Skeptizismus und Modernität. Leo Perutz' Œeuvre im Kontext der Wiener Moderne. Rezension zu: Jean-Pierre Chassagne: Leo Perutz et le scepticisme viennois. L’ébauche d’une éthique du désenchantement. (Collection „Les Scripturales”) Saint-Étienne: Publications de l’Université de Saint-Étienne 2012. (original) (raw)
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In late 19 th century, the erosion of traditional frameworks of orientation in European societies opened a wide gap between experience and expectation. Moreover, the complexity and messiness of both technological and scientific developments enlarged this gap. The difficulty to derive certainty from past experience on the one hand and modernity's exposure to an unclear future on the other hand had to be compensated by means of a time-oriented semantic. The following article argues that this is crucial not only for the understanding of these societies, but also for the comprehension of the rise of the electricity supply industry. Right from the beginning, this sector was characterized by a vast set of instituted means that were organized around the notion of "progress", i.e. a notion that reduced to a great extent the inherent threat of everything that was "modern". This discursive strategy was backed-up by a second set of standardized expressions which invented a particular electrical tradition. Hence, virtually all representations of electricity were indebted to allegorical or mythological figures. Drawing on material from the 1891 Frankfurt Electrotecnical Exhibition, the article shows how these discourses merged with the technological paradigm of high-voltage transmission and allowed for a new orientation of Swiss decision makers.
Locarno -zwischen traditioneller christlicher, kantisch aufgeklärter und moderner marxistischer Auffassung Wenn man sich erinnert, wo diese Erzählung zuerst erschienen ist, könnte man der Auffassung sein, dass Kleist hier als Herausgeber eines damals modernen Mediums das erreichen wollte, wovon er aus eigener Erfahrung glaubte, es würde ihm Leser und Käufer seiner Zeitung bescheren. Die Berliner Abendblätter waren sein zweiter Versuch, sich als Herausgeber einer Zeitung/Zeitschrift zu betätigen; der erste, literarisch anspruchsvoll, war gescheitert. Nun sollte dieser Versuch ihm endlich ein Einkommen als Schriftsteller besorgen, auch wenn er früher einmal behauptet hat, er würde auf keinen Fall für Geld schreiben. Aber die Zeiten haben sich verändert und Kleist ist in einer verzweifelten Lage. Tut er nun also das, was Medien seither bis heute tun: bedient er mit dieser Geschichte einfach den von ihm vorausgesetzten Publikumsgeschmack? 1 Und den glaubte er nach seinem Ausflug nach Würzburg ja zu kennen, wo er eine Leihbibliothek besuchte. Nachdem er sich vergeblich nach ernsthafter Literatur erkundigt hat, entdeckt er, was das Würzburger Publikums liest. Nicht Goethe und Schiller. Auf die Frage: "›Was stehn denn also eigentlich für Bücher hier an diesen Wänden?‹ -erhält er die Antwort: Rittergeschichten, lauter Rittergeschichten, rechts die Rittergeschichten mit Gespenstern, links ohne Gespenster, nach Belieben. -›So, so.‹" So jedenfalls berichtet er es an Wilhelmine von Zenge in seinem Brief vom 13. (-18.) 9. 1800. 