Reflexion ist wie ein Muskel, der trainiert werden muss.« weiter bilden spricht mit (original) (raw)

Das postkinematografische Bild im Zeichen der Reflexivität

Vielen Dank für die Einführung. Sehr geehrter Herr Fachbereichssprecher, sehr geehrte Damen und Herren] I. In den letzten Jahren ist im film-und medienwissenschaftlichen Diskurs vermehrt die Rede von der Postkinematografie. Wir sollten diesen Begriff allerdings nicht mit der Rede vom Tod des Kinos gleichsetzen. Seit seinen Anfängen, schon bei Louis Lumière, der das Kino zu einer Erfindung ohne Zukunft deklarierte, ist das bevorstehende Ableben des Mediums in periodischen Abständen prophezeit worden; so insbesondere im Gefolge von produktiven Krisen und technologischen Umbrüchen, die, im Sinne Marshall McLuhans, jede neue Erweiterung nur um den Preis des Verlusts von etwas Bestehendem erlaubten. Mit der postkinematografischen Entkoppelung von Kino und Film eröffnet sich stattdessen eine Vielfalt von neuen Fragestellungen und Möglichkeiten. So sind Kino und Film im Rahmen sich historisch entwickelnder Praktiken in einer Dialektik von Kontinuität und Wandel zu verorten. Die Fragestellung, der ich hier nachgehen möchte, ist also, inwieweit die Postkinematografie Bilder und Narrative hervorbringt, die über besonderes mediales Wissen verfügen und den eigenen, veränderten medialen Status reflektieren, und damit auch die Relation zwischen dem Kinematografischen und Postkinematografischen, in dem ersteres nicht einfach abwesend, sondern aufgehoben ist. II. Als Überbegriff bezieht sich das Postkinematografische auf die heute veränderten Umstände von Produktion, Distribution, Aufführung oder Abspielung sowie auf die Rezeption von Filmen und auf ihre Weiterverarbeitung. Als emergentes Phänomen sind damit vorderhand eine Reihe von verschiedenen technischen Neuerungen gemeint: zunächst die seit den 1990er Jahren zunehmende und heute weitgehend vollzogene Digitalisierung des Films, die zuerst die Postproduktion mit Schnitt, Sound-und Effektedesign erfasste, während die Digitalisierung von Produktion und Kinoaufführung sich in den letzten Jahren rasant entwickelt hat. Zum jetzigen Zeitpunkt haben fast alle Kinos auf digitale Projektion umgestellt, obwohl in der Produktion, beim eigentlichen Dreh, zum Teil immer noch analog auf 35mm gefilmt wird (mit anschliessender Digitalisierung), interessanterweise gerade bei teuren Blockbustern, wie etwa letztes Jahr im Falle von Jurassic World oder der James-Bond-Produktion Spectre. Dies, um [Original unpublished paper, © 2016 Henry M. Taylor] 2

"Es braucht eine Kulturtechnik der Bildbetrachtung, die anders über Bilder nachzudenken hilft"

2019

Interview mit Thomas Helbig und Anna Stemmler über Erscheinungsformen der Gewalt im Wechselverhältnis von Bild und Betrachter Szenen körperlicher wie psychischer Gewalt verursachen unterschiedliche Wirkungen zwischen Faszination und Schrecken: Sie verstören und irritieren, provozieren Ekel und Lust, können Massenpaniken auslösen und Schaulustige anlocken. Durch dieses Attraktions-und Abstoßungspotenzial stellen uns Gewaltbilder immer wieder vor eine harte ästhetische, moralische und parteipolitische Wahl: Besser hin-oder doch lieber wegsehen? Dieser Frage ist die interdisziplinäre Tagung "Hin-und Wegsehen! Erscheinungsformen der Gewalt im Wechselverhältnis von Bild und Betrachter" nachgegangen, die am 01. und 02. Juni 2018 im Warburg-Haus, Hamburg stattgefunden hat. Wir haben sechs der vierzehn Referentinnen und Referenten ausgewählt und sie zur Wirkung von Gewaltbildern und dem Umgang mit ihnen befragt. Ihre Antworten erscheinen als kleine Interviewreihe. Die Unterschiedlichkeit der Antworten zeigt nicht nur die Komplexität des Themas, sondern auch die dringende Notwendigkeit der Kontextualisierung. (l.) Thomas Helbig, (r.) Anna Stemmler, Copyright: Barbara Herrenkind

»Lesen, lesen, lesen – lernen, lernen, lernen!«. weiter bilden spricht mit Wolfgang Bosbach

2018

Wolfgang Bosbach, cdu, war 23 Jahre lang Mitglied des Deutschen Bundestages. Er wurde geschätzt für seine Geradlinigkeit – auch weil er sich mit seinen Überzeugungen dem Druck der eigenen Partei entgegenstellte. Sein eigener Lebensweg war jedoch nicht immer gerade. Für WeITer BILdeN sprach Redakteur Jan Rohwerder mit ihm über beruflichen Wandel, den Nutzen von Weiterbildung und die Notwendigkeit des stetigen Lernens. WeITer BILdeN spricht mit WoLfgaNg BosBach

