Prekarität (original) (raw)
Related papers
Germanistische Mitteilungen, 2018
This article explores the applicability of the sociological term "precarity" in literary studies. Whereas precarity is mostly used to describe contemporary living and working conditions in neoliberalism, it also allows for a critical examination of historical forms of political and economic exploitation and their literary representation. This article argues that norms underpin the frames which in turn determine if forms of suffering can be made visible or 'narratable'. Literary texts however can go beyond such frames, as they can create an awareness for neglected forms of life and ignite sympathy or empathy among their readers. With reference to the interconnection between precarity, normativity, visibility and affect, this article sheds new light on the polemical discussion between social democrats and naturalist writers at the end of the 19 th century in Germany, in which the visibility of and the empathy with precarious workers played a crucial role. A comparative reading of Max Kretzer's Meister Timpe (1886) and Wilhelm Blos' Das Ende vom Lied (1892) shows that this was not merely a theoretical debate: the competition between naturalists and socialists can also be found in literary production, where it is played out as intertextual dialogue. Through his assessment of naturalist writings, Blos developed and applied an early socialist, normative concept of literature, reminiscent of Bertolt Brecht's critique of naturalism in the 1930s.
2009
Der Begriff der 'Prekarisierung' wurde 1995 von dem französischen Soziologen Robert Cassel in die sozialwissenschaftliche und politische Debatte eingeführt. In der Folgezeit wurde die Diskussion zur Prekarisierung v.a. von Pierre Bourdieu geprägt, der diese als 'Teil einer neuartigen Herrschaftsnorm, die auf die Errichtung einer zum allgemeinen Dauerzustand gewordenen Unsicherheit fußt und das Ziel hat, die Arbeitnehmenden zur Unterwerfung, zur Hinnahme ihrer Ausbeutung zu zwingen' definiert. 'Prekarisierung' bezeichnet im Kern die Erosion von Normalarbeitsverhältnissen mit all ihren arbeitsrechtlichen und sozialstaatlichen Absicherungen. Der Beitrag geht den Gründen dieser Erosion nach und erläutert die Auswirkungen der Prekarisierung auf unterschiedliche Arbeitsbereiche und Arbeitsverhältnisse. Prekarisierung ist vor allem in zwei Formen sichtbar: Zum einen in der Umwandlung gesicherter Arbeitsverhältnisse in ungesicherte (z.B. Leih- oder Zeitarbeit) mit de...
Migration, Prekarität und Gesundheit
… und Sans-Papiers in Genf und …, 2006
� � SFM-Studien 41 Christin Achermann, Milena Chimienti unter Mitarbeit von Fabienne Stants Es ist bekannt, dass sich prekäre Lebens-und Aufenthaltsbedingungen negativ auf die Gesundheit auswirken. Diese durch das BAG finanzierte Studie geht der Frage nach, wie MigrantInnen in prekären Aufenthaltssituationen mit ihren unsicheren Lebensumständen umgehen. Welche individuellen und strukturellen Ressourcen helfen ihnen, die damit verbundenen Risiken zu bewältigen? Und wie wirkt sich dies auf das Gesundheitsverhalten der Betroffenen aus? Die Autorinnen umreissen einleitend den rechtlichen und kantonalen Kontext und analysieren danach auf der Grundlage von qualitativen Interviews mit vorläufig aufgenommenen MigrantInnen (mit F-Ausweis) und Sans-Papiers in den Kantonen Genf und Zürich deren individuelle Probleme und Ressourcen. Die Autorinnen Christin Achermann, Ethnologin, Milena Chimienti, Soziologin und MPH, Fabienne Stants, Psychologin, sind wissenschaftliche Mitarbeiterinnen am SFM.
Prekarität und Gleichstellung intersektional denken
www.querelles.net, 2019
Umfassend werden hier das Verhältnis von prekären Arbeitsverhältnissen und Diskriminierungs- und Ungleichheitsstrukturen in der Wissenschaft sowie Gleichstellungspolitiken in den Blick genommen. Die Autor_innen plädieren dafür, die Ökonomisierung von Bildung, die Herausbildung der unternehmerischen Hochschule sowie die damit einhergehende Ausbreitung unsicherer Arbeitsverhältnisse in der Wissenschaft mit Prozessen der Gleichstellungsgovernance sowie der Transformation von Geschlechterverhältnissen und insbesondere von Rassismus an der Hochschule zusammenzudenken. In 12 Beiträgen werden diesbezügliche Ambivalenzen thematisiert und Interventionsmöglichkeiten, um Geschlechtergerechtigkeit, eine nicht-rassistische Hochschule und sichere Beschäftigungsverhältnisse zu verwirklichen, diskutiert.
