Erklären in der Soziologie (original) (raw)
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Grundlegung der erklärenden Soziologie in der Idee rationaler Theorie und Praxis
Erklären in der Soziologie, 2017
Als erklärende Soziologie wird hier ein spezifisches, methodologisch fundiertes Programm innerhalb der Soziologie verstanden. Es ist durch die Grundvorstellung verbunden, soziale Ereignisse oder Prozesse durch allgemeine Aussagen über kausale Zusammenhänge zu erklären. In diesem Sinne wird das Programm durchaus von VertreterInnen verschiedener Theorieschulen oder Teildisziplinen betrieben. 2 Bereits in den frühen Sozialtheorien der Moderne werden Mikro-und Makrotheorien unterschieden, wie etwa der aus Individualentscheidungen hervorgehende Gesellschaftsvertrag bei Thomas Hobbes und auf der anderen Seite der auf einem kollektiven Konsens beruhende Sozialvertrag bei Jean-Jacques Rousseau. Vor allem die Dominanz von Makrotheorien wie dem Marxismus oder dem Strukturfunktionalismus hat in der Soziologie im 20. Jahrhundert zu einer lang anhaltenden Kontroverse und einer konfrontativen Unterscheidung zwischen sogenannten Makround Mikrotheorien geführt (vgl. Turner 2001; Ritzer 1990; Greve et al. 2008). Beide Programme wollen auf Basis spezifischer Prämissen und methodologisch begründet kausale Zusammenhänge im Sozialen benennen und damit bestimmte soziale Phänomene dann auch erklären. In der Makrosoziologie werden solche Erklärungen ausschließlich mit Strukturgesetzen fundiert und Kausalbeziehungen damit auf der Makroebene angesetzt. Das meinte Durkheim mit der Forderung "Soziales" nur aus "Sozialem" zu erklären. Für Durkheim waren dafür die kollektiven Vorstellungen wichtig, die sich in Gruppen ausbilden und den Einzelnen als objektiver Tatbestand gegenübertreten. Demgegenüber gehen reine Mikroerklärungen davon aus, dass kausale Erklärungen sozialer Sachverhalte rein aus Annahmen auf der Mikro-bzw. der Ebene von Individuen gewonnen werden können. Diese Form geht davon aus, dass etwa direkt aus der Rationalität der Individuen auf die Existenz vorteilhafter rationaler Institutionen und Ordnungsformen wie dem Markt, dem Eigentum usw. in der sozialen Welt geschlossen werden kann. Die beiden idealtypischen Erklärungsmodelle postulieren den Dualismus zwischen Makro-und Mikroerklärungen darüber, dass im einen Fall die zu erklärenden sozialen Phänomene in der Soziologie ausschließlich aus kausalen Aussagen über Individuen bzw. im anderen Falle aus solchen 1 Dieses Kapitel beruht auf einem 2015 verfassten und für diese Monografie überarbeiteten Beitrag, der in "Denkschulen der Soziologie" veröffentlicht wird (vgl. Moebius, Fischer i.E.). 2 In den Politikwissenschaften findet sich dies insbesondere in der Governance-und Institutionenanalyse (vgl. stellvertretend Scharpf 2000; Zintl 1997), in der Geschichtswissenschaft in transaktionsorientierten Analysen (vgl. stellvertretend Berghoff 2016) und in der Ökonomik als allgemeines Verständnis (vgl. dazu Homann, Suchanek 2000).
Verstehen statt Erklären? Zur Logik der Interpretation in den Geisteswissenschaften
Theologische Zeitschrift, 2008
Die Untersuchung fokussiert wissenschaftliche Forschung als einen Prozess der Interpretation. Im Unterschied zu einer naturwissenschaftlichen Erklärung wird die logische Form einer philologischen Auslegung als Vorhersage entdeckt. Einen Text zu verstehen bedeutet nicht, eine Erklärung zu geben, sondern eine Prognose zu stellen, d.h. vorherzusagen, was ein idealer Leser mit einem angenommenen Wissen verstehen wird. Diese Einsicht hat beträchtliche Konsequenzen für das Verständnis philologischer Arbeit. The study conceives academic research as a process of interpretation. In contrast to an explanation typical for science the logical form of a philological exegesis is found to be prediction. Understandig a text does not mean to give an explanation, but to make a prognosis, i.e. to predict, what an ideal reader with an assumed knowledge will understand. This finding has considerable consequences for the comprehension of philological studies.