Zur Förderung von Reflexionskompetenz in der LehrerInnenbildung

2018

Aufhänger des vorliegenden Beitrags ist der Start des Master of Education im Herbst 2014 in der Ausbildungsregion Köln, dessen Herzstück die wissenschafts-und berufsfeldbezogene Heranführung der Studierenden an die Praxisanforderungen von Schule im Rahmen des Praxissemesters darstellt. In universitär verantworteten sogenannten Vorbereitungsmodulen auf das Praxissemester sollen die Studierenden lernen, wissenschaftliche Theorie und schulische Praxis in einer forschenden Grundhaltung aufeinander zu beziehen, indem sie sich kritisch-konstruktiv mit Theorieansätzen, Praxisphänomenen und der eigenen LehrerInnenpersönlichkeit auseinandersetzen. Schon seit Langem gibt es allerdings empirische Hinweise auf äußerst geringe Wirkungen des theoretisch verankerten Professionalisierungsprozesses innerhalb des Lehramtsstudiums auf die spätere Handlungskompetenz in der schulischen Praxis (vgl. Neuweg, 2005). So orientiert sich LehrerInnenhandeln in der Praxis offenbar 1 Gefördert durch das hochschulinterne Programm Forschung und Lehre verbinden der DSHS (2015) .

Ich habe Schmerzen : Wittgensteins Schreien oder Reflexion?

Philosophisches Jahrbuch, 2004

Die Wahrnehmung von Außenwelt-Objekten ist wahrheitsdifferent: Seit Descartes gilt der philosophischen Erkenntnistheorie als unbestreitbar, dass Wahrnehmung niemals gewiss, sondern immer entweder wahr oder falsch ist. Dementsprechend sinnvoll ist im Zusammenhang mit Wahrnehmungsurteilen die Rede von Zweifel, Glaube oder Wissen. Was aber mag es heißen, im Zweifel darüber zu sein, ob man Schmerzen habe? Im Gegensatz zur Fremderkenntnis ist Selbsterkenntnis, wie z. B. der Satz "ich habe Schmerzen", anscheinend immun gegen Irrtum. Dadurch aber wird fragwürdig, inwiefern in Bezug auf Selbsterkenntnis überhaupt noch von Wahrheitsdifferenz gesprochen werden kann, und recht verstanden wird dadurch gar fragwürdig, ob es so etwas wie Selbsterkenntnis überhaupt gibt. Wittgenstein kritisiert anhand einer Analyse des Satzes "ich habe Schmerzen" das Konzept der traditionellen Subjektivitätsphilosophie, indem er zunächst klarzustellen versucht, dass es keine Wahrnehmung von Innenwelt-Objekten gebe, Empfindungen also keine inneren Objekte seien, auf die man sich mit einem ‚inneren Auge' richte. Diese nicht gerade neue Kritik wird von Wittgenstein entscheidend ergänzt: Sätze wie "ich habe Schmerzen" seien keine Behauptungen über bestimmte Personen, bezüglich solcher Sätze könne nicht von Wissen oder Glaube geredet werden, und schließlich-so zumindest die übliche Interpretation-sei der Satz "ich habe Schmerzen" so wie ein Schreien oder Stöhnen nur ein bloßer Ausdruck der Schmerzempfindung, jedoch keine Behauptung, die wahr oder falsch sein könnte. Damit bestreitet Wittgenstein, dass es sich bei "ich habe Schmerzen" um eine besondere, reflexive Art von Erkenntnis handelt, vielmehr sei man wie beim Schreien oder Stöhnen auf einer rein expressiven Ebene. Diese Wittgenstein zugeschriebene Auffassung ist aber-wie gezeigt wird-durch seine Texte nicht gut belegt und der Sache nach nicht haltbar. Die bloße Sprachanalyse von Schmerzsätzen führt zu keiner haltbaren eigenen Auffassung 2 , weil-so die denkbare Reaktion einer Subjektivitätsphilosophie-dem egologischen, diskursiven Schmerzbewusstsein, das 1 Dieser Aufsatz ist mein vorläufiges Ergebnis wiederholter Diskussionen mit Barbara Schmitz. Vgl. zu ihrer Wittgenstein-Auslegung Schmitz (2002), insbesondere Kap. 6. 2 Mit Schmitz (2002), Abschnitt 6.2. und entgegen Vossenkuhl (1995), Abschnitt VII.2. gehe ich dabei davon aus, dass Wittgenstein in seiner Spätphilosophie keinen Solipsismus mehr vertritt. Die Auffassung, die scheitert, ist die Wittgenstein zugeschriebene, nicht-solipsistische, der gemäß mit öffentlicher Sprache Privates geäußert-zum Ausdruck gebracht-werden kann, nicht aber über Privates geurteilt.