Typografische Variation und (Inter-)Medialität. Zur kommunikativen Relevanz skripturaler Sichtbarkeit. In: Arnulf Deppermann/Angelika Linke (eds.): Sprache intermedial: Stimme und Schrift, Bild und Ton. Berlin/NewYork: de Gruyter (= Institut für deutsche Sprache; Jahrbuch 2009), pp. 97–126. (original) (raw)

Jannis Androutsopoulos & Florian Busch (Hg.). 2020. Register des Graphischen. Variation, Interaktion und Reflexion in der digitalen Schriftlichkeit (Linguistik – Impulse & Tendenzen 87). Berlin: De Gruyter. 288 S

Zeitschrift für Rezensionen zur germanistischen Sprachwissenschaft, 2022

Varianz digitaler Alltagsschriftlichkeit Die Aufsatzsammlung thematisiert Prozesse und Phänomene des informellen, interaktionsorientierten digitalen Schreibens. Der markante Titel hebt die beiden Hauptaspekte hervor, denen die korpuslinguistischen und diskurs-/konversationsanalytischen Arbeiten folgen: Register steht dabei allgemein für die noch ungenügend untersuchte soziale Variabilität des Schreibens in/mit digitalen Medien. Graphisches wird-abweichend vom breiteren Alltagsverständnis-als "vielschichtiger Materialbestand von visuell realisierten Sprachformen" (S. 23) gefasst. So gelangt im semiotischen Sinn die Materialität von Zeichen als Grundlage ihrer kontextdeterminierten und metapragmatisch reflektierten Semantisierung in den Blick. Zu den in den Beiträgen untersuchten graphischen Phänomenen gehören Verschriftungsvarianten (Phonographie), Graphostilistik, Interpunktion, Bildzeichen, Typographie und die intensivierende Iteration von graphischen Formen (z. B. Grapheme, Interpunktion, Emojis). Einen profunden und umfassenden theoretischen Rahmen für die einzelnen Studien zur "Ausdifferenzierung digitaler Schriftlichkeit" (S. 1) präsentieren A AN-N-DROUTSOPOULOS DROUTSOPOULOS und B BUSCH USCH, indem sie kenntnisreich den relevanten Forschungsstand in Schrift-, Sozio-und Medienlinguistik referieren. Daraus entwickeln sie einen eigenen Ansatz zur Erforschung der "sozio-situativen Varianz digitaler Sprache", der pragmalinguistische Zugänge und soziolinguistische Registertheorie elegant synthetisiert. Drei "Beschreibungsdimensionen" (S. 21-23) werden dabei hervorgehoben: Variation, verstanden als Verteilungsmuster graphischer Mittel in einem soziosituativen Kontext, Interaktion als kommunikative Praxis des Aushandelns von graphischen Mitteln zur Kontextualisierung von Äußerungen und metakommunikative Reflexion der Schreibpraktiken in ihren identitäts-und zugehörigkeitsstiftenden Funktionen. Die zentrale These des Buches, die durch die Empirie der einzelnen Kapitel illustriert und bewiesen wird, ist, dass neben medialen Aspekten die "soziopragmatische Register-Konstellation" (S. 3) einen entscheidenden Einfluss auf die Art und Weise des digitalen Schreibens hat.

Zur Einführung: Bewegung im Medium. Aspekte hoch- und spätmittelalterlicher Schriftlichkeit in multimedialer Aufbereitung (mit M. Ostermann, G. Tscherpel, O. Plessow), in: Schrift im Wandel - Wandel durch Schrift. CD-ROM, hg. v. F.-J. Arlinghaus u.a., Turnhout 2003, S. 1-15