2 Nun hatte Kleist, wie ich gezeigt habe, in seinen Erzählungen immer wieder Elemente der Trivialliteratur des 18. Jahrhunderts aufgenommen hat, so im Zweikampf, in der Marquise von O ... und im Zerbrochnen Krug das Detektivschema, im Michael Kohlhaas das beliebte zeitgenössische Thema vom "ehrlichen" Räuber, in der Heiligen Cäcilie die von der katholischen Erbauungsliteratur weit verbreitete Wunderlegende, im Findling die in der Romantik beliebte Doppelgängergeschichte, die Ritterromantik im Zweikampf und im Bettelweib von Locarno eben die Gespenstergeschichte. Trivial im weiteren Sinne ist auch das Interesse am Exotischen, das sowohl im Erdbeben in Chili als auch in der Verlobung in St. Domingo zu Wort kommt. Und gewiss, für den Geschmack des Berliner Publikums war diese Geschichte auch geschrieben, und das macht ihre medieneffektive Modernität aus. Darüber hinaus, allerdings, enthält diese kleine Geschichte aber auch andere Elemente, die auf die Moderne vorausweisen. Eines dieser Elemente ist das Gespenst, eine Erscheinung, der auch Kant eine Abhandlung widmete. Kant, in Träume eines Geistersehers, erläutert durch Träume der Metaphysik, 3 hatte dieses Schattenreich als das Paradies der Fantasten gekennzeichnet. Aber Kant befindet sich in einem Dilemma: Was tut der Philosoph, wenn er mit "den Beteurungen eines vernünftigen und festüberredeten Augenzeugen" konfrontiert wird, der behauptet regelmäßig mit Gespenstern Umgang zu haben? Wie kann er sich gegen die (angeblich empirischen) Zeugnisse (eines Augenzeugen oder vermeintlichen Augenzeugen) trotz seines eigenen "unüberwindlichen Zweifels" wehren? "Soll er die Richtigkeit aller solcher Geistererscheinungen gänzlich ableugnen? Was kann er vor Gründe anführen, sie zu widerlegen?" (ebd., 924) Zwar könnte er "sich mit dergleichen vorwitzigen oder müßigen Fragen gar nicht zu bemengen und sich an das Nützliche zu halten", gäbe es nicht erstaunliche Folgen "wenn auch nur eine solche Begebenheit als bewiesen vorausgesetzet werden könnte", auch wenn solche "Vorfälle jederzeit von gründlichen Gelehrten durch die Mehrheit der Stimmen verworfen worden" sind (ebd., 923f). Wenn etwas "mit einigem Schein der Wahrheit erzählt wird", ist es "ein [ebenso] dummes Vorurteil" "ohne Grund nichts zu glauben", wie "ohne Prüfung alles zu glauben" (ebd., 924). 4 Mit aufklärerischer Rationalität fragt er, "was denn das eigentlich vor ein Ding sei, wovon man unter dem Namen eines Geistes so viel zu verstehen glaubt" (ebd., 925), und gibt sich mit der Antwort gewisser "neuerer Weltweisen" nicht zufrieden, die einen Geist als "ein Wesen, welches Vernunft hat" definieren. (ebd., 925) Dagegen sagt Kant: "Ich weiß also nicht, ob es Geister gebe, ja, was noch mehr ist, ich weiß nicht einmal, was das Wort Geist bedeute." (ebd., 926) Geister, meint Kant dann, müssten Wesen sein, die "die Eigenschaft der Undurchdringlichkeit nicht an sich haben" (ebd., 928). Kant bezieht sich auf den damals bekannten Mystiker Emanuel Swedenborg (den z.B. auch Henry James, Sr. und die Tennysons gelesen haben), der -ähnlich wie Kleist tiefe psychologische Krisen erlebt hatte, und der behauptete sich mit den Bewohnern aller Planeten unterhalten zu haben (außer Uranus und Neptun, die damals noch nicht entdeckt waren) und der glaubte, er könne Hexen erkennen. Schwedenburg hatte (beinahe sicher) manische Halluzinationen. Kleist scheint durchaus Kants Skeptizismus zu teilen, auch wenn es unmöglich zu sein scheint, zu beweisen, dass es keine Gespenster gibt. "Wir glauben keine Gespenster mehr?" schreibt Gotthold Ephraim
Wenn es die bisherige Philosophie war, die im Verein mit dem Christentum die völlige Haltlosigkeit der Orientierung verdeckt hat, bedarf es dann nicht einer „neuen Art von Philosophen“, um aus ihr herauszukommen, Philosophen, die dann nicht mehr auf scheinbar vorgegebene Werte verweisen, sondern sie notgedrungen selbst „schaffen“ müssen? Hat es inzwischen solche Philosophen gegeben? Oder müssen wir weiter auf sie hoffen? Oder muss es sie gar nicht geben?