In: Sebastian Luft & Maren Wehrle (Eds.): Husserl-Handbuch. Stuttgart: Metzler., 2017
Untertitel Eine Ethnographie des Conseil d'Etat Autor(en) Bruno Latour Land Deutschland Erschienen Konstanz 2016: Konstanz University Press Umfang 348 S. Preis EUR 29,90 ISBN 978-3-86253-054-0 Beschreibung Aus dem Französischen übersetzt von Claudia Brede-Konersmann. Titel Wissen, wie Recht ist Untertitel Bruno Latours empirische Philosophie einer Existenzweise Autor(en) Marcus Twellmann (Hg.) Land Deutschland Erschienen Konstanz 2016: Konstanz University Press Umfang 225 S.
System-Aufstellungen und ihre naturwissenschaftliche Begründung, 2020
Soziologie an deutschen Universitäten: Gestern — Heute — Morgen, 2006
Ziel dieses Artikels ist es, ein Konzept für die Integration der EDV in die Ausbil dung in empirischen, statistischen Methoden zu entwickeln. Zu diesem Zweck wird zunächst der Stand der Ent wicklung sozialwissenschaftlicher EDV im Bereich der Datenanalyse gekennzeichnet und auf einige Probleme hinge wiesen (Teil 1) sowie eine Darstellung der derzeitigen Situation in der Lehre gegeben (Teil 2). Auf dieser Basis wird die Übernahme eines statistischen Programmpaketes in die Grundausbildung in Empirie/Statistik vorgeschla gen, der eine Spezialisierung in einem weiterführenden Kurs zu statistischen Programmpaketen folgt (Teil 3). "D on't give him a program, he might use it wrong" (Dixon, 1975: 567) 1 Alle erwähnten empirischen Ergebnisse beziehen sich ausschließlich auf die Freie Universität Berlin.
2013
Wie lasst sich der Anspruch der Soziologie, eine kritische Wissenschaft zu sein, einlosen? Der Beitrag bietet erst eine Rekonstruktion der Entwicklung der Tragerschaft und der Domane von Kritik im Zuge der Entwicklung des Weltbildes der Moderne. Eine entscheidende Konsequenz davon ist die Unterscheidung von Sein und Sollen. Dann werden unterschiedliche Ansatze diskutiert, in denen es um Verbindungen zwischen Sein und Sollen in kritischer Absicht geht. Gegen solche Versuche lautet das zentrale Argument des Artikels, dass der Anspruch, Kritik der Gesellschaft mit soziologischen Mitteln zu betreiben, nicht durch die Konfrontation der Realitat mit normativ aufgeladenen Masstaben, sondern nur uber den Umweg einer Soziologie der Kritik realisiert werden kann. Dazu muss sich die Soziologie auf die Analyse der institutionellen Bedingungen fur Kritik als gesellschaftliche Praxis konzentrieren. How can Sociology keep its claim to be a critical science? The article starts with offering a recon...
Eine kurze Verteidigung philosophischer Erklärungen
Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 2015
1 Folgendes scheint uns wahr zu sein: Es gibt Fragen über bestimmte Aspekte der Welt, für die gilt: 1. auf sie gibt es richtige (wahre) und falsche Antworten; 2. welche Antworten die richtigen sind, liegt nicht auf der Hand, sondern verlangt nach eingehenden Untersuchungen; 3. keine der etablierten Formen empirischer Forschung ist in der Lage, die richtigen Antworten zu geben; 4. sie sind relevant in dem Sinn, dass es für unsfür unser Selbst-und Weltverständniseinen Unterschied macht, welche Antworten die richtigen sind. Einige dieser Fragen dürften sein: Warum bedeuten Worte das, was sie bedeuten? Was ist Wissen? Handeln unsere Gedanken von einer von unserem Denken unabhängigen Welt? Ist unser Denken und Handeln determiniert? Und wenn ja: Ist dies damit vereinbar, dass wir für unser Denken und Handeln verantwortlich sind? Fragen wie diese zu beantworten, ist Aufgabe der Philosophie. (Treffender gesagtum deutlich zu machen, dass es uns hier nicht um territoriale Streitigkeiten zwischen akademischen Fächern geht: es ist Aufgabe philosophischen Nachdenkens, wo auch immer auf diese Weise nachgedacht wird.) Und wenn diese Fragen tatsächlich die Bedingungen (1) bis (4) erfüllen, dürfte zumindest eine der legitimen Funktionen der Philosophie die kognitive Funktion sein, wahre Darstellungen und Erklärungen von Aspekten der Welt zu liefern. Nun ist vor allem im 20. Jahrhundert verschiedentlich bestritten worden, dass dies so sei. Michael Hampes Kritik der "Lehren der Philosophie" ist der jüngste einer Reihe von Versuchen, die kognitive Funktion der Philosophie, zum Weltwissen beizutragen, zu leugnen. So schreibt Hampe etwa zum Schicksal der Philosophie des Geistes: Entweder verhalten sich ihre allgemeinen Behauptungen zu den konkreten Forschungen in [den empirischen] Wissenschaften als eine Art propädeutische Heuristik und Hypothesensammlung,