Die CD-ROM 'Schrift im Wandel – Wandel durch Schrift' will die Arbeiten des Münsteraner Sonderforschungsbereichs 231 'Träger, Felder und Formen pragmatischer Schriftlichkeit im Mittelalter' an ausgewählten Beispielen multimedial zugänglich machen. Das hierfür entwi-ckelte Konzept nutzt die Möglichkeiten des Mediums für eine innovative Präsentation der Ergebnisse geisteswissenschaftlicher Forschung. Die Verknüpfung von Lesetext, Bild, Sprechtext sowie animierten Bildsequenzen macht es möglich, in ganz anderer Weise als bisher üblich komplexe Forschungsergebnisse in konzentrierter und pointierter Form darzu-stellen. Seit dem 11. Jahrhundert werden unterschiedliche Texte zu einem neuen, zunehmend wichtigeren Bezugspunkt in der alltäglichen Kommunikation. Ursachen und Folgen dieser ersten europäischen Medienrevolution werden auf der CD-ROM an exemplarischen Beispielen erörtert. Dabei gilt es, die von der Forschung postulierte Unfestigkeit und Offenheit der Texte mittelalterlicher Manuskriptkultur ('mouvance') unter Mobilisierung der Möglichkeiten des neuen Mediums aufzuzeigen und zu interpretieren. Angesprochen werden Fachwissenschaftler, Studierende sowie interessierte Laien, für die mit dem Leitbegriff 'Medienwandel' eine Brücke von der aktuellen Mediendiskussion der Gegenwart zu den untersuchten Phänomenen des 11. bis 15. Jahrhunderts geschlagen wird. In elf Beiträgen aus den Fachgebieten Theologie, Mittellateinische Philologie, Geschichtswis-senschaft, Kunstgeschichte und Germanistik können sich die Nutzer über Themen wie Buchmalerei, Weltchroniken oder die ersten gedruckten Einladungen zu Schützenfesten in-formieren. Neben den multimedial konzipierten Beiträgen wird zudem eine Anthologie wichtiger Aufsätze des SFB zur Verfügung gestellt, die als weiterführende Lektüre die Multimediabeiträge ergänzen und z.T. direkt mit diesen in Verbindung stehen. Die CD enthält ferner eine Gesamtbibliographie aller im Rahmen des SFB entstandenen Arbeiten. Sämtliche Texte sind ausdruckbar und können über eine Suchfunktion erschlossen werden. Konzeption 1: 'Mouvance' mittelalterlicher Manuskriptkultur und neue Medien Im deutschsprachigen Raum ist bereits seit den 1970er Jahren verschiedentlich auf die Über-lieferungsvarianz mittelalterlicher Texte hingewiesen worden. Namentlich die so genannte 'Überlieferungsgeschichte' hat autorzentrierten Herangehensweisen eine Berücksichtigung der unterschiedlichen Stufen von Texten zur Seite gestellt, wie sie im Mittelalter tatsächlich auch gelesen und kopiert wurden. 1 Im Rahmen neuerer Theoriediskussionen, die gemeinhin

Christa Dürscheid/Jan Georg Schneider (2019): Standardsprache und Variation. Tübingen: Narr.

2019

Im Band wird einleitend der Begriff Standardsprache erläutert und als Gebrauchsstandard konzeptualisiert. Die anschließenden Kapitel stellen die Entwicklung der deutschen Standardsprache dar und behandeln Standardsprachideologien. Danach wird ein Überblick über die Unterschiede zwischen dem geschriebenen und gesprochenen Gebrauchsstandard gegeben und das Verhältnis zwischen Norm und Variation illustriert. Anschließend liegt der Schwerpunkt auf einer Diskussion der Faktoren, die zu sprachlicher Variation führen können. Das Abschlusskapitel widmet sich der diatopischen Variation im Standarddeutschen (z.B. Österreich, Deutschland, Schweiz). Der Band wendet sich an Studierende der germanistischen Sprachwissenschaft und kann auch im gymnasialen Oberstufenunterricht eingesetzt werden.

Guido Fackler: Ortsrufanlagen: Aurale Medialität und öffentlicher Raum. In: Hengartner, Thomas / Simon, Michael (Hg.): Bücher – Bilder – Bytes. Zur Medialität des Alltags. 36. Kongress der Deut-schen Gesellschaft für Volkskunde, Mainz 2007. Mainz 2009, S. 299-308.

Handys, Computer, Internet, wir leben eigentlich in einem modernen Kom mu ni ka tionszeitalter" -so moderierte Caren Miosga einen Tagesthemen-Beitrag über die Ortsrufanlage in Niederlaasphe an (Hahn 2007). Die Widerstandsmetapher aus den "Asterix"-Heften aufgreifend, fuhr sie fort: "Doch es gibt ein Dorf mitten in Deutschland, an dem scheint die digitale Revolution irgendwie komplett vorbei gegangen zu sein. Seit 50 Jahren frönen die 1 200 Einwohner dieses Ortes in Nordrhein-Westfalen einer alten Tradition: Sie kom munizieren über eine sogenannte Dorfrufanlage." (Hahn 2007) Anders als dieser Sommerloch-Bericht, möchte ich Ortsrufanlagen jedoch nicht milde schmunzelnd als medienhistorische Kuriosität abhandeln. Ich verstehe sie vielmehr als im öffentlichen Raum wirkendes elektroakustisches Massenmedium. Insofern ist nach defi nitorischen Abgrenzungen, Quellenlage, Entwicklung, Aneignung, Nutzung und Niedergang die Frage nach der von Ortsrufanlagen kommunikativ wie auditiv generierten Öffentlichkeit zentral. Diesbezüglich lautet meine These, dass einige dieser Anlagen überleben konnten, weil sie sich zur akustischen Signatur der betreffenden Orte entwickelt haben.

