SPÖ: Kern holt vier neue Regierungsmitglieder (original) (raw)

Neue Bildungsministerin wird Sonja Hammerschmid, ins Kanzleramtsministerium wechselt Thomas Drozda. Neuer Infrastrukturminister wird Jörg Leichtfried, Staatsekretärin wird Muna Duzdar.

Sonja Hammerschmid und Thomas Drozda

Sonja Hammerschmid und Thomas Drozda (c) APA/Clemens Fabry

Das neue Team des designierten SPÖ-Chefs und Bundeskanzlers Christian Kern steht. Die bisherige Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek, Kanzleramtsminister Josef Ostermayer, Infrastrukturminister Gerald Klug und Staatssekretärin Sonja Steßl müssen gehen. Neue Bildungsministerin wird Vetmed-Rektorin Sonja Hammerschmid, derzeit Vorsitzende der Universitätenkonferenz. Studenten und Mitarbeiter informierte Hammerschmid in einem Mail bereits "mit Wehmut" über ihren Abschied. Die Frauenagenden gehen von Heinisch-Hosek an Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser.

"Ich habe also meinen Lehrerinnen und Lehrern wirklich viel zu verdanken", schrieb Sonja Hammerschmid vor wenigen Monaten in der "Presse am Sonntag". Dieser Satz wird vielen Lehrern besonders gut gefallen, wird Hammerschmid doch Bildungsministerin. Sie löst Gabriele Heinisch-Hosek ab.

"Ich habe also meinen Lehrerinnen und Lehrern wirklich viel zu verdanken", schrieb Sonja Hammerschmid vor wenigen Monaten in der "Presse am Sonntag". Dieser Satz wird vielen Lehrern besonders gut gefallen, wird Hammerschmid doch Bildungsministerin. Sie löst Gabriele Heinisch-Hosek ab. (c) Die Presse (Fabry)

Die 47-Jährige beschäftigte sich bisher (als Rektorin und als Vorsitzende der Universitätenkonferenz) mit den Agenden der Hochschulen. Künftig werden aber die Schulen sie beschäftigen. Geboren wurde die Molekularbiologin im Mühlviertel in einer kleinen Marktgemeinde mit knapp 2000 Einwohnern. Dort besuchte sie die Volks- und Hauptschule: "Wenn es nach aktuellen Bildungsstudien ginge, hätte ich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht maturiert, geschweige denn ein Studium abgeschlossen". Hammerschmids Eltern hatten keine Matura.

Die 47-Jährige beschäftigte sich bisher (als Rektorin und als Vorsitzende der Universitätenkonferenz) mit den Agenden der Hochschulen. Künftig werden aber die Schulen sie beschäftigen. Geboren wurde die Molekularbiologin im Mühlviertel in einer kleinen Marktgemeinde mit knapp 2000 Einwohnern. Dort besuchte sie die Volks- und Hauptschule: "Wenn es nach aktuellen Bildungsstudien ginge, hätte ich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht maturiert, geschweige denn ein Studium abgeschlossen". Hammerschmids Eltern hatten keine Matura. (c) Die Presse (Fabry)

Hammerschmid studierte ab 1986 an der Uni Wien Biologie, 1995 promovierte sie zur Doktorin der Naturwissenschaften. Nach Forschungstätigkeit wechselte sie in die Wirtschaft, wo sie u. a. den Bereich Technologie und Innovation der Austria Wirtschaftsservice GmbH (AWS) leitete. Im Bild ist sie mit der ehemaligen ÖVP-Wissenschaftsministerin Beatrix Karl zu sehen.  

Hammerschmid studierte ab 1986 an der Uni Wien Biologie, 1995 promovierte sie zur Doktorin der Naturwissenschaften. Nach Forschungstätigkeit wechselte sie in die Wirtschaft, wo sie u. a. den Bereich Technologie und Innovation der Austria Wirtschaftsservice GmbH (AWS) leitete. Im Bild ist sie mit der ehemaligen ÖVP-Wissenschaftsministerin Beatrix Karl zu sehen. (c) Die Presse (Fabry)

Hammerschmid kam aber nicht über die universitäre Karriereleiter an die Spitze der Vetmed, sondern über die Wirtschaft, konkret: über das Forschungsmanagement. Erst im vergangenen Winter wurde sie zur Präsidentin der Universitätenkonferenz gewählt. Ja, Politik interessiere sie, sagte sie als frisch gewählte Präsidentin in ihrem ersten Fernsehinterview. „Mich reizt Neues, ich will gestalten“, machte damit aus ihren politischen Ambitionen auch keinen Hehl.

