Südwestflanke von Nagens aus [hikr.org] (original) (raw)

Unten Sonne, oben Nebel...

Nachdem mir die Bergtour zum Strahlhorn (3027 m) vor ein paar Tagen ziemlich gut gefallen hatte, schien mir der Piz Segnas (3099 m) ein ähnlich lohnedes Ziel zu sein - noch ein 3000er und wieder eine Steilflanken-Route. Und es gibt die interessante Option, bis zum Surenstock (3057 m) weiterzusteigen...

Die Gondelbahn nach Nagens (2120 m) ist ganz schön komfortabel: Ledersitze, keine Umstiege. Allerdings kommt man nicht so nahe an die 3000er heran wie es noch vor einigen Jahren vom Cassonsgrat aus möglich war. Von der Bergstation aus spaziere ich gemütlich zum Grauberg (2233 m). Das ist ein beliebter Aussichtspunkt, den man auch ganz ungeübten Wanderern empfehlen kann. Der Segnas selbst versteckt sich freilich hinter dem Atlas und hüllt sich zusätzlich noch in Wolken. Aber die werden ja wohl weg sein, bis ich dort bin...?

Das nächste Etappenziel ist die flache Ebene Segnas Sut. Der Bergweg dort hinunter hat ein paar ganz leichte Kraxelstellen, die zusätzlich mit Drahtseilen gesichert sind. Unten soll man das Sumpfgebiet nicht betreten. Stattdessen schlängelt sich der Pfad mit etwas Auf und Ab außen rum. Bei P. 2125 überquere ich einen Bach. Kurz darauf biege ich nach links ab (Pfadspuren) und erspare so den Zacken via P. 2106, aber viel erspart das natürlich nicht.
Auf dem beliebten Weg in Richtung Segnespass gewinnt man recht effizient an Höhe. So dauert es gar nicht lange, bis ich den fetten Block P. 2375 erreiche und wenig später den Wegweiser P. 2463. Hier befindet man sich in einem ziemlich flachen Geröllkar, das zum Piz Segnas hin immer mehr ansteigt und schließlich in eine Steilwand übergeht. Dort schlängelt sich der Normalweg hindurch.
Beim Zustieg ist es anfangs egal, wo genau man langgeht. Ich folge dem Wanderweg noch bis ca. 2510 m und gehe dann direkt auf den Segnasgipfel zu. Das Geröll besteht anfangs aus Schieferplatten, die sich mühelos begehen lassen: T1 ;-). Pfadspuren gibt es dort keine.

Sobald es steiler wird, bilden sich zwei parallele Rinnen heraus. Der eigentliche Einstieg befindet sich direkt rechts oberhalb der rechten (östlichen) Rinne. Hinwärts folge ich einigen Steinmännchen links der linken Rinne weit aufwärts und quere diese auf ca. 2730 m und dann vielleicht 40 Höhenmeter weiter oben die rechte Rinne. Runterwärts werde ich anderen Spuren genau zwischen den beiden Rinnen bis nach unten folgen, was mir etwas logischer vorkommt.
Beim "Einstieg" auf ca. 2800 m steilt das Gelände nochmals auf und wird felsiger. Ab hier sind die Begehnungsspuren so deutlich, dass ich ihnen ohne viele Fragezeichen bis zum Gipfel folgen kann. Das ist auch gut so, denn abseits der richtigen Route dürfte das Gelände deutlich besch...eidener zu begehen sein.
Zwei entgegenkommende Bergsteiger tragen Helme, was mich daran erinnert, dass der Helm im Rucksack wenig nützlich ist... Ich glaube, ich hätte ansonsten wirklich komplett vergessen, ihn aufzusetzen.
Im Steilgelände komme ich recht gut und effizient vorwärts. Obwohl man eigentlich nirgends klettern muss, empfinde ich den Aufstieg gar nicht mal als soooo einfach, weil man wirklich sauber und konzentriert steigen muss. Je weiter oben, desto stärker macht sich ein böiger, kalter Wind bemerkbar. Außerdem ist der Gipfel noch immer in Wolken gehüllt.
Die letzten 60 Höhenmeter am Gipfelgrat wären eigentlich ein Highlight. Heute krabbele ich in einer unästhetischen Haltung in Richtung Gipfel, um nicht von den Windböen in die Tiefe gerissen zu werden. So schnell wird aus einem lässigen T4 eine gefühlte T5-Schlüsselstelle.

Auf dem Piz Segnas (3098 m) befindet sich ein prächtiger Steinmann, aber kein Gipfelbuch. Die Aussicht - naja - ist zwar durch die Wolken sehr eingeschränkt, gefällt mir aber trotzdem. Ich gehe noch ca. 150 Meter in Richtung Surenstock, um diesen Gipfel wenigstens mal gesehen zu haben. Doch der Grat hüllt sich komplett in Wolken und außerdem fange ich an zu frieren. So ziehe ich den Übergang gar nicht mehr ernsthaft in Erwägung und mache mich ziemlich bald wieder an den Abstieg.

Nachdem ich den Gratabschnitt wieder heruntergestochert bin, fällt mir der Rückweg durch die Flanke erstaunlich leicht - definitiv leichter als der Hinweg. Wie meistens in diesem Gelände sind auch die Pfadspuren von oben besser zu sehen als von unten. Unten im Kar, kurz vor dem Wanderweg, ist es längst nicht mehr so kalt und es gibt jede Menge Felsblöcke, auf denen man bequem sitzen und rasten kann.

Dadurch, dass ich auf den Surenstock verzichtet habe, bin ich zeitiger dran als geplant. Das bedeutet, dass ich ohne Eile noch bis Betriebsschluss (schon 16:30 Uhr) in Nagens sein könnte, anstatt den längeren Weg nach Startgels unter die Füße nehmen zu müssen. Heute kommen mir die gut 150 Höhenmeter Gegenanstieg (inkl. Auf und Ab rund um das Sumpfgebiet) angenehmer vor als fast 600 Höhenmeter Abstieg durch das Skigebiet.

Am Grauberg genieße ich nochmals die Aussicht auf den Segnas und seine Trabanten. Natürlich haben sich die Wolken inzwischen aufgelöst. Kalt und windig wird es dort aber immer noch sein. Jedenfalls kann ich gut damit leben, heute nur diesen einen 3000er erreicht zu haben...

Die Rückfahrt geht dann ebenfalls schneller als erwartet. Deshalb muss ich nicht unterwegs essen gehen und damit stimmt auch Kassa wieder nach der doch recht teuren Parkgebühr in Flims ;-).

Schwierigkeiten & Gehzeiten

Nagens - Grauberg - Segnas Sut - P. 2463 - Beginn Gipfelroute (ca. 2510 m): T2 mit wenigen Stellen in Richtung T3; 2 h hin, 1 h 45 min zurück
Gipfelroute Piz Segnas / SW- Flanke: theoretisch T4+ (gefühlt T5 am Grat wegen Wind; vermutlich insgesamt anfällig für schlechte Bedingungen); 1 h 30 min hin, 1 h 10 min zurück

Fazit - fühlt sich auch gut an, mal nicht im T-Shirt auf dem Gipfel zu schwitzen...