Dürscheid, Christa/Schneider, Jan Georg (2019): Standardsprache und Variation. Tübingen: Narr (= narr STARTER). 96 Seiten. 10,90 € ISBN: 978-3-8233-8268-3

Journal für Medienlinguistik

Der vorliegende Band, im Umfang kompakt, dennoch inhaltsreich, soll als eine erste Annäherung an den Themenkomplex um Standardsprache und Variation des Deutschen dienen. Die Zielgruppe sind laut Autor*innen Studierende der germanistischen Sprachwissenschaft wie auch Schüler*innen in der gymnasialen Oberstufe. Dem Reihentitel nach ("7 wichtige Punkte für einen erfolgreichen Start ins Thema") werden die einzelnen Themen in sieben Kapiteln behandelt, gefolgt vom Literaturverzeichnis und einem Register. Das erste Kapitel leitet das Thema mit einer einfach formulierten, dennoch komplexen Frage ein: Was ist Standardsprache? Entsprechend der einfachen Formulierung erwartet man auch eine möglichst klare Definition als Antwort. Die Antwort bzw. der Versuch einer Definition (vgl. S. 9) offenbart bereits die gesamte Komplexität des Themas. Zum einen stellt sich hier die Aufgabe, konstitutive Elemente einer Standardsprache zu benennen (Medialität, Kontext, Gebrauch, Akteur*innen), zum anderen die Abgrenzung zu anderen Sprachformen vorzunehmen, die Teil einer jeden Sprache sind, wie etwa Dialekte, allgemeingültig und möglichst wertfrei erläutern. Des Weiteren steigt die Komplexität insofern, als dass gleich in diesem Kapitel die Existenz eines Standards in Frage gestellt wird, zumindest wenn es um die gesprochene Sprache geht (vgl. S. 10). Im ersten Kapitel werden weitere Aspekte dieses Themenkomplexes angerissen: Betrachtung des Sprachgebrauchs als ein bestimmtes Handlungsmuster, Bedeutung von kommunikativen Routinen und Normen für die erfolgreiche Kommunikation, Methoden der Erforschung von verschiedenen sprachlichen Ausprägungen sowie Werke wie Grammatiken und Wörterbücher, in welchen

(with Tobias Frese, Kristina Krüger) Zur Problematik restringierter Schriftpräsenz - Zusammenfassung dieses Bandes, in: T. Frese, W. E. Keil, K. Krüger (eds.), Verborgen, unsichtbar, unlesbar – zur Problematik restringierter Schriftpräsenz (Materiale Textkulturen 2), Berlin/Boston 2014, 233-242.

Zusammenfassung des Sammelbandes: Tobias Frese, Wilfried E. Keil, Kristina Krüger (eds.), Verborgen, unsichtbar, unlesbar – zur Problematik restringierter Schriftpräsenz (Materiale Textkulturen 2), Berlin/Boston 2014. Aus neuzeitlicher Perspektive ist die Präsenz von Schrift - das heißt ihre Wirkung im sozialen Raum - notwendigerweise an Sichtbarkeit und Lesbarkeit gekoppelt: Was den Blicken entzogen ist oder sich einem einfachen Zugriff versperrt, scheint im selben Maße an gesellschaftlicher Relevanz einzubüßen. Ist diese Vorannahme schon grundsätzlich fragwürdig, so ist sie für Schriftkulturen vormoderner, vor-typographischer Zeiten kaum haltbar. In großer Zahl sind hier Artefakte überliefert und Schriftpraktiken rekonstruierbar, bei denen gerade das Verbergen, Verhüllen und Verschleiern eine große Rolle spielte. Das Ziel des vorliegenden Bandes ist es die Kategorie der “restringierten Schriftpräsenz” aus interdisziplinärer, transkultureller Perspektive an verschiedenen Fallbeispielen zu diskutieren und kritisch zu hinterfragen.