KREATIVITÄT UND PRÄZISION – EINE NEUBESTIMMUNG KREATIVEN DENKENS UND HANDELNS – IMAGO 13 Mahrenholz (original) (raw)
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Der kreative Imperativ. Arbeiten wird immer schöner und immer prekärer
2016
Artikel URL: http://geschichtedergegenwart.ch/der-kreative-imperativ-arbeiten-immer-schoener-und-immer-prekaerer/ Der aktuelle Wandel der Arbeit wirft viele Fragen auf. Die Kunstbiennale Manifesta 11, die im Sommer 2016 in Zürich gastiert hat, wollte die Bedingungen, unter denen wir heute arbeiten, künstlerisch-kritisch beleuchten. Paradoxerweise hat sie die Prekarisierung der Arbeit dabei aber eher verstärkt als reflektiert.
Kreativität und Kreativitätsförderung
Zu Beginn der modernen Ära wurde Kreativität (K, engl. "creativity") von Guilford als eine "neue" Dimension der Begabung eingeführt, die die bisherige Überbetonung von in IQ-Werten darstellbarer Intelligenz ausgleichen sollte. Als Folge wurde schließlich K in erster Linie als ein kognitiver Faktor konzipiert, dessen Förderung notwendig sei, um die gesellschaftliche Leistungsfähigkeit zu steigern. Aus der Sicht der heutigen Pädagogischen Psychologie leitet sich jedoch die Notwendigkeit der Kreativitätsförderung (Kf) aus der Idealvorstellung ab, daß alle Kinder das Recht haben, sich optimal zu entfalten, wobei das Bildungswesen die Pflicht habe, ihnen angemessene Entfaltungschancen zu bieten. K ist jedoch nicht als Mittel zum Zweck der Selbstverherrlichung oder der Dominierung anderer Menschen zu verstehen, sondern als ein Faktor, der im Dienste der Allgemeinheit einzusetzen wäre dabei muß die Diskussion über K um ethische Dimensionen bereichert werden (s. auch .
Gesellschaft der Unterschiede, 2014
Wie läuft kreatives Arbeiten ab? Was bedeutet Kreativität für den Arbeitsalltag und wie wird in komplexen Organisationen Kreativität verankert? Am Beispiel der Arbeitspraxis in der Werbeindustrie rekonstruiert Hannes Krämer die Entdeckung, Formierung und Stabilisierung kreativer Produkte en détail. Hierbei zeichnet er ethnografisch die Entstehung eines Werbeprodukts anhand prägender Stationen nach und schließt so eine systematische Leerstelle: den Einblick in die konkrete Praxis künstlerisch-kreativer Arbeit in zeitgenössischen Ökonomien. Kreativarbeit erscheint demnach nicht vordergründig als mythische Tätigkeit, sondern als Ensemble kreativer Routinen.
Jahrbuch für marxistische Gesellschaftstheorie #2, 2023
Dieser Beitrag ist ein Versuch, sich einem selbstverständlichen Begriff anzunähern, nämlich der Etablierung einer früher nicht einmal vorstellbaren Verbindung von Technik, Kunstbetrieb und „Spiel“, die heute als „kreative Arbeit“ vermarktet wird. Im Begriff der „kreativen Arbeit“ klingt das Versprechen einer Sinnstiftung an, wobei die Lohnarbeit einerseits in ein tagtägliches Spiel aufgelöst, andererseits aber und zugleich eine heroische „Weltrettungsmission“ mit der Tätigkeit verbunden werden soll. Auf diese Weise wird heute ein Leben, in dem die (Lohn)-Arbeit Sinn, Spaß, Einzigartigkeit und Gehalt in sich vereint, zum neuen Artefakt eines „gelungenen Lebens“, nach dessen Bild man sich zu richten versucht. Es gibt gegenwärtig mindestens einen Autor, der sich nicht nur en detail mit dem Begriff der „kreativen Arbeit“ auseinandersetzt, sondern auch den gesamten sozialen Rahmen in den Blick nimmt, der diese Form der Arbeit bedingt – also die Entstehung und den Aufstieg der „neuen Mittelklasse“ und den von ihr getragenen Anspruch auf Singularisierung; die Rede ist von Andreas Reckwitz. Man kann Reckwitz’ Gesellschaft der Singularitäten gewissermaßen als ein „Manifest“ der „neuen Mittelklasse“ betrachten und so wird es unabdingbar, dieses Werk zu berücksichtigen und dabei der folgenden Frage nachzugehen: Wie können wir eigentlich die "kreative Arbeit" und Reckwitz' "Singularität" mit Marx denken?