Hammerschmid kam aber nicht über die universitäre Karriereleiter an die Spitze der Vetmed, sondern über die Wirtschaft, konkret: über das Forschungsmanagement. Erst im vergangenen Winter wurde sie zur Präsidentin der Universitätenkonferenz gewählt. Ja, Politik interessiere sie, sagte sie als frisch gewählte Präsidentin in ihrem ersten Fernsehinterview. „Mich reizt Neues, ich will gestalten“, machte damit aus ihren politischen Ambitionen auch keinen Hehl. (c) Die Presse (Bruckberger)

Sie ist jedenfalls keine SPÖ-Parteisoldatin - wie ihre Vorgängerin Gabriele Heinisch-Hosek. Zwar wurde ihr Nähe zur SPÖ stets nachgesagt - aber auch bei der ÖVP kursierte ihr Name schon. Etwa als ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner 2014 jemanden für sein neues Wissenschaftsstaatssekretariat suchte. Politisch ordnete sie sich in einem Interview mit den "Oberösterreichischen Nachrichten" einmal so ein: "Ideologisch bin ich ein Arbeiterkind, SPÖ, ÖVP, aber auch Neos, haben Themen, die mich ansprechen."

Sie ist jedenfalls keine SPÖ-Parteisoldatin - wie ihre Vorgängerin Gabriele Heinisch-Hosek. Zwar wurde ihr Nähe zur SPÖ stets nachgesagt - aber auch bei der ÖVP kursierte ihr Name schon. Etwa als ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner 2014 jemanden für sein neues Wissenschaftsstaatssekretariat suchte. Politisch ordnete sie sich in einem Interview mit den "Oberösterreichischen Nachrichten" einmal so ein: "Ideologisch bin ich ein Arbeiterkind, SPÖ, ÖVP, aber auch Neos, haben Themen, die mich ansprechen." (c) Die Presse (Fabry)

Aufnahmeregelungen an den Universitäten seien im Sinne der Bildungsqualität notwendig, hatte sie als Uni-Rektorin gesagt. Wenn die SPÖ riskiert, dass Hammerschmid als Bildungsministerin künftig die Hochschulthemen mit dem Wissenschaftsminister verhandelt, könnte sich eine Chance ergeben. Mit roten Zugeständnissen im Uni-Bereich könnten sich einige bildungspolitische Pattstellungen auflösen. Hier ist sie mit ihren ehemaligen Rektoren-Kollegen Heinz C. Engl (Uni Wien), Wolfgang Schütz (ehemals Med-Uni Wien), Gerald Bast (Angewandte) und Christoph Badelt (ehemals WU) auf einer Stiege der Uni Wien zu sehen.

Aufnahmeregelungen an den Universitäten seien im Sinne der Bildungsqualität notwendig, hatte sie als Uni-Rektorin gesagt. Wenn die SPÖ riskiert, dass Hammerschmid als Bildungsministerin künftig die Hochschulthemen mit dem Wissenschaftsminister verhandelt, könnte sich eine Chance ergeben. Mit roten Zugeständnissen im Uni-Bereich könnten sich einige bildungspolitische Pattstellungen auflösen. Hier ist sie mit ihren ehemaligen Rektoren-Kollegen Heinz C. Engl (Uni Wien), Wolfgang Schütz (ehemals Med-Uni Wien), Gerald Bast (Angewandte) und Christoph Badelt (ehemals WU) auf einer Stiege der Uni Wien zu sehen. (c) Die Presse (Gabriele Paar)

Hammerschmid betonte bisher immer wieder, dass der freie Hochschulzugang nicht wiedergutmachen könne, was vom Schulsystem verabsäumt wurde. Nun kann sie selbst dieses verbessern. Wie es um Rückhalt in der SPÖ steht, bleibt abzuwarten. Der ist für Quereinsteiger generell wichtig – und noch mehr in einem bekanntermaßen schwierigen Ressort wie dem der Bildung.  

Hammerschmid betonte bisher immer wieder, dass der freie Hochschulzugang nicht wiedergutmachen könne, was vom Schulsystem verabsäumt wurde. Nun kann sie selbst dieses verbessern. Wie es um Rückhalt in der SPÖ steht, bleibt abzuwarten. Der ist für Quereinsteiger generell wichtig – und noch mehr in einem bekanntermaßen schwierigen Ressort wie dem der Bildung. (c) Die Presse (Gabriele Paar)

Als „Symbol für neue kreative Wege“, bezeichnete sie Neokanzler Christian Kern (SPÖ). Die wird es auch brauchen. Vor allem beim Budget. Mehr als eine halbe Milliarde Euro fehlt dem Bildungsministerium allein heuer. Konkrete Ideen für eine budgetäre Neuaufstellung stehen noch aus.

Als „Symbol für neue kreative Wege“, bezeichnete sie Neokanzler Christian Kern (SPÖ). Die wird es auch brauchen. Vor allem beim Budget. Mehr als eine halbe Milliarde Euro fehlt dem Bildungsministerium allein heuer. Konkrete Ideen für eine budgetäre Neuaufstellung stehen noch aus. (c) APA

Zweiter großer Brocken wird die Bildungsreform, die trotz medienwirksamer Präsentation vor einem halben Jahr noch längst nicht beschlossen ist. Die Eckpunkte waren so grob formuliert worden, dass über deren Interpretation erst wieder Streit zwischen SPÖ und ÖVP herrschten. Hammerschmid wird einige Durchsetzungskraft brauchen, um die uneinigen Verhandler noch zu einigermaßen herzeigbaren Kompromissen zu bewegen.

