Maßhalten. Eine Tugend als Entscheidungshilfe (original) (raw)

Die Toleranz als Tugend

2019

Mit folgender Bachelorarbeit über die Tugend der Toleranz möchte ich in erster Linie einen überblicksmäßigen Einblick in unterschiedliche Herangehensweisen zu den Begriffen der Tugend und der Toleranz geben. Dazu möchte ich mich primär auf die Werke Nikomachische Ethik von Aristoteles, Metaphysik der Sitten von Immanuel Kant und Toleranz im Konflikt von Rainer Forst konzentrieren. Ich habe diese Werke aus diesem Grund herangezogen, da sie meines Erachtens einen guten Einstieg in die äußerst komplizierte und viel diskutierte Materie der Tugend und der Toleranz liefern. All diese Werke konzentrieren sich darauf, Antworten auf die Fragen, was ‘Tugend an sich’ ist und welche Komponenten Toleranz als Tugend enthält, sowie was es dafür benötigt, zu liefern. Ich möchte meine Arbeit in drei Kapitel unterteilen, wobei diese immer wieder auf einander zurück- oder vorgreifen werden. Zu Beginn möchte ich den Tugendbegriff nach Aristoteles erörtern und werde hierzu den ein oder anderen zusätzlichen Begriff, wie den des Glücks, erläutern müssen. Es gilt vorab zu erwähnen, dass für Aristoteles der Tugendbegriff ein essentieller war, weshalb ich bezüglich der Darlegung seiner Ideen besondere begriffliche Vorsicht werden walten lassen. Im Zuge dessen werde ich auch etwas genauer auf das Gut-an-sich eingehen, welches nach Aristoteles von tugendhaften Handlungen als oberstes zu erreichendes Ziel angesehen wird. Wie solch ein tugendhaftes Verhalten auszusehen hat und welche Fähig- und Fertigkeiten dafür von Nöten sind, werde ich im Laufe dieser Arbeit ebenfalls näher ausarbeiten. Daran anschließend werde ich näher auf die Tugendkonzeption von Immanuel Kant eingehen. Hierzu ist es essentiell, besondere Begrifflichkeiten, wie die des ‘Selbstzwecks’ oder des ‘Pflichtbewusstseins’ näher zu definieren, sowie auf die Würde, die jedem Menschen unbedingt zugesprochen wird, genauer einzugehen. Mir ist es persönlich ein wichtiges Anliegen zu zeigen, wie Kant die Toleranz gegenüber anderen Menschen verstanden hat und wie er zu der Auffassung gekommen ist, dass jedem Menschen unantastbare Würde und Zweck-an-sich zukommen. Diese Würde ist stark mit der Toleranz verknüpft, weswegen ich Augenmerk darauf legen werde, den Tugendbegriff nach Aristoteles mit dem Toleranzbegriff nach Kant zu verbinden und die Frage zu klären, ob Toleranz bereits vor mehreren Jahrhunderten als Tugend angesehen wurde. In diesem Zusammenhang werde ich in weiteren Schritten näher darauf eingehen, ob Toleranz als tugendhaftes Verhalten das Gut-an-sich als intrinsischen Wert enthält. In Kapitel drei werde ich mich vor allem mit der von Rainer Forst hervorragend aufgeschlüsselten Toleranzkonzeption beschäftigen, wobei ich abermals auf die zuvor geschilderten Definitionen von Tugend und Toleranz eingehen werde, um so, anhand von Rainer Forst, eine allumfassende Toleranzkonzeption bis an die Grenzen des Tolerierbaren aufzustellen. Dazu werde ich mich im Insbesonderen auf drei Kapitel seines Werkes konzentrieren, die allesamt sowohl von Tugend, als auch explizit von Toleranz handeln, weswegen sie ideales Material für die Ausführung dieser Arbeit darstellen. Zudem werde ich all dies unter aktuellen sozial relevanten Gesichtspunkten ausführen. Ziel dieser Arbeit soll es sein, zuerst eine leicht verständliche und schlüssige Argumentation des Tugendbegriffs zu geben, um diesen in weiterer Folge auf den Begriff der Toleranz nach sowohl Immanuel Kant, als auch nach Rainer Forst anzuwenden. Ich möchte mit dieser Arbeit einen Beitrag für ein besseres Verständnis der Toleranz im Allgemeinen leisten und so auch die praktisch anwendbaren Grenzen der Toleranz aufzeigen. Mir ist es ein persönliches Anliegen, mit dieser Arbeit aufzuzeigen, dass Toleranz nicht mit Gleichgültigkeit gleichzusetzen oder per Gefühl der Hierarchie anzuwenden ist. Toleranz, und das wird sich vorzüglich bei Rainer Forst zeigen, kann und muss auf Augenhöhe der beiden Parteien - sowohl bei der Partei, die toleriert, als auch bei der Partei, die toleriert wird - von statten gehen und muss aktiv, autonom und überzeugt betrieben werden. Gerade in der heutigen Zeit, in der sich Europa und Österreich nach und nach in die Richtung einer Spaltung der Gesellschaft bewegen, gilt es den Hebel aktiv anzusetzen und Toleranz aus freien und eigenen Stücken auszuüben. Nichtsdestotrotz ist es genau hier ein Falsches anzunehmen, dass Toleranz grenzenlos ist. Genauso wichtig wie Toleranz als Tugend zu betreiben, ist es auch, diejenigen nicht zu tolerieren, die diese Konzeption versuchen dahingehend auszunützen, um ein stark hierarchisches Gebilde zu konstruieren. Diese Arbeit soll somit ein kleiner Beitrag zur Kundgebung der aktiven Toleranz mit Grenzen des Tolerierbaren sein.