Die zentrale Zielsetzung der Expertise besteht darin, einerseits das Ausmaß der Prekarität der genannten atypischen Beschäftigungsformen anhand aktueller Entwicklungen und Forschungsergebnisse abzuschätzen und zu beschreiben. Hierbei werden jeweils die besonderen Risiken der unterschiedlichen Formen prekärer Be-schäftigung für die Betroffenen selbst (einschließlich der Frage, inwieweit sie von Niedriglöhnen betroffen sind), aber auch mögliche Rückwirkungen auf die Beschäftigung bzw. den Arbeitsmarkt insgesamt und die Sozialversicherungssysteme einbezogen. Andererseits werden für die unterschiedlichen Formen prekärer Beschäftigung jeweils (ggf. alternative) Reform- bzw. Regulierungsmöglichkeiten aufgezeigt, um die Risiken für die jeweils betroffenen Beschäftigten zu verringern bzw. reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu stärken. Hierbei wird auch die Frage einbezogen, welche möglichen (ggf. unerwünschten) Nebenwirkungen bei den aufgezeigten rechtlichen Ä...
transcript Verlag eBooks, 2008
Seit einer Studie im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung ist ‚das Prekariat endlich auch in Politik und Medien angekommen (Müller-Hilmer 2006). Nachdem es lange nur ein unsichtbares Schattendasein als ‚Nicht-Klasse an sich' geführt hat, von sich selbst nichts zu wissen schien, nur in linken Diskursen herumgeisterte und hier und da in den französischen Vorstädten auftauchte, ist es nun ans Licht gezerrt worden. Das Prekariat, das sind die ‚Abgehängten', das ist die ‚Unterschicht', derer man sich annehmen muss, meint der wohlmeinende Sozialdemokrat. Der weniger wohlmeinende Herr Müntefering will davon nichts wissen, eine Unterschicht gebe es nicht. Und Klassenunterschiede, die gibt es nur bei PISA. Genutzt hat das Abwiegeln wenig. Es lässt sich nicht mehr verdrängen, dass es so etwas wie ein ‚Unten' in der Gesellschaft gibt, wo sich Prekarität ausbreitet. ‚Prekär' bedeutet im Lateinischen "unsicher", aber auch ‚aus Gnade gewährt'-und so fühlt es sich auch an: Wer keinen Job hat, erlebt, wie ein soziales Recht auf ein garantiertes Existenzminimum im Rahmen von Hartz IV zu einer wohltätigen, paternalistischen Gewährung von Hilfe umdefiniert wird, die an Wohlverhalten und zu erfüllende Pflichten gebunden wird. Wer einen Job hat, muss dankbar sein, überhaupt einen zu haben, auch wenn das Einkommen kaum zum Leben ausreicht. Doch ‚prekär' meint nicht nur Arbeits-und Lebensverhältnisse ohne existenzsicherndes Einkommen. Es geht auch um die mangelnde Anerkennung der Arbeit und der Person, um betriebliche und soziale Isolierung, die Zerstörung von Sozialkontakten, mangelnden Sozialversicherungsschutz und fehlende Qualifizierungsmöglichkeiten. Besonders
Prekarisierung und Niederiglohnbeschäftigung
Beitrag zum 4. Jahrbuch Sozialer Protestantismus mit dem Schwerpunktthema "Arbeit" 1 Einleitung Wird die Arbeitswelt immer prekärer? Ist gut bezahlte, sozial abgesicherte Arbeit auf dem Rückzug? In diesem Beitrag wird gezeigt, dass die Niedriglohnbeschäftigung in Deutschland in den vergangenen Jahren tatsächlich deutlich gewachsen ist und auch weitere Formen atypischer oder (zumindest potenziell) prekärer Beschäftigung teils erheblich an Bedeutung gewonnen haben. Der klassische Grundsatz, dass das Einkommen aus Vollzeitarbeit ausreichen sollte, um eine Familie ernähren oder zumindest die eigene Existenz sichern zu können, wird dadurch zunehmend in Frage gestellt. Fraglich ist allerdings, ob daraus den Schluss zu ziehen ist, dass es zu einer weiteren Prekarisierung der Arbeitswelt keine Alternative gibt. Es bestehen durchaus Ansatzpunkte, um Fehlentwicklungen zu stoppen, die soziale Absicherung zu verbessern und zu verhindern, dass die Spaltung der Gesellschaft weiter voranschreitet. Um dies zu erreichen, ist allerdings ein kraftvoller politischer Wille erforderlich. Ziel muss dabei sein, den Arbeitsmarkt zukunftsfest zu machen und vor allem Aufstiegschancen aus gering bezahlter und prekärer Beschäftigung zu verbessern.
Vorsokratiker, Reihe Denker, 2., überarbeitete Auflage, München: C.H. Beck 2007, 1997
Introduction into Presocratic Philosophy
Prekarität als Konzept kritischer Gesellschaftsanalyse – Zwischenbilanz und Ausblick
2015
Prekaritat gehort inzwischen »zu den grosen Themen der sozial-wissenschaftlichen Gegenwartsanalyse und Zeitdiagnostik« (Aulenbacher 2009, 65). Der diskursive Erfolg des Prekaritatskonzepts korrespondiert jedoch mit einer gewissen analytischen Unscharfe des Begriffs, die in dem Mase zum Problem wird, wie nicht mehr genau klar ist, welche Phanomene die Kategorie eigentlich bezeichnet. Nachfolgend soll der Versuch gemacht werden, eine erste Zwischenbilanz der (1.) neuen soziologischen Prekarisierungsdebatte zu formulieren. Im Anschluss an (2.) eine Darstellung unterschiedlicher Verwendungsweisen des Prekaritatskonzepts folgen (3.) wichtige Forschungsergebnisse sowie (4.) offene Fragen und Kontroversen. Abschliesend soll dann (5.) der Versuch gemacht werden, verschiedene Strange der Diskussion in einem integrativen analytischen Konzept zusammenzufuhren, das die neue, diskriminierende Prekaritat als Durchsetzung eines Systems standiger Bewahrungsproben begreift.