Zweiter großer Brocken wird die Bildungsreform, die trotz medienwirksamer Präsentation vor einem halben Jahr noch längst nicht beschlossen ist. Die Eckpunkte waren so grob formuliert worden, dass über deren Interpretation erst wieder Streit zwischen SPÖ und ÖVP herrschten. Hammerschmid wird einige Durchsetzungskraft brauchen, um die uneinigen Verhandler noch zu einigermaßen herzeigbaren Kompromissen zu bewegen. (c) Die Presse (Clemens Fabry)

Von den Vereinigten Bühnen, wo er seit 2008 Generaldirektor war, ins Kanzleramtsministerium wechselt Thomas Drozda. Der 50-Jährige beriet in den 1990er-Jahren SPÖ-Kanzler kulturpolitisch; im Sommer des Vorjahres sagte er, dass er mit der Politik abgeschlossen habe.

Thomas Drozda

Thomas Drozda (c) Die Presse (Clemens Fabry)

Neuer Infrastrukturminister wird der steirische Landesrat und frühere EU-Abgeordnete Jörg Leichtfried. Über dessen Wechsel in die Bundesregierung freute sich sein steirischer SPÖ-Obmann Michael Schickhofer im Ö1-"Mittagsjournal": Leichtfried werde "ein Verkehrsminister sein, der Format hat". Und er geht davon aus: "Österreich wird mit ihm so richtig abfahren."

Staatsekretärin wird die Wiener Gemeinderatsabgeordnete und Rechtsanwältin Muna Duzdar. Erstmals wird damit eine Person mit Migrationshintergrund in einer vergleichbaren Stellung auf Bundesebene berufen - die Eltern der 37-Jährigen sind Palästinenser. Von jenen Wiener Stadträtinnen, die dem linken Parteiflügel zugezählt werden, erhielt Duzdar bereits Vorschusslorbeeren. Sandra Frauenberger nannte sie "kompetent und ganz, ganz toll", Sonja Wehsely beschied ihr großes Engagement und inhaltliche Stärke.

Muna Duzdar

Muna Duzdar (c) APA/PARLAMENTSDIREKTION/WILKE (WILKE)

Weiter ihre Ämter behalten neben Oberhauser Sozialminister Alois Stöger und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil.

Rückkehr ins Parlament

Von den vier Regierungsmitgliedern, die ihr Amt verlieren, werden drei (Heinisch-Hosek, Klug und Steßl) nach eigenen Angaben in den Nationalrat zurückkehren. Einzig Kanzleramtsminister Ostermayer ist mit keinem Mandat abgesichert. Klug resümierte, eine tolle Zeit in der Regierung gehabt zu haben und wünschte seinem Nachfolger alles Gute. Gleiches tat die abgelöste Staatssekretärin Sonja Steßl, die betonte, ihr Amt mit großer Leidenschaft ausgeübt zu haben. Auch Heinisch-Hosek zeigte sich gefasst: "Der Chef hat sein Team ausgewählt und das wird gut sein." Frauenvorsitzende der SPÖ wird Heinisch-Hosek bleiben.

Einen Wechsel dürfte es auch in der Bundesgeschäftsstelle geben. Dem Vernehmen nach soll Max Lercher, derzeit Landesgeschäftsführer der SPÖ Steiermark, Gerhard Schmid als Bundesgeschäftsführer ablösen. Für dessen baldigen Abgang spricht, dass der Wiener Landesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler gemeinsam mit Schmid den vorgezogenen Parteitag am 25. Juni organisieren wird.

>>> Kern wird Kanzler - eine gute Entscheidung?

Kern wird heute angelobt, Minister morgen

Kern präsentierte am Vormittag dem SPÖ-Präsidium und dem Bundesparteivorstand (der Kern offiziell zum Kandidaten für den vorgezogenen Parteitag benennt) sein künftiges Regierungsteam. Im Anschluss wird sich der 50-Jährige erstmals seit seiner Designierung im Rahmen einer Pressekonferenz äußern.

Christian Kern vor dem SPÖ-Präsidium

Christian Kern vor dem SPÖ-Präsidium (c) APA/ROBERT J€GER (ROBERT J€GER)

Um 17 Uhr wird Kern von Bundespräsident Heinz Fischer als neuer Bundeskanzler angelobt. Seine neuen Regierungsmitglieder treffen Fischer um 18 Uhr zu einem Informationsgespräch in der Präsidentschaftskanzlei. Angelobt werden sie am Mittwoch um 12 Uhr. Am Donnerstag wird Kern seine Regierungserklärung im Nationalrat abgeben.

Das rote Regierungsteam

Bundeskanzler: Christian Kern (neu)

Bildungsministerin: Sonja Hammerschmid (neu)

Infrastrukturminister: Jörg Leichtfried (neu)

Kanzleramtsminister: Thomas Drozda (neu)

Staatssekretärin: Muna Duzdar (neu)

Verteidigungsminister: Hans Peter Doskozil (bleibt)

Gesundheitsministerin: Sabine Oberhauser (bleibt)

Sozialminister: Alois Stöger (bleibt)

(ett/Red./APA)

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