„Was zählt, ist die Einstellung …“

Praktische Theologie, 2006

Wir fuhren mit dem Bus nach irgendwo, soeben angekommen am Flughafen in Los Angeles. Am Horizont die Berge von Santa Monica. Wir fragten den schwarzen Busfahrer: "Wohin fahren wir?"-"Wo kommt ihr her?"-"Aus Deutschland."-"Mensch, da bin ich im nächsten Jahr zur Weltmeisterschaft!"-"Was, Du hast Karten?"-"Ja, die habe ich als USA-Fan sofort bestellt und bekommen." Fußballfans bilden den "kleinsten gemeinsamen Nenner" in einer hochkomplexen Weltgemeinschaft, Fußball ist völkerverbindende Sprache. 1 Obwohl sich Menschen nicht kennen, verständigen sie sich über Symbole, Konnotationsbegriffe. Sie identifizieren sich und erwarten das gleiche von ihrem Gegenüber. Die Grammatik dieser Sprache ist die Vorstellung vom Spielort mit Ball und Toren. Das Bekenntnis der Fans orientiert sich an Mannschaften, sortiert sich nach sozialen, politischen und kulturellen Aspekten. Beim Torjubel am Fußballfeld ist das (nicht mehr nur männliche) Kollektiv wirklich. Die neue Arenen-Architektur unterstützt die Emotionalisierung. Es ist wie ein Akt der Verschmelzung. Fußball als kollektives Ereignis ermöglicht die Selbstauflösung des Ichs ("Geboren um für Schalke zu sterben"-"BVB: der Sinn des Lebens") oder erlaubt die Befriedigung des Wunsches nach Ganzheit in Reaktion auf die Anonymität der Moderne-ist geradezu antimodern, verspricht Identität in Zeiten der Orientierungslosigkeit zwischen der möglichen Flut der Informationen. Themen aus den Bereichen von Moral, Ästhetik, Erotik und Tod werden mittelbar zu Gegenständen der Gespräche auf den Rängen. 2 Augenblicke, Spielzüge, zufällige Ereignisse, kurze Begegnungen und Gefühlsregungen bestimmen das je und je einzigartige Geschehen auf und neben dem Platz. Das Identifikationsgeschehen ist komplex. Ein Ur-Grund ist der Bolzplatz der Initiation, die jeder durchläuft: Ohne die Berührung mit dem heilig runden Gegenstand Ball sind die Ereignisse auf dem Spielfeld kaum nachvollziehbar. Beim Spiel in der Jugend wird die Identifikation mit dem bewunderten Star konkret durch das Trikot, die Bewegung, die Mentalität und die Inkorporation. Religiöse Phänomene im Fußball auf Rasen und Rängen lassen sich beschreiben als erfahrene Religiosität und geformte Religion. Beide Aspekte finden sich in Fußballfan-Kulturen. Die Fußballstadien sind die Kathedralen, Pilgerorte unserer Zeit. Prozessionszüge bewegen sich an den Spieltagen auf die 110 Thema

Selbstmanagement - Tugend oder Laster?

