Rechte ohne Raum (original) (raw)

Raum ist, ohne zu sein

Erdkundliches Wissen

Ein Versuch, eine allgemeine Theorie zu entwickeln, wird dann problematisch, wenn die Perspektiven eng mit einer eher spezifischen Tradition verbunden sind, wie der europäischen Philosophie und Wissenschaft. Zwar kann, berechtigterweise, Moderne als universell angesehen werden, und damit auch ein Raumkonzept der Moderne, doch ist Moderne, wie Eisenstadt (2000) zeigt, durchaus vielfältig, ohne belanglos zu sein. Werlens ambitionierter theoretischer Entwurf gesellschaftlicher Raumverhältnisse basiert exklusiv auf einem abendländischen sozialwissenschaftlichen Epistem. Dies wird dann problematisch, wenn die urmenschliche Dimension Raum mit einem derartigen Anspruch universalisiert wird, jedoch Raumkonzepte und "Raumwahrheiten" Anderer (z.B. jener 80 % der Weltbevölkerung die man zur der Peripheren Moderne im Globalen Süden zählen würde) nicht mit in diese Konzeption einbezogen werden. Denn, so schreibt es Brague (1996) stellt Europa, gerade in Bezug auf die Philosophie ein "Parvenu Kontinent" dar. Tatsächlich wurde ja die antike Philosophie nicht etwa in Europa erhalten, sondern kam erst durch die Vermittlung durch den Islam (Cordoba) in das doch recht barbarische Europa. Von anderen, durchaus elaborierten Raumkonzeptionen ganz zu schweigen. So verwundert es diesbezüglich eher nicht, daß in Werlens grundsätzlich berechtigter Kritik am zeitgenössischen spatial turn in den Sozial-und Kulturwissenschaften räumliche Formen der Geomantik völlig außer Acht gelassen werden. Territorialität ist vor allem eine Erfindung des europäischen Feudalismus. In China, dem Reich der Mitte und Südostasien, ebenso wie in Indien herrscht demgegenüber das Konzept des Zentrums vor. Es geht nicht darum, Raum abzugrenzen, was ja unmöglich ist, sondern über die Bestimmung eines Zentrums zu definieren. Die portugiesische Kolonisation Brasiliens war daher auch so erfolgreich, da die Kolonialherren erkennen mussten das riesige Gebiet nicht räumlich-territorial kontrollieren zu können (eine europäische Phantasmagorie), sondern durch Stadtgründung an der Antlantikküste eine zentral-relationale Machtlogik der Kontrolle zu verwirklichen. Finden sich in der Soziologie, Geschichte und Geographie ähnliche Konzepte, in denen nicht mehr das Territorium oder der Territorialstaat sakrosankt, d.h. identisch mit Gesellschaft sind? Fernand Braudel's Untersuchungen (1985) gehen jedenfalls in diese Richtung, wenn er ausführt, dass die "Welt" (was ja durchaus ein räumlicher Begriff ist) ein Zentrum nämlich eine Stadt hat. Auch Werlen rekurriert im Absatz (8) auf Braudel, äußert sich dort jedoch kritisch über eine Widersprüchlichkeit und Determiniertheit der longue durée hinsichtlich des

Stadtrecht und Rechtsraum

2005

Stadtrecht und Rechtsraum. Historiographischer Wandel im früheren 20. Jahrhundert am Beispiel der Erforschung von Stadtrechtsfamilien.

Rechte Ab-Gründe

Kritische Justiz, 2020

Mit Urteil vom 27.2.2020 1 sprach das Amtsgericht Berlin-Tiergarten den ehemaligen Polizisten Tim Kellner in zweiter Instanz vom Vorwurf der Beleidigung der SPD-Politikerin Sawsan Chebli frei. Seine Äußerungen seien von der Meinungsfreiheit gedeckt. Sowohl Chebli als auch die Staatsanwaltschaft wollen Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen. Kellner war im November 2019 zunächst zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Dagegen hatte er Einspruch eingelegt. Hintergrund war ein vom mehrfach wegen Beleidigung, aber auch Körperverletzung vorbestraften Kellner veröffentlichtes Video auf YouTube, in dem er sich über ein Interview von "Noizz", der 2017 ins Leben gerufenen Jugendwebsite der "Bild", mit der Berliner Staatssekretärin für Bürgerliches Engagement und Internationales mokiert. Er fragt darin beispielsweise, ob ihre Eltern elf Kinder "aus wirtschaftlicher Berechnung, sexueller Gier oder einfach nur Langeweile und Muße oder aus religiösem Wahn" gezeugt hätten. Aussagen wie "der deutsche Steuerzahler habe die gesamte Familie durchgefüttert", Chebli sei die "Quotenmigrantin der SPD" und eine "islamische Sprechpuppe" folgen. Auf dem YouTube-Kanal von Kellner, der seinen Klarnamen trägt und den er selbst als "Love-Channel" verkauft, sind fast täglich neue Videos zu finden. "Ironisch" aufgemachte "Reaction"-Videos oder welche, die schon im Namen seine neurechte Gesinnung deutlich machen. Sitzend vor Einhörnern, an deren Stelle in älteren Videos Samurai-Schwerter hingen, neben dem "Je Suis Deutschland"-Schild und den "Heimattreue"-Bekundungen malt er seine schwarz-weiße Welt, Angela Merkel immer als das Feindbild. Sie bereite einen Krieg gegen das "Deutsche Volk" vor. Einige Politiker*innen, die wiederum selbst nur Darsteller*innen seien, würden die politischen Entscheidungen treffen, Demokratie gebe es nicht. Dahinter stecke, wie sollte es auch anders sein, die "jüdische Finanzelite". Kernfrage des Urteils, so der Berliner Richter, sei die "Grenzziehung zwischen Meinungsfreiheit und unzulässiger Herabsetzung". Die Äußerung "Quotenmigrantin der SPD" könne zwar als unverschämt oder kränkend empfunden werden, sei aber "unpro-1.

Weder Platz noch Park

2004

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