Vom Kampf ums Frauenwahlrecht zur Parité: Politische Repräsentation von Frauen gestern und heute (original) (raw)
2019, Zeitschrift für Parlamentsfragen
Am 30. November 1918 erhielten Frauen in Deutschland das Wahlrecht. Das Reichswahlgesetz gewährte Männern und Frauen ab dem vollendeten 20. Lebensjahr das gleiche Wahlrecht. Die Regelung wurde daraufhin in Artikel 22 Abs. 1 der Weimarer Reichsverfassung sowie in den Wahlgesetzen der Länder verankert. Mit der errungenen staatsbürgerlichen Gleichheit der Geschlechter in Form des allgemeinen, gleichen Wahlrechts war ein wichtiger (Etappen-)Sieg erreicht. Dem vorausgegangen war ein engagierter und langwieriger Kampf der deutschen Frauenstimmrechtsbewegung. Entgegen teils anderslautenden Erwartungen nutzten Frauen ihr gerade gewonnenes Wahlrecht in beachtlichem Maße. Bei den Wahlen zum Reichstag am 19. Januar 1919 lag ihre Beteiligung mit 82,3 Prozent nur knapp unter der der Männer. Auch das passive Wahlrecht wurde umgehend genutzt: circa 310 Kandidatinnen kämpften um die Mandate im neuen Reichstag; 37 von ihnen schafften den Einzug, später rückten vier weitere Frauen nach. Damit lag der Frauenanteil in der verfassunggebenden Nationalversammlung bei 9,7 Prozent. Ein solch "hoher" Frauenanteil wurde im Deutschen Bundestag erst wieder in den 1980er-Jahren erreicht, während er in der DDR-Volkskammer von Anfang an über 20 Prozent lag. 1 Die erste weibliche Abgeordnete, die im Reichstag jemals das Wort ergriff, war Marie Juchacz (SPD). Sie kommentierte in ihrer Rede am 19. Februar 1919 die Errungenschaft des Wahlrechts wie folgt: "Ich möchte hier feststellen. . ., dass wir deutschen Frauen dieser Regierung nicht etwa in dem althergebrachten Sinne Dank schuldig sind. Was diese Regierung getan hat, das war eine Selbstverständlichkeit: Sie hat den Frauen gegeben, was ihnen bis dahin zu Unrecht vorenthalten worden ist ." 2
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