2010

Kreative, Kulturschaffende und Künstler fungieren oftmals als Unternehmer in eigener Sache, die als One-Man-Show oder Freelancer entweder ein Produkt selbst herstellen oder eine Dienstleistung erbringen. Persönliche Merkmale von Freischaffenden in der Kulturund Kreativwirtschaft sowie Unternehmern können hinsichtlich ihrer Erfolgsrelevanz verglichen werden. Merkmale können persönliche Eigenschaften, Beweggründe und Kompetenzen sein. Vorherrschende Motivbündel für die Selbständigkeit von Unternehmern und freien Kulturschaffenden sind Unabhängigkeit, Selbstverwirklichung und Existenzaufbau. Signifikante Erfolgsfaktoren beider Berufsgruppen spiegeln sich neben der Produkt/Dienstleistungsbzw. künstlerischen Qualität in einem hohen Leistungsstreben, starken Machbarkeitsdenken sowie dem innovativen und kreativen Schaffensimpuls wider.

Tugenden - Werte - Kompetenzen. Überlegungen zu ihrem Verhältnis

Schluß, Henning: Tugenden - Werte - Kompetenzen. Überlegungen zu ihrem Verhältnis. In: Slanic, Reinhard / Lichtenauer, Ewald: Kompetenzen und Tugenden. Herbstsymposium 2014. Armis et Litteris 32, Militärwissenschaftliche Schriftenreihe, Wien 2015, S. 15-28. ISBN: 978-3-9503699-2-2 The text explains the three terms virtues, values and competencies that are often used interchangeably and works its different meanings out. The importance of the concept of virtue will be investigated in the context of its use in classical antiquity. Virtue is there understood as more or less fixed concept of set ethical, so shall it be. In Christianity religious virtues are added. The reference to the so-called secondary virtues is striped. The relatively rigid concept of virtues leads already in antiquity to insoluble conflicts. The solution of the 19th century was to transfer the flexible concept of values from the economy to the field of ethics. The flexibility of ethical concepts, however, is itself associated with costs that are to be problematized. The concept of competence eventually was used in the 20th century to describe human abilities. Competences are largely free of ethical standards and thus far more flexible than it was the concept of value. Nevertheless, also leads his distance from ethical and moral contexts in problem relationships that are to be made visible in the text. A simple solution is not offered in the text, but rather is drawn to problem contexts that are bound systematically to the respective terms and which have to be taken into account in their use. Der Text erörtert die drei Begriffe Tugenden, Werte und Kompetenzen, die oft synonym verwendet werden und arbeitet ihre unterschiedlichen Bedeutungen heraus. Der Bedeutung des Tugendbegriffs wird im Kontext seines Gebrauchs in der klassischen Antike nachgegangen. Tugend wird dort als mehr oder weniger feststehendes Konzept von gesetzten ethischen, Sollensbeschreibungen verstanden. Im Christentum kommen religiöse Tugenden hinzu. Der Bezug zu den sogenannten Sekundärtugenden wird gestreift. Das relativ starre Konzept der Tugenden führt schon in der Antike zu unlösbaren Konflikten. Die Lösung des 19. Jahrhunderts bestand darin, das flexible Konzept der Werte aus der Ökonomie auf den Bereich der Ethik zu übertragen. Die Flexibilisierung ethischer Konzepte allerdings ist selbst mit Kosten verbunden, die problematisiert werden sollen. Der Kompetenzbegriff schließlich wurde im 20. Jahrhundert verwendet, um menschliche Fähigkeiten zu beschreiben. Kompetenzen sind weitgehend frei von ethischen Ansprüchen und damit noch weit flexibler als es der Wertbegriff war. Gleichwohl führt auch seine Distanz zu ethischen und moralischen Kontexten in Problemzusammenhänge, die im Text sichtbar gemacht werden sollen. Eine einfache Lösung wird im Text nicht geboten, vielmehr wird auf Problemzusammenhänge hingewiesen, die an die jeweiligen Begriffe systematisch gebunden sind und die es bei deren Verwendung zu berücksichtigen gilt.