Kulturen der Gesellschaft
Es ist angesichts der Konjunktur des Wortes ‚Kreativität' vielfach kaum bewusst, dass seine Einführung und sein Gebrauch im Deutschen historisch nicht sehr weit zurückgehen. Bevor dies und die internationale Diffusion dieses Wortes und entsprechender sprachlicher Äquivalente hier verdeutlicht werden, erscheint es naheliegend, ein paar Definitionen bzw. relevante Unterscheidungen in Zusammenhang mit diesem Konzept einzuführen, da sich der Begriff der Kreativität durch ein erhebliches Maß an semantischer Konfusion auszeichnet (vgl. Runco 2004; Cropley 2011; Sarsani 2011; Wuggenig 2016). So wird Kreativität heute nicht selten einfach mit Neuerung und Innovation in Verbindung gebracht. Dafür steht im Englischen, aus dem das Wort im Sinne eines Imports in eingedeutschter Form übernommen wurde, etwa folgende Definition aus dem Cambridge Academic Content Dictionary 2017 sowohl in britischem als auch in US-amerikanischem Englisch: "[T]he ability to produce original and unusual ideas, or to make something new or imaginative". Und dies ist, um ein Beispiel aus dem rezenten kulturwissenschaftlichen Diskurs zu zitieren, etwa auch der Fall in einer Monografie von John Hartley und Jason Potts (2014), in der nicht weniger versucht wird, als die britischen Cultural Studies und das, wofür dieses neogramscianische Paradigma steht, durch den Begriff der Cultural Science abzulösen. Bei dieser manifestartigen Schrift handelt es sich um eine Hybridisierung von Ideen insbesondere von Raymond Williams (1989 [1958]) ("Culture is ordinary") mit Juri Lotmans Semiotik und der Evolutionsökonomik, die sich an Joseph Schumpeter orientiert, dem "Propheten der Innovation" (McCraw 2007). Hintergrund ist nicht zuletzt das Konzept der Creative Industries und die ökonomische Bedeutung, welche das auf diese Weise bezeichnete Wirtschaftssegment in der, wie es in jün
Kreativität und Improvisation, 2012
Die soziologische Analyse von Improvisation, Spontaneität und Kreativität stellt die Theoriebildung vor große Herausforderungen, indem sie die Anerkennung der dynamischen Aspekte sowohl der künstlerischen Praxis als auch des Alltagshandeins einfordert und allgemein nach der Möglichkeit einer soziologischen Beschreibung der Entstehung des Neuen fragt. Dabei lässt sich zwischen Kreativität als einer spezifisch ausgewiesenen, in besonderen sozialen Kontexten ausgeübten Praxis sowie Kreativität als einer grundlegenden Kompetenz jeglichen menschlichen Handeins differenzieren, wobei diese Ebenen als eng miteinander verbunden und ihr Übergang als fließend gedacht werden müssen. In der ersten Dimension stellt sich Kreativität als ein Vermögen der Neuschöpfung dar, das etwa die künstlerische Produktion in Musik, Literatur und Bildender Kunst, die angewandten Bereiche ästhetischer Gestaltung wie Architektur, Design und Werbung, die journalistische Arbeit oder die wissenschaftliche Forschung kennzeichnet. Bereits an dieser Stelle wird die Schwierigkeit deutlich, den kreativen Charakter menschlichen Schaffens auf einzelne, klar abgrenzbare Bereiche einzuschränken. Die zweite Dimension umfasst mit ihrem weiteren begrifflichen Rahmen sowohl das im ersten Sinne kreative Tun als auch das gesamte Spektrum menschlichen Handeins von der bewussten Reflexion über die Problemlösungsfähigkeiten bis hin zu Innovationen als Grundlage flir sozialen Wandel.