Regarding his world view and his heaviness theory Nicolaus Cusanus is imputed to having used (at least to some extent) forebodings and anticipations of modern conceptions. In the dialog Idiota de staticis experimentis he imputed the quantitative points of view of modern physics programmatically. In contrast with this, this article will show that the quantitative point of view is proposed for an inapt object at least. Cusanus based his reflections on one hand on the Aristotelic theories of elements and thier heaviness with ‚positive' and ‚negative' weight (only thus, assumed inconsistencies can be explained), on the other hand he wants to determine the essential, qualitative properties of the forma, while only their complete abstraction by reduction on the mass without properties should result in an object for comparative weighings -lately in different ways by René Descartes and Isaac Newton. The putative modernness of cusanian conceptions compared with Aristotle are based on the tradition of platonian and stoic modifications which sooner were compatible with christian ideas.
Gerd Dicke fern sie im epischen Geschehen prozeßhaft entfaltet wird, gleichermaßen aber auch Gegenstand der Gespräche zwischen den Figuren und der textinternen Erzählinstanz im Prolog ist, wo die Bedingungen ihres Gelingens oder Scheiterns diskutiert werden. Von den Situationen* leitet Wenzel über zu der durch die ,zerdehnte Situation* unter erschwerten Bedingungen gestalteten kommunikativen Ordnung höfischen Erzählens. Weil die schriftliche Erzählung im Gegensatz zur mündlichen, die stets aktualisiert und angepaßt werden kann, noch lange Zeit der Legitimation bedarf, ist literarisches Erzählen im Interaktionsraum noch potentiell gefährdet; zunächst, weil sich die poetische Kommunikation gegenüber der übermächtigen Alltagssituation durchsetzen muß, dann, weil sie -anders als die mündliche Aufführung -durch die Ordnung des Redens im Text ihre Legitimation und Stabilität erst selbst erzeugen muß. Diese Ordnung des Redens ist nun aber nicht nur Struktur, sondern gleichermaßen auch Gegenstand des Textes, so daß sich die Paradoxie ergibt, daß die Verhandlung gelungener höfischer Interaktion, indem sie zum Gegenstand der Kommunikation wird, gelungene Kommunikation erzeugt -solche Strategien dienen der Textsicherung und der Integration von Rezeptionssituationen und -bedingungen in die Erzählung selbst, die den Erzähler in seiner gefährdeten Vermittlerfunktion bestätigen (S. 207). Im letzten Kapitel veranschaulicht Wenzel, wie und welche Strukturen zur Erschließung der (erzählten) Welt genutzt werden. Der Willehalm verknüpft das Brautwerbungsschema mit dem arthurischen aventiure-Schemz und erzeugt durch diese Kombination verschiedener narrativer Muster neue Deutungsangebote. Es ist also die Strukturierung und Formalisierung der höfischen Kommunikation selbst, die ihren eigenen diskursiven Raum hervorruft.
Das vorliegende Working Paper untersucht den historischen Kontext poetologischer Theoriebildung zur Gattung Epos im 16. Jahrhundert und zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Dabei wird der Versuch unternommen, das in diesem Zeitraum poetologisch Denkbare und Gesagte aufzuarbeiten, soweit es bezüglich der Abfassung von epischen Texten mit zeithistorischer Thematik von Bedeutung ist. Es zeigt sich, dass aktualitätsepische Texte in einem zeitgenössischen Diskursumfeld entstehen, das die Möglichkeiten der epischen Gattung, historische Wirklichkeitsreferenzen aufzubauen, außerordentlich eingehend reflektiert hat, wobei traditionelle poetologische Positionen oft bedeutsamer sind als der ‚neue‘ Aristotelismus.
The heresiological concept of “Quietism/Molinosism” has been justly criticized and deconstructed by the historical research of the last decades. This way, it was possible to gain an unbiased view of religious experience in early modern Italy, particularly as made by women. In the mind of the Holy Office, however, “Quietism” remained a topos of the religious idealization of a problematic mingling of sexuality and (false) sanctity well into the 19th century. The newly accessible documents of the trials against leading “Quietists”, especially against Pier Matteo Cardinal Petrucci, show that at least in some cases the view of the Holy Office may have had some fundamentum in re.