Choosing Wisely – Klug Entscheiden: begriffliche und ethische Überlegungen

Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen, 2017

Choosing-Wisely bzw. Klug-Entscheiden sind neuere von Ärzten gesteuerte Kampagnen zur Eindämmung von medizinischer Überversorgung sowie (als Besonderheit von KE) von beobachteter Unterversorgung. In diesem Aufsatz sollen begriffliche und normative Überlegungen zu den Zielen und Rechtfertigungen dieser Kampagnen angestellt werden.

Tugend, Recht und Moral: Tendenzen der Verantwortungszuschreibung

Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 2016

The attribution of responsibility in world society is increasingly a field of contestation. On the one hand, the perceptions of far-reaching causal and moral links between spatially and temporally distant events are ever more explicitly pronounced; on the other hand, the very complexity of these links often engenders a fragmentation of responsibility in law as well as in moral commitment. Identifying three competing conceptualisations of responsibility, namely a turn to virtue ethics, processes of juridification, and processes of moralisation, this article explores their different temporal and social dimensions, and the effects they each have on the relation between those held responsible and those affected by the situation that is to be accounted for.

Das Maß der moralischen Handlung bei Thomas von Aquin

2020

Petrus Lombardus beschränkt die Gültigkeit der These Abelards auf eine ausschließlich "allgemeine" These, vgl. Lottin (1954(1)), S. 319: "La thèse abélardienne reste donc [bei Petrus Lombardus] vraie dans sa généralité, ne souffrant d'exception que pur les actes intrinsèquement mauvais. " 18 Mullady, 1986, S. 23: "There were two traditions regarding the moral good and evil of the object of exterior acts which predated that of St. Thomas. One was that of Abelard, the other of Petrus Lombardus. Petrus Lombardus accentuated the object of the exterior act of finis operis as having a proper classification without reference to that of the will." 19 Petrus Lombardi, (Distinctio XL, 8) "Non tantum quare, sed etiam quid fiat attendendum est." Die folgenden Übersetzungen sind von mir. 20 Petrus Lombardi, (Distinctio XL, 10-11) "[...] [S]unt nonnulli actus, qui etsi bonam habeant causam, tamen peccata sunt. [...] non semper ex fine iudicatur voluntas sive actio mala, sicut in illis quae per se peccata sunt. Illa enim cum quis gesserit pro aliqua bona causa, bonum videntur habe finem; nec ex fine voluntas est mala, nec ex voluntate actio fit mala, sed ex actione voluntas fit prava" (meine Übersetzung). 21 Lottin (1954 (1)), S. 319: "[…] [L]es actes humains deviennent bons ou mauvais selon l'intention poursuivie, à l'exception toutefois de ceux qui sont mauvais en soi, omnia igitur opera hominis sucundum intentionem et causam iudicantur bona vel mala, exceptis his quae per se mala sunt. La thèse abélardienne reste donc vraie dans sa généralité, ne souffrant d'exception que pour les actes intrinsèquement mauvais." 22 Petrus Lombardi, Sententiae ,Distinctio XL, 12: "id est quae sine praevaricatione fieri nequeunt." 23 Lottin hat dies nur kurz erwähnt. Lottin (1954(1)), S. 318: "Incontestablement, répond-il après saint Augustin : ex fine suo, ut ait Augustinus, voluntas cognoscitur utrum recta an prava sit. Et cette fin n'est autre que Dieu ou, si l'on veut, la charité. " In seinen Sententiae hat Petrus Lombardus das Buch contra Medacium (besonders c7 n18) Augustinus' ausführlich zitiert, um seine Position zu unterstützen, (s.u.).

Die Moralische Pflicht, nicht zu verbessern

Einige Philosophen sind der Meinung, dass die Verbesserung des Menschen nicht nur moralisch zulässig ist, sondern dass wir sogar die moralische Pflicht haben, menschliche Eigenschaften zu verbessern, wann immer uns dies möglich ist. In diesem Artikel werde ich zunächst das meiner Ansicht nach wichtigste Argument skizzieren, das für eine moralische Pflicht zur Menschenverbesserung vorgebracht wurde. Anschließend werde ich die Annahmen und Implikationen dieses Arguments verdeutlichen, um dann einige Argumente aufzuzeigen, die verdeutlichen, dass wenn es eine Pflicht bezüglich des Enhancement gibt, es die Pflicht ist, nicht zu enhancen.