Quandt-Töchter: Nicht ohne meine Schwestern (original) (raw)
Mit ihrem Mann Florian (51), jenem Verlegersohn mit der verwuschelten Frisur, hat Gabriele Quandt-Langenscheidt (53) ein erfolgreiches Büchlein verfasst. "1000 Glücksmomente" heißt das mit Gummibärchen verzierte Werk (in 13. Auflage) - eine Sammlung von Wonne verbreitenden Ereignissen wie "die Zigarette danach" oder "mit dem Paraglider zwischen Bergen schweben". Wer für den Eintrag "unerwartete Erbschaft" verantwortlich zeichnet, lässt sich nur mutmaßen.
Unerwartet und plötzlich fügte sich so vieles im Leben der Quandt-Tochter Gabriele und dem ihrer vier Schwestern. Die Nachfahren von Harald Quandt haben seit frühester Kindheit den Schicksalsschlag als bestimmendes Momentum erfahren. Harald und sein älterer Bruder Herbert hatten den Industriebesitz von Vater Günter zu gleichen Teilen geerbt und zunächst von der Zentrale in Bad Homburg aus einträchtig bewirtschaftet.
Als Hobbypilot Harald 1967 bei einem Flugzeugabsturz stirbt, sind die Töchter zwischen zwei Monaten und 16 Jahren alt. Haralds Witwe Inge und ihr Schwager zerstreiten sich später; das Vermögen wird geteilt.
Am Heiligabend 1978 liegt Inge, die unter Depressionen litt, tot im Bett; in der Nacht zum zweiten Weihnachtsfeiertag legt sich ihr zweiter Ehemann, Hans-Hilman von Halem, neben sie, hält sich einen Revolver in den Mund und drückt ab.
Viele Familien wären an solch geballtem Leid zu Grunde gegangen. Die Quandt-Nachkommen hingegen schweißte das Erlittene zusammen.
Anders als ihre Cousins und Cousinen verwalten die Töchter Haralds ihr Vermögen gemeinsam. Unter dem Dach der Harald-Quandt-Holding mehren sie ihr Kapital mittels einer Vielzahl von Gesellschaften: Vermögensverwalter wie Feri und Auda, eine Private-Equity-Firma namens Equita, der Wagnisfinanzierer QVentures. Zudem besitzen die Schwestern Immobilien im In- und Ausland, etwa das berühmte Liebermann-Palais neben dem Brandenburger Tor. Motto: wirft wenig ab, schmückt aber.
Durch das gewiefte Wirken ihrer Geldmanager haben die Harald-Kinder ihr Erbe auf beachtliche 1,2 Milliarden Euro anschwellen lassen. Der Großteil ist in den USA investiert.
Alle Schwestern verfügen über je eine Stimme in der Holdingverwaltung, gleichwohl besitzen sie unterschiedlich hohe Anteile an den Untergesellschaften. Jede verfolgt ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen und hat mehr oder weniger großen Geldbedarf.
"Anlegen wie die Quandts"
Colleen-Bettina (43, genannt Tini) besitzt ein Schmuckdesignstudio samt Werkstatt im edlen Hamburger Stadtteil Harvestehude. Sie ist handwerklich begabt, häkelt in Gesellschaftersitzungen ("Ich kann einfach nicht still sitzen") und unterzeichnet Protokolle schon mal mit einem grell orangefarbenen Filzstift.
Katarina (54), wegen ihrer Tierliebe "Katze" gerufen, braucht offenbar viel Bares für ihr Gestüt im hessischen Wäldershausen. "Bei ihr besteht die größte Gefahr, dass sie aus der Gemeinschaft der Schwestern ausschert", sagt ein Vertrauter der Familie.
Da sei Gabi vor. Die zweitälteste Quandt-Tochter ist Vorsitzende der Gesellschafterversammlung und nimmt eine Art Mutterrolle ein. Als Einzige trägt sie Quandt noch im Namen.
Wenn sich die Quandt-Frauen viermal im Jahr zur Gesellschafterversammlung in Bad Homburg treffen - Florian ist gelegentlich als Gast dabei -, führt Gabi meist das Wort. "Sie verbindet ökonomischen Sachverstand mit Hausfrauenschläue", lobt ein Geschäftspartner. Kommt es, was selten passiert, zu Unstimmigkeiten, gleicht Gabi die lnteressen aus, zur Not auch finanziell.
Bei ihren Entscheidungen werden die Schwestern von einem dreiköpfigen Beirat unter Führung des Hanauer Familienunternehmers Jürgen Heraeus (69) unterstützt. Die wichtigste Vertrauensperson ist jedoch Holdinggeschäftsführer Axel May (57). Der Hamburger Rechtsanwalt blieb auch nach der Scheidung von Anette oberster Vermögensverwalter der Erbinnen.
Dank May entwickelt sich der Geldanlagebetrieb der Quandt-Töchter prächtig. Dass er sich einst bei steuerbegünstigten ostdeutschen Immobilien verkalkulierte, wurde ihm längst verziehen. Heute ist May auch Testamentsvollstrecker für die Kinder von Patricia, die vergangenes Jahr an einem Gehirnschlag starb.
Längst lockt die Quandtsche Vermögensverwaltung auch das Kapital Dritter. Franz und Frieder Burda nutzen das Family Office in Bad Homburg, Yellow-Press-Verleger Heinz Bauer ist finanziell engagiert, der Industrielle Otto Wolff von Amerongen ebenso. "Anlegen wie die Quandts" (so ein Vermögensberater) ist offenbar ein besonderes Glücksmoment.