besonders Legendare, die als Grundlage für Predigten, aber auch für privates und öffentliches Lesen besonders geeignet waren. Außerdem waren hagiographische Quellen auch die Grundlage für Bilder und andere Kunstwerke. Hagiographische Quellen erreichten anders als alle anderen historiographischen Texte breitere Bevölkerungsschichten. 12 In gewissem Sinne führen hagiographische Texte tiefer in das Leben der damaligen Generationen hinein, als es andere historiographische Texte wollen oder können. 13
Stille Zeitzeugen – Ein bäuerliches Inventar aus dem 19. und 20. Jahrhundert
Stadt Zürich. Archäologie und Denkmalpflege. Bericht 2010-2012, S. 70–79., 2012
Ein rund fünfhundert Jahre altes Vielzweckbauernhaus im Ortskern Albisrieden beherbergte ein überaus reiches Inventar an verschiedensten Gegenständen. Die Objekte legen Zeugnis ab vom täglichen ländlichen Leben. Sie vergegenwärtigen darüber hinaus das Wirken und Schaffen mehrerer Generationen mit Schwergewicht in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte 23, 2021
After the Westphalian Peace of 1648, several multilateral peace negotiations were established in international congresses in order to secure and rebuild peace in Europe. This diplomatic reflex provoked recurring criticism, which featured its own distinct characteristics in term of content, language and style. As an example, this paper presents a Latin pasquille published from the middle of the 17th to the middle of the 18th century in different diplomatic contexts, which criticized the efficiency of a particular peace congress with mocking verses. Based on this source, it is argued that the perpetuation of this criticism in a bonmot-like poem, which could be repeatedly recontextualized, refers to a “diplomatic public”. Such public would either closely observe and comment on multilateral negotiations or receive such observations and comments. In addition, the persistence of the text of the pasquille in new or newly presented publicist contexts indicates that criticism of international behavior had become just as natural as multilateral congress diplomacy itself. Nach dem Westfälischen Frieden 1648 etablierten sich multilaterale Verhandlungen als internationales Kongresswesen, das in Europa Frieden wiederherstellen und sichern sollte. Dieses wiederkehrende diplomatische Verhalten rief wiederkehrende Kritik hervor – Kritik, die sowohl inhaltlich als auch sprachlich und stilistisch konstant blieb. Im besonderen Fall wird ein lateinisches Pasquill in Versform vorgestellt, das von der Mitte des 17. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts in der Berichterstattung über Friedenskongresse publiziert und verbreitet wurde und die Effizienz eines jeweiligen Kongresses mit spöttischen Versen überzog. Zu diesem Befund wird argumentiert, dass die Verstetigung der Kritik in einem bonmot-artigen Spottgedicht, das immer wieder neu rekontextualisiert werden konnte, auf ein Diplomatic Public verweist, das multilaterale Verhandlungen genau beobachtete und kommentierte bzw. diese Beobachtungen und Kommentierungen konsumierte und verbreitete. Zudem verweist die textliche Beständigkeit des Pasquills in immer neuen bzw. als neu dargestellten publizistischen Kontexten auf eine Verselbstständigung der Kritik zu einem ebenso selbstverständlich gewordenen internationalen Verhalten: der multilateralen Kongressdiplomatie.
Neutralisierung und historische Aneignung. Sammlungen schlesischer Altertumsforscher um 1700
Vorwelten und Vorzeiten. Archäologie als Spiegel historischen Bewußtseins in der Frühen Neuzeit, 2010
Der Aufsatz handelt von den moralischen und ideellen Dilemmas und von den Zweifeln schlesischer Altertumsforscher, die sich im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert mit dem Ausgraben und Sammeln von prähistorischen Urnen und anderen heidnischen „Reliquien“ beschäftigten. Es wird untersucht, welchem Interpretations- und Transformationsprozeß eine heidnische Urne unterworfen werden mußte, um in das Kabinett eines Sammlers gelangen zu können, ohne daß sich der Sammler dem Vorwurf einer Entweihung oder dem eines so nutzlosen wie vergeblichen Zeitvertreibs aussetzte. Aufgrund der Analyse der Texte und ikonographischen Quellen wird versucht, den in dieser Hinsicht notwendigen Prozeß der Neutralisierung und Historisierung der heidnischen Altertümer zu beschreiben und seine Folge für die Sammlungs- und Wissenschaftskultur Schlesiens um 1700 zu bestimmen.