Nasza ojczyzna stała się dla nas obcym państwem..." Niemcy w Polsce 1945-1950 (original) (raw)

Die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg in Polen, in: "eurozine", 05.09.2007

Das Vergangenheitsbild eines Volkes wirkt sich nicht nur auf die Beziehungen innerhalb eines Landes aus, sondern auch auf die Beziehungen zu anderen Völkern. Entscheidende Bedeutung hat hier die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg. Noch ist dieser für mehr als zwanzig Prozent der Polen eine persönliche und für die übrigen -dank Erzählungen in der Familie -eine immer noch lebendige Erfahrung. "Die immer noch fühlbaren Folgen des Zweiten Weltkrieges zwingen uns, ständig über diese Jahre nachzudenken und zu sprechen", schrieb der sich mit dieser Zeit befassende Historiker Tomasz Szarota im Jahre 1996. "Sie zu vergessen, verhindert auch der Sozialisierungsprozess, an dem neben der Schule das Elternhaus, verschiedene Organisationen und die Armee beteiligt sind. Im Ausbildungs-und Erziehungssystem wird auf die Zeit des Zweiten Weltkriegs und der Okkupation besonders starken Wert gelegt. Die Ereignisse und Personen, die mit dem Krieg verbunden sind, sind in Fernsehen, Radio und der Presse ständig präsent. Das Thema ist immer noch ein wichtiger Gegenstand in Literatur und Wissenschaft, in Film, Theater und der bildenden Kunst. Ganz zu schweigen davon, dass es ständig von politischen Gruppierungen instrumentalisiert wird. Wahrscheinlich werden in keinem anderen Land Jahrestage, die auf Ereignisse des Zweiten Weltkriegs verweisen, so oft und so feierlich begangen." Szarota unterstreicht insbesondere die Bedeutung von Erinnerungselementen an den Kampf und die Leiden aus der Kriegszeit, die sich an öffentlichen Stellen, auf den Straßen, in Kirchen und auf Friedhöfen, befinden. "An den Jahrestagen belebt man die Stätten nationalen Gedenkens, sie werden wieder zu einem Element lebendiger Geschichte -Blumen, brennende Kerzen, weiß-rote Fahnen lenken unsere Gedanken in die Vergangenheit. Wer zu Allerheiligen nicht auf dem Warschauer Powazki-Militärfriedhof war [hier liegen u.a. die Widerständler des Warschauer Aufstandes von 1944], ist nicht imstande zu verstehen, was es bedeutet, für die Geschichte zu leben." In den Jahren 1965Jahren , 1977Jahren und 1988 wurden Personen mit Hochschulabschluss gefragt, was denn die ehrenvollsten Ereignisse in der eintausendjährigen Geschichte Polens seien. Jedes Mal rangierte der Zweite Weltkrieg auf dem ersten Platz. Dies wäre heute nicht anders. Die Mehrzahl der Polen hat, wie aus einer Meinungsumfrage hervorgeht, immer noch ein sehr emotionales Verhältnis zu diesen Ereignissen. Wichtig ist dabei, dass es keinen Unterschied zwischen den Generationen gibt. Junge und ältere Polen empfinden ähnlich: dreiundsiebzig Prozent geben an, dass die Erinnerung an den letzten Weltkrieg lebendig ist und dass man sich an ihn erinnern sollte. [2] Der Prozentsatz liegt so hoch u.a. aufgrund der besonderen Bedeutung des Krieges für Polen. Im Allgemeinen wird speziell darauf Wert gelegt, dass Polen sich als erstes Land Hitler widersetzt hat; dass es keine "Quislinge" hervorbrachte und nicht nur eine starke Widerstandsbewegung entwickelte, sondern auch einen ganzen Untergrundsstaat, und dass die Polen in Relation zu ihrer Bevölkerungszahl die größten menschlichen Verluste zu tragen hatten. Interessanterweise ist hier die militärische Bedeutung der sich auf polnischem Boden abspielenden Kampfhandlungen zweitrangig. Für die Polen sind laut einer Umfrage aus dem Jahre 1994 die Verteidigung von Warschau 1939 und die Schlacht bei Monte Cassino 1944 wichtiger als die Schlacht um Stalingrad und die Landung der Alliierten in der Normandie, wenn es um die wichtigsten Ereignissen des Zweiten Weltkrieges geht. Der Einschätzung von T. Szarota ist wohl zuzustimmen, dass hier nicht die Bedeutung der Kriegserlebnisse für die heutigen Polen aufgezeigt wird, sondern ihr Größenwahn und die Suche nach Linderung der Komplexe, die sie durch jene Geschehnisse entwickelt haben. "Die Unermesslichkeit des eigenen Leids verdeckt uns das Leiden anderer Völker", schreibt Szarota.

(Un)versöhnt? Gedanken über die deutsch-polnischen Beziehungen nach 1945

2019

Der in diesem Jahr bevorstehende 30. Jahrestag der Versöhnungsmesse, bei der es sich um ein beispielloses Ereignis in den deutsch-polnischen Nachkriegsbeziehungen handelt, bietet einen wichtigen Anlass, Überlegungen darüber anzustellen, welche Schlussfolgerungen sich aus diesem (im doppelten Sinne dieses Wortes) historischen Ereignis ziehen lassen. Blickt man in die Geschichte zurück – und zwar nicht nur in die europäische –, so fällt es schwer, eine vergleichbare Entwicklung aufzuzeigen, die es erlaubte, eine so fundamentale und zugleich stets aktuelle Frage wie die folgende zu beantworten: Wie war es nur möglich, dass zwei – von ihrer tragischen Geschichte so hart gebeutelte – Völker dazu fähig waren, miteinander einen Dialog aufzunehmen, und dazu noch einen, der nicht auf Regierungsebene initiiert, sondern von unten in Gang gesetzt und durch die Aktivitäten der Bürger selbst inspiriert wurde. Dieser Dialog, der ohne Unterstützung und vielfach entgegen der Position der Regierung geführt wurde, verwandelte sich in ein Netzwerk starker und komplexer gegenseitiger Verflechtungen, deren Ursprünge mitnichten ausschließlich in der geografischen Nachbarschaft zu sehen sind. (…) Die Publikation, die Sie nun in Ihren Händen halten, stellt in diesem Kontext den Versuch dar, die historische Erfahrung der deutsch-polnischen Annäherung und die daraus für uns, die heutige Generation, zu ziehenden Lehren zu reflektieren. Aus dem Vortwort

Deutsche Entlehnungen im Polnischen - Geschichte, Sachbereiche, Reaktionen

Linguistik Online, 2001

Ansichten zum Anteil deutscher Entlehnungen im polnischen Wortschatz Im Jahre 1893 behauptete Gabriel Korbut, keine Sprache habe dem Polnischen so viele Lehnwörter gegeben wie das Deutsche. Dabei seien deutsche Entlehnungen-im Gegensatz zu Latinismen-meist völlig assimiliert, so dass sie von Polnisch Sprechenden nicht mehr als fremd empfunden würden (Korbut 1893). Im Jahre 1974 erschien ein Artikel des tschechischen Linguisten Jiři Damborský, der das Auftreten von Germanismen in einem polnischen Wörterbuch (Skorupka et al., eds., 1969) untersuchte. Deutsche Entlehnungen nehmen in seiner Untersuchung zahlenmäßig erst die vierte Stelle hinter den lateinischen, französischen und